Einstweiliger Rechtsschutz im sozialgerichtlichen Verfahren gegen die Überprüfung von Krankenhausabrechnungen durch den MDK
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist im einstweiligen Rechtsschutz streitig ein Anspruch der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung. Die Antragstellerin wendet sich gegen Überprüfungen von Krankenhausabrechnungen durch den Medizinischen Dienst
der Krankenversicherung in Bayern (MDK) im Auftrag der Antragsgegnerin und gegen das Abrechnungsverhalten der Antragsgegnerin
nach beanstandeten Krankenhausabrechnungen.
Die Antragstellerin betreibt in der Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH ein Akutkrankenhaus für Innere Medizin. Die Antragstellerin
ist als Plankrankenhaus im Krankenhausplan des Freistaates Bayern aufgenommen und für Behandlungen auf Kosten der gesetzlichen
Krankenversicherung zugelassen. Die Antragstellerin wirbt für Behandlungen auf der Grundlage der anerkannten Inneren Medizin,
die zusätzlich begleitend oder in besonderen Fällen auch ausschließlich mit biologischen Heilverfahren erfolgen (vgl. den
Internetauftritt der Antragstellerin http://www ...de). Abgerechnet werden u.a. auch Multimodale Schmerztherapien, Rheumatologische
Komplexbehandlungen, Multimodale Komplexbehandlungen bei Morbus Parkinson, sowie Zusatzentgelte, insbesondere auch für die
naturheilkundliche Komplexbehandlungen. Die Antragstellerin verfügt über 40 Planbetten und versorgt nach eigenen Angaben im
Kalenderjahr etwa 850 bis 900 Patienten.
Mit Schreiben vom 19.6.2013 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Augsburg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung gestellt und beantragt,
bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits in der Hauptsache der Antragsgegnerin zu untersagen, den MDK Bayern routinemäßig
mit der Prüfung von Krankenhausrechnungen zu beauftragen und nach zunächst erfolgter Bezahlung der Krankenhausrechnungen die
Rechnungsbeträge mit anderen Krankenhausrechnungen zu verrechnen.
Hilfsweise hat die Antragstellerin beantragt,
der Antragsgegnerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits in der Hauptsache zu untersagen, den MDK Bayern routinemäßig
mit der Prüfung von Krankenhausrechnungen für einzelne, namentlich aufgelistete Behandlungsfälle zu beauftragen und nach zunächst
erfolgter Bezahlung der Krankenhausrechnungen die Rechnungsbeträge mit anderen Krankenhausrechnungen zu verrechnen.
Mit gesondertem Schriftsatz vom selben Tag hat die Antragstellerin auch Klage erhoben gegen die Antragsgegnerin mit entsprechenden
Anträgen in der Hauptsache. Die Antragstellerin hat geltend gemacht, die Antragsgegnerin beauftrage den MDK mit einer "nahezu
durchgängigen routinemäßigen Prüfung" der Krankenhausabrechnungen. Rund 55 % aller seit dem Jahr 2012 für die Antragsgegnerin
erbrachten Leistungen der Antragstellerin würden einer Einzelfallprüfung durch die Antragsgegnerin unterzogen. Von 353 Krankenhausrechnungen
aus dem Jahr 2012 einschließlich des 1. Quartals 2013 seien dies 191 Krankenhausrechnungen gewesen, die durch den MDK im Auftrag
der Antragsgegnerin überprüft worden seien. Der Anteil der Abrechnungsprüfungen nach erbrachten Komplexbehandlungen sei noch
höher: Im 1., 2. und 3. Quartal des Jahres 2012 (insgesamt 42 Komplexbehandlungen) sowie im 1. Quartal des Jahres 2013 seien
100 % dieser Abrechnungen geprüft worden (absolut: 14 Komplexbehandlungen). Der Geschäftsführer der Antragstellerin hat dies
mit Eidesstattlicher Versicherung vom 17.6.2013 bestätigt. Eine durchgängige routinemäßige Prüfung der Krankenhausrechnungen
nach Komplexbehandlungen erfolge nach Auffassung der Antragstellerin auch deshalb zu Unrecht, weil die Antragsgegnerin - insbesondere
auch nach einem Meinungsstreit über die Einbeziehung von nicht angestellten Honorarärzten - eine Vereinbarung vor der Schiedsstelle
am 6.8.2012 über Budgetparameter für den Entgeltzeitraum 2012 geschlossen haben. Im Anschluss an die Abrechnungsprüfungen
verrechne die Antragsgegnerin die zunächst gezahlten Rechnungsbeträge zudem zeitlich verzögert und unsystematisch mit anderen
Krankenhausrechnungen. Zunächst kündige die Antragsgegnerin an, sie werde den beanstandeten Betrag mit laufenden Zahlungen
verrechnen, wenn innerhalb der nächsten sechs Wochen keine berichtigte Rechnung vorgelegt werde. Die Aufrechnung werde in
der Regel mehrere Monate, teilweise über ein Jahr später vollzogen. Die Aufrechnung erfolge ohne Ankündigung und ohne Mitteilung
des konkreten Betrages. Dadurch stehe der Antragstellerin nur ein geringer Anteil des Erlösbudgets zur Verfügung. Es werde
ihr etwa 20 % des Erlösbudgets vorenthalten. Der Geschäftsführer der Antragstellerin hat in seiner Eidesstattlichen Versicherung
vom 17.6.2013 angegeben, die Prüf- und Verrechnungspraxis der Antragsgegnerin führe zu einer Erlöseinbuße für das Jahr 2012
in Höhe von etwa 144.000 Euro, für das Jahr 2013 in Höhe von etwa 150.000 Euro. Es entstünden für die Antragstellerin große
Liquiditätsprobleme. Durch den zusätzlichen bürokratischen Aufwand werde die Leistungserbringung der Antragstellerin ernsthaft
beeinträchtigt. Die Antragstellerin hat eine Bestätigung des Jahresabschlussprüfers, der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft
R. J. GmbH vom 3.7.2013 vorgelegt zur Entwicklung des Liquiditätsgrades der Antragstellerin und zur Verminderung des Eigenkapitals
bei einem Jahresfehlbetrag aufgrund der verrechneten Forderungen. Auf Bl. 77 bis 78 der Akte des Sozialgerichts Augsburg wird
Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 30.8.2013 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Zur Begründung
hat das Sozialgericht ausgeführt, es bestehe weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund. Es sei keine Rechtsgrundlage
ersichtlich, eine Beauftragung des MDK mit der Prüfung von Krankenhausrechnungen zu untersagen. Die Krankenkassen seien nach
den gesetzlichen Voraussetzungen verpflichtet, gutachterliche Stellungnahmen des MDK einzuholen. Es gehöre zu den elementaren
Aufgaben einer Krankenkasse, auf die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots zu achten. Dies gelte, ohne dass die Krankenkasse
konkrete Auffälligkeiten in jedem Einzelfall benennen müsse. Eine Aufrechnung gegen laufend fällige Krankenhausrechnungen
mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch werde vom Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung für zulässig
erachtet. Eine Aufrechnung widerspreche auch nicht dem Grundsatz, dass Krankenkassen verpflichtet sind, die Liquidität der
Krankenhäuser durch zügige Zahlung der Rechnungen zu sichern. Im Übrigen sei der Antrag auf Untersagung "routinemäßiger" Prüfungen
von Krankenhausabrechnungen nicht ausreichend bestimmt. Ein Anordnungsgrund sei mit dem Vortrag, die Liquidität der Antragstellerin
sei durch die vorgenommenen Aufrechnungen gefährdet oder bereits eingeschränkt, ebenfalls nicht glaubhaft gemacht.
Dagegen hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, seit Beginn des Jahres 2012 seien rund 55 % aller
Krankenhausrechnungen der Antragstellerin durch den MDK geprüft worden. Leistungen mit Komplexpauschalen würden sogar in einem
Umfang von 100 % geprüft. Bei den im Jahr 2013 durchgeführten Komplexbehandlungen hat die Antragstellerin eine Prüfquote von
58 % angegeben (Anlage BF 2 zum Schreiben vom 22.11.2013). Die Antragstellerin hat zudem Ergebnisse der Prüfungen des MDK
aus der Zeit von Oktober 2012 bis Juli 2013 (Anlage BF 1 zum Schriftsatz vom 15.10.2013) sowie Oktober 2013 (Anlage BF 2 zum
Schriftsatz vom 22.11.2013) vorgelegt. Bereits aus dem Umfang der Prüfungen folge ein rechtswidriges Prüfverhalten. Die Antragsgegnerin
verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Die routinemäßige Einleitung von Prüfverfahren sei rechtsmissbräuchlich.
Schließlich verstoße die von der Antragsgegnerin verfolgte Prüfpraxis gegen die gesetzlichen Voraussetzungen, wonach eine
Rechnungsprüfung nur zulässig sei, wenn Auffälligkeiten vorlägen. Entsprechende Auffälligkeiten habe die Antragsgegnerin weder
im Einzelfall angeführt, noch belegt. Die unzulässige Beauftragung des MDK zur Prüfung führe schließlich zur Rechtswidrigkeit
der anschließend erklärten Aufrechnungen. Wegen der offensichtlichen Rechtswidrigkeit der Prüf- und Verrechnungspraxis der
Antragsgegnerin seien an den Anordnungsgrund nur geringe Anforderungen zu stellen. Der Antragstellerin würden schwere finanzielle
Nachteile in einem Umfang von etwa 150.000 Euro im Jahr 2013 zugefügt mit der Konsequenz, Zahlungsverpflichtungen nicht mehr
erfüllen zu können.
Die Antragstellerin beantragt,
1.
der Antragsgegnerin zu untersagen, den MDK Bayern routinemäßig mit der Prüfung von Krankenhausrechnungen gemäß §
275 Abs.
1 Nr.
1 SGB V zu beauftragen und nach zunächst erfolgter Bezahlung der Krankenhausrechnungen die Rechnungsbeträge mit anderen Krankenhausrechnungen
daraufhin wieder zu verrechnen bis der Rechtsstreit in der Hauptsache rechtskräftig abgeschlossen ist.
2.
hilfsweise der Antragsgegnerin zu untersagen, den MDK Bayern über eine durchschnittliche Prüfquote von 12 % der Krankenhausrechnungen
je Kalendermonat hinaus mit der Prüfung von Krankenhausrechnungen gemäß §
275 Abs.
1 Nr.
1 SGB V zu beauftragen und nach zunächst erfolgter Bezahlung der Krankenhausrechnungen die Rechnungsbeträge mit anderen Krankenhausrechnungen
daraufhin wieder zu verrechnen bis der Rechtsstreit in der Hauptsache rechtskräftig abgeschlossen ist.
3.
hilfsweise der Antragsgegnerin zu untersagen, den MDK Bayern routinemäßig mit der Prüfung von Krankenhausrechungen gemäß §
275 Abs.
1 Nr.
1 SGB V für Behandlungsfälle wegen:
- I42Z: Multimodale Schmerztherapie bei Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe
- Z44Z: Multimodale Schmerztherapie bei Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen, und andere Inanspruchnahme des
Gesundheitswesens
- B47Z: Multimodale Schmerztherapie bei Krankheiten und Störungen des Nervensystems
- B49Z: Multimodale Komplexbehandlung bei Morbus Parkinson
- U42Z: Multimodale Schmerztherapie bei psychischen Krankheiten und Störungen
Krankenhausindividuelles Entgelt nach § 6 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG
- I97Z: Rheumatologische Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe
- Z44Z: Multimodale Schmerztherapie bei Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen, und anderer Inanspruchnahme des
Gesundheitswesens
- B63Z: Demenz und andere chronische Störungen der Hirnfunktion
- B67A: Morbus Parkinson mit äußerst schweren CC oder schwerster Beeinträchtigung
- B67B: Morbus Parkinson ohne äußerst schwere CC, ohne schwerste Beeinträchtigung
- B68D: Multiple Sklerose und zerebellare Ataxie, ein Belegungstag oder ohne äußerst schwere CC, Alter15 Jahre, ohne komplexe
Diagnose
- B71D: Erkrankungen an Hirnnerven und peripheren Nerven ohne komplexe Diagnose, ohne Komplexbehandlung der Hand, ohne äußerst
schwere oder schwere CC, außer bei Para-/Tetraplegie
- B77Z: Kopfschmerzen
- B79Z: Schädelfrakturen, Somnolenz, Sopor
- D61A: Komplexe Gleichgewichtsstörung, Hörverlust oder Tinnitus
- D61B: Gleichgewichtsstörungen (Schwindel) außer komplexer Gleichgewichtsstörung, Hörverlust, Tinnitus
- E77D: Infektionen und Entzündungen der Atmungsorgane mit bestimmter Diagnose oder äußerst schweren CC, mit Komplexbehandlung
bei multiresistenten Erregern oder angeborenem Fehlbildungssyndrom
- F67B: Hypertonie mit komplizierender Diagnose oder schweren CC
- F62B: Herzinsuffizienz und Schock ohne äußerst schwere CC oder ohne Dialyse, ohne Reanimation, ohne komplizierende Diagnose
- G65Z: Obstruktion des Verdauungstraktes
- H61A: Bösartige Neubildung an hepatobiliärem System und Prankreas, mehr als ein Belegungstag, mit komplexer Diagnose, mit
äußerst schweren CC oder Pfortaderthrombose
- H62B: Erkrankungen des Pankreas außer bösartige Neubildung mit akuter Pankreatitis, Alter15 Jahre oder Leberzirrhose und
bestimmte nicht-infektiöse Hepatitiden ohne äußerst schwere CC
- I65C: Bösartige Neubildung des Bindegewebes einschließlich pathologischer
Fraktur, Alter16 Jahre, ohne äußerst schwere CC
- I65C: Bösartige Neubildung des Bindegewebes einschließlich pathologischer
Fraktur, Alter16 Jahre, ohne äußerst schwere CC
- I66B: Andere Erkrankungen des Bindegewebes, mehr als ein Belegungstag, ohne äußerst schwere CC oder Frakturen an Becken
und Schenkelhals
- I68: Nichtoperativ behandelte Erkrankungen und Verletzungen im Wirbelsäulenbereich
- I69B: Knochenkrankheiten und spezifische Arthropathien ohne komplexe Diagnose
- I71B: Muskel- und Sehnenerkrankungen außer bei Para-/Tetraplegie oder Verstauchung, Zerrung, Luxation an Hüftgelenk, Becken
und Oberschenkel, ohne Zerebralparese, ohne Kontraktur
- I75B: Schwere Verletzungen von Schulter, Arm, Ellenbogen, Knie, Bein und
Sprunggelenk ohne CC oder Entzündungen von Sehnen, Muskeln und
Schleimbeuteln ohne äußerst schwere oder schwere CC
- I79Z: Fibromyalgie
- J61C: Schwere Erkrankungen der Haut, mehr als ein Belegungstag, Alter10 Jahre, ohne äußerst schwere oder schwere CC, ohne
multiple Komplikationen, ohne Ketoazidose, ohne multimodale Komplexbehandlung bei Diabetes mellitus
- K62B: Verschiedene Stoffwechselerkrankungen außer bei Para-/Tetraplegie, ohne komplizierende Diagnose, ohne endoskopische
Einlage eines Magenballons, ohne äußerst schwere CC
- K64A: Endokrinopathien, mit komplexer Diagnose und äußerst schweren CC
- L60D: Niereninsuffizienz, mehr als ein Belegungstag, ohne Dialyse, ohne äußerst schwere CC
- U63Z: Schwere affektive Störung
- U64Z: Angststörungen oder andere affektive und somatoforme Störungen
- X62Z: Vergiftungen / Toxische Wirkungen von Drogen, Medikamenten und anderen Substanzen oder Folgen einer medizinischen
Behandlung oder bestimmte Erfrierungen und andere Traumata
- Z65Z: Beschwerden, Symptome, andere Anomalien und Nachbehandlung
- ZE2012-40a und ZE2012-40b (Naturheilkundliche Komplexbehandlung)
- ZE2012-41 (Multimodal - nicht operative Komplexbehandlung des Bewegungssystems)
zu beauftragen und nach zunächst erfolgter Bezahlung der Krankenhausrechnungen die Rechnungsbeträge daraufhin mit anderen
Krankhausrechnungen wieder zu verrechnen bis der Rechtsstreit in der Hauptsache rechtskräftig abgeschlossen ist.
4.
hilfsweise der Antragsgegnerin zu untersagen, den MDK Bayern über eine durchschnittliche Prüfquote von 12 % der Krankenhausrechnungen
je Kalendermonat hinaus mit der Prüfung von Krankenhausrechungen gemäß §
275 Abs.
1 Nr.
1 SGB V für Behandlungsfälle wegen:
- I42Z: Multimodale Schmerztherapie bei Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe
- Z44Z: Multimodale Schmerztherapie bei Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen, und andere Inanspruchnahme des
Gesundheitswesens
- B47Z: Multimodale Schmerztherapie bei Krankheiten und Störungen des Nervensystems
- B49Z: Multimodale Komplexbehandlung bei Morbus Parkinson
- U42Z: Multimodale Schmerztherapie bei psychischen Krankheiten und Störungen
Krankenhausindividuelles Entgelt nach § 6 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG
- I97Z: Rheumatologische Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe
- Z44Z: Multimodale Schmerztherapie bei Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen, und anderer Inanspruchnahme des
Gesundheitswesens
- B63Z: Demenz und andere chronische Störungen der Hirnfunktion
- B67A: Morbus Parkinson mit äußerst schweren CC oder schwerster Beeinträchtigung
- B67B: Morbus Parkinson ohne äußerst schwere CC, ohne schwerste Beeinträchtigung
- B68D: Multiple Sklerose und zerebellare Ataxie, ein Belegungstag oder ohne äußerst schwere CC, Alter15 Jahre, ohne komplexe
Diagnose
- B71D: Erkrankungen an Hirnnerven und peripheren Nerven ohne komplexe Diagnose, ohne Komplexbehandlung der Hand, ohne äußerst
schwere oder schwere CC, außer bei Para-/Tetraplegie
- B77Z: Kopfschmerzen
- B79Z: Schädelfrakturen, Somnolenz, Sopor
- D61A: Komplexe Gleichgewichtsstörung, Hörverlust oder Tinnitus
- D61B: Gleichgewichtsstörungen (Schwindel) außer komplexer Gleichgewichtsstörung, Hörverlust, Tinnitus
- E77D: Infektionen und Entzündungen der Atmungsorgane mit bestimmter Diagnose oder äußerst schweren CC, mit Komplexbehandlung
bei multiresistenten Erregern oder angeborenem Fehlbildungssyndrom
- F67B: Hypertonie mit komplizierender Diagnose oder schweren CC
- F62B: Herzinsuffizienz und Schock ohne äußerst schwere CC oder ohne Dialyse, ohne Reanimation, ohne komplizierende Diagnose
- G65Z: Obstruktion des Verdauungstraktes
- H61A: Bösartige Neubildung an hepatobiliärem System und Prankreas, mehr als ein Belegungstag, mit komplexer Diagnose, mit
äußerst schweren CC oder Pfortaderthrombose
- H62B: Erkrankungen des Pankreas außer bösartige Neubildung mit akuter Pankreatitis, Alter15 Jahre oder Leberzirrhose und
bestimmte nicht-infektiöse Hepatitiden ohne äußerst schwere CC
- I65C: Bösartige Neubildung des Bindegewebes einschließlich pathologischer Fraktur, Alter16 Jahre, ohne äußerst schwere CC
- I65C: Bösartige Neubildung des Bindegewebes einschließlich pathologischer Fraktur, Alter16 Jahre, ohne äußerst schwere CC
- I66B: Andere Erkrankungen des Bindegewebes, mehr als ein Belegungstag, ohne äußerst schwere CC oder Frakturen an Becken
und Schenkelhals
- I68: Nichtoperativ behandelte Erkrankungen und Verletzungen im Wirbelsäulenbereich
- I69B: Knochenkrankheiten und spezifische Arthropathien ohne komplexe Diagnose
- I71B: Muskel- und Sehnenerkrankungen außer bei Para-/Tetraplegie oder Verstauchung, Zerrung, Luxation an Hüftgelenk, Becken
und Oberschenkel, ohne Zerebralparese, ohne Kontraktur
- I75B: Schwere Verletzungen von Schulter, Arm, Ellenbogen, Knie, Bein und Sprunggelenk ohne CC oder Entzündungen von Sehnen,
Muskeln und Schleimbeuteln ohne äußerst schwere oder schwere CC
- I79Z: Fibromyalgie
- J61C: Schwere Erkrankungen der Haut, mehr als ein Belegungstag, Alter10 Jahre, ohne äußerst schwere oder schwere CC, ohne
multiple Komplikationen, ohne Ketoazidose, ohne multimodale Komplexbehandlung bei Diabetes mellitus
- K62B: Verschiedene Stoffwechselerkrankungen außer bei Para-/Tetraplegie, ohne komplizierende Diagnose, ohne endoskopische
Einlage eines Magenballons, ohne äußerst schwere CC
- K64A: Endokrinopathien, mit komplexer Diagnose und äußerst schweren CC
- L60D: Niereninsuffizienz, mehr als ein Belegungstag, ohne Dialyse, ohne äußerst schwere CC
- U63Z: Schwere affektive Störung
- U64Z: Angststörungen oder andere affektive und somatoforme Störungen
- X62Z: Vergiftungen / Toxische Wirkungen von Drogen, Medikamenten und anderen Substanzen oder Folgen einer medizinischen
Behandlung oder bestimmte Erfrierungen und andere Traumata
- Z65Z: Beschwerden, Symptome, andere Anomalien und Nachbehandlung
- ZE2012-40a und ZE2012-40b (Naturheilkundliche Komplexbehandlung)
- ZE2012-41 (Multimodal - nicht operative Komplexbehandlung des Bewegungssystems)
zu beauftragen und nach zunächst erfolgter Bezahlung der Krankenhausrechnungen die Rechnungsbeträge daraufhin mit anderen
Krankhausrechnungen wieder zu verrechnen bis der Rechtsstreit in der Hauptsache rechtskräftig abgeschlossen ist.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, sie reagiere lediglich auf Auffälligkeiten in den Abrechnungen der Antragstellerin.
Für die erstmals im Beschwerdeverfahren hilfsweise geltend gemachte Forderung nach einer begrenzten Prüfquote (höchstens 12
% der Krankenhausrechnungen je Kalendermonat) fehle es an einer Anspruchsgrundlage. Die praktizierte Aufrechnung sei nach
der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zulässig. Auch habe die Antragstellerin keine Gründe der Eilbedürftigkeit glaubhaft
gemacht.
Der Senat hat die Akten des Sozialgerichts aus dem Eilverfahren sowie in der Hauptsache (S 12 KR 247/13) zum Beschwerdeverfahren beigezogen.
I.
1. Nach §
86b Abs.
2 Satz 1
SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die
Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt
oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen
Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile
nötig erscheint (Regelungsanordnung - §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG). Eine solche Regelungsanordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes voraus. Anordnungsanspruch
und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i.V.m. §
920 Zivilprozessordnung,
ZPO). Dabei bilden Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund wegen ihres funktionellen Zusammenhangs ein bewegliches System. Je
größer das Gewicht des einen, umso geringer sind die Anforderungen an den anderen (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Auflage, §
86b Rn. 27).
a.) Der Anordnungsgrund nach §
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i.V.m. §
920 Abs.
2 ZPO und damit die Notwendigkeit einer Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz zur Abwendung wesentlicher Nachteile (vgl. Keller,
in: Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer,
SGG, 10. Auflage, §
86b Rn. 27a) ist von der Antragstellerin schon nicht glaubhaft gemacht. Es drohen keine wesentlichen Nachteile, zu deren Abwendung
der Erlass einer einstweiligen Anordnung notwendig ist. Der Antragstellerin ist ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache
zumutbar.
Soweit die Antragstellerin geltend macht, ihr entstünden durch die Abrechnungspraxis der Antragsgegnerin finanzielle Nachteile
in einem für das Kalenderjahr 2013 geschätzten Umfang in Höhe von etwa 150.000 Euro, geht aus dem weiteren Vortrag nicht hervor,
welche konkreten, unmittelbaren und zeitnahen Auswirkungen dies auf das operative Geschäft der Antragstellerin hat. Die Bestätigung
des Jahresabschlussprüfers, der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft R. J. GmbH, vom 3.7.2013 enthält die
Angabe eines Liquiditätsgrades aus dem Jahr 2010 von 85,3 %, aus dem Jahr 2011 von 73,3 % und aus dem Jahr 2012 von 63,3 %.
Es fehlt bereits der Hinweis, um welchen Grad der Liquidität es sich handelt. Zudem lassen Liquiditätskennzahlen keine sichere
Aussage über die Liquidität eines Unternehmens zu, da hierfür auch noch nicht bilanzierte zukünftige Zahlungsströme ausschlaggebend
sind. Konkrete Angaben zur Einnahmesituation der Antragstellerin, insbesondere auch aufgrund von Leistungen für andere Krankenkassen
oder an Privatpatienten fehlen. Auch das von der Antragstellerin angegebene negative Betriebsergebnis für das Jahr 2012 ist
für sich allein nicht aussagefähig. Auch die ebenfalls in dem Schreiben des Jahresabschlussprüfers, der Wirtschaftsprüfungs-
und Steuerberatungsgesellschaft R. J. GmbH, vom 3.7.2013 getroffenen Aussage, aufgrund der vollzogenen Verrechnungen sei die
Liquidität nicht nur gefährdet, sondern "bereits ernsthaft eingeschränkt", ist aufgrund des unkonkreten Inhalts ebenfalls
nicht geeignet, einen Anordnungsgrund glaubhaft zu machen. Dasselbe gilt für die Angabe des Geschäftsführers der Antragstellerin
in seiner Eidesstattlichen Versicherung vom 17.6.2013, es komme bei der Antragstellerin "zu großen Liquiditätsproblemen".
b.) Die Antragstellerin hat auch keinen Anordnungsanspruch - hier in Form eines Unterlassungsanspruchs - glaubhaft gemacht.
Ein solcher Anordnungsanspruch ist auch sonst nicht ersichtlich.
Es ist nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin gegen die gesetzlichen Vorgaben des §
275 Abs.
1 Nr.
1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) verstoßen hat.
Nach §
275 Abs.
1 Nr.
1 SGB V sind die Krankenkassen in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung
oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von
Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung, eine gutachtliche
Stellungnahme des MDK einzuholen. Nach dem Willen des Gesetzgebers handelt es sich um eine Rechtsgrundlage zur Prüfung von
Einzelfällen, in denen die Krankenkassen einen Anfangsverdacht haben (vgl. BT-Drs. 14/7862, S. 6). Die Voraussetzungen zur
Annahme von solchen "Auffälligkeiten" i.S.v. §
275 Abs.
1 Nr.
1 SGB V hat das Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung konkretisiert. So bestehen Auffälligkeiten, die die Krankenkasse zur
Einleitung einer Abrechnungsprüfung unter Anforderung einer gutachtlichen Stellungnahme des MDK berechtigen und verpflichten,
wenn die Abrechnung und/oder die vom Krankenhaus zur ordnungsgemäßen Abrechnung vollständig mitgeteilten Behandlungsdaten
und/oder weitere zulässig von der Krankenkasse verwertbare [ ...] Fragen nach der - insbesondere sachlich-rechnerischen -
Richtigkeit der Abrechnung und/oder nach der Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots aufwerfen, die die Krankenkasse aus sich
heraus ohne weitere medizinische Sachverhaltsermittlung und -bewertung durch den MDK nicht beantworten kann (vgl. BSG, Urteil vom 13.11.2012 - B 1 KR 24/11 R, Rdnr. 18). §
275 Abs.
1 Nr.
1 SGB V begründet gerade kein Recht zu routinemäßigen Stichprobenprüfungen (vgl. BSG, Urteil vom 16.5.2013 - B 3 KR 32/12 R, Rdnr. 15). Das Bundessozialgericht hat in den folgenden Fällen Prüfungen des MDK im Auftrag der Krankenkassen aufgrund von
Auffälligkeiten als berechtigt angesehen: Entlassung eines Versicherten am Montagmorgen, Kodierung aufgrund einer falschen
Hauptdiagnose, erneute stationäre Aufnahme eines Versicherten am Tag nach seiner Entlassung innerhalb der oberen Grenzverweildauer
oder Durchführung einer Koronarangiographie, wenn diese auch ambulant hätte durchgeführt werden können (unter der Voraussetzung,
dass sich die Krankenkasse zuvor ärztlich hatte beraten lassen. Dagegen hat das Bundessozialgericht eine Auffälligkeit i.S.v.
§
275 Abs.
1 Nr.
1 SGB V in einem Fall abgelehnt, in dem die Rechnungsprüfung nur mit der Schwere der Erkrankung und einem latent suizidalen Zustand
begründet wurde (zu den Fundstellen vgl. BSG, Urteil vom 16.5.2013 - B 3 KR 32/12 R, Rdnr. 16).
Die Antragstellerin hat geltend gemacht, seit Beginn des Jahres 2012 seien rund 55 % aller Krankenhausrechnungen der Antragstellerin
durch den MDK im Auftrag der Antragsgegnerin geprüft worden. Leistungen mit Komplexpauschalen würden sogar in einem Umfang
von 100 % geprüft. Für das Jahr 2013 hat die Antragstellerin nach durchgeführten Komplexbehandlungen eine aktualisierte Prüfquote
von 58 % angegeben (Anlage BF 2 zum Schreiben vom 22.11.2013). Diese Zahlen belegen für sich keine routinemäßigen, d.h. nicht
anlass- und auffälligkeitsbezogenen Abrechnungsprüfungen. Dies gilt umso mehr, als die Antragstellerin selbst den ursprünglichen
Vortrag, es würden Abrechnungsprüfungen nach allen Komplexbehandlungen zu 100 % erfolgen, für das Jahr 2013 korrigiert hat.
Aus den von der Antragstellerin vorgelegten Ergebnissen der Prüfungen des MDK aus der Zeit von Oktober 2012 bis Juli 2013
(Anlage BF 1 zum Schriftsatz vom 15.10.2013) sowie Oktober 2013 (Anlage BF 2 zum Schriftsatz vom 22.11.2013) ergeben sich
dagegen sehr wohl Auffälligkeiten, die eine Rechnungsprüfung rechtfertigten. Neben Fragen nach der Notwendigkeit der stationären
Behandlung nach Überschreitung der oberen Grenzverweildauer (OGVD) und nach abgerechneten Zusatzentgelten finden sich in den
von der Antragstellerin vorgelegten Gutachtensaufträgen an den MDK auch Fragen danach, ob unter der vorliegenden Hauptdiagnose
zunächst eine ambulante Behandlung angezeigt gewesen wäre und ob eine akutstationäre Behandlungsnotwendigkeit bestanden habe.
Lediglich in einem einzigen der zahlreichen von der Antragstellerin vorgelegten Gutachten des MDK beschränkte sich die Fragestellung
allein auf die Frage nach den korrekten Prozeduren und danach, ob die Mindestmerkmale des OPS 8-918.14 erfüllt und ausreichend
dokumentiert wurden. Insoweit ist entgegen des Vortrags der Antragstellerin - selbst im Hinblick auf die getroffene Vereinbarung
vor der Schiedsstelle am 6.8.2012 über Budgetparameter für den Entgeltzeitraum 2012 - gerade nicht "eine durchgängige routinemäßige
Prüfung" der Krankenhausrechnungen nach Komplexbehandlungen glaubhaft gemacht.
Darüber hinaus hat die Antragstellerin auch keine unzulässige Abrechnungspraxis in Form von rechtswidrigen Aufrechnungen der
Antragsgegnerin glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin hat lediglich vorgetragen, im Anschluss an die Abrechnungsprüfungen
verrechne die Antragsgegnerin die zunächst gezahlten Rechnungsbeträge zeitlich verzögert und unsystematisch mit anderen Krankenhausrechnungen.
Zunächst kündige die Antragsgegnerin an, sie werde den beanstandeten Betrag mit laufenden Zahlungen verrechnen, wenn innerhalb
der nächsten sechs Wochen keine berichtigte Rechnung vorgelegt werde. Die Aufrechnung werde in der Regel mehrere Monate, teilweise
über ein Jahr später vollzogen. Die Aufrechnung erfolge ohne Ankündigung und ohne Mitteilung des konkreten Betrages. Die Antragstellerin
hat dazu keinerlei Unterlagen vorgelegt oder ihr Vorbringen in anderer Weise konkretisiert. Aufrechnungen mit Erstattungsansprüchen
der Krankenkassen sind im Übrigen - sofern nicht vertragliche Sonderregelungen entgegen stehen - nach der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts zulässig. Im Sozialrecht besteht allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im
Wege der Aufrechnung, auf welche die §§
387 ff
BGB entsprechend anzuwenden sind, entgegenzutreten (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 19.9.2013 - B 3 KR 31/12 R, Rdnr. 11). Dabei gilt für öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche der Krankenkassen wegen nicht gerechtfertigter Zahlungen
die vierjährige Verjährungsfrist (vgl. BSG, Urteil vom 19.9.2013 - B 3 KR 31/12 R, Rdnr. 13). Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin mit bereits verjährten Erstattungsansprüchen aufrechnet, liegen
nicht vor; entsprechendes hat die Antragstellerin auch nicht vorgetragen.
Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.