Gründe
I.
Streitig ist die Höhe von Rechtsanwaltsgebühren nach Nr. 2302 VV RVG.
Die Beklagte stellte bei dem Kläger nach Einholung eines Gutachtens des MD den Pflegegrad 1 fest (Bescheid vom 21.02.2019).
Hiergegen erhob der der anwaltlich vertretene Kläger Widerspruch und legte ein von ihm veranlasstes Privatgutachten vor, das
die Voraussetzungen für die Feststellung des Pflegegrades 2 annahm. Nach erneuter Untersuchung gelangte auch der MD zu der
Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Pflegegrades 2 erfüllt seien. Daraufhin half die Beklagte dem
Widerspruch ab und gewährte Leistungen nach Pflegegrad 2 (Bescheid vom 12.09.2019).
Im Folgenden beantragte der Bevollmächtigte des Klägers die Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von
434,35 Euro auf Basis einer Geschäftsgebühr von 345,00 Euro (Nr. 2302 VV RVG) sowie die Erstattung der Kosten für das eingeholte Privatgutachten in Höhe von 618,80 Euro. Die Beklagte lehnte die Erstattung
der Kosten für das Privatgutachten ab und legte für die anwaltliche Vergütung die Schwellengebühr in Höhe von 300,00 Euro
zugrunde. Der Ansatz der Mittelgebühr komme demgegenüber nicht in Betracht (Bescheid vom 03.04.2020; Widerspruchsbescheid
vom 07.01.2021).
Das hiergegen angerufene SG Dortmund hat die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, dem Kläger weitere
Kosten des Widerspruchsverfahrens in Höhe von 618,80 Euro für die Einholung des Privatgutachtens zu erstatten. Der Ansatz
der Mittelgebühr komme demgegenüber nicht in Betracht.
Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger geltend, das SG habe die Frage, welcher Aufwand dem Anwalt entstehe, wenn in Summe vier Pflegegutachten mit einem pflegebedürftigen Mandanten
zu erörtern seien, übersehen. Diese Frage habe auch grundsätzliche Bedeutung, weil das LSG genauer als bisher festlegen solle,
inwieweit Anwälte berechtigt seien, den Beratungsbedarf ihrer Mandantschaft dem Prozessgegner gegenüber offenzulegen, wenn
sie keine unrechtmäßige Kürzung der angesetzten Gebühren hinnehmen wollten. Die Frage der Vertraulichkeit des Mandats und
der im Grundsatz vom Gesetzgeber festgelegten Autonomie der Anwaltschaft bei der Ansetzung einer angemessenen Gebühr müsse
mit dem Wunsch der Versichertengemeinschaft nach möglichst geringen Kosten bei rechtswidrigen Entscheidungen abgewogen werden.
Weiterer Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.
1. Gemäß §
144 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) bedarf die Berufung der Zulassung in einem Urteil des Sozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer
Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 Euro oder bei einer
Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000,00 Euro nicht übersteigt.
Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
Die Berufung ist nicht kraft Gesetzes zugelassen, weil der hier streitige Differenzbetrag zwischen der Schwellengebühr nach
VV RVG Nr. 2302 in der hier einschlägigen Fassung und der geltend gemachten Mittelgebühr lediglich einen Wert von 45,00 Euro netto
bzw. 53,55 Euro brutto erreicht.
Gründe für eine Zulassung der Berufung im Sinne von §
144 Abs.
2 SGG liegen nicht vor. Danach ist die Berufung nur zuzulassen, wenn (1) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, (2) das
Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG), des Bundessozialgerichts (BSG), des gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes (GemS) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht
und auf der Abweichung beruht, oder (3) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend
gemacht wird, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Keiner dieser Zulassungsgründe liegt vor.
a) Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung i.S.d. §
144 Abs.
2 Nr.
1 SGG hat eine Rechtssache, wenn sie eine bisher ungeklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt,
um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (Klärungsbedürftigkeit), und deren Klärung
auch durch das Berufungsgericht zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit). Ein Individualinteresse genügt nicht (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl. 2020, §
144 Rn. 28 f. m.w.N. aus der Rechtsprechung). Die Rechtsfrage darf sich nicht unmittelbar und ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten
lassen oder bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden sein (vgl. z.B. BSG, Beschluss v. 15.05.1997 - 9 BVg 6/97 zum im Wesentlichen gleichlautenden §
160 SGG; zum Ganzen vgl. LSG NRW, Beschluss v. 07.10.2011 - L 19 AS 937/11 NZB, juris Rn. 17).
Eine grundsätzliche Bedeutung ist nicht gegeben. Die wesentlichen Fragen zur Gebührenbemessung bei den hier anzusetzenden
Betragsrahmengebühren ergeben sich für die jeweiligen Positionen im VV RVG aus § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG und wurden durch höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung geklärt (vgl. z.B. BSG, Urteil v. 12.12.2019 - B 14 AS 48/18 R, Rn. 16 ff.; LSG NRW, Beschluss v. 05.04.2019 - L 19 AS 2039/18 NZB, juris Rn. 24, jeweils m.w.N. aus der Rspr.). Zu berücksichtigen ist im vorliegenden Zusammenhang insbesondere, dass
nach der Rechtsprechung des BSG eine "schematische Operationalisierung" der Überprüfung einer anwaltlichen Gebührenbestimmung nicht in Betracht kommt, weil
Rahmengebühren gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG "im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit,
der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen"
zu bestimmen sind. Hiermit ist eine Schematisierung nicht zu vereinbaren. Entscheidend sind im Ergebnis stets die Wertungen
und die Gesamtabwägung im Einzelfall (zum Ganzen: BSG, Urteil v. 12.12.2019 - B 14 AS 48/18 R, Rn. 30).
Die skizzierten Grundsätze bedingen, dass nicht jede Einzelfrage bei einer sozialgerichtlichen Prüfung der anwaltlichen Gebührenfestsetzung
eine grundsätzliche Bedeutung begründen kann. Im Übrigen dürfte sich von selbst verstehen, dass ein Rechtsanwalt bei der Begründung
seines Gebührenansatzes nicht verpflichtet werden kann vertrauliche Daten, die dem Anwalt-Mandantenverhältnis unterliegen,
an Sozialversicherungsträger zu übermitteln.
b) Eine Divergenz (§
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG) liegt nicht vor. Einen Verfahrensmangel (§
144 Abs.
2 Nr.
3 SGG) hat der Kläger nicht geltend gemacht.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
3. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden (§
177 SGG). Mit der Ablehnung der Zulassung wird das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig (§
145 Abs.
4 Satz 4
SGG).