Zuständigkeit für die Erbringung von Sozialhilfeleistungen
Gesetzliche Ausnahme
Vorläufige Leistungserbringung
Gründe:
I.
Der Antragsteller ist im Dezember 1951 geboren worden. Von der Deutschen Rentenversicherung Bund war ihm ab 1. Januar 2003
Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zuerkannt worden. Bis 23. Januar 2007 war er Vorstandsmitglied des Lohnsteuerhilfevereins
"B R e.V.". Seit 30. April 2007 lebt er nach seinen Angaben getrennt von seiner Ehefrau, die in Bo wohnhaft ist. Seit 1. Mai
2007 besteht ein Mietvertrag zwischen dem Antragsteller und seiner Tochter über die seit 2006 in ihrem Eigentum (vorher dem
der Ehefrau des Antragstellers) stehende Wohnung A Straße, Erdgeschoss links, B. Unter dieser Anschrift beantragte der Antragsteller
beim Antragsgegner (ergänzende) Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des
Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XII) - im folgenden: Leistungen der Grundsicherung -, die antragsgemäß ab Mai 2007 bewilligt wurden. Unter der Postanschrift
A Straße , B, findet sich in der Druckausgabe 2013 des Telefonbuchs für B, herausgegeben vom Verlag DeTeMedien, auf Seite
1243 in der linken Spalte (auch) ein Eintrag für den Lohnsteuerhilfeverein B R e.V. mit den Telefonnummern und sowie der Telefax-Nummer
. Jedenfalls die Telefonnummer war noch am 2. Dezember 2013 anwählbar.
Mit Bescheid vom 20. Mai 2012 wurden die Leistungen der Grundsicherung ab dem 1. Juli 2012 bis zum 31. Juli 2013 in Höhe von
monatlich 676,71 € bewilligt. Durch Bescheid vom 2. Januar 2013 änderte der Antragsgegner den Bescheid für den verbleibenden
Bewilligungszeitraum und gewährte ab Januar 2013 einen monatlichen Betrag von 688,68 €.
Durch einen Bescheid vom 14. Mai 2013 hob der Antragsgegner den Bescheid vom 2. Januar 2013 ab 1. Mai 2013 mit der Begründung
auf, der Antragsteller habe seinen Wohnsitz seit dem 4. April 2013 in Bo unter der Anschrift seiner Ehefrau. Er habe somit
gegenüber dem Antragsgegner keinen Anspruch mehr auf die gewährte Leistung. Zugleich forderte er die Rückzahlung der für den
Monat Mai 2013 ausgezahlten Leistung, entsprechend 688,68 €. Gegen den Bescheid legte der Antragsteller Widerspruch ein. Am
31. Mai 2013 (Freitag) erschienen der Antragsteller und seine Ehefrau persönlich beim Antragsgegner und drängten ausweislich
eines Aktenvermerks darauf, dass die Hilfe für den Monat Juni 2013 ausgezahlt werde. Die Auszahlung wurde ausweislich eines
Aktenvermerks vorgenommen, "da der gewöhnliche Aufenthalt nicht abschließend geklärt werden konnte". Zu einem für den 4. Juni
2013 vereinbarten Termin erschien der Antragsteller nicht; hierzu teilte dessen Ehefrau am 3. Juni 2013 per Telefax mit, dass
sich sein Gesundheitszustand am Wochenende derart verschlechtert habe, dass ein vorübergehender Aufenthalt in Bo unumgänglich
geworden sei; sie wolle jedoch darauf hinweisen, dass er seinen Wohnsitz in Be beibehalten werde. Durch Bescheid vom 13. Juni
2013 "hob" der Antragsgegner - nach zwischenzeitlichem Schriftverkehr mit dem Antragsteller - den Bescheid vom 2. Januar 2013
mit Wirkung ab 1. Juli 2013 (erneut) "auf" und bewilligte dem Antragsteller für den Monat Juli Leistungen der Grundsicherung
in Höhe von 688,03 €.
Durch Bescheid vom 28. Juni 2013 gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller dann "ab dem 01.08.2013 bis 31.07.2014" Leistungen
der Grundsicherung "in Höhe von für den Monat 8/2013 688,03 €". Die Leistung werde künftig im Voraus und unverändert "bis
zum oben genannten Datum" gewährt, solange sich die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse nicht änderten. Nicht beschieden
war zu diesem Zeitpunkt ein Antrag des Antragstellers auf Gewährung einer hauswirtschaftlichen Hilfe, nachdem die bis 31.
Juli 2013 befristete Bewilligung abgelaufen war.
In der Folgezeit reichte der Antragsteller - auf Anforderungen des Antragsgegners hin - unter anderem ein Gutachten des Medizinischen
Dienstes "M" vom 2. Juli 2013 für die private Pflegeversicherung ein, in dem als Pflegeperson die weiterhin in Bo wohnhafte
Ehefrau des Antragstellers angegeben wurde und jeweils für die Dauer von wenigstens sechs Monaten als verordnetes Heilmittel
eine in Bo zweimal wöchentlich ausgeführte physikalische Therapie sowie als ärztliche Behandler drei in Borken ansässige Ärzte
benannt wurden, die "bei Bedarf" aufgesucht würden.
Danach meldete sich für den Antragsteller ein in Bo ansässiger Rechtsanwalt als Bevollmächtigter, der auch Widerspruch unter
anderem gegen den Bescheid über die Bewilligung der Grundsicherung vom 28. Juni 2013 einlegte, und beantragte, dem Antragsteller
Leistungen der Grundsicherung "einschließlich der Leistungen für Haushaltshilfe" über den 31. Juli 2013 hinaus zu gewähren.
Durch einen Bescheid vom 8. August 2013 hob der Antragsgegner die Bewilligung der Grundsicherung ab 1. September 2013 auf
und nannte als Rechtsgrundlage § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Die Leistungen der Grundsicherung seien durch den Bescheid vom 28. Juni 2013 bewilligt worden, weil nicht eindeutig habe
ausgeschlossen werden können, dass der Antragsteller seinen Lebensmittelpunkt und gewöhnlichen Aufenthalt in Berlin habe.
Seither hätten sich neue Erkenntnisse ergeben. Dem Pflegegutachten sei zu entnehmen, dass der Lebensmittelpunkt in Bo liege.
Auch der Schriftverkehr sei in den "vergangenen Wochen, Monaten und Jahren" immer über "das Fax in Bo" erfolgt. Auf Schreiben
an die Be Adresse sei immer mit Verzögerung geantwortet worden, auf Telefaxe nach Bo dagegen immer umgehend. Dies indiziere
ebenso wie die geringen Energieverbrauchswerte für die Be Wohnung, dass der gewöhnliche Aufenthalt in Bo liege. Allein die
förmliche Meldung und der Mietvertrag für die Wohnung in Be reichten nicht aus. Zugleich ordnete der Antragsgegner die sofortige
Vollziehung des Bescheides an. Sie sei gerechtfertigt, weil nicht hingenommen werden könne, dass der Antragsgegner Leistungen
erbringen solle, für die ein anderer Sozialhilfeträger zuständig sei. Der Antragsteller habe die Möglichkeit, beim Sozialamt
in Bo Leistungen zu beantragen. Es entstünden deshalb keine Nachteile, wenn der Antragsgegner die Leistungen einstelle. Bei
Abwägung der verschiedenen Interessen trete das des Antragstellers auf Weiterzahlung durch den Antragsgegner gegen dessen
fiskalisches Interesse zurück.
Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller Widerspruch ein und beantragte zugleich vorsorglich, die Anordnung der sofortigen
Vollziehung aufzuheben. Zur Begründung wird auf den Schriftsatz seines damaligen Bevollmächtigten vom 14. August 2013 Bezug
genommen.
Der Antragsgegner wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 29. August 2013 zurück und stützte die Aufhebungsentscheidung
nunmehr auf § 45 Abs 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X. Der Antragsteller habe grob fahrlässig unvollständige Angaben gemacht. Aus dem Pflegegutachten ergebe sich weder eine Be
Wohnung noch ein Hinweis auf eine Be Pflegesituation. Wären diese Umstände vor der Leistungsbewilligung bekannt gewesen, wäre
es mangels örtlicher Zuständigkeit nicht dazu gekommen. Da die Bescheiderteilung lediglich in Bezug auf die örtliche Zuständigkeit
"teilrechtswidrig" gewesen sei, werde das pflichtgemäße Ermessen dahingehend ausgeübt, dass die Leistungsbewilligung nur mit
Wirkung für die Zukunft aufgehoben werde. Es sei berücksichtigt worden, dass der Antragsteller wegen seines geringen Einkommens
grundsätzlich Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung habe. Der jetzt getroffenen Entscheidung stehe nicht entgegen, dass
sich der Bescheid vom 8. August 2013 auf § 48 SGB X stütze. Es handle sich lediglich um eine Änderung der rechtlichen Begründung. Gleichfalls rechtmäßig bleibe die Anordnung
der sofortigen Vollziehung. Der Rücknahmebescheid sei so rechtzeitig erteilt worden, dass der Antragsteller noch vor dem 1.
September 2013 in Borken Leistungen beantragen und von dort einen Bescheid erhalten könne. Gegen den Bescheid vom 8. August
2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2013 ist seit dem 25. September 2013 ein Klageverfahren anhängig
(SG Berlin S 95 SO 2429/13).
Unterdessen hatte der Antragsteller am 13. August 2013 bei der Stadt Bo Leistungen der Grundsicherung beantragt, die durch
Bescheid vom 19. August 2013 abgelehnt wurden. Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein.
Am 21. August 2013 beantragte er dann beim Sozialgericht (SG) Münster - unter anderem -, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Aufhebungsbescheid des Antragsgegners vom
8. August 2013 wiederherzustellen (Az. S 8 SO 195/13 ER). Den Antrag lehnte das SG Münster durch Beschluss vom 4. September
2013 ab. Es bestünden keine erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides, da der Antragsgegner für die
Gewährung der Leistungen "auf der Grundlage des § 98 Abs. 1 Satz 2 SGB XII" nicht mehr zuständig sei. Die am 25. September 2013 vom Antragsteller eingelegte Beschwerde wies das Landessozialgericht
(LSG) Nordrhein-Westfalen durch Beschluss vom 24. Oktober 2013 zurück (Az. L 20 SO 408/13 B ER). Zur Begründung führte es
aus, dass der allein statthafte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 8.
August 2013 schon deshalb keinen Erfolg haben könne, weil mittlerweile über den Widerspruch entschieden worden und seit dem
25. September 2013 ein Klageverfahren beim SG Berlin anhängig sei (sowie ein weiteres Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
- gemeint ist das Ausgangsverfahren des vorliegenden Beschwerdeverfahrens, Az. S 95 SO 2429/13 ER -). Mit Rechtshängigkeit
der Klage ende im sozialgerichtlichen Verfahren die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs. Statthaft sei ab dann nur noch
ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage. In einen solchen Antrag könne der erstinstanzlich
gestellte hier aber nicht umgedeutet werden, weil über den selben Streitgegenstand bereits das Verfahren vor dem SG Berlin
anhängig sei.
Am 11. September 2013 hatte der Antragsteller unterdessen vor dem SG Münster einen Antrag auf Verpflichtung zu Leistungen
der Grundsicherung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Stadt Bo anhängig gemacht (Az. S 12 SO 208/13 ER); zu
diesem Verfahren wurde der Antragsgegner beigeladen. Durch Beschluss vom 30. Oktober 2013 - seinem damaligen Prozessbevollmächtigten
am selben Tag zugestellt - wies das SG, das seine örtliche Zuständigkeit bejahte, den Antrag zurück. Es fehle an einem Anordnungsgrund (unter anderem), soweit der
Antragsteller in Be entstehende Kosten der Unterkunft und Heizung geltend mache. An einem Anordnungsanspruch fehle es, soweit
die Deckung des Regelbedarfs und eines Mehrbedarfs infrage stehe. Insoweit blieben derartige Unklarheiten über die Einkommens-
und Vermögensverhältnisse des Antragstellers, dass eine auch nur vorübergehende Verpflichtung zu Leistungen ausscheide.
Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 31. Oktober 2013 an das SG Münster nahm der Antragsteller den Antrag auf Eilentscheidung
zurück und widerrief sein zuvor erteiltes Einverständnis dazu, "dass seine Schriftsätze pp in diesem Verfahren an die weiteren,
mit seinen Anträgen befassten Behörden oder Gerichte weitergeleitet und dort verwendet werden". Gegen den Beschluss hat der
Antragsteller ungeachtet dessen Beschwerde zum LSG Nordrhein-Westfalen eingelegt (Az. L 20 SO 494/13 B ER).
Mit dem am 25. September 2013 beim Sozialgericht Berlin eingegangenen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat
der Antragsteller die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung ab 1. September 2013 "zunächst" in Höhe von 688,03 € entsprechend
dem Bescheid vom 28. Juni 2013 sowie die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwaltes F W, Bo, beantragt.
Durch Beschluss vom 25. Oktober 2013 hat das SG den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ebenso abgelehnt wie den auf Gewährung von Eilrechtsschutz. Ein Rechtsschutzbedürfnis
für den Antrag, welcher der Sache nach auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Aufhebungsbescheid
vom 8. August 2013 gerichtet sei, sei nicht erkennbar. Denn über diesen Antrag habe bereits das SG Münster mit Beschluss vom
4. September 2013 entschieden. Gegen diesen Beschluss werde "gegenwärtig" ein Beschwerdeverfahren geführt (LSG Nordrhein-Westfalen
L 20 SO 4108/13 B ER). Ob der Antragsteller seinen Wohnsitz wieder nach Be verlegt habe - was die Kammer nicht als hinreichend
glaubhaft ansehe, berühre die Zuständigkeit des Gerichts nicht.
Mit der Beschwerde, für die er ebenfalls die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt hat, verfolgt der Antragsteller sein
Anliegen weiter. Er befinde sich bereits in einer Notlage.
II.
Die Beschwerde ist in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang begründet.
Wie das Sozialgericht vom Ansatz her zutreffend ausgeführt hat, ist der Antrag des Antragstellers der Sache nach dahin auszulegen,
dass er die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen den Aufhebungsbescheid des Antragsgegners
vom 8. August 2013 erstrebt. Denn hätte er mit diesem Anliegen Erfolg, ergäbe sich eine Leistungsberechtigung bereits unmittelbar
aus dem Bewilligungsbescheid vom 28. Juni 2013, der den Zeitraum bis 31. Juli 2014 erfasst. Einer weitergehenden gerichtlichen
Leistungsverpflichtung bedurfte es in diesem Fall grundsätzlich nicht.
Das SG ist jedenfalls im Ergebnis auch zutreffend davon ausgegangen, dass der so ausgelegte Antrag unzulässig war, soweit er konkret
die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Aufhebungsbescheid zum Inhalt hatte. Der Umstand,
dass der Antragsteller bereits am 21. August 2013 vor dem SG Münster in dem Verfahren mit dem Az. S 8 SO 195/13 ER (der Sache
nach) den Antrag anhängig gemacht hat, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Aufhebungsbescheid vom 8. August
2013 wiederherzustellen, führte zunächst dazu, dass ein weiteres Verfahren mit identischem Streitgegenstand (zeitgleich) nicht
zulässig anhängig gemacht werden konnte (§
202 Satz 1
SGG i.V. mit §
17 Abs.
1 Satz 2
Gerichtsverfassungsgesetz). Diese sogenannte doppelte Rechtshängigkeit war zwar mit dem rechtskräftigen Abschluss des zuerst eingeleiteten Verfahrens
durch den Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 24. Oktober 2013 beendet. Ab dann stand aber die Rechtskraft des Beschlusses
einer neuerlichen Entscheidung über denselben Streitgegenstand entgegen.
Zulässig war das Rechtsschutzanliegen des Antragstellers dagegen, soweit es dahin verstanden wird, dass er - nachdem er gegen
den Bescheid des Antragsgegners vom 8. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2013 am 25. September
2013 Klage erhoben hat - die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung dieser Anfechtungsklage geltend macht. Hierüber
hat das LSG Nordrhein-Westfalen ausdrücklich keine Entscheidung getroffen; der Senat hat wegen der Rechtskraft des Beschlusses
- die auf den entschiedenen Streitgegenstand beschränkt ist -, aber auch zur Vermeidung eines "negativen Kompetenzkonfliktes"
(s. hierzu den Beschluss des Senats vom 20. Mai 2008 - L 15 B 54/08 SO ER - FEVS 60, 58) nicht darüber zu befinden, ob er die in dem Beschluss vom 24. Oktober 2013 zur Begründung angegebene
Rechtsauffassung des LSG Nordrhein-Westfalen teilt.
Der Zulässigkeit eines auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 8. August
2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2013 gerichteten Antrags steht auch nicht - weder wegen doppelter
Rechtshängigkeit noch (soweit das Beschwerdeverfahren beim LSG Nordrhein-Westfalen zum Aktenzeichen L 20 SO 494/13 B ER mittlerweile
beendet sein sollte) wegen Rechtskraft - entgegen, dass der Antragsteller in dem Verfahren SG Münster S 12 SO 208/13 ER die
Gewährung von Leistungen der Grundsicherung gegenüber der Stadt Borken geltend gemacht hat und zu diesem Verfahren der hiesige
Antragsgegner beigeladen war mit der Folge, dass seine Verpflichtung zu Leistungen in Betracht gekommen wäre (s. §
75 Abs.
5 SGG). Über einen Antrag der am Anfang dieses Absatzes beschriebenen Art war in dem genannten Verfahren vor dem SG Münster nicht
zu befinden.
Mit dem Rechtsschutzanliegen der im vorigen Absatz beschriebenen Art hat der Antragsteller Erfolg.
Gemäß §
86 b Abs.
1 Nr.
2 SGG kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen anordnen, in denen Widerspruch und Klage keine aufschiebende
Wirkung haben. Zwar hat die Klage gegen den Bescheid vom 8. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.
August 2013 entgegen §
86 a Abs.
1 Satz 1
SGG nur deshalb keine aufschiebende Wirkung, weil der Antragsgegner in dem Ausgangsbescheid - bestätigt durch den Widerspruchsbescheid
- eine sofortige Vollziehung angeordnet hat. Auch in diesem Fall richtet sich einstweiliger Rechtsschutz aber nach §
86 b Abs.
1 Nr.
2 SGG. In der Vorschrift ist die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zwar nicht genannt, wohl aber wird sie in §
86 b Abs.
1 Satz 3
SGG ausdrücklich erwähnt. Daran zeigt sich, dass der Gesetzgeber auch bei Anordnungen des Sofortvollzugs durch die Behörde einstweiligen
Rechtsschutz durch Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hat einräumen wollen (s. den Beschluss des Senats vom 27.
November 2006 - L 15 B 234/06 SO ER - im Anschluss u.a. an LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Februar 2006 - L 13 AL 4566/05 ER-B -).
Nach §
86a Abs.
2 Nr.
5 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden
Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat,
die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung stellt eine Ausnahme vom Regelfall des §
86a Abs.
1 SGG dar. Nach dieser Vorschrift hat der Rechtsbehelf grundsätzlich selbst dann aufschiebende Wirkung, wenn die angegriffene Verwaltungsentscheidung
rechtmäßig ist. Für die Vollziehungsanordnung ist deshalb ein besonderes öffentliches Interesse erforderlich, das über jenes
Interesse hinaus geht, welches den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
[BVerfG] NVwZ 1996, 58, 59 mit weiteren Nachweisen). Das besondere öffentliche Interesse muss gerade an der sofortigen Vollziehung bestehen. Auch
fiskalische Interessen können dabei ein besonderes öffentliches Interesse begründen, jedoch bei Geldforderungen nur dann,
wenn deren Vollstreckung gefährdet erscheint (s. LSG Baden-Württemberg aaO. mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
Der Antragsgegner stützt das Vollziehungsinteresse darauf, dass nicht hingenommen werden könne, dass der Antragsgegner statt
des tatsächlich örtlich zuständigen Trägers - aus seiner Sicht der Stadt Bo - Leistungen der Grundsicherung erbringe und dem
Antragsteller auch keine Nachteile entstünden, weil er ausreichend Zeit habe, um dort Leistungen zu beantragen.
Diese Begründung trägt bereits deshalb nicht, weil sie außer acht lässt, dass das Gesetz für den vom Antragsgegner gesehenen
Fall andere Vorgehensweisen ausdrücklich vorsieht. Hierbei ist von vornherein zu beachten, dass das SGB XII seit 1. Januar 2013 ausdrücklich keine Regelungen zur (örtlichen) Zuständigkeit für die Erbringung von Leistungen der Grundsicherung
mehr vorsieht. Durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuchs vom 1. Oktober 2013 (Bundesgesetzblatt Teil I S. 3733) ist rückwirkend zum 1. Januar 2013 § 46b Abs. 3 SGB XII eingefügt worden, dessen Satz 1 bestimmt, dass das Zwölfte Kapitel des SGB XII - Zuständigkeit der Träger der Sozialhilfe - von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen auf Leistungen der Grundsicherung
nicht anzuwenden ist, damit auch nicht mehr § 98 Abs. 1 Satz 2 SGB XII betreffend die Fortdauer einer ursprünglich bestehenden örtlichen Zuständigkeit.
Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass der Antragsgegner bereits vor Erlass des Bewilligungsbescheides vom 28. Juni 2013 Zweifel
an seiner örtlichen Zuständigkeit hatte und dass nach dem Erlass dieses Bescheides - nur - neue Erkenntnisse zutage getreten
waren, welche die Zweifel des Antragsgegners verstärkten.
Für den Fall, dass zwischen mehreren Leistungsträgern streitig ist, wer zur Leistung verpflichtet ist, ist durch §
43 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (
SGB I) die Möglichkeit eröffnet, dass der zuerst angegangene Leistungsträger vorläufig Leistungen erbringt, deren Umfang er nach
pflichtgemäßen Ermessen bestimmt (§
43 Abs.
1 Satz 1
SGB I); er hat die Leistungen zu erbringen, wenn der Berechtigte es beantragt (§
43 Abs.
1 Satz 2
SGB I). In diesem Fall ist der Leistungsberechtigte dem Leistungen gewährenden Träger ohne Weiteres zur Erstattung von ihm nicht
zustehenden Leistungen verpflichtet (§
43 Abs.
2 i.V. mit §
42 Abs.
2 SGB I). Rechtsgedanke des §
43 SGB I ist es, einen Streit über Zuständigkeiten nicht auf dem Rücken der Leistungsberechtigten auszutragen. Wenn der Antragsgegner
diese Vorgehensweise trotz bereits damals von ihm selbst gesehenen Klärungsbedarfs zum tatsächlichen Aufenthaltsort des Antragstellers
nicht gewählt hat, so kann er nicht nachträglich eine dem Rechtsgedanken des §
43 SGB I widersprechende Rechtsfolge auf dem Weg des §
86b Abs.
1 Nr.
5 SGG herbeiführen, indem er nun einseitig seine Unzuständigkeit behauptet und den Antragsteller an den aus seiner - des Antragsgegners
- örtlich zuständigen anderen Leistungsträger verweist.
Selbst wenn aber zugunsten des Antragsgegners angenommen würde, dass ihm die Möglichkeit des §
43 SGB I nicht zur Verfügung gestanden hätte, weil er bei Erlass des Bescheides vom 28. Juni 2013 noch objektiv berechtigt davon ausgehen
durfte, örtlich zuständig zu sein, streitet für ihn nicht das nach dem Gesagten erforderliche besondere öffentliche Interesse
an der Vollziehung. Denn ausgehend von seiner eigenen, ausdrücklich geäußerten weiteren Prämisse, dass dem Antragsteller Leistungen
der Grundsicherung dem Grunde nach rechtmäßig zustanden, käme für ihn ein Erstattungsanspruch gegen den örtlich zuständigen
Leistungsträger auf der Grundlage des § 105 SGB X in Betracht (s. stellvertretend Bayerisches LSG, Urteil vom 16. Mai 2013 - L 18 SO 220/11 -), sodass nicht einmal ausschließlich
fiskalische Interessen gefährdet wären, wenn der Aufhebungsbescheid vom 8. August 2013 - zumindest derzeit - nicht vollzogen
werden könnte.
Auf die weiteren Ausführungen des Antragstellers zu seinem Anliegen in der Sache musste vor dem beschriebenen Hintergrund
nicht eingegangen werden, weil sie nicht entscheidungserheblich sind; ebensowenig muss die Frage erörtert werden, ob der Antragsteller
tatsächlich bedürftig und damit grundsicherungsberechtigt ist oder ob nicht gar der Tatbestand des Leistungsausschlusses nach
§ 41 Abs. 4 SGB XII ("Keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Kapitel hat, wer in den letzten zehn Jahren die Bedürftigkeit vorsätzlich oder
grob fahrlässig herbeigeführt hat") erfüllt ist mit der Folge, dass der Antragsteller von vornherein allenfalls Anspruch auf
"einfache" Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII haben könnte.
Keinen Erfolg hatte die Beschwerde dagegen, soweit mit ihr die Versagung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem
Sozialgericht angegriffen wird. Zwar bestand nach dem gesagten hinreichende Aussicht auf Erfolg (§
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V. mit §
114 Satz 1
Zivilprozessordnung [ZPO]). Der Senat vermochte sich jedoch nicht davon zu überzeugen, dass der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnissen nicht in der Lage war, die Kosten für die Prozessführung erster Instanz selbst aufzubringen. Insoweit macht
er sich die Ausführungen des Sozialgerichts Münster in dessen Beschluss vom 30. Oktober 2013 zur Frage der sozialhilferechtlichen
Bedürftigkeit des Antragstellers zu eigen. Diesen Beschluss konnte der Senat ohne Weiteres verwerten, weil er Inhalt der beigezogenen
Verwaltungsakten war. Lediglich "am Rand" wird noch auf den Beschluss des Senats vom 24. August 2010 - L 15 SO 104/10 B PKH
- verwiesen: Sollte der Antragsteller weiterhin Mitglied einer Vereinigung sein, zu deren Aufgaben die Gewährung von Rechtsschutz
an ihre Mitglieder gehört, schlösse auch dies die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aus.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren scheitert - soweit sich die Beschwerde gegen die Versagung
von Prozesskostenhilfe für das Verfahren erster Instanz richtet - bereits daran, dass erstattungsfähige Aufwendungen für dieses
Beschwerdeverfahren nicht entstehen können (§
127 Abs.
4 ZPO). Soweit sich die Beschwerde gegen die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes richtet, war sie - unabhängig von den eben
genannten Bedenken hinsichtlich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und der Möglichkeit einer anderweitigen
rechtlichen Vertretung - jedenfalls deshalb nicht zu bewilligen, weil der Antragsteller mit seinem Rechtsschutzanliegen in
der Sache Erfolg hat, ohne dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erforderlich gewesen wäre (§
121 Abs.
2 ZPO).
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht, soweit sich die Beschwerde gegen die
Versagung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren erster Instanz richtet, auf §
127 Abs.
4 ZPO, im Übrigen auf §
193 SGG.
Gegen diesen Beschluss gibt es kein Rechtsmittel (§
177 SGG).