Gründe
Die in Anbetracht der begehrten Herabsetzung der Vergütung um 761,60 Euro auf 1.028,16 Euro nach Maßgabe von § 4 Abs. 3 Satz 1 JVEG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Landeskasse, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat und über
die der Senat mangels besonderer Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art oder grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache
durch den Vorsitzenden und Berichterstatter als Einzelrichter entscheidet (§ 4 Abs. 7 Satz 1 und 2 JVEG), ist unbegründet. Das Sozialgericht hat den Vergütungsanspruch der Sachverständigen für ihr unter dem 05.05.2021 erstattetes
Gutachten zu Recht auf 1.789,76 Euro, wie von der Sachverständigen beantragt, festgesetzt. Der Senat schließt sich nach eigener
Prüfung den zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie Bezug (§
142 Abs.
2 Satz 3
SGG).
Das Beschwerdevorbringen führt zu keiner anderen Bewertung.
1. Der Senat teilt zunächst unabhängig davon, dass Teil 2 der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 Satz 1 JVEG in der hier gemäß § 24 Satz 1 JVEG auch anwendbaren, vom 01.01.2021 bis zum 02.07.2021 geltenden Fassung des Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 - KostRÄG 2021 vom 21.12.2020 (BGBl I 3229) ausdrücklich Streitigkeiten bei Krankenhausabrechnungen nennt, nicht die
Auffassung des Kostensenats des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen im Beschluss vom 08.03.2021 - L 7 KO 7/18 (KR) -, juris Rn. 31 ff, wonach einem Arzt, der durch ein Sozialgericht mit der Erstattung eines Gutachtens zu der Frage
der zutreffenden Abrechnung einer Krankenhausleistung beauftragt worden ist, in der Regel kein Vergütungsanspruch zusteht,
weil es bei der Frage nach der zutreffenden Kodierung regelmäßig um die Klärung von Rechtsfragen gehe und die Einholung eines
Rechtsgutachtens insoweit nicht zulässig sei (kritisch auch Groth, jurisPR-SozR 9/2021, Anm. 5). Es trifft zwar zu, dass die
hier auch von dem Sozialgericht unter Ziffer 2. der Beweisanordnung vom 21.04.2021 gestellte generelle Frage, ob eine neurologische
Komplexbehandlung im Sinne des OPS 8-981 vorliegt, letztlich eine Frage der Auslegung der Kodierrichtlinien und damit als
Rechtsfrage dem Sachverständigenbeweis entzogen ist (vgl. insoweit auch die Beschlüsse des Senats vom 20.08.2019 - L 15 KR 489/19 B -, juris Rn. 7 und vom 9. Januar 2020 - L 15 KR 766/19 B -, juris Rn. 3). Beauftragt jedoch ein mit Krankenhausabrechnungsstreitigkeiten befasstes Sozialgericht - möglicherweise
zur Erleichterung seiner Arbeit - verfahrensrechtlich fehlerhaft einen Mediziner mit der Erstattung eines Gutachtens zu Fragen
der Kodierung, die es als Rechtsfragen eigentlich selbst zu beantworten hat, wird dieser Mediziner durch einen hoheitlichen
Akt zum medizinischen Sachverständigen bestimmt und muss deshalb wie ein medizinischer Sachverständiger ansonsten auch eine
Vergütung nach dem JVEG erhalten. Zwar hat ein Sachverständiger nach §
118 Abs.
1 SGG i.V.m. §
407a Abs.
1 Satz 1
ZPO unverzüglich zu prüfen, ob der Auftrag in sein Fachgebiet fällt. Diese Prüfung umfasst allerdings nicht die gerade im Zusammenhang
mit der Abrechnung von Krankenhausleistungen schwierige Differenzierung zwischen Tatsachen- und Rechtsfragen. Mit der Prüfung
von Kodierungen werden nicht nur in der sozialgerichtlichen Praxis, sondern auch im Krankenhauswesen selbst häufig Mediziner
beauftragt. Ein entsprechend von einem Sozialgericht als Sachverständiger beauftragter Mediziner kann also grundsätzlich davon
ausgehen, dass der Gutachtenauftrag in sein Fachgebiet fällt. Dies gilt jedenfalls deshalb, weil bei der Frage nach der zutreffenden
Kodierung regelmäßig medizinische Vorfragen zu beantworten sein werden, was letztlich auch der Grund ist, warum in der Praxis
der Krankenhausabrechnung häufig Mediziner mit Fragen der Kodierung befasst sind. Einem als Sachverständigen herangezogenen
Mediziner ist es ohne vertiefe Kenntnis der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG weder fachlich möglich noch zumutbar zu erkennen, wo seine Kompetenz als Mediziner aufhört und er die Grenze der Rechtsanwendung
überschreitet. Nicht hinreichend zwischen medizinischen Vorfragen und Rechtsfragen differenzierende gerichtliche Beweisfragen
können dem als Sachverständigen hoheitlich herangezogenen Mediziner nicht zum Nachteil gereichen; Fehler des Gerichts können
nicht dazu führen, dass er ohne Vergütungsanspruch für das Gericht tätig wird.
Unabhängig davon hat das Sozialgericht der Sachverständigen hier unter Ziffer 3. ausdrücklich medizinische Fragen gestellt,
die ausgehend von der von dem Sozialgericht zuvor getroffenen rechtlichen Bewertung als Vorfragen für die Frage der Erfüllung
der Voraussetzungen für OPS 8-981 zu klären waren. Insoweit liegt auch inhaltlich eine Beauftragung für die Erstattung eines
medizinischen Sachverständigengutachtens vor.
2. Bei den zwischen den Beteiligten allein streitigen Fragen des anzusetzenden Zeitaufwandes für den Arbeitsschritt "Aktenstudium
und vorbereitende Arbeiten" und der anzusetzenden Honorargruppe nach der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 Satz 1 JVEG in der hier gemäß § 24 Satz 1 JVEG anwendbaren, vom 01.01.2021 bis zum 02.07.2021 geltenden Fassung des Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 - KostRÄG 2021 vom 21.12.2020 (BGBl I 3229) ist das Sozialgericht auch nach Auffassung des Senats zu Recht den Angaben
und der Auffassung der Sachverständigen gefolgt.
a) Der Senat geht zwar in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Sachverständiger beim Studium der Akten in der Regel
eine Stunde für 100 Seiten benötigt, was hier, wie von der beschwerdeführenden Landeskasse angenommen, in Anbetracht eines
Aktenumfangs von 250 Seiten zu einem erforderlichen Zeitaufwand von 2,5 Stunden führen würde. Der Senat hat jedoch schon in
seiner Grundsatzentscheidung (Beschl v. 06.05.2013 - L 15 SB 40/13 B -, juris Rn. 7) deutlich gemacht, dass es sich insoweit lediglich um einen Richtwert handelt und außergewöhnliche Umstände
ein Abweichen hiervon gebieten können. Ausdrücklich hat er ausgeführt, dass, wenn der Sachverständige für die Beurteilung
von Fremdröntgenaufnahmen oder sonstiger Dokumentationen bildgebender Verfahren keinen gesonderten Zeitanteil angesetzt hat,
der Zeitanteil für das Aktenstudium angemessen angehoben werden muss. Dem entspricht es, dass ein höherer Zeitaufwand für
das Aktenstudium als objektiv erforderlich angesehen werden muss, wenn die durchzusehenden Akten einen deutlichen überdurchschnittlichen
Anteil an medizinischen Unterlagen enthalten. Gleiches gilt, wenn, wie hier, die Patientenakte des Versicherten über die Krankenhausbehandlung
zu studieren ist, die ausschließlich medizinische Vorgänge enthält, die zudem für die Beantwortung der Beweisfragen von entscheidender
Bedeutung sind. Im Hinblick darauf ist in dem hier vorliegenden besonderen Fall der von der Sachverständigen selbst angegebene
tatsächliche Aufwand von 4,5 Stunden als objektiv erforderlich und angemessen zu bewerten.
b) Entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Landeskasse ist auch der Ansatz der Vergütungsgruppe M 3 im vorliegenden
Einzelfall nicht zu beanstanden.
Zwar ordnet Teil 2 der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 Satz 1 JVEG in der Fassung des KostRÄG 2021 einfache gutachtliche Beurteilungen ohne Kausalitätsfeststellungen, insbesondere in "Gebührenrechtsfragen
(z. B. Streitigkeiten bei Krankenhausabrechnungen)" der Honorargruppe M 1 zu. Hieraus folgt jedoch nicht, dass alle medizinischen
Sachverständigengutachten, die im Zusammenhang mit Prüfung von Krankenhausabrechnungen eingeholt werden, nach der Honorargruppe
M 1 zu vergüten sind. Schon nach dem Wortlaut der hier anwendbaren Fassung der Vorschrift kommt es entscheidend darauf an,
ob eine "einfache gutachtliche Beurteilung(en) ohne Kausalitätsfeststellungen" vorzunehmen ist. "Streitigkeiten bei Krankenhausabrechnungen"
werden nur beispielhaft in der Ziffer 1. unter "Gebührenrechtsfragen" genannt. Diesen Formulierungen kann lediglich entnommen
werden, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass in Streitigkeiten bei Krankenhausabrechnungen regelmäßig einfache gutachtliche
Beurteilungen ohne Kausalitätsfeststellungen vorzunehmen sein werden. Eine generelle Beschränkung auf die Honorargruppe M
1 wird jedoch nicht angeordnet. Dies folgt auch aus der Begründung des Gesetzentwurfs zum KostRÄG 2021. Hier heißt es ausdrücklich
(BR-Drucks 565/20 S. 83):
"Die unter den einzelnen Stufen aufgeführten Beispiele stellen Regelbeispiele dar. Im Einzelfall können Gutachten schwieriger
oder weniger schwierig sein als der entsprechende Regelfall und damit in eine höhere, aber auch in eine niedrigere Honorargruppe
fallen. Es bedarf somit stets einer einzelfallbezogenen Beurteilung, in welche Honorargruppe die erbrachte Leistung einzuordnen
ist."
Nach dem dergestalt dokumentierten Willen des Gesetzgebers kommt es dementsprechend auch bei Sachverständigengutachten, die
in Streitigkeiten bei Krankenhausabrechnungen eingeholt werden, darauf an, welche Honorargruppe im Einzelfall angemessen ist.
Vor diesem Hintergrund kommt auch hier die ständige Rechtsprechung des Senats zur Anwendung, wonach es für die Abgrenzung
der Honorargruppen auf den Schwierigkeitsgrad des Gutachtens in thematischer Hinsicht ankommt. Danach ist die die Honorargruppe
M 3 einschlägig, wenn schwierige Kausalzusammenhänge und/oder differenzialdiagnostische oder ätiologische Probleme zu klären
sind (vgl. zum Ganzen den Beschluss des Senats vom 20.02.2015 - L 15 KR 376/14 B -, juris Rn. 30; ebenso bereits LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 25.02.2005 - L 4 B 7/04 -, juris Rn. 19). Dies war hier der Fall. Das Sozialgericht hat die Sachverständige in der Beweisanordnung vom 21.04.2021
ausdrücklich nach ätiologischer Diagnostik und Differentialdiagnostik gefragt. Die Sachverständige hat sich dementsprechend
aus ausführlich mit der Ursache des Schlaganfalls des Versicherten, der zu der streitgegenständlichen Krankenhausbehandlung
geführt hat, befasst. Dies rechtfertigt im vorliegenden Einzelfall den Ansatz der Honorargruppe M 3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG, §
177 SGG).