Vergütung Sachverständiger im sozialgerichtlichen Verfahren
Anforderungen an die Abrechnungsfähigkeit elektrophysiologischer Untersuchungen durch einen niedergelassenen Arzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
Gründe
Gründe:I.Der Antragsteller ist niedergelassener Arzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Flugmedizin, Allergologie, Umweltmedizin,
Naturheilverfahren und Tauchmedizin und wird in diesen Bereichen auch als Fachgutachter tätig.Zwischen dem Antragsteller und
dem Antragsgegner, vertreten durch den Präsidenten des Sozialgerichts Speyer, besteht eine Vereinbarung über die Entschädigung
von Sachverständigenleistungen nach § 14 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG). In Teil III der Vereinbarung in Verbindung mit Ziff. 1 der Erläuterungen hierzu ist geregelt, dass neben der pauschalen
Vergütung für den Zeitaufwand die Kosten für die von dem Antragsteller in seiner Praxis erbrachten notwendigen Leistungen
gemäß § 10 Abs. 1 und 2 JVEG unter Beachtung der Bestimmungen der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) erstattet werden.Aufgrund Beweisbeschlusses des Sozialgerichts Speyer vom 23.11.2018 erstellte der Antragsteller in einem
Schwerbehindertenrechtsstreit ein Gutachten vom 10.1.2019. Mit Liquidation vom 10.1.2019 berechnete er unter anderem die folgenden
Sachleistungen nach Nr. 305 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG:
Nr. 1403 GOÄ Tonschwellenaudiogramm
Nr. 1404 GOÄ Sprachaudiogramm
Nr. 1407 GOÄ Impedanzaudiometrie
Nr. 1408 GOÄ Hirnstammaudiometrie
Nr. 1409 GOÄ DPOAE bds.Nr. 1409 GOÄ TEOAE bds.
Nr. 1413 GOÄ Kopfimpulstest
Nr. 1415 GOÄ Binokularmikroskopie des Trommelfells.
Unter Hinzurechnung der vertraglich vereinbarten Gutachtenpauschale für den Zeitaufwand, der Portokosten, der Schreibgebühr
und der gesetzlichen Umsatzsteuer machte der Antragsteller einen Gesamtbetrag vom 873,90 Euro geltend.Die Kostenbeamtin der
Sozialgerichts Speyer stellte am 24.1.2019 eine Vergütung von 783,22 Euro als sachlich und rechnerisch richtig fest. Zur Begründung
stellte sie darauf ab, die Nrn. 1403, 1404, 1407 und 1415 GOÄ seien nicht entschädigungsfähig, da sie nicht in der Anlage zum JVEG oder im Gebührenverzeichnis für ärztliche Leistungen im Abschnitt O aufgeführt seien. Die Ziffern 1408 und 1409 GOÄ seien nur einmal und nicht zweifach berechnungsfähig. Die Ziffer 1413 GOÄ wurde von der Kostenbeamtin als vergütungsfähig anerkannt.Der Antragsteller hat daraufhin die richterliche Festsetzung der
Vergütung beantragt. Er hat im Wesentlichen vorgebracht, er akzeptiere, dass die Nr. 1408 nur einmal in Ansatz gebracht werde.
Bei der Nr. 1409 GOÄ handele es sich um otoakustische Emissionen. Der zweifache Ansatz beziehe sich nicht auf die Messung beider Ohren. Vielmehr
handele es sich zwei unterschiedliche Messansätze mit unterschiedlichen Aussagen, nämlich die TE-OAE, die eine objektive Auskunft
für das Hörvermögen bis 30 dB ermögliche, und die DP-OAE, die sich auf den Messbereich bis 50 dB beziehe. Der doppelte Ansatz
werde daher von den privaten Krankenversicherungen, den Unfallversicherungsträgern und allen anderen Sozialgerichten in Deutschland
akzeptiert. Bei den Nrn. 1403, 1404, 1407 und 1415 GOÄ handele es sich um Sachkosten, die er mit dem halben Satz abgerechnet habe. Sie seien gerechtfertigt, da er sich in einer
Gemeinschaftspraxis befinde und sein Praxispartner einen Anspruch auf Ausgleich dieser Kosten habe, wie es auch in Kliniken
üblich sei.Durch Beschluss vom 8.4.2019 hat das Sozialgericht Speyer die Vergütung des Antragstellers für das Gutachten vom
10.1.2019 auf 865,80 Euro festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach richterlicher Festsetzung sei zusätzlich zu
der von der Kostenbeamtin des Sozialgerichts vorgenommenen Festsetzung der Nrn. 1408 und 1409 GOÄ, jeweils einmal und der Nr. 1413 GOÄ noch die Leistung nach Nr. 1407 GOÄ als elektrophysiologische Untersuchung eines Menschen nach Nr. 305 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG zu vergüten. Die übrigen von dem Antragsteller in Rechnung gestellten Nrn. 1403, 1404 und 1415 GOÄ erfüllten nicht die Voraussetzungen der Nr. 305 der Anlage 2 zu § 10 JVEG. Bei den geltend gemachten Leistungen handele sich nicht um elektrophysiologische Untersuchungen des Menschen, da dabei keine
technischen Verfahren zur Ableitung elektrophysiologischer Potentiale zur Anwendung kämen. Die Nr. 1409 GOÄ könne nur einmal abgerechnet werden. Der in Anlage 2 zu § 10 JVEG vorgesehene Honorarrahmen von 15,00 bis 135,00 Euro für die Nr. 305 sei grundsätzlich durch den 1,3-fachen Satz der GOÄ zu konkretisieren.Gegen diesen Beschluss haben beide Beteiligte Beschwerde eingelegt.Der Antragsteller trägt vor, er wehre
sich gegen die Absetzung der Leistungen nach den Nrn. 1403, 1404, 1407 und 1415 GOÄ. Diese habe er mit dem hälftigen GOÄ-Satz als Sachkosten angesetzt. Da er in einer Gemeinschaftspraxis praktiziere, müsse er seinem Partner die Hälfte der Sachkosten
erstatten, analog dem Kostenerstattungsanspruch in einer Klinik. Bei der Leistung nach Nr. 1409 GOÄ handele es sich um eine elektrophysiologische Leistung.Der Antragsgegner wendet sich gegen die Konkretisierung des in Anlage
2 zu § 10 JVEG vorgesehenen Honorarrahmens für die Nr. 305 auf grundsätzlich den 1,3-fachen GOÄ-Satz sowie gegen die Bewertung der verschiedenen Untersuchungsverfahren als elektrophysiologische Untersuchungen im Sinn
der Nr. 305 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG. Er trägt vor, konkrete Anhaltspunkte für die Auslegung des Vergütungsrahmens der Nr. 305 der Anlage 2 zu § 10 JVEG von 15,00 bis 135,00 Euro lägen nicht vor. Es sei daher der einfache GOÄ-Satz zu vergüten. Gegen eine analog zu § 10 Abs. 2 JVEG erfolgende Heranziehung des 1,3-fachen Gebührensatzes spreche, dass dieser erhöhte Satz vom Gesetz für Untersuchungen aus
dem Abschnitt O des GOÄ vorgesehen sei. Hiermit seien unter anderem die anfallenden Verbrauchsmaterialien abgegolten. Bei elektrophysiologischen
Untersuchungen fielen Verbrauchsmaterialien aber, wenn überhaupt, nur in geringem Umfang an. Es sei daher sachgerecht, bei
dem einfachen Satz zu bleiben. Die Sachkosten betreffend die GOÄ-Ziffern 1403, 1404, 1407, 1409 und 1415 seien nicht erstattungsfähig. Sie seien mit der pauschalen Vergütung des Zeitaufwands
abgegolten. Bei der Messung otoakustischer Emissionen nach Nr. 1409 GOÄ handele es sich nicht um eine elektrophysiologische Untersuchung. Es würden keine elektrischen Potentiale abgeleitet. Vielmehr
werde der Schall gemessen.
II.
Die Beschwerden beider Beteiligter sind nach § 4 Abs. 3 Justizvergütungsund -entschädigungsgesetz (JVEG) zulässig. Zwar hat der Antragsteller nicht explizit Beschwerde erhoben. Er hat jedoch mit seinem Schriftsatz vom 8.7.2019
zu erkennen gegeben, dass er sich gegen die Absetzung der Leistungen nach den Nrn. 1403, 1404 und 1415 GOÄ zur Wehr setzen will. Damit ist dieser Schriftsatz als Beschwerdeschrift auszulegen.Eine Beschwerdefrist ist in § 4 Abs. 3 JVEG nicht vorgesehen. Die Beschwerdefrist des §
173 S. 1
SGG gilt gemäß § 1 Abs. 5 JVEG nicht (Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG 4. Auflage 2019, § 4 JVEG Anm. 11). Zwar wird der Beschwerdewert von 200,00 Euro nach §
4 Abs.
3 SGG nicht erreicht. Das Sozialgericht hat die Beschwerde jedoch wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache nach § 4 Abs. 3 2. Alt. JVEG zugelassen. An die Zulassung durch Beschluss ist das Beschwerdegericht gebunden (Binz/Dörndorfer/Zimmermann, aaO. Anm. 13).
Über die Beschwerden entscheidet gemäß § 4 Abs. 7 S. 2 JVEG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache der Senat.
In der Sache ist die Beschwerde des Antragsgegners begründet, diejenige des Antragstellers jedoch unbegründet.Streitgegenstand
ist zum einen die Frage, ob für die abrechnungsfähigen Leistungen nach der GOÄ der 1,0-fache oder der 1,3-fache Satz in Ansatz zu bringen ist. Des Weiteren ist streitig, ob die Nrn. 1403, 1404, 1407,
1409 und 1415 GOÄ anerkennungsfähig sind. Nicht Streitgegenstand ist die Abrechnung der Nrn. 1408 und 1413 GOÄ. Die Nr. 1413 GOÄ wurde bereits von der Kostenbeamtin des Sozialgerichts anerkannt, was das Sozialgericht bei der richterlichen Festsetzung
bestätigt hat. Dies hat auch der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren anerkannt. DieNr. 1408 GOÄ wurde von der Kostenbeamtin des Sozialgerichts einmal vergütet. Dies hat der Antragsteller ausdrücklich nicht mit der Beschwerde
angefochten. Das Sozialgericht hat in dem angefochtenen Beschluss die einmalige Vergütung bestätigt. Der Antragsgegner hat
im Beschwerdeverfahren ebenfalls anerkannt, dass die Nr. 1408 GOÄ einmal zu vergüten ist. Dies entspricht auch der Rechtslage (Brück/Klakow-Franck, Kommentar zur GOÄ, Deutscher Ärzteverlag, Stand 1.3.2019, J 1408).
Zu Recht hat das Sozialgericht in dem angefochtenen Beschluss vom 8.4.2019 die Vergütung der Nrn. 1403, 1404 und 1415 GOÄ abgelehnt. Zu Unrecht hat es über die Anerkennung der Nrn. 1413 und 1408 (einfach) GOÄ hinaus die Nrn. 1407 und 1409 GOÄ als anrechnungsfähig angesetzt.
Anspruchsgrundlage für den Vergütungsanspruch des Antragstellers gegen den Antragsgegner ist die zwischen den beiden Parteien
nach § 14 JVEG geschlossene Vereinbarung über die Entschädigung von Sachverständigenleistungen. Durch diese Vorschrift wird der Antragsgegner
ermächtigt, mit Sachverständigen eine Vereinbarung über die zu gewährende Vergütung zu treffen, deren Höhe die nach diesem
Gesetz vorgesehene Vergütung aber nicht überschreiten darf. Von dieser Möglichkeit haben der Antragsteller und der Antragsgegner
Gebrauch gemacht. Ziffer I und Ziffer II der zwischen ihnen geschlossenen Vereinbarung regeln eine pauschale Vergütung des
Umfangs und des Zeitaufwands der Begutachtung. Diese ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Nach Ziffer III der Vereinbarung
erfolgt die Feststellung der Entschädigung den gesetzlichen Bestimmungen nach den der Vereinbarung beigefügten Erläuterungen.
In diesen heißt es zu Ziffer 1, dass Kosten für die von dem Sachverständigen in seiner Praxis erbrachten notwendigen Leistungen
gemäß § 10 Abs. 1 und Abs. 2 JVEG erstattet werden. Leistungen, die nicht in der Anlage zu § 10 JVEG genannt sind, gelten nach Ziff. 1 S. 4 der Erläuterungen zu der Vereinbarung als mit dem Grundbetrag nach den Ziffern I,
II und IV als abgegolten.Wie das Sozialgericht in dem angefochtenen Beschluss vom 8.4.2019 zu Recht ausgeführt hat, ist Anspruchsgrundlage
für die Vergütung der von dem Antragsteller geltend gemachten Leistungen einzig die Nr. 305 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG. Nach dieser Vorschrift sind elektrophysiologische Untersuchungen eines Menschen abrechnungsfähig. Die Elektrophysiologie
befasst sich als Teilgebiet der Physiologie mit der elektrischen Aktivität von Herz, Muskeln, Nerven und Sinnesorganen und
bedient sich dabei der Elektrodiagnostik (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.2.2017, - L 2 SF 370/15 E- m.w.N.). Erfasst wird davon auch die elektromechanische Signalübertragung im Nervensystem von Lebewesen (LSG Berlin-Brandenburg,
aaO.) Bei entsprechenden Untersuchungen geht es demgemäß um die technische Ableitung bestimmter elektrischer Potentiale, wobei
der Begriff der Untersuchung alle technisch möglichen Verfahren umfasst und nicht auf bestimmte Verfahren beschränkt ist (LSG
Berlin-Brandenburg, aaO.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.6.2018, L 10 KO 1935/18).
In Anwendung dieser Grundsätze ist festzustellen, dass es sich bei dem Tonschwellenaudiogramm nach Nr. 1403 GOÄ, dem Sprachaudiogramm nachNr. 1404 GOÄ und der Binokularmikroskopie des Trommelfells nach Nr. 1415 GOÄ nicht um elektrophysiologische Untersuchungen handelt (so auch LSG Berlin-Brandenburg, aaO., LSG Baden-Württemberg, aaO).
Bei dem Tonschwellen- und dem Sprachaudiogramm werden keine elektrischen Signale abgeleitet. Vielmehr wird als Erkenntnisquelle
die Reaktion des Probanden auf akustische Signale genutzt. Auch bei der Binokularmikroskopie werden keine elektrophysiologischen
Potentiale abgeleitet.
Gleiches gilt für die Impedanzaudiometrie nach Nr. 1407 GOÄ und die Messung otoakustischer Emissionen nach Nr. 1409 GOÄ. Die Impedanzmessung am Trommelfell und/oder an den Binnenohrmuskeln im Sinn der Nr. 1407 GOÄ bildet die Leistungen der Impedanzaudiometrie als Funktionsprüfung des Mittelohres ab (Brück/Klakow-Franck, aaO., J 1407).
Dabei wird der mechanische Widerstand des Trommelfells durch Druckveränderungen mittels einer Sonde, die u.a. mit einem Mikrofon
ausgestattet ist, gemessen (LSG Baden-Württemberg, aaO.). Es wird also gerade kein elektrisches Potential erfasst, sondern
Schall. Nichts Anderes gilt, wenn auch der Stapediusreflex erfasst wird (LSG Baden-Württemberg, aaO.).
Entgegen der Auffassung des LSG Berlin-Brandenburg (aaO.). genügt es nicht, dass die Antwort des N. stapedius in Form eines
Reflexes auf ein akustisches Signal gemessen wird. Denn letztlich wird auch hierdurch über die Messung der von dem Trommelfell
ausgehenden Reflektion des Trommelfells Schall gemessen, zwar durch ein Mikrofon, nicht aber eine elektrische Aktivität (LSG
Baden-Württemberg, aaO.). Bei den Untersuchungen nach Nr. 1409 GOÄ werden otoakustische Emissionen (OAE) gemessen. OAE sind aktive Schallaussendungen des Ohres, die im Innenohr entstehen und
im äußeren Gehörgang über ein Mikrophon registriert werden. OAE können sowohl spontan, also ohne äußere Reize, als auch nach
Stimulation auftreten und werden nach der Form der Stimulation, wie auch der Antragsteller vorgetragen hat, unterschieden
in TE-OAE und DP-OAE. Zwar erfolgt auch hier die Messung mittels eine Mikrofons. Entscheidend ist aber letztlich, dass, wenn
auch durch das Mikrofon, letztlich Schall gemessen wird, aber keine elektrophysiologischen Potentiale abgeleitet werden (LSG
Baden-Württemberg, aaO., mit überzeugender Auseinandersetzung mit der entgegenstehenden Ansicht von LSG Berlin-Brandenburg,
aaO.). Bei der Messung der OAE im Sinn der Nr. 1409 GOÄ handelt es sich damit nicht um eine elektrophysiologische Untersuchung im Sinn der Nr. 305 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG.Entgegen der Auffassung des Antragstellers können die Untersuchungen nach den Nrn. 1403, 1404 und 1415 GOÄ, bei denen es sich nicht um elektrophysiologische Untersuchungen handelt, auch nicht als Sachkosten hälftig in Ansatz gebracht
werden. Der Antragsteller begründet seine Auffassung damit, die hälftige Erstattung der Sachkosten sei gerechtfertigt, da
er sich in einer Gemeinschaftspraxis befinde und sein Praxispartner einen Anspruch auf Ausgleich dieser Kosten habe, wie es
auch in Kliniken üblich sei. Zum Beweis dieses Vortrags hat der Antragsteller eine Ergänzung des Praxisvertrags mit seinem
Mitgesellschafter Dr. C vorgelegt, in der es unter anderem heißt, Gutachten für Sozialgerichte würden bis auf weiteres von
dem Antragsteller erstellt; hierfür erhalte der Mitgesellschafter Dr. C einen Ausgleich in Höhe von 50% der Sachkosten bzw.
Sachleistungen, die dem Sozialgericht in Rechnung gestellt werden könnten. Ein Erstattungsanspruch für derartige Sachkosten
lässt sich aber der zwischen dem Antragsteller und dem Antragsgegner geschlossenen Vereinbarung nach § 14 JVEG nicht entnehmen. Auch das JVEG enthält insoweit keine Anspruchsgrundlage. Nach § 12 Abs. 1 S. 1 JVEG sind vielmehr mit der Vergütung nach § 9 JVEG die üblichen Gemeinkosten sowie der mit der Erstattung des Gutachtens üblicherweise verbundene Aufwand abgegolten. Dies bedeutet,
dass die allgemeinen Praxiskosten (Miete, Personal- und Gerätekosten) mit dem vereinbarten Pauschalhonorar abgegolten sind
(LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 9.10.2018, Az. L 10 KO 2806/18). Eine entsprechende Regelung enthält auch Ziff. 1 S. 4 der Erläuterungen zu der Vereinbarung nach § 14 JVEG. Daher können als besondere Kosten neben fremdbeschafften Leistungen in der Regel nur Verbrauchsmaterialien und Aufwendungen
für Hilfskräfte ersetzt werden (LSG Baden-Württemberg aaO.). Derartige Aufwendungen hat der Antragsteller aber nicht geltend
gemacht. Dass dem Antragsteller von seinem Mitgesellschafter Dr. C aufgrund der Ergänzungsvereinbarung zu dem Praxisvertrag
die hälftigen Kosten der angeschafften Geräte als Sachkosten in Rechnung gestellt werden, führt zu keiner anderen Beurteilung.
Denn hierbei handelt es sich gerade um allgemeine Praxiskosten, deren Erstattung § 12 Abs. 1 S. 1 JVEG ausschließt (LSG Baden-Württemberg, aaO.).
Durch den Abschluss eines Praxisvertrags vermögen dessen Vertragspartner eine Vergütungs- oder Entschädigungspflicht des Antragsgegners
nicht zu begründen.Der Honorarrahmen für die Nr. 305 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG beträgt 15,00 bis 135,00 Euro. Dieser weite Rahmen bedarf der Konkretisierung, um die Gewährung einer gleichen Vergütung
für die gleichen Leistungen sicherzustellen und die Höhe der Entschädigung in der gebotenen Weise durchsichtig, vorhersehbar
und nachvollziehbar erscheinen zu lassen (Binz in Binz/Dorndörfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 4. Auflage 2019, Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 RdNr. 1 m.w.W.). Hierfür sind in erster Linie die Gebührentatbestände der GOÄ geeignet (Binz aaO.). Während der Geltungszeit des früheren § 5 Abs. 2 ZSEG war der einfache Gebührensatz nach der GOÄ maßgeblich. Nunmehr regelt § 10 Abs. 2 JVEG, dass sich das Honorar für Leistungen der in Abschnitt O des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen (Anlage zur
GOÄ) bezeichneten Art in entsprechender Anwendung dieses Gebührenverzeichnisses nach dem 1,3-fachen Gebührensatz bemisst. Diese
Regelung stellt eine Ausnahmeregelung dar, die nicht über ihren Wortlaut hinaus anwendbar ist (Schneider, JVEG, 3. Auflage 2018, § 10 RdNr. 8 m.w.N.). Dies bedeutet, das eine Vergütung nach § 10 Abs. 2 JVEG nicht verlangt werden kann, wenn die Leistung in dem Abschnitt O der GOÄ nicht erfasst ist. Die vorliegend von dem Antragsteller geltend gemachte Vergütung nach Nr. 305 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG ergibt sich nicht aus dem Abschnitt O der GOÄ. Die Vorschriften für diesen Abschnitt sind auch nicht auf die Honorarbemessung innerhalb der Vergütungsrahmen der Nrn. 201,
203 und 300 bis 306 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG entsprechend anwendbar (LSG Baden-Württemberg, aaO., unter Verweis auf Beschluss v. 12.9.2011, L 12 KO 3525/08, nicht veröffentlicht; Dörndorfer/Neie/Wendtland/Gerlach, BeckOK Kostenrecht, 28. Edition, Stand 1.12.2019, § 10 JVEG RdNr. 8 m.w.N.; a.A. Binz, aaO.; Hartmann, Kostengesetze, 46. Auflage 2016 RdNr. 21, jeweils ohne Begründung). Dies folgt
aus dem Wortlaut der Norm und ihrem Charakter als eng auszulegende und damit abschließende Sondervorschrift (Dörndorfer et
al., aaO. m.w.N.). Hieraus wiederum folgt, dass, soweit in der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG Rahmengebühren vorgesehen sind, wie hier in Nr. 305, der Honorarrahmen nach Maßgabe der GOÄ unter Zugrundelegung des 1,0-fachen Satzes zu konkretisieren ist (Dörndorfer et al., RdNr. 7 m.w.N.).Dem Antragsteller steht
damit die folgende Vergütung zu:
Pauschale
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585,00 EUR
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Nr. 1408 GOÄ 1,0-fach
|
51,76 EUR
|
Nr. 1413 GOÄ 1,0-fach
|
15,45 EUR
|
Porto
|
5,10 EUR
|
Schreibgebühr
|
6,00 EUR
|
Zwischensumme
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663,31 EUR
|
Umsatzsteuer 19%
|
126,03 EUR
|
Gesamtsumme
|
789,34 EUR
|
Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.Dieser Beschluss ist nach § 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht (BSG) anfechtbar.