Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren; Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache;
Vorliegen eines Systemversagens bei der Untersuchungsmethode der optischen Cohärenztomographie in der Augenheilkunde
Gründe:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 20. August
2013 ist gemäß §
145 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zulässig, aber unbegründet.
Nach §
144 Abs.1
SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts,
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten
Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Das ist hier der Fall, weil die Klage sich gegen die Ablehnung der Kostenerstattung
für eine im Rahmen einer ambulanten augenärztlichen Untersuchung durchgeführte optische Cohärenztomographie (OCT) durch die
Beklagte in Höhe von 84,87 € richtet.
Nach §
144 Abs.
2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr.1), das Urteil von einer Entscheidung
des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts
abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr.2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel
geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr.3). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
Das Urteil weicht nicht von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats
der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab. Eine solche Abweichung wird vom Kläger ebenso
wenig geltend gemacht wie das Vorliegen eines Verfahrensfehlers.
Die Rechtssache hat auch nicht die vom Kläger behauptete grundsätzliche Bedeutung im Sinne von §
144 Abs.
2 Nr.
1 SGG. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn von ihrer Entscheidung erwartet werden kann, dass sie zur Erhaltung
und Sicherung der Rechtseinheit und zur Fortbildung des Rechts beitragen wird. Das ist der Fall, wenn es in einem Rechtsstreit
um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige (entscheidungserhebliche) konkrete Rechtsfrage geht, deren Entscheidung über
den Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Das ist hier aber nicht der Fall. Der Kläger hält in diesem Sinne für klärungsbedürftig,
ob für die Untersuchungsmethode der optischen Cohärenztomographie in der Augenheilkunde ein Systemversagen im Zusammenhang
mit §
135 Abs.
1 Satz 1 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (
SGB V) und §
92 Abs.
1 Satz 2 Nr.
5 SGB V vorliegt. Als "Rechtsfrage" ist aber im Sinne des §
144 Abs.
2 Nr.
1 SGG regelmäßig nur eine solche des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts anzusehen, die mit den Mitteln der juristischen
Methodik beantwortet werden kann. An einer solchen Frage fehlt es hier. Ob für die Untersuchungsmethode der OCT ein Systemversagen
vorliegt oder nicht, kann mit Hilfe der juristischen Methodik nicht beantwortet werden; vielmehr ist hierfür die Klärung tatsächlicher
Fragen entscheidend, wie die insoweit ausführliche Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers zeigt. Grundsätzliche
Tatsachenfragen stellen jedoch nach §
144 Abs.
2 SGG keinen Grund dar, eine Berufung zuzulassen.
Unter welchen rechtlichen Voraussetzungen der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) für eine neue Untersuchungsmethode Empfehlungen
in Richtlinien nach §
92 Abs.
1 Satz 2 Nr.
5 SGB V abgeben muss und wann ein Systemversagen vorliegt, wenn er eine solche Empfehlung rechtswidrig unterlässt, ist durch die
Rechtsprechung des BSG grundsätzlich geklärt (vgl. beispielsweise BSG, Urteil vom 04. April 2006, B 1 KR 12/05, [Interstitielle Brachytherapie mit Permanent-Seeds bei Prostatakarzinom], zitiert
nach juris). Ob die OCT die Voraussetzungen für eine Empfehlung durch den GBA erfüllt und damit für diese Methode im Falle
des Klägers ein Systemversagen vorliegt, wie er mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde behauptet, ist dagegen kein Rechtsfrage,
sondern eine Frage nach dem Vorliegen einer (generellen) Tatsache. Denn der Kläger macht damit in der Sache geltend, dass
die OCT in seinem Fall eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung ist.Das Bundessozialgericht hat aber der Frage,
ob eine Therapie zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehört, wegen der Abhängigkeit vom konkreten Einzelfall
und dem hierfür maßgeblichen Tatsachenstoff nicht den Charakter einer Rechtsfrage, sondern einer Tatfrage, der nach dem Vorliegen
allgemeiner (genereller) Tatsachen, beigemessen (vgl. BSG, Beschluss vom 7. Oktober 2005, B 1 KR 107/04 B, m.w.N., zitiert nach juris). Darüber hinaus hat die Frage nach den Therapiemöglichkeiten für ein einzelnes Leiden und dem
darauf bezogenen krankenversicherungsrechtlichen Behandlungsanspruch des Versicherten angesichts der Vielzahl der in der Medizin
diskutierten Krankheitsbilder auch nicht den Rang einer Rechtsfrage von "grundsätzlicher" Bedeutung (vgl. z.B. BSG, Beschlüsse vom 20. Juli 2004, B 1 KR 1/03 B, vom 21. Dezember 2004, B 1 KR 11/03 B, vom 19. Oktober 2004, B 1 KR 92/03 B, jeweils zitiert nach juris) und zwar auch dann nicht, wenn sie viele Versicherte betrifft, wie der Kläger behauptet.
Da das Sozialgericht sich mit der vom Kläger aufgeworfenen Frage eingehend beschäftigt, ein Systemversagen verneint und deshalb
das Bestehen eines Kostenerstattungsanspruchs abgelehnt hat, macht der Kläger im Eigentlichen geltend, dass das Sozialgericht
seinen Fall falsch entschieden habe. Ob das Sozialgericht den Rechtsstreit richtig entschieden hat, ist aber im vorliegenden
Beschwerdeverfahren nicht zu prüfen. Die sachliche Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung stellt nach §
144 Abs.
2 SGG keinen Grund dar, eine kraft Gesetzes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Vielmehr soll es gemäß §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG bei Verfahren mit geringem Streitwert - wie hier - grundsätzlich mit einer gerichtlichen sachlichen Überprüfung des Klagebegehrens
sein Bewenden haben.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §
193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG). Nach §
145 Abs.
4 Satz 4
SGG wird das Urteil des Sozialgerichts mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Landessozialgericht rechtskräftig.