Tatbestand:
Streitig ist ein Zahlungsanspruch der klagenden Kassenärztlichen Vereinigung (KV) gegen die beklagte Krankenkasse aus Vergütungen
für vertragsärztliche Leistungen in sog. Altquartalsfällen.
Mit Schreiben vom 7. Juni 2016 übersandte die Klägerin der Beklagten die Honorarforderung für das Quartal IV/2015 in Papierform.
Hierin enthalten waren auch Forderungen für Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (extrabudgetäre
Gesamtvergütung (EGV)) aus den Quartalen IV/2012 bis IV/2013.
Mit Schreiben vom 20. Juni 2016 beanstandete die Beklagte die die Altquartalsfälle betreffenden Forderungen. Dies könne nicht
akzeptiert werden, da in § 6 Abs. 2 des Gesamtvertrags der Ersatzkassen geregelt sei, dass der Vergütungsanspruch von vertragsärztlichen
Leistungen gegenüber der Krankenkasse zu dem Zeitpunkt verjähre, zu dem der Anspruch des Vertragsarztes auf die Abrechnung
von Behandlungsausweisen gegenüber der KV nach dem Honorarverteilungsmaßstab (HVM) verjähre. Zwar enthalte der Verteilungsmaßstab
(VM) keine ausdrückliche Regelung zu den Verjährungsfristen mehr. Maßgeblich für die Honorarverteilung und die Ansprüche des
Arztes gegenüber der Beklagten seien jedoch auch ihre ergänzenden Abrechnungsbestimmungen. Diese sähen in § 1 Abs. 5 eine
klare Verjährungsfrist vor, denn der Anspruch des Arztes auf Abrechnung von Leistungen und/oder Kosten verjähre in einem Jahr.
Die Verjährung beginne mit Ablauf des Abrechnungsquartals, in dem die Leistung erbracht worden sei und/oder die Kosten entstanden
seien. Folglich sei auch der Anspruch der Klägerin gegenüber den Krankenkassen verjährt. Die Beklagte überwies die gekürzte
Summe an die Klägerin.
Am 28. November 2016 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Hamburg Klage auf Zahlung des einbehaltenen Betrags in Höhe von 4.692,92 Euro zuzüglich Zinsen erhoben. Die für die Forderung
geltende vierjährige Verjährungsfrist sei noch nicht abgelaufen. Die Beklagte könne sich nicht auf die Regelung des Gesamtvertrags
in Verbindung mit den ergänzenden Abrechnungsbestimmungen berufen. Vor November 2004 seien die ergänzenden Abrechnungsbestimmungen
zwar Bestandteil des HVM gewesen, aber die Entwicklung habe sich über die Jahre so geändert, dass allein die Klägerin die
ergänzenden Abrechnungsbestimmungen erlasse, ohne dass die Beklagte hierauf Einfluss habe. Es gelte deshalb die allgemeine
sozialrechtliche Verjährungsfrist. Die Beklagte verkenne im Übrigen, dass es sich bei der Frist nach den ergänzenden Abrechnungsbestimmungen
nicht um eine Ausschlussfrist, sondern um eine Ordnungsfrist handele. Diese diene lediglich der Verfahrensbeschleunigung und
der effektiven Verfahrensdurchführung. Ein Verstreichen der Frist stelle kein Hindernis für die Verfahrensdurchführung bzw.
für eine Sachentscheidung dar. Der einbehaltene Teil der Gesamtvergütung sei nach ständiger Rechtsprechung zu verzinsen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, dass die Abrechnungsunterlagen unzureichend gewesen seien
und insbesondere die Anforderungen des Formblatts 3 nicht erfüllt hätten. Schon daran scheitere der Anspruch. Darüber hinaus
seien der Anspruch nach § 6 Abs. 2 des Gesamtvertrags verjährt.
Die Klägerin hat erwidert, es sei ihr zum Zeitpunkt der Übermittlung der Papierunterlagen technisch nicht möglich gewesen,
die elektronischen Datensätze zu erstellen und diese elektronisch zu übermitteln. Deshalb sei auf die Papierform zurückgegriffen
worden. Damit sei zunächst die fristwahrende Übermittlung der Einzelfallnachweise zusammen mit sonst ebenfalls üblichen Papierdokumenten
z.B. von rechnerischen Berichtigungen oder Nachforderungen von Kostenträgererklärungen erfolgt. Bei der nunmehr vorgenommenen
Übermittlung in elektronischer Form handele es sich nicht um ein Nachholen, sondern um eine originäre Übermittlung der Einzelfallnachweise.
Ihr, der Klägerin, sei dies innerhalb der allgemeinen sozialrechtlichen Verjährungsvorschriften noch möglich.
Das SG hat über die Klage am 26. Juni 2019 mündlich verhandelt und sie mit Urteil vom selben Tag als unbegründet abgewiesen. Die
Kammer habe in der Besetzung mit einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der Krankenkassen und einer ehrenamtlichen Richterin
aus dem Kreis der Vertragsärzte und Psychotherapeuten entschieden, da es sich hier um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts
(§
12 Abs.
3 Satz 1 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG)) handele. Den Beteiligten sei darin zuzustimmen, dass die Forderung auf Vergütung der gegenüber den Vertragsärzten für die
Quartale IV/2012 bis IV/2013 bereits abgerechneten und vergüteten Leistung aus dem EGV-Bereich als Teil der morbiditätsbezogenen Gesamtvergütung (MGV) grundsätzlich einer vierjährigen Verjährungsfrist unterliege, denn in entsprechender Anwendung der §§
45 des Sozialgesetzbuchs Erstes Buch (
SGB I) und 113 Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs Zehntes Buch (SGB X) bestehe auch für einbehaltene Beträge der Gesamtvergütung eine vierjährige Verjährungsfrist (Hinweis auf Bundessozialgericht
(BSG), Urteil vom 15. Juni 2016 - B 6 KA 22/15 R, juris-Rn. 38 m.w.N.). Diese Verjährungsfrist sei durch die am 28. November 2016 erhobene Klage für die hier streitigen Quartale
wirksam gehemmt (§
45 Abs.
1 SGB I in Verbindung mit §
204 Abs.
1 Nr.
1 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs (
BGB) entsprechend). Gleichwohl habe die Klage keinen Erfolg, weil andere, vertragliche Fristen der Geltendmachung der Forderung
für die hier streitigen Quartale entgegenstünden. Der Klägerin sei zwar darin zuzustimmen, dass sich die Beklagte nicht erfolgreich
auf die Verjährungsfrist des § 1 Abs. 5 der Ergänzenden Abrechnungsbestimmungen der KV Hamburg vom 12. Juni 2008 in der Fassung
vom 19. November 2009 (im Folgenden: Ergänzende Abrechnungsbestimmungen) berufen könne (dazu unter 1). Die Beklagte könne
sich jedoch erfolgreich auf die vertragliche Frist aus § 1 Abs. 5 DTA in Verbindung mit § 13 Abs. 3 des Gesamtvertrags zwischen
der KV Hamburg und dem Verband der Angestellten-Krankenkassen sowie dem AEV-Arbeiter-Ersatzkassen-Verband vom 11. April 1996
(im Folgenden: Gesamtvertrag) und dem BMV-Ä (dazu unter 2.) berufen.
1. Nach § 6 Abs. 2 Gesamtvertrag verjähre der Vergütungsanspruch von vertragsärztlichen Leistungen gegenüber den Krankenkassen
zu dem Zeitpunkt, zu dem der Anspruch des Vertragsarztes auf Abrechnung von Behandlungsausweisen gegenüber der KV Hamburg
nach dem HVM verjähre. Diese Regelung des Gesamtvertrags gehe ins Leere, denn es fehle seit November 2004 an einer entsprechenden
Regelung im HVM bzw. VM der Klägerin. Vielmehr regele die Klägerin gegenüber ihren Vertragsärzten durch eigene Rechtssetzung
in den ergänzenden Abrechnungsbestimmungen, wie lange diese einen Anspruch auf Abrechnung von Leistungen und/oder Kosten hätten.
Der Anspruch hierauf verjähre demnach in einem Jahr (§ 1 Abs. 5 Satz 1 Ergänzende Abrechnungsbestimmungen). Die Verjährung
beginne mit dem Ablauf des Abrechnungsquartals, in dem die Leistungen erbracht worden und/oder die Kosten entstanden seien
(§ 1 Abs. 5 Satz 2 Ergänzende Abrechnungsbestimmungen). Die entstandene Lücke im Gesamtvertrag in Bezug auf die Verjährung
der Vergütung von Leistungen im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten könne nicht durch die entsprechende Heranziehung
der zwischen den Ärzten und der Klägerin geltenden Ergänzenden Abrechnungsbestimmungen geschlossen werden. Eine solche entsprechende
Anwendung verkenne, dass der Gesamtvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten ausgehandelt werde (vgl. §
82 Abs.
2 des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch (
SGB V)). Die Vertragsparteien stünden in einem Gleichordnungsverhältnis zueinander und nicht in einem Über-/Unterordnungsverhältnis
wie die Vertragsärzte. Nur dort sei die Klägerin berechtigt, durch Entscheidung des Vorstandes bzw. der Vertreterversammlung
der Selbstverwaltungskörperschaft eine für die Mitglieder verbindliche Regelung zu schaffen. Mit der Beklagten müsse die Klägerin
innerhalb des gesetzlichen Rahmens Regelungen aushandeln. So sei z.B. in einem Rechtsstreit eines Vertragsarztes mit der Klägerin
über seinen Honoraranspruch eine inzidente Prüfung einer Gesamtvergütungsvereinbarung ausgeschlossen, weil es sich bei der
Vereinbarung und Anpassung der Gesamtvergütung nicht um einen normativen, sondern um einen obligatorischen Bestandteil des
Gesamtvertrags handele, der - abgesehen von einer Erstreckung auf die einzelnen Krankenkassen - lediglich Rechte und Pflichten
zwischen den Vertragspartnern begründe und sich ansonsten für Dritte - also auch für Vertragsärzte - allenfalls mittelbar
bzw. faktisch auswirke (Hinweis auf Engelhardt in Hauck/Noftz, SGB, §
85 SGB V Rn. 43b m.w.N.). Da diese Trennung der Rechtsbeziehungen auch die Funktionsfähigkeit des vertragsärztlichen Vergütungssystems
sichern solle (Hinweis auf Engelhardt, a.a.O.), sei es im Umkehrschluss auch den Krankenkassen verwehrt, sich auf Regelungen
zu berufen, die nicht Bestandteil des Gesamtvertrags seien. Den Vertragsparteien des Gesamtvertrags stehe ein Gestaltungsspielraum
zu, der von den Gerichten zu respektieren sei. Liefen Regelungen ins Leere, so könne das Gericht diese nicht im Wege der Auslegung
den veränderten Bedingungen anpassen. Es sei vielmehr Aufgabe der Vertragsparteien, die vertraglichen Regelungen zu überprüfen
und gegebenenfalls den veränderten Verhältnissen anzupassen. Im Rahmen einer vertrauensvollen Zusammenarbeit wäre es hier
sicherlich Aufgabe der Klägerin gewesen, auf die Änderungen im HVM aufmerksam zu machen und in entsprechende Verhandlungen
einzutreten, gegebenenfalls mit der Möglichkeit der Beteiligung des Schiedsamtes (§
89 SGB V), wenn eine vertragliche Regelung insoweit nicht zu Stande komme. Eine solche Einigung könne nicht durch entsprechende Anwendung
anderer Regelungen durch die Gerichte ersetzt werden. Eine solche Regelung zwischen den Vertragspartnern sei aber auch nicht
mehr notwendig, denn die Beteiligten hätten bereits auf der Ebene des Gesamtvertrags eine Regelung getroffen, die hier zu
beachten sei.
2. Auf der Ebene des Gesamtvertrags in Verbindung mit höherrangigem Recht lägen Regelungen vor, die abweichend von der allgemeinen
sozialrechtlichen Verjährungsfrist dazu führten, dass die Klägerin ihren Zahlungsanspruch nicht mehr geltend machen könne.
§ 13 Abs. 3 Gesamtvertrag regele, welche Abrechnungsunterlagen gemäß § 37 BMV-Ä in Verbindung mit § 1 DTA von der Klägerin der Beklagten vorzulegen seien. Dies nehme Bezug auf die Regelung des §
295 Abs.
2 SGB V, der festlege, welche Daten für jedes Quartal für jeden Behandlungsfall im Wege der elektronischen Datenübertragung oder
maschinell verwertbar auf Datenträgern von der Klägerin der Beklagten zu übermitteln seien. Nach §
295 Abs.
2 Satz 1
SGB V seien die Kassenärztlichen Vereinigungen verpflichtet, den Krankenkassen "für die Abrechnung der Vergütung" im Wege der elektronischen
Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern für jedes Quartal für jeden Behandlungsfall die in Nr. 1 bis
8 näher aufgeführten Daten zu übermitteln. Das Nähere über die Erfüllung der Pflichten der Kassenärztlichen Vereinigungen
nach §
295 Abs.
2 SGB V insbesondere auch Form, Frist und Umfang der Weiterleitung der Abrechnungsunterlagen an die Krankenkassen oder deren Verbände
vereinbarten gemäß §
295 Abs.
3 Nr.
4 SGB V die Vertragsparteien der Bundesmantelverträge als Bestandteil dieser Verträge (Hinweis auf BSG, Urteil vom 27. Juni 2018 - B 6 KA 27/17 R, juris-Rn. 29 f.), also im DTA. Die mit Schreiben vom 7. Juni 2016 in Papierform der Beklagten übermittelte Abrechnung für
das Quartal IV/2015, in der auch die hier streitigen Altquartalsfälle enthalten gewesen seien, habe nicht den gesetzlichen
bzw. vertraglichen Anforderungen entsprochen. Das räume auch die Klägerin ein, indem sie erkläre, zum Zeitpunkt der Übermittlung
sei es ihr technisch nicht möglich gewesen, die elektronischen Datensätze zu erstellen und diese elektronisch zu übermitteln.
Erst im September 2017 sei die Klägerin wieder in der Lage gewesen, die erforderlichen Daten (Einzelfallnachweise) in elektronischer
und nicht mehr in Papierform zu übermitteln. Diese Übermittlung sei jedoch zu spät geschehen und verstoße gegen die Bestimmungen
des Gesamtvertrags in Verbindung mit § 1 Abs. 5 DTA, denn die Lieferung der Datenträger nach § 1 Abs. 2, 3a und 4 DTA erfolge
spätestens bis zum Ende des fünften auf das Abrechnungsquartal folgenden Monats. Dies wäre für das Quartal IV/2013 eine Lieferung
der Daten bis zum 31. Mai 2014 gewesen. Selbst wenn man der Klägerin einräumte, dass sie wegen besonderer Schwierigkeiten
nicht in der Lage gewesen sei, die erforderlichen Datenträger bis zum 31. Mai 2014 zu liefern und deshalb berechtigt gewesen
sei, auf eine Lieferung in Papierform zurückzugreifen, hätte diese innerhalb der Fünf-Monats-Frist erfolgen müssen. Die Frist
aus § 1 Abs. 5 DTA sei eine Ausschlussfrist. Dies werde schon durch die Verwendung des Begriffs "spätestens" in § 1 Abs. 5
DTA deutlich. Anders als Antragsfristen z.B. bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung oder der sachlich-rechnerischen Richtigstellung,
die der Prüfung der Abrechnung der ärztlichen Leistungen auf ihre Rechtmäßigkeit dienten, solle mit der Fünf-Monats-Frist
erreicht werden, dass zeitnah Klarheit über die Höhe der von der Krankenkasse im Rahmen der MGV zu zahlenden Vergütungen für das jeweilige Quartal entstehe, damit die Krankenkasse in die Lage versetzt werde, ihre eigenen
Prüfungen vorzunehmen und für die Verhandlungen über die MGV des Folgejahres möglichst zügig die Höhe der Ausgaben im jeweiligen Bezugsquartal zu kennen. Ergänzend sei zu bedenken, dass
selbst im Verhältnis zwischen den Vertragsärzten und der Klägerin die Bestimmung von Abrechnungsfristen wie auch die Ausgestaltung
als Ausschlussfristen bzw. die Sanktionierung durch Honorarabzüge (grundsätzlich) rechtmäßig sei (Hinweis auf Engelhard, a.a.O.,
§
87b SGB V, Rn. 21 m.w.N.), denn die Honorierung der in einem Quartal erbrachten Leistungen solle möglichst aus dem für dieses Quartal
zur Verfügung stehenden Gesamtvergütungsvolumen erfolgen, so dass nachträgliche Honorierungen dem Ziel der zügigen und zeitgerechten
Honorierung zuwiderliefen und zusätzlichen Verwaltungsaufwand erforderten (Hinweis auf Engelhard, a.a.O., §
87b SGB V, Rn. 21 m.w.N.). Derartige Regelungen dürften nur gegenüber dem Vertragsarzt keinen Eingriff bewirken, der so schwer wiege,
dass er außer Verhältnis zu dem der Regelung innewohnenden Zweck stehe (Hinweis auf Engelhard, a.a.O., §
87b SGB V, Rn. 22 m. w. N). Dies sei dann der Fall, wenn die eingereichte Abrechnung von vornherein erkennbar objektiv unzutreffend
gewesen sei - etwa weil die Abrechnungssumme nur ein Viertel der bisherigen Quartalsvolumina betragen und die Abrechnung offensichtliche
Ungereimtheiten aufgewiesen habe - und sich unter diesen Umständen schon für die KV die Fehlerhaftigkeit der Abrechnung hätte
aufdrängen müssen, sodass die Abrechnung insoweit einer Nicht-Abrechnung nahe gekommen sei (Hinweis auf BSG, Urteil vom 29. August 2007 - B 6 KA 29/06 R , juris-Rn. 14). Dass dies in Bezug auf die Abrechnungen für die hier streitigen Quartale IV/2012 bis IV/2013 der Fall gewesen
sei, habe die Klägerin nicht geltend gemacht und sei auch angesichts des Abrechnungsvolumens der Klägerin gegenüber der Beklagten
in den jeweiligen Quartalen nicht ersichtlich. In Bezug auf die hier streitige Summe für die Quartale IV/2012 bis IV/2013
sei der Ausschluss der Vergütung für Leistungen des EGV-Bereichs durch die Fünf-Monats-Frist des § 1 Abs. 5 DTA auch nicht unverhältnismäßig, selbst wenn man bedenke, dass die Vertragsärzte die Vergütung für den EGV-Bereich erhalten hätten. Die Klägerin habe die fehlende Abrechnung der Leistungen aus dem EGV-Bereich nicht bzw. nicht ausreichend entschuldigt. Sie habe lediglich angegeben, dass es ihr technisch nicht möglich gewesen
sei, die Abrechnungen im Juni 2016 für das Quartal IV/2015 anders als in Papierform zu erbringen. Eine Erklärung, warum die
Leistungen aus dem EGV-Bereich der Quartale IV/2012 bis IV/2013 nicht in der jeweiligen Fünf-Monats-Frist abgerechnet worden seien, habe sie zu
keinem Zeitpunkt geliefert. Die Nachlieferung der Abrechnung für die Quartale IV/2012 bis IV/2013 in EDV-Form im September
2016 sei auch nicht mit einer entsprechenden Erklärung versehen gewesen, lediglich mit dem Hinweis, dass sie - die Klägerin
- berechtigt sei, die Daten für die Abrechnung der Leistungen aus dem EGV-Bereich noch zu liefern. Dies sei aber keine Erklärung, die geeignet sei, im Einzelfall auf die Unverhältnismäßigkeit des
Ausschlusses der Abrechnung von Leistungen für die Quartale IV/2012 bis IV/2013 zu schließen. Im Hinblick auf die vertragspartnerschaftlichen
Beziehungen habe die Beklagte in der mündlichen Verhandlung trotz allem die Bereitschaft signalisiert, zumindest einen Teil
(1/3) der Forderung der Klägerin zu zahlen. Auf dieses Angebot sei die Klägerin bedauerlicherweise nicht eingegangen. Nach
Überzeugung der gesamten Kammer sollte auch die Klägerin in einer langandauernden Vertragspartnerschaft bemüht sein, Fehler
in ihrer Verwaltung nicht durch Gerichtsentscheidungen, die letztlich zu Lasten aller ihrer Mitglieder der Selbstverwaltungskörperschaft
gingen, lösen zu lassen, sondern in Verhandlungen mit dem Vertragspartner.
Gegen dieses ihr am 17. Juli 2019 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. Juli 2019 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie
wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und bleibt insbesondere bei der Auffassung, dass es sich bei der
in § 1 Abs. 5 DTA genannten Fünfmonatsfrist um eine reine Ordnungsfrist im Sinne der Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf Urteile zu Antragsfristen in Prüfverfahren vom 29. Juni 2011 - B 6 KA 16/10 R - und 23. März 2016 - B 6 KA 14/15 R - sowie auf Entscheidungen des SG München vom 2. Oktober 2018 - S 38 KA 301/16 - sowie vom 12. April 2018 - S 38 KA 2033/14) und nicht um eine Ausschlussfrist handele. Sie diene ausschließlich dem Interesse an der Verfahrensbeschleunigung und stelle
kein Hindernis für die Verfahrensdurchführung bzw. für eine Sachentscheidung dar. Die Regelung schließe schon nach ihrem Wortlaut
keine Zahlungsansprüche zwischen einer KV und einer Krankenkasse nach Ablauf der Frist aus; eine derartige Rechtsfolge werde
dort nicht genannt. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der von der Regelung betroffene Einzelfallnachweis keine zahlungsbegründende
Unterlage für die Zahlung der EGV-Leistungen darstelle. Zahlungsbegründende Unterlage hierfür sei vielmehr das Formblatt 3 nach § 1 Abs. 3 DTA, nach dessen S. 2 rechnungsverändernde Korrekturen im Formblatt 3 zeitnah zu berücksichtigen seien und nach dessen
S. 3 den Partnern der Gesamtverträge eine Konkretisierung der Frist vorbehalten bleibe. Hierdurch werde deutlich, dass die
Bundesmantelvertragspartner das Formblatt 3 und nicht etwa den Einzelfallnachweis als Äquivalent zu einer Rechnung ansähen
und dass zudem eine Frist für die Übermittlung des Formblatts 3 auf Bundesebene nicht vorgesehen werde. Die Verkürzung der
Verjährungsfrist auf Bundesebene wäre im Übrigen unzulässig, was insbesondere vor dem Hintergrund gelte, dass auch Zahlungsansprüche
einer Krankenkasse gegenüber einer KV nicht vertraglich beschränkt werden dürften (Hinweis auf BSG, Urteil vom 21. April 2015 - B 1 KR 11/15 R). Schließlich zeige die Regelung in § 14 Abs. 2 (gemeint: Abs. 1 S. 2) des Gesamtvertrags, wonach die KV in begründeten Fällen
Abrechnungen gemäß § 7 des Vertrages und Abrechnungen einzelner an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmender Ärzte zu
einem späteren Zeitpunkt nachreichen könne, dass es sich bei der Fünfmonatsfrist in § 1 Abs. 5 DTA nicht um eine Ausschlussfrist
handeln könne. Des Weiteren äußert die Klägerin die Auffassung, dass es nicht sein könne, dass die technischen Vorgaben der
Datenübermittlung der allgemeinen Verjährungsfrist vorgingen. Schließlich trägt sie vor, dass die nach den zutreffenden Ausführungen
des SG nach Ablösung des HVM durch den VM leerlaufende Regelung in § 6 Abs. 2 Gesamtvertrag dazu führe, dass die gesetzliche Verjährungsfrist von 4 Jahren gelte, worauf die Klägerin ihre Vertragspartner
auch mehrfach hingewiesen und dabei den Versuch unternommen habe, eine neue Regelung auszuhandeln. Ihre Vertragspartner hätten
dies jedoch nur zur Kenntnis genommen und keine neue Regelung schaffen wollen. Damit hätten diese explizit die Geltung der
gesetzlichen Verjährungsfrist gebilligt. Es handele sich um eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 26. Juni 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie - die Klägerin
- 4.692,92 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Fälligkeit zu zahlen, hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt in Anknüpfung zum erstinstanzlichen Vortrag aus, dass schon die
Entstehung des Anspruchs betroffen sei. Bei § 1 Abs. 5 DTA handele es sich nicht um eine Ordnungsvorschrift, sondern es werde
eine Ausschlussfrist statuiert. Die Übermittlung der EFN-Daten müsse kurzfristig vollständig erfolgen, weil damit die Beklagte
für Honorarverhandlungen im Folgejahr die Höhe der Ausgaben kenne und auch zeitgerecht Meldungen für den morbiditätsorientierten
Risikostrukturausgleich vorgenommen werden könnten. Bei unvollständiger Datenübermittlung könnten der Beklagten Einnahmeverluste
aus dem Ausgleichsfond entstehen. Es handele sich daher um zwingend einzuhaltende Regelungen. § 1 Abs. 3 DTA könne nur so
verstanden werden, dass nur solche Situationen erfasst seien, in denen kein neuer Fall erzeugt würde, sondern die Klägerin
versehentlich das falsche Konto oder die falsche Kasse o.ä. bezeichnet habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie
den weiteren Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.