Tatbestand:
Streitig ist die Erstattung von den Festbetrag übersteigenden Kosten einer Hörgeräteversorgung.
Die 1950 geborene Klägerin leidet an einer hochgradigen, an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit. Sie ist bei der Beklagten
gesetzlich krankenversichert.
Sie beantragte im Mai 2014 die Versorgung mit neuen Hörgeräten. Ihrem Antrag fügte sie eine ärztliche Verordnung für eine
Hörhilfe sowie einen Kostenvoranschlag eines Hörgeräteakustikers vom 8. Mai 2014 über 5.427 EUR für das Hörgerätesystem O.
bei.
Der Hörgeräteakustiker teilte auf Anfrage der Beklagten mit, dass neben dem O. sieben weitere Hörsysteme getestet worden seien,
von denen zwei zuzahlungsfrei seien. Leider seien bei allen angepassten Hörsystemen keine Sprachmessungen möglich gewesen,
da das Sprachverstehen eindeutig zu schlecht sei. Die Klägerin habe über ein "variables" Hören - mal höre sie, mal nicht -
geklagt, was schwer nachzuvollziehen sei. Die audiologische Begründung für die geplante Versorgung liege daher allein im subjektiven
Hörvermögen und Empfinden der Klägerin und lasse sich nicht auf eine objektive Messung stützen. Beigefügt war der Anpassbericht
vom 8. Mai 2014, wonach die Freifeldmessung ein Sprachverstehen ohne Systeme rechts und links von 0 % und mit Hörsystemen
ebenfalls von 0 % ergeben hat.
Mit Bescheiden vom 12. Juni 2014 gewährte die Beklagte der Klägerin einen Festbetrag von 1.055,44 EUR für das Hörgerät rechts
sowie einen Festbetrag von 887,05 für das Hörgerät links. Eine darüber hinausgehende Zahlung lehnte sie ab, da die von der
Klägerin gewünschten Geräte nicht erforderlich seien.
Mit ihrem dagegen erhobenen Widerspruch führte die Klägerin aus, dass ihr variables Hörvermögen und ihr ständig vorhandener
Tinnitus nicht berücksichtigt worden seien. Die von ihr ausgewählten Geräte könnten das besser ausgleichen und sie könne in
erheblich niedrigerem Einstellungsbereich gut verstehen. Sie habe die Kassengeräte getestet und komme mit ihnen nicht zurecht.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens holte die Beklagte eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung
(MDK) N. vom 31. Juli 2014 ein. Darin heißt es, die Versorgung mit Hörgeräten des Typs O. sei nicht zwingend medizinisch indiziert,
vielmehr reiche eine Versorgung mit zuzahlungsfreien Geräten aus.
Auf erneute Nachfrage der Beklagten bestätigte der Hörgeräteakustiker der Klägerin seine Auffassung, dass die Versorgung mit
Festbetragsgeräten ausreichend sei. Die Klägerin selbst empfinde das O. zwar besser, dies sei aber nicht messbar.
Die Klägerin beschaffte sich sodann die von ihr beantragten Hörgeräte selbst und zahlte hierfür gemäß Rechnung vom 6. Dezember
2014 einen Eigenanteil von 3.484,51 EUR.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 7. Januar 2015 zurück und führte aus, die Krankenkassen
seien nicht dazu verpflichtet, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung
zu stellen. Bei der Klägerin bestehe eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit. Nach Aussage des Hörgeräteakustikers seien
bei allen angepassten Hörsystemen keine Sprachmessungen möglich gewesen. Dies habe auch der MDK bestätigt. Von der Notwendigkeit
der beantragten Versorgung sei daher nicht auszugehen.
Mit ihrer am 3. Februar 2015 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat sie sich auf
die Ausführungen in ihrem Widerspruch bezogen und ergänzend ausgeführt, dass sie sehr gut mit ihren Hörgeräten kommuniziere
und sich damit wohl fühle. Cochlea-Implantate kämen aufgrund der damit verbundenen Kopfoperation und der fraglichen Ergebnisse
für sie nicht in Betracht. Sie hat ferner ein Schreiben ihres Hörgeräteanpassers vom 30. Januar 2015 beigefügt, in dem dieser
erneut ausgeführt hat, dass eine objektive Messung mit allen angepassten Geräten nicht möglich gewesen sei und die Bewertung
allein durch das subjektive Empfinden der Klägerin erfolgt sei. Sein subjektives Empfinden sei, dass mit den angepassten Geräten
durchaus eine verbesserte Kommunikation möglich sei.
Das Sozialgericht hat einen Befundbericht des behandelnden Hals-Nasen-Ohren-Arztes Dr. F. vom 14. Juli 2015 und einen Entlassungsbericht
des Universitätsklinikum E. (U.) über einen Aufenthalt der Klägerin in der dortigen Tagesklinik am 28. Oktober 2015 eingeholt.
Des Weiteren hat die Klägerin eine "Fachärztliche Befundmitteilung zur Vorlage bei der Krankenkasse" von der Hals-Nasen-Ohren-Ärztin
Dr. P. vom 3. Februar 2014 und einen Bericht des Universitätsklinikum U1 vom 24. April 1995 eingereicht.
Das Sozialgericht hat sodann den Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. M. mit der Erstellung eines Gutachtens nach Untersuchung
der Klägerin beauftragt. Da die Klägerin nicht zum Untersuchungstermin erschienen ist, hat dieser unter dem 22. Februar 2016
eine gutachtliche Stellungnahme nach Aktenlage verfasst. Darin hat er ausgeführt, dass eine ausreichende Hörverbesserung über
ein konventionelles Hörgerät nicht mehr zu erwarten sei. Eine Kommunikation sei bei der hochgradigen an Taubheit grenzenden
Schwerhörigkeit beidseits nur durch das zusätzliche Ablesen vom Mund möglich. Zusammenfassend erscheine eine konventionelle
Hörgeräteversorgung nicht erfolgversprechend; es bestehe vielmehr die Indikation für ein Cochlea-Implantat.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 1. Februar 2017 abgewiesen und zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid
Bezug genommen. Ergänzend hat es ausgeführt, dass die Gründe des Widerspruchsbescheides durch die Ermittlungen im gerichtlichen
Verfahren bestätigt worden seien. Sowohl der behandelnde Arzt Dr. F. als auch die untersuchende Ärztin im U. seien zu dem
Ergebnis gelangt, dass kein hinreichendes Sprachverständnis nachweisbar und die Indikation für eine Cochlea-Implantation gegeben
sei. Dies sei schließlich auch durch den medizinischen Sachverständigen Dr. G. bestätigt worden. Soweit die Klägerin vortrage,
dass sie zwar nicht in den Tests, aber in der Alltagssituation mit den selbstbeschafften Hörgeräten etwas höre und damit gut
zurecht komme, könne die Kammer diesen subjektiven Vortrag allein nicht zur Entscheidungsgrundlage machen. Erforderlich sei
eine Objektivierung der klägerischen Angaben. Die Möglichkeit, im Rahmen einer Untersuchung ihr subjektives Empfinden durch
einen Sachverständigen feststellen zu lassen, habe die Klägerin nicht wahrgenommen. Demnach seien für die Kammer objektiv
die Voraussetzungen für eine Hörgeräteversorgung mit dem O. nicht nachgewiesen. Dies gehe nach dem Grundsatz der objektiven
Beweislast zu Lasten der Klägerin.
Das Urteil des Sozialgerichts ist der Klägerin ausweislich der vorliegenden Zustellungsurkunde am 10. Februar 2017 durch Einwurf
in den Briefkasten zugestellt worden. Am 10. März 2017 hat die Klägerin dem Sozialgericht durch eine Bekannte telefonisch
mitteilen lassen, dass sie auf das Urteil warte. Nach dem vorliegenden Aktenvermerk wurde ihr gesagt, dass das Urteil zugestellt
worden sei. Die Klägerin blieb jedoch dabei, dass sie das Urteil nicht erhalten habe und bat um erneute Zusendung. Am 17.
März 2017 ließ die Klägerin erneut durch eine Bekannte telefonisch mitteilen, dass sie das Urteil noch immer nicht erhalten
habe. Am selben Tag wurde ihr das Urteil per E-Mail übersandt.
Am 27. März 2017 hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie trägt vor, ihr sei am 10. März 2017 telefonisch zugesagt worden,
dass ihr das Urteil mit Zustellungsurkunde und Gewährung einer Fristverlängerung nochmals zugestellt werde. Es sei nichts
gekommen, obwohl die Briefzustellerin hierauf geachtet habe. Nunmehr sei es ihr per E-Mail übersandt worden, aber ohne Information
zu der Fristverlängerung. In der Sache wiederholt die Klägerin ihr Vorbringen, dass sie mal mehr und mal weniger oder gar
nicht höre. Dies sei offenbar mit objektiven Messmethoden schwer zu dokumentieren.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 1. Februar 2017 und den Bescheid der Beklagten vom 12. Juni 2014 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die den Festbetrag übersteigenden
Kosten für die Hörgeräte O. in Höhe von 3.484,51 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
In einem am 9. August 2017 durchgeführten Erörterungstermin haben die Beteiligten einen Vergleich geschlossen, in dem sich
die Beklagte verpflichtete, der Klägerin einen Betrag von 1.750 EUR zu zahlen. Der Klägerin war ein Widerrufsvorbehalt eingeräumt
worden, von dem sie noch am selben Tag Gebrauch gemacht hat.
Mit Beweisanordnung vom 7. Februar 2018 ist sodann die Hörgeräteakustikerin K. beauftragt worden, nach ambulanter Durchführung
von Hörtestungen ein Gutachten zu erstatten. Die Klägerin hat es abgelehnt, sich derartigen Tests zu unterziehen, da bekannt
sei, dass sie auf Hörtests nicht gut reagiere und außerdem mittlerweile fast vier Jahre nach der Anschaffung der Hörgeräte
vergangen seien. Die Sachverständige ist daraufhin beauftragt worden, das Gutachten nach Aktenlage zu erstellen.
In ihrem Gutachten vom 5. April 2018 hat die Sachverständige K. ausgeführt, dass bei der Klägerin eine an Taubheit grenzende
Schwerhörigkeit vorliege. Sie selbst beschreibe ihren Hörschaden als veränderlich, was messtechnisch nicht nachgewiesen sei.
In den verschiedenen Sprachaudiogrammen habe kein Einsilbenverstehen mehr nachgewiesen werden können. Mehrsilber seien bei
110 dB noch zu 20 % verstanden worden. Dies zeige, dass die Klägerin noch in der Lage sei, Sprache zumindest in geringem Maße
auditiv wahrzunehmen und auch ansatzweise zu verstehen. Sie benötige daher Hörgeräte, die in erster Linie eine ausreichende
Verstärkung bieten würden. Solche Geräte gebe es auch zum Festbetrag. Sofern die Angaben der Klägerin zutreffend seien, dass
ein Tinnitus vorliege, der auch durch äußere Reize ausgelöst bzw. verstärkt werde, benötige sie außerdem Geräte mit einer
wirksamen Störgeräuscheunterdrückung. Solche etwas höherwertigen Techniken gebe es bei den marktüblichen Festbetragsgeräten
nicht. Sie könne aber nach Aktenlage nicht feststellen, ob konkret das O. medizinisch notwendig sei. Es gebe beispielsweise
noch das Modell SP 7, das eventuell als preiswertere Alternative in Betracht gekommen wäre.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung ist zulässig.
Sie ist allerdings nicht fristgerecht eingelegt worden, denn sie ist erst nach Ablauf der nach §
151 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) geltenden Monatsfrist beim Gericht eingegangen. Ausweislich der Zustellungsurkunde ist der Klägerin das Urteil des Sozialgerichts
am 10. Februar 2017 durch Einwurf in den Hausbriefkasten zugestellt worden. Die Berufungsfrist endete damit am 10. März 2017,
die Berufung ist jedoch erst am 27. März 2017 bei Gericht eingegangen. Gemäß §
202 SGG i.V.m. §
180 S. 1 und 2
Zivilprozessordnung (
ZPO) gilt das Urteil mit der Einlegung in den Hausbriefkasten als zugestellt. Dabei handelt es sich um eine unwiderlegbare Vermutung
(Thomas/Putzo,
ZPO, 35. Aufl., §
180 Rn. 5), sodass die Behauptung der Klägerin, das Urteil tatsächlich nicht erhalten zu haben, an der wirksam erfolgten Zustellung
nichts ändert.
Der Klägerin war insoweit aber Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Dies ist gemäß §
67 Abs.
1 SGG der Fall, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Ob die Klägerin das
Urteil trotz des erfolgten Einwurfs in ihren Briefkasten tatsächlich nicht erhalten hat, ist nicht mehr aufklärbar. Nach der
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist eine Wiedereinsetzung aber auch dann zu gewähren, wenn die Fristversäumnis (auch)
auf Fehlern beruht, die im Verantwortungsbereich des Gerichts bei Wahrnehmung seiner Fürsorgepflicht liegen. Hinweise, die
ein Gericht den Beteiligten in Wahrnehmung seiner Fürsorgepflicht gibt, müssen der konkreten Situation angemessen sein. Bei
drohendem Fristablauf müssen sie daher auch dasjenige Verhalten bezeichnen, mit dem das Erforderliche am schnellsten bewirkt
werden kann (BSG, Urteil vom 30.01.2002 - B 5 RJ 10/01 R - Juris).
Die Klägerin ließ dem Gericht am 10. März 2017 - also am letzten Tag der noch laufenden Berufungsfrist - mitteilen, dass sie
bisher kein Urteil erhalten habe. Nach dem vorliegenden Aktenvermerk ist ihr lediglich gesagt worden, dass das Urteil am 10.
Februar 2017 bereits zugestellt worden sei. Bei umfassender Wahrnehmung seiner Fürsorgepflicht hätte das Gericht die Klägerin
jedoch darauf hinweisen müssen, dass eine fristgerechte Berufungseinlegung an dem Tag des Anrufs gerade noch möglich gewesen
wäre. Ebenso wäre die erst eine Woche später erfolgte Zusendung des Urteils per E-Mail noch am Tag des Anrufs möglich gewesen
sein, sodass der Klägerin ermöglicht worden wäre, die Berufung noch innerhalb der Frist einzulegen.
2. Die Berufung ist jedoch nicht begründet, denn das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung
abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erstattung ihres Eigenanteils für die von ihr selbstbeschafften Hörgeräte.
Hat eine Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung
Kosten entstanden, sind diese gemäß §
13 Abs.
1 S. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (
SGB V) von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Erstattungsanspruch reicht
nicht weiter als ein entsprechender primärer Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung
zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben.
Rechtsgrundlage für den zunächst geltend gemachten Sachleistungsanspruch ist §
27 Abs.
1 S. 2 Nr.
3, §
33 Abs.
1 S. 1
SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken,
orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern,
einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit sie nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände
des täglichen Lebens anzusehen oder nach §
34 Abs.
4 SGB V ausgeschlossen sind. Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen
nicht überschreiten (§
12 Abs.
1 S. 1
SGB V). Zwar erfüllt die Krankenkasse grundsätzlich ihre Leistungspflicht durch Gewährung des jeweiligen Festbetrags, wenn für
eine Leistung ein solcher festgesetzt ist (§§
12 Abs.
2,
36 SGB V). Soweit aber der Festbetrag für den Behinderungsausgleich objektiv nicht ausreicht, bleibt es bei der Verpflichtung der
Krankenkasse zur - von Zuzahlungen abgesehen - kostenfreien Versorgung der Versicherten.
Bei der Klägerin besteht unstreitig eine Behinderung in Form der an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit. Der von den Krankenkassen
geschuldete Behinderungsausgleich bemisst sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 07.10.2010 - B 3 KR 13/09 R - Juris, m.w.N.) danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder des mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird.
Beim unmittelbaren Behinderungsausgleich geht es um den Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst,
wovon auszugehen ist, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion selbst ermöglicht, ersetzt oder
erleichtert. Dies ist hier der Fall, denn die Hörgeräte dienen dazu, das beeinträchtigte Hörvermögen der Klägerin auszugleichen.
In diesem Bereich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits unter Berücksichtigung des
aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Begrenzt ist der so umrissene Anspruch allerdings durch das
Wirtschaftlichkeitsgebot des §
12 Abs.
1 SGB V. Die Leistungen müssen danach ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.
Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer
nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet §
33 Abs.
1 S. 1
SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen
sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich
funktionell ebenfalls geeignet ist. Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§
33 Abs.
1 S. 5
SGB V).
Vorliegend konnte die Erforderlichkeit der von der Klägerin beanspruchten Hörgeräteversorgung nicht nachgewiesen werden. Aus
den vorliegenden medizinischen Unterlagen lässt sich nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ableiten, dass
die von ihr selbstbeschafften Hörgeräte ihre Hörbehinderung besser ausgleichen als die Festbetragsgeräte oder andere kostengünstigere
Geräte. Vielmehr spricht alles dafür, dass sämtliche Geräte, also auch die von der Klägerin beschafften, keine messbare Verbesserung
ihres Sprachverstehens bewirken können.
Bereits der Hörgeräteanpasser hat im Verwaltungsverfahren mitgeteilt, dass sowohl mit den Festbetragsgeräten als auch mit
den Geräten, die eine Zuzahlung erfordern, kein Spracherfolg messbar sei. Als audiologische Begründung für die begehrte Versorgung
hat er dementsprechend lediglich das subjektive Empfinden der Klägerin angeführt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus
seinem im Klageverfahren eingereichten Schreiben vom 30. Januar 2015. Zwar hat er dort ausgeführt, dass es für ihn nachvollziehbar
sei, dass die Klägerin mit den begehrten Geräten subjektiv besser zurechtkomme, er hat aber erneut bestätigt, dass dies nicht
objektiv messbar sei.
Auch aus dem Bericht des U. aus dem Oktober 2015 - die Klägerin verfügte zum Zeitpunkt der dortigen Untersuchungen also schon
über die hier streitigen Hörgeräte - geht hervor, dass mit diesen seitengetrennt kein hinreichendes Sprachverständnis im Ein-
und Mehrsilbentest nachweisbar war. Dementsprechend heißt es, dass eine Versorgung mit Hörgeräten kaum noch Sinn mache und
die Indikation für eine Cochlea-Implantation gegeben sei. Die gleiche Auffassung hat der behandelnde HNO-Arzt Dr. F. in seinem
Befundbericht vom 14. Juli 2015 mitgeteilt. Er hat ausgeführt, ein "variables Gehör" könne nicht bestätigt werden, vielmehr
handele es sich um eine über die Jahre hin progrediente Verschlechterung. Die Anlage eines Cochlea-Implantats sei indiziert.
Diese Bewertung ist auch durch den vom Sozialgericht beauftragten Sachverständigen Dr. G. bestätigt worden. Auch er hat eine
konventionelle Hörgeräteversorgung für grundsätzlich nicht erfolgversprechend und stattdessen eine Cochlea-Implantation für
indiziert gehalten.
Schließlich hat auch die als Sachverständige beauftragte Hörgeräteakustikerin K. schon nicht objektiv bestätigen können, dass
die höherwertigen Techniken von über dem Festbetrag liegenden Hörgeräten die Hörbehinderung der Klägerin tatsächlich besser
ausgleichen können. Ihre Ausführungen zu den grundsätzlich besseren Möglichkeiten dieser Geräte basieren ausschließlich darauf,
dass sie die subjektiven Angaben der Klägerin zu ihrem wechselhaften Resthörvermögen und der Provozierung des Tinnitus durch
Umgebungsgeräusche zugrunde gelegt hat. Sie hat aber selbst darauf hingewiesen, dass diese messtechnisch nicht belegt sind.
Eigene Untersuchungen oder Testungen konnte sie nicht durchführen, da die Klägerin es abgelehnt hat, sich diesen zu unterziehen.
Darüber hinaus hat sie eindeutig klargestellt, dass sie - selbst bei Wahrunterstellung der diesbezüglichen Angaben der Klägerin
- nach Aktenlage nicht feststellen konnte, dass gerade die von der Klägerin beschafften Geräte medizinisch notwendig sind.
Vielmehr hat sie es ebenso für möglich gehalten, dass es auch dann preisgünstigere Alternativen gegeben hätte.
Eine andere Beurteilung ergibt sich schließlich nicht aus der Befundmitteilung der HNO-Ärztin Dr. P. vom 3. Februar 2014.
Soweit sie mitgeteilt hat, dass bei der Klägerin aufgrund eines fluktuierenden Hörvermögens Hörgeräte mit guter Spracherkennung
sinnvoll seien, fehlt dafür jegliche Begründung oder die Angabe von eventuell durchgeführten Untersuchungen. Zu den von der
Klägerin konkret beschafften Geräten hat sie sich nicht geäußert.
Es steht der Klägerin selbstverständlich frei, die von den genannten Ärzten für indiziert gehaltene Cochlea-Implantation abzulehnen.
Dies führt aber nicht dazu, dass die von ihr gewünschte Hörgeräteversorgung ohne objektivierbaren Nachweis ihrer Erforderlichkeit
von der Beklagten zu gewähren ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.