LSG Saarland, Urteil vom 12.10.2021 - 11 SO 3/17
Sozialhilfe - Aufhebung der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie von Hilfe
zur Pflege - Aktivlegitimation der Erben des verstorbenen Leistungsberechtigten - Aufhebung eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung
bei Änderung der Verhältnisse - Erbschaft - Erbausschlagung
1. Rechtsnachfolger sind nicht aktivlegitimiert, um sich gegen einen Verwaltungsakt, mit dem gegenüber dem Verstorbenen Leistungen
der Grundsicherung bei Erwerbsunfähigkeit nach dem SGB XII aufgehoben wurden, gerichtlich zur Wehr zu setzen. Dieser Leistungsanspruch ist höchstpersönlicher Natur und damit der Rechtsnachfolge
nicht zugänglich.
2. Eine Erbausschlagung wirkt ex tunc (§ 1953 BGB) und hat zur Folge, dass das ausgeschlagene Erbe dem Leistungsempfänger nicht als sog "bereite Mittel" zur Deckung seiner
Bedarfe zur Verfügung steht. Leistungen nach dem SGB XII sind sodann nach dem sog "Tatsächlichkeitsprinzip" (vgl BSG vom 6.12.2018 - B 8 SO 2/17 R = BSGE 127, 85 = SozR 4-3500 § 19 Nr 6) zu gewähren.
Normenkette: § 48 Abs 1 S 1 SGB I0 ,
§ 48 Abs 1 S 2 SGB I0 ,
§ 41 SGB I2 ,
§§ 41ff SGB I2 ,
§ 61 SGB I2
Vorinstanzen: SG Saarbrücken 03.02.2017 S 33 SO 65/16
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland vom 03.02.2017 abgeändert und der
Bescheid des Beklagten vom 31.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2012, soweit er den Zeitraum vom 01.09.2012
bis 23.10.2012 umfasst, aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz werden den Klägern zu 1/3 und dem Beklagten zu 2/3 auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 4.236,-- Euro festgesetzt.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand
Die Kläger begehren vom Beklagten als Rechtsnachfolger Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buchs
Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe (SGB XII) sowie Leistungen der Hilfe zur Pflege für die ambulante Betreuung ihres verstorbenen Bruders P. A. (nachfolgend: Verstorbener)
für die Zeit vom 01.09.2012 bis zu dessen Versterben am 23.10.2012.
Mit Bescheid vom 19.12.2011 hatte der Beklagte dem 1964 geborenen, kinderlosen, an Multiple Sklerose und Krebs leidenden Verstorbenen
Leistungen der Hilfe zur Pflege, die ambulant durch die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) L. S. e.V., in deren
von ihm angemieteten Wohnung in S. er seit dem Jahr 2005 lebte, durchgeführt wurde, bewilligt. In der Folge wurden die ambulant
im Rahmen des betreuten Wohnens erbrachte Hilfe zur Pflege von der DMSG unmittelbar mit dem Beklagten abzüglich der für den
Kläger geleisteten Zahlungen der Pflegekasse nach zuerkannter Pflegestufe II abgerechnet und vom Beklagten nach Prüfung bezahlt.
Mit weiterem Bescheid vom 26.06.2012 hatte der Beklagte dem Verstorbenen die bereits zuvor gewährten laufenden Leistungen
nach dem 4. Kapitel des SGB XII in Gestalt von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ab Juli 2012 neu berechnet und in Höhe von 699,64 € monatlich
bis zum Ende des Bewilligungszeitraumes 31.12.2012 bewilligt.
Daneben bezog der Verstorbene eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von monatlich 221,13 €, eine Betriebsrente
in Höhe von monatlich 88,75 € sowie Eingliederungshilfe für behinderte Menschen vom zuständigen Landesamt für Soziales.
Der Vater des Verstorbenen, H. H. J. A., verstarb seinerseits am 11.04.2012. Nach einem vom Amtsgericht mit Telefax vom 16.08.2012
übersandten Vermögensverzeichnis bestand der Nachlass aus einem Einfamilienhaus in der W.straße ... in A-Stadt, einer Eigentumswohnung
mit Tiefgaragenstellplatz in der T.-M.-Str. in A-Stadt sowie einem Sparguthaben in Höhe von 6.349,44 €. Nach dem Vermögensverzeichnis
bestand eine Grundschuld in Höhe von 43.000,00 DM (= 21.985,47 €). Die Eigentumswohnung war im Jahr 1995 zusammen mit einem
Tiefgaragenstellplatz erworben worden, wobei damals ein Kaufpreis von circa 200.000,00 DM gezahlt worden war. Das Hausanwesen
in der W.straße ... war im Jahr 2001 um eine Wohnung für den Verstorbenen erweitert worden, wofür ein Landesbaudarlehen in
Höhe von 58.000,00 DM gewährt worden war. Damals war der Wert vor der Baumaßnahme mit circa 300.000,00 DM und danach mit circa
380.000,00 DM angegeben worden.
Ausweislich eines Erbvertrages seiner Eltern vom 26.01.1988, Urkunden-Nr. 181/88 des Notars Ab. in A-Stadt, war der Verstorbene
als Miterbe nach dem Längstlebenden der Eltern neben seinen Geschwistern und St. A. (den Klägern) sowie B. F., geborene A.
– ihrerseits im Jahr 2003 verstorben – eingesetzt worden, wobei seine Mutter, Si. A. geborene Bö., am 13.01.2005 verstorben
ist. Gegenüber dem Amtsgericht A-Stadt schlug der Verstorbene sodann mit notarieller Urkunde vom 14.05.2012 bezogen auf die
Nachlasssache seines Vaters die angefallene Erbschaft aus allen Berufungsgründen aus.
Der Beklagte hörte den Verstorbenen sodann mit Schreiben vom 17.08.2012 dahingehend an, dass mit dem Eintritt des Erbfalls
er neben seinen Brüdern erbberechtigt gewesen sei, er jedoch die Erbschaft ausgeschlagen und somit freiwillig auf Einkommen
bzw. Vermögen verzichtet habe, obwohl ihm habe bekannt sein müssen, dass sein Vater Eigentümer eines Hauses und einer Eigentumswohnung
gewesen sei. Somit habe er durch seinen Anspruchsverzicht gegen den Grundsatz der Selbsthilfe gemäß § 2 SGB XII verstoßen, weshalb beabsichtigt sei, die ihm bisher gewährten Leistungen nach dem Vierten Kapitel (Grundsicherung im Alter
und bei Erwerbsminderung) und nach dem Siebten Kapitel (Hilfe zur Pflege) ab dem 01.09.2012 einzustellen.
Mit Schriftsatz vom 04.09.2012 nahm der Prozessbevollmächtigte der Kläger zu dem Anhörungsschreiben dahingehend Stellung,
der Verstorbene lebe mittlerweile seit knapp sieben Jahren in einer Einrichtung des betreuten Wohnens. Davor sei er bei seinen
Eltern untergebracht gewesen. Hierfür sei das Wohnhaus der Eltern für einen Betrag von über 40.000,00 € umgebaut und behindertengerecht
gestaltet worden. Nach dem Tod der Mutter habe der Verstorbene in Ermangelung einer pflegebereiten Person in der derzeitigen
Einrichtung untergebracht werden müssen. Nach den §§ 2050 ff. BGB müsse der Verstorbene diesen Betrag gegenüber den vier Miterben ausgleichen. Hierzu sei er nicht in der Lage. Im Übrigen
habe der Beklagte scheinbar nicht geprüft, inwieweit tatsächliche Werte vorhanden seien. Das Wohnhaus des Erblassers sei mit
einer Briefgrundschuld in Höhe von 162.000,00 DM zuzüglich Zinsen in Höhe von 14 Prozentpunkten jährlich belastet. Die Briefgrundschuld
liege derzeit nach dem bestehenden Kenntnisstand bei der Bank 1 Saar. Insoweit sei die Erbschaft alles andere als unbelastet.
Die Wohnung in A-Stadt verursache laut Auskunft der Wohnungsverwaltung monatliche Hauskosten von rund 200,00 €. Die Erbengemeinschaft
habe mitgeteilt, dass man die Immobilien bis auf weiteres im Rahmen der Erbengemeinschaft tragen wolle. Der Verstorbene verfüge
weder über die notwendigen Mittel, um die Auseinandersetzung durch Versteigerung und die Verwertung des Wohnhauses und der
Wohnung zu betreiben, noch sei er in der Lage, zu den monatlichen Kosten beizutragen. Vor diesem Hintergrund sei vorliegend
schon nicht ersichtlich, welche Vermögenswerte von Seiten des Beklagten in Ansatz gebracht würden. Stelle man auf die ausgleichspflichtige
Summe von 40.000,00 €, die vorhandenen Lasten auf den Wohnimmobilien und auf die noch zu erwartenden Kosten durch die weitere
Verwaltung ab, könne ihm auch bei einem günstigen Verkaufspreis kaum ein Einkommen aus der Erbschaft angerechnet werden. Vor
diesem Hintergrund sei die Ausschlagung wirtschaftlich nachvollziehbar gewesen. Schließlich sei die Ausschlagung auch rechtlich
absolut gerechtfertigt und stehe entgegen der Meinung des Beklagten nicht im Widerspruch zu § 2 SGB XII. Ein Sozialhilfeempfänger habe ein Recht, das Erbe auszuschlagen. Entgegen der Einschätzung einzelner Behörden liege kein
Fall der Sittenwidrigkeit im Rahmen von § 138 BGB vor. Dies sei gerade nicht gegeben, wenn ein Rechtsgeschäft mit den Maßstäben und Prinzipien der Rechtsordnung in Einklang
stehe. Dies sei vorliegend der Fall. Bei der Ausschlagung handele es sich um ein höchstpersönliches Recht, über das der Erbe
selbst entscheide. Der Erbe könne frei entscheiden, ob er das Erbe annehmen oder ausschlagen wolle. Den Erben träfen keine
Verpflichtungen, ein Erbe anzunehmen, damit Dritte auf das Erbe zugreifen könnten. Hierfür spreche auch, dass in der Insolvenz
nach dem § 83 Abs. 1 Satz 1 Insolvenzordnung das Ausschlagungsrecht weiterhin beim Schuldner verbleibe. Dies habe im Ergebnis auch der Bundesgerichtshof in der Entscheidung
vom 25.06.2009 (Az. IX ZB 196/08) bestätigt. Die Höchstpersönlichkeit des Erbrechts könne von der sozialen Stellung eines Abkömmlings nicht beeinflusst werden,
so habe es auch das Landgericht Aachen in seiner Entscheidung vom 04.11.2004 (Az. 7 T 99/04) gesehen. Schließlich habe es der BGH auch grundsätzlich gebilligt, dass Eltern behinderter Kinder letztwillige Verfügungen
errichteten, die den Sozialhilfeträger am Zugriff auf das hinterlassene Vermögen hinderten. Insofern dürfe ein Sozialhilfeempfänger
im Umkehrschluss auch von sich aus auf eine Erbschaft verzichten. Wichtig für die Frage, was mit dem Nachlass passiere, sei
nach der Rechtsprechung nicht der Wille des Erben, sondern vielmehr der Wille bzw. mutmaßliche Wille des Erblassers. Im vorliegenden
Fall wäre es daher in Ansehung der Rechtsprechung und insbesondere unter Berücksichtigung der zu leistenden Ausgleichzahlung
in Höhe von 40.000,00 € unbillig, vom Verstorbenen zu erwarten, dass dieser die Erbschaft seines verstorbenen Vaters nicht
ausschlage.
Mit Bescheid vom 05.09.2012 teilte der Beklagte dem Verstorbenen sodann mit, dass die für ihn nach den Bestimmungen des SGB XII, 4. Kapitel (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) gewährte Hilfe mit Wirkung ab dem 01.09.2012 eingestellt werde.
Der Bewilligungsbescheid vom 26.06.2012 werde gemäß § 48 SGB X für die Zukunft aufgehoben. Mit Schreiben vom 17.08.2012 sei er darüber informiert worden, dass beabsichtigt sei, die ihm
bisher gewährten Leistungen nach dem Vierten und Siebten Kapitel SGB XII einzustellen, da er durch die Erbausschlagung freiwillig auf Einkommen und Vermögen verzichtet habe. Nachweise darüber, dass
er wegen Überschuldung des Nachlasses die Erbausschlagung vorgenommen habe, seien von ihm nicht geführt worden. Durch seinen
Anspruchsverzicht habe er somit gegen den Grundsatz der Selbsthilfe verstoßen.
Mit weiterem Bescheid vom 31.10.2012 teilte der Beklagte, wiederum unter Verweis auf die im Anhörungsschreiben genannten Gründe,
dem Verstorbenen mit, dass der Bewilligungsbescheid vom 19.12.2011 über die gewährten Leistungen der Hilfe zur Pflege für
seine ambulante Betreuung durch die DMSG L. S. e. V. zum 01.09.2012 aufgehoben werde. Insbesondere enthalte das Antwortschreiben
auf die Anhörung vom 04.09.2012 keine nachvollziehbaren Gründe für die Ausschlagung.
Die hiergegen jeweils erhobenen Widersprüche vom 20.09.2012 und vom 23.11.2012 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid
vom 13.05.2013 mit der Begründung zurück, der Verstorbene habe keinen Anspruch auf Weitergewährung von Leistungen der Grundsicherung
im Alter und bei Erwerbsminderung sowie der Hilfe zur Pflege nach dem Vierten und Siebten Kapitel des SGB XII gehabt. Bis zu seinem Tode habe er zwar die persönlichen Voraussetzungen zur Gewährung von Leistungen der Grundsicherung
und Hilfe zur Pflege erfüllt, da er dauerhaft erwerbsunfähig und auch pflegebedürftig nach Stufe II gewesen sei. Allerdings
seien die finanziellen Voraussetzungen der Hilfegewährung nicht mehr erfüllt gewesen. Nach dem vom Amtsgericht mit Fax vom
16.08.2012 übersandten Vermögensverzeichnis habe der Nachlass aus einem Einfamilienhaus und einer Eigentumswohnung mit Tiefgaragenstellplatz
in A-Stadt sowie einem Sparguthaben in Höhe von 6.349,44 € bestanden. Nach dem Vermögensverzeichnis habe eine Grundschuld
in Höhe von 43.000,00 DM (21.985,47 €) bestanden. Beerdigungskosten seien in Höhe von 3.095,25 € angegeben worden. Nach den
dem Beklagten vorliegenden Unterlagen sei zum Wert der Eigentumswohnung festzustellen, dass diese mit einem Tiefgaragenstellplatz
im Jahr 1995 erworben worden sei und damals einen Kaufpreis von circa 200.000,00 DM gehabt habe. Das Haus in der W.straße
... sei im Jahr 2001 um eine Wohnung für den Verstorbenen erweitert worden, wofür ein Landesbaudarlehen in Höhe von 58.000,00
DM gewährt worden sei. Damals sei der Wert vor der Baumaßnahme mit circa 300.000,00 DM und danach mit circa 380.000,00 DM
angegeben worden. Demnach hätte der Verstorbene ein Erbe von zumindest einigen tausend Euro erhalten. Der Vermögensfreibetrag
des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII von 2.600,00 € wäre auf jeden Fall überschritten worden und der Verstorbene wäre in die Lage versetzt worden, seinen Lebensunterhalt
und die zu seiner Pflege notwendigen Ausgaben aus seinem eigenen Vermögen zumindest für einen längeren Zeitraum selbst zu
tragen. Die Sozialleistungen wären demnach nicht mehr notwendig gewesen. Soweit mitgeteilt worden sei, dass die Erbschaft
ausgeschlagen worden sei wegen einer Verpflichtung, die Umbaukosten des Hauses W.straße ... den Miterben gegenüber auszugleichen,
trage dies nicht, denn eine solche Ausgleichspflicht sei nicht ersichtlich. Ebenso sei erklärt worden, dass das Haus nach
dem Grundbuch mit einer Grundschuld in Höhe von 162.000,00 DM belastet sei. Dabei sei aber nicht berücksichtigt worden, dass
die Grundschuld aus dem Jahre 1975 und der Eintrag im Grundbuch keinen Hinweis darauf gebe, inwieweit die Grundschuld noch
valutiert sei. Die Ausführungen zu der geerbten Wohnung in der T.-M.-Str. sagten nichts zu deren jetzigem Wert aus. Belastungen
seien keine im Grundbuch eingetragen. Der hiesigen Stelle sei bekannt, dass die Wohnungen in dieser Wohnanlage in der Nähe
des Fl.-Krankenhauses und des K.-Fl.-Seniorenzentrums sehr gut zu vermieten und zu verkaufen seien, da sie insbesondere für
ältere und behinderte Personen geeignet seien und dieser Wohnraum in A-Stadt knapp sei. Entgegen der geäußerten Auffassung
habe der Verstorbene auch nicht frei entscheiden können, ob er auf die Erbschaft verzichte. Nach den Vorschriften der §§ 2 Abs. 1 und 19 Abs. 2 und 3 SGB XII habe ein Hilfeempfänger sein gesamtes Einkommen und Vermögen einzusetzen, bevor er Sozialhilfe in Anspruch nehmen könne.
Diese Vorschriften seien Ausdruck des Nachranggrundsatzes der Sozialhilfe. Der Sozialhilfeträger habe darauf hinzuwirken,
dass ein Hilfeempfänger Vermögen verwerte, soweit es möglich sei und auch Ansprüche gegen Dritte geltend mache, bevor er die
Hilfe der Allgemeinheit in Anspruch nehme. Die Erbschaft habe mit ihrem Anfall zum Zeitpunkt des Erbfalls zum Vermögen des
Hilfeempfängers gehört. Der Fall des Ausschlagens einer Erbschaft sei keineswegs mit einer Enterbung gleichzusetzen. Im Falle
der Enterbung falle die Erbschaft nicht an, die Enterbung beruhe auf der Entscheidung des Erblassers. Bei der Erbausschlagung
sei das Erbe bereits angefallen, gehöre somit zum Vermögen des Erben und die Ausschlagung sei seine Entscheidung. Er begebe
sich damit einer erworbenen Vermögensposition. Eine Gleichsetzung der Erbausschlagung durch den Verstorbenen mit den sogenannten
Behindertentestamenten gehe an der Sache vorbei. Im Übrigen habe der Vater des Verstorbenen gerade keine derartige Verfügung
getroffen. Es sei nicht hinzunehmen, dass ein Hilfeempfänger Vermögen durch seine Ausschlagung anderen Erben zukommen lasse,
um dann weiterhin staatliche Hilfe für seinen Lebensunterhalt und seine Pflege in Anspruch zu nehmen. Insoweit sei die Ausschlagung
sittenwidrig nach § 138 BGB. Der Fall sei dem Unterhaltsverzicht von Ehegatten gleich zu setzen, die absehbar Sozialhilfe in Anspruch nehmen müssten.
Auch andere derartige Vermögensverfügungen zum Nachteil des Sozialhilfeträgers seien aus diesem Grund durch verschiedene obergerichtliche
Entscheidungen für unwirksam erklärt worden. Es werde dazu auf eine Entscheidung des OLG Stuttgart aus dem Jahr 2001 (NJW
2001, Seite 3484 ff.) verwiesen. Die zivilrechtliche Beurteilung stehe hierbei aber nicht im Vordergrund. Der Verstorbene habe seine Entscheidung
zu seinen Lasten und Lasten des Sozialhilfeträgers getroffen. Inwieweit er die Folgen überblickt habe, möge dahinstehen. Jedenfalls
habe er sich durch diese Entscheidung weiterhin bedürftig gemacht. Er habe gewusst, dass er schon vor dem Erbfall auf staatliche
Hilfe in nicht unerheblichem Umfang zur Sicherstellung seines Lebensunterhaltes und seiner Pflege angewiesen gewesen sei und
durch die Erbausschlagung auch weiterhin diese Hilfen beanspruchen müsste. Insoweit sei auf die Regelung des § 41 Abs. 4 SGB XII hinzuweisen, wonach der Anspruch auf Grundsicherung nicht gegeben sei, wenn sich der Hilfeempfänger innerhalb von 10 Jahren
vorsätzlich oder grob fahrlässig bedürftig gemacht habe. Durch die Erbausschlagung habe sich der Verstorbene zumindest grob
fahrlässig weiterhin bedürftig gemacht. Die Leistungsbescheide vom 19.12.2011 und 26.06.2012 seien zu Recht aufgehoben und
die Leistungen eingestellt worden. Die Entscheidungen seien somit nicht zu beanstanden.
Die hiergegen von den Klägern unter dem 13.06.2013 zum Sozialgericht für das Saarland (SG) erhobene Klage begründeten diese im Wesentlichen unter Wiederholung der Gründe aus den vorangegangenen Verwaltungs- und
Widerspruchsverfahren und trugen ergänzend vor, der Verstorbene, als dessen Erben (für die Erbengemeinschaft – so jedenfalls
nach entsprechendem Vortrag im Berufungsverfahren zu verstehen) sie die Klage erheben würden, sei krankheitsbedingt nicht
mit Veränderungen zurechtgekommen und habe mit der Erbschaft des Vaters nichts zu tun haben wollen, da er diese als potentielle
Veränderung seines Lebens angesehen habe. Er habe von sich aus darum gebeten, die Erbschaft auszuschlagen. Seine Motive seien
daher auch von Selbstschutz geprägt gewesen. Der Beklagte habe insoweit weder den Krankheitszustand noch die Motive des Verstorbenen
berücksichtigt. Vor dem Hintergrund, dass die zivilgerichtliche Rechtsprechung zugunsten des Erben stets davon ausgehe, dass
dieser von seinem höchstpersönlichen Recht, das Erbe auszuschlagen, jederzeit Gebrauch machen dürfe und auch die Nichtgeltendmachung
eines Pflichtteilsanspruchs keine Obliegenheitsverletzung darstelle, habe sich der Verstorbene rechtmäßig verhalten, zumal
er auch zu keinem Zeitpunkt von dem Beklagten darüber aufgeklärt worden sei, dass er eine Erbschaft nicht ausschlagen dürfe.
In diesem Zusammenhang seien vorliegend die Dispositionsbefugnis des Verstorbenen aus Artikel 2 Abs. 1 und Artikel 14 Grundgesetz mit den Schranken aufgrund der §§ 2 und 19 SGB XII abzuwägen. Diese Abwägung müsse unter Berücksichtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, wie schon der BGH ausgeführt
habe, zu Gunsten der Dispositionsbefugnis des Verstorbenen beurteilt werden. Wegen des stattgehabten Hausumbaus seiner Eltern
hätte der Verstorbene die aufgewendeten 40.000,00 € nach § 2050 BGB gegenüber den Miterben ausgleichen müssen. Schließlich habe der vorverstorbene Vater in einem Testament dem Verstorbenen
ein unentgeltliches dingliches Wohnrecht an der Wohnung in der T.-M.-Str. in A-Stadt im Rahmen eines Vermächtnisses zu Teil
werden lassen wollen. Ansonsten habe dem Verstorbenen auch in Anrechnung des bereits zu Lebzeiten Erlangten kein weiterer
Erbteil erwachsen sollen. Als Erben hätten lediglich die Kläger und deren Nichten (die beiden Kinder der verstorbenen Schwester
der Kläger) eingesetzt werden sollen. Der vorverstorbene Vater sei krankheitsbedingt selbst nicht mehr in der Lage gewesen,
das Testament auszufertigen. Das Testament sei jedoch noch von ihm in Auftrag gegeben worden und gebe seinen letzten Willen
wieder. Dies habe der Verstorbene mit der Entscheidung, die Erbschaft seinerseits auszuschlagen, respektiert. Nur vorsorglich
werde darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Erbauseinandersetzung eine Übertragung des Hausanwesens in der W.straße auf den
Kläger zu 2) unter Zahlung eines Betrages von 107.265,00 € an die weiteren Erben erfolgt sei. Bezüglich der Wohnung in der
T.-M.-Str. in A-Stadt sei ein Makler zur Festsetzung eines möglichen Verkaufspreises und der Ermittlung eines Verkehrswertes
bemüht worden. Dieser habe angegeben, dass die Preise in dem Haus bei 1.000,00 € bis 1.200,00 € pro Quadratmeter für nicht
renovierte Wohnungen lägen. Daher dürfe vorliegend von einem Verkehrswert von knapp 67.200,00 € ausgegangen werden. Daneben
seien die Nachlassverbindlichkeiten von 21.985,47 € und die mögliche Belastung durch die Bürgschaft zu berücksichtigen, welche
wegen der Natur der Bürgschaft nicht beziffert werden könne. Auch seien die Kosten der Beerdigung mit 3.970,50 € und die Kosten
für die Erteilung des Erbscheines zu berücksichtigen.
Die Kläger reichten im Übrigen u. a. ein Gutachten über den Verkehrswert des Einfamilienhauses mit Anbau und Garage in der
W.straße ... in A-Stadt vom 20.08.2012 mit Angabe eines Verkehrswertes des Grundstückes von 196.600,00 €, den Entwurf eines
Testaments des Vaters sowie eines Pflichtteilsverzichtsvertrages zwischen dem Vater und dem Verstorbenen, die dem Vater seitens
des Notars mit Schreiben vom 18.02.2005 übersandt worden waren, Unterlagen über bestehende Grundschulden am Hausanwesen W.straße
..., ein Formular mit vor dem Amtsgericht A-Stadt als Nachlassgericht gemachten Angaben zum Wert des Nachlasses des Vaters,
ein Bewilligungsbescheid über ein Landesbaudarlehen in Höhe von 58.000,00 DM aus dem Jahr 2001 nebst Übersicht über den Einsatz
der Mittel zum Antrag auf Erteilung des Landesbaudarlehens zu den Gerichtsakten.
Der Beklagte war der Klage entgegengetreten und hatte unter Wiederholung der in den angefochtenen Bescheiden genannten Gründen
weiter ausgeführt, der Verstorbene habe nicht frei entscheiden können, ob er auf die Erbschaft verzichte. Nach den Vorschriften
der §§ 2 Abs. 1 und 19 Abs. 2 und 3 SGB XII habe ein Hilfeempfänger sein gesamtes Einkommen und Vermögen einzusetzen, bevor er Sozialhilfe in Anspruch nehmen könne.
Diese Vorschriften seien Ausdruck des Nachranggrundsatzes der Sozialhilfe. Die Erbschaft gehöre mit ihrem Anfall zum Zeitpunkt
des Erbfalls zum Vermögen des Hilfeempfängers. Der Fall des Ausschlagens einer Erbschaft sei keineswegs mit einer Enterbung
gleichzusetzen. Es sei festzustellen, dass dem Verstorbenen keine 40.000,00 Euro als Ausstattung zugewandt worden seien. Der
Vater habe 2001 sein eigenes Haus umgebaut bzw. renoviert für circa 80.000,00 DM. Da dieser Umbau offensichtlich behindertengerecht
erfolgt gewesen sei, sei ihm ein Landesbaudarlehen über 58.000,00 DM gewährt worden. Inwieweit dieses habe zurückgezahlt werden
müssen, sei dem Beklagten nicht bekannt. Jedenfalls sei die Wertsteigerung durch die Umbaumaßnahme beim Haus noch vorhanden
und führe wohl auch zu dem im Jahr 2012 ermittelten Wert des Hauses von fast 200.000,00 €. Entgegen der Ansicht der Kläger
sei § 2 SGB XII anwendbar, denn eine Erbschaft sei bis zur Ausschlagung bereits durch den Erbfall gemäß § 1942 BGB angefallen und somit Bestandteil des Vermögens des Hilfesuchenden. Der Verstorbene habe gewusst, dass er schon vor dem Erbfall
auf staatliche Hilfe in nicht unerheblichem Umfang zur Sicherstellung seines Lebensunterhaltes und seiner Pflege angewiesen
gewesen sei und durch die Erbausschlagung auch weiterhin diese Hilfen beanspruchen müsse. Damit habe er durch die Ausschlagung
bewusst zu Lasten der öffentlichen Hand gehandelt. Die übersandten notariellen Vertragsentwürfe (Testament und Pflichtteilsverzichtvertrag)
stammten aus dem Jahr 2005 und seien mit Schreiben vom 18.02.2005 zur Kenntnisnahme an den Vater übersandt worden. Der Verstorbene
sei im April 2012 verstorben. Die Vertragsentwürfe seien von keinem der Beteiligten unterzeichnet worden. Hätte der Vater
diese Vertragsentwürfe tatsächlich umsetzen wollen, so hätte er dies sicherlich im Laufe der sieben Jahre bis zu seinem Tod
im April 2012 tun können. Die Tatsache, dass die Vertragsentwürfe nicht unterschrieben worden seien, lasse jedoch darauf schließen,
dass der Vater letztlich den Verstorbenen nicht habe enterben wollen. Im Übrigen habe sich der Verstorbene bereits ab 01.10.2005
in Betreuung durch die DMSG in Saarbrücken befunden. Die Nutzung eines unentgeltlichen Wohnrechtes an einer Wohnung in der
T.-M.-Str. in A-Stadt wäre somit bereits ab diesem Zeitpunkt obsolet gewesen. Er sei ab diesem Zeitpunkt nicht mehr durch
seine Familie gepflegt worden. Es sei auch aus diesem Grund anzunehmen, dass durch diese geänderten Lebensumstände der Vater
und der Verstorbene andere Dispositionen hätten treffen wollen, als sie in den vorgelegten Entwürfen angedacht gewesen seien.
Dass von den Klägern zitierte Urteil des BGH vom 19.01.2011 betreffe die Sittenwidrigkeit eines Pflichtteilsverzichts nach
einem Erbfall im Rahmen eines zu Gunsten des Vaters errichteten sogenannten Berliner Testaments. Der BGH schließe hier aus
dem vermeintlichen Willen der Erblasserin zu Gunsten des überlebenden Ehegatten und dem anzuerkennenden Wunsch der pflichtteilsberechtigten
Kinder, das geerbte Vermögen zunächst dem überlebenden Vater als Ganzes zu belassen, dass der Pflichtteilsverzicht eines behinderten
Leistungsbeziehers nicht sittenwidrig gewesen sei. Der BGH sehe sich hierbei durch die Regelungen zum Vermögenseinsatz von
Eltern im Rahmen der Eingliederungshilfe bestätigt. Im hier zu entscheidenden Fall liege dagegen ein Erbfall an die Söhne
zu gleichen Teilen vor. Ein vermeintlicher Wille des Erblassers, sein Vermögen vor dem Zugriff der Sozialhilfe zu schützen
oder seinen kranken Sohn in der Verfügung über das geerbte Vermögen zu beschränken, sei nicht feststellbar. Der Erblasser
habe für seinen Sohn gerade kein sogenanntes Behindertentestament errichtet. Insoweit griffen die Überlegungen des BGH zum
Vermögensschutz bzw. zu der Nichtinanspruchnahme von Eltern im Rahmen der Eingliederungshilfe oder bei der Behindertenhilfe
nicht. Im hier zu entscheidenden Fall sei eine bereits angefallene Erbschaft ausgeschlagen worden zu Gunsten der miterbenden
Geschwister. Bei der Leistungsgewährung an den zwischenzeitlich Verstorbenen sei es zudem um die Gewährung von Leistungen
zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes nach dem Vierten Kapitel und der Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel gegangen.
In § 41 Abs. 4 SGB XII werde eindeutig festgestellt, dass der Anspruch auf Grundsicherungsleistung entfalle, wenn der Hilfeempfänger sich bedürftig
gemacht habe. Durch den Verzicht auf die bereits angefallene Erbschaft sei dies hier der Fall gewesen. Der Verstorbene habe
ohne erkennbaren Grund auf das ihm angefallene Vermögen verzichtet und sei daher ohne Not weiter auf öffentliche Hilfe angewiesen
gewesen. Ihm habe dies bei der Erbausschlagung bewusst sein müssen. Insoweit habe er sich zumindest grob fahrlässig bedürftig
gemacht.
Mit Gerichtsbescheid vom 03.02.2017 hat das SG die Klage nach vorheriger Anhörung abgewiesen. Die Klage sei zulässig, jedoch nicht begründet. Die Kläger seien als Rechtsnachfolger
des am 23.10.2012 Verstorbenen durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ( SGG), denn die Bescheide seien rechtmäßig. Zu Recht habe der Beklagte die Bewilligung von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
sowie die Gewährung von Leistungen der Hilfe zur Pflege für die ambulante Betreuung zum 01.09.2012 eingestellt und die diesbezügliche
Bewilligung mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben. Es werde gem. § 136 Abs. 3 SGG auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Bescheide vom 05.09.2012 sowie vom 31.10.2012 und insbesondere des Widerspruchsbescheides
vom 13.05.2013 verwiesen, da die Kammer die rechtlichen Darlegungen für zutreffend erachte. Der Beklagte sei insbesondere
zu Recht von einem Leistungsausschluss nach § 41 Abs. 4 SGB XII ausgegangen. Nach § 41 Abs. 4 SGB XII habe keinen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach diesem Kapitel, wer in den letzten 10 Jahren die Bedürftigkeit
vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt habe. Der Beklagte habe zu Recht darauf hingewiesen, dass die Erbschaft aus
dem Nachlass des vorverstorbenen Vaters des Verstorbenen bis zur Ausschlagung durch letzteren bereits durch den Erbfall gemäß
§ 1942 BGB beim Verstorbenen angefallen und somit Bestandteil seines Vermögens geworden sei. Nach den gegebenen Umständen hätte der
Verstorbene auch wissen müssen, dass er dieses Vermögen zur Bestreitung seines eigenen Bedarfs zum Lebensunterhalt hätte einsetzen
müssen und dass er nicht berechtigt gewesen sei, sich durch Erbausschlagung wieder hilfebedürftig zu machen. Damit habe der
Verstorbene das nicht beachtet, was jedem einleuchten müsse und demgemäß nach Überzeugung der Kammer jedenfalls grob fahrlässig
die Bedürftigkeit durch die Ausschlagung der Erbschaft herbeigeführt. Insbesondere seien auch keine nachvollziehbaren Gründe
dargelegt worden, aus denen heraus der Verstorbene hätte berechtigterweise davon ausgehen können, zur Ausschlagung der Erbschaft
und damit zur Herbeiführung der erneuten Hilfebedürftigkeit berechtigt sein zu können. Soweit vorgebracht worden sei, dass
der Verstorbene mit Veränderungen erhebliche Probleme gehabt habe und schon aus nicht finanziellen Erwägungen mit der Erbschaft
nicht habe konfrontiert werden wollen, sei dies für die Kammer nicht plausibel und nicht überzeugend. Insbesondere sei nicht
ersichtlich, inwieweit sich durch eine Annahme der Erbschaft eine „Veränderung“ hätte ergeben können, die den Verstorbenen
hätte dazu bewegen können, die Erbschaft auszuschlagen, da er mit einer solchen „Veränderung“ nicht zurechtgekommen wäre.
Eine solche grundlegende Veränderung in seinem Leben sei allein durch den Anfall der Erbschaft nicht nachvollziehbar.
Auch im Hinblick auf den vorgelegten Entwurf eines Testaments des vorverstorbenen Vaters ergebe sich nicht plausibel, dass
der Verstorbene berechtigterweise hätte davon ausgehen können, einen vermeintlichen Testierwillen des Vaters durch die Ausschlagung
der Erbschaft zu erfüllen. Zutreffend habe der Beklagte insoweit darauf hingewiesen, dass die Vertragsentwürfe des Notars
dem Vater mit Schreiben vom 18.02.2005 übersandt worden seien, dieser allerdings erst im April 2012 verstorben sei und nicht
nachvollzogen werden könne, weshalb er nicht innerhalb dieser sieben Jahre dazu in der Lage gewesen sein sollte, die Vertragsentwürfe
zu unterzeichnen und damit das Testament rechtswirksam zu errichten. Entsprechende Umstände, die dies nahelegen könnten, seien
im Übrigen auch seitens der Kläger zu keinem Zeitpunkt dargelegt worden. Wenn nun aber der vorverstorbene Vater innerhalb
von sieben Jahren nach Übersendung des Entwurfs eines Testaments ein solches nicht rechtswirksam errichtet habe, könne auch
nicht berechtigterweise auf dessen Willen geschlossen werden, eine solche letztwillige Verfügung mit dem im Entwurf enthaltenen
Inhalt zu treffen, so dass auch der Verstorbene keinesfalls habe davon ausgehen können, durch die Ausschlagung der Erbschaft
einen entsprechenden Testierwillen des vorverstorbenen Vaters zu respektieren und zu erfüllen.
Auch wenn man mit den Klägern davon ausginge, dass der Verstorbene durchaus in seiner Dispositionsbefugnis, die Erbschaft
auszuschlagen, nicht eingeschränkt gewesen sei dadurch, dass er sich in einem Sozialrechtsverhältnis zum Sozialhilfeträger
befunden habe, wobei die Beteiligten eines Sozialrechtsverhältnisses grundsätzlich verpflichtet seien, Schaden vom Partner
im Rahmen des Sozialrechtsverhältnisses abzuwenden, bedeute dies jedoch nicht, dass eine zivilrechtlich mögliche Ausschlagung
der Erbschaft sozialrechtlich ohne Folgen bleiben müsse. Das Gegenteil sei vielmehr der Fall. Insoweit habe der Gesetzgeber
in § 41 Abs. 4 SGB XII in auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise geregelt, dass kein Anspruch auf Leistungen nach diesem Kapitel
habe, wer in den letzten 10 Jahren die Bedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt habe. Damit habe der Gesetzgeber
dem in § 2 SGB XII geregelten Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe in rechtlich nicht zu beanstandender Weise Rechnung getragen. Nach § 2 Abs. 1 SGB XII erhalte Sozialhilfe nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst
helfen könne oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen,
erhalte. Nach § 19 Abs. 2 SGB XII sei Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel dieses Buches Personen zu leisten, die die Altersgrenze
nach § 41 Abs. 2 erreicht hätten oder das 18. Lebensjahr vollendet hätten und dauerhaft voll erwerbsgemindert seien, sofern
sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem
Einkommen und Vermögen, bestreiten könnten (§ 19 Abs. 2 Satz 1 SGB XII). Nach § 19 Abs. 3 SGB XII würden Hilfen zur Gesundheit, Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer
sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit
den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet
seien, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften
des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten sei. All diese Vorschriften seien Ausdruck des in § 2 Abs. 1 SGB XII grundsätzlich geregelten Nachrangs der Sozialhilfe. Auch eine zivilrechtlich gegebenenfalls rechtswirksam mögliche Ausschlagung
der Erbschaft habe daher aufgrund der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden und sozialrechtlich geregelten Nachrangigkeitsvorschriften
des SGB XII Rechtsfolgen für einen möglichen Anspruch eines Hilfeempfängers.
Hinsichtlich des streitigen Leistungsanspruchs des Verstorbenen für die Zeit vom 01.09.2012 bis zu dessen Tod am 23.10.2012
ergebe sich unabhängig davon, welche der gemachten konkreten Wertangaben die Kammer zur Berechnung des Werts des Nachlasses
und damit des Werts des durch die Erbausschlagung hergegebenen Vermögens in Ansatz bringe, im Hinblick auf den nur kurzen
streitgegenständlichen Zeitraum von weniger als zwei Monaten, dass jedenfalls die Erbschaft des Verstorbenen einen Wert gehabt
habe, der ohne weiteres die bei Vermögenslosigkeit zustehenden Leistungen für diesen Zeitraum übersteige. So sei mit der Klageschrift
ein Gutachten über den Verkehrswert des Einfamilienhauses mit Anbau und Garage in der W.straße ... vorgelegt werden, das einen
Verkehrswert des Grundstücks zum Stichtag 20.08.2012 von 196.600,00 € ausweise. Dies stimme im Wesentlichen auch überein mit
den Wertangaben in der zu den Akten gereichten Übersicht für den Einsatz der Mittel zum Antrag auf Erteilung des Landesbaudarlehens.
Setze man im Übrigen auch lediglich die 1.000,00 € bis 1.200,00 € pro Quadratmeter für nicht renovierte Wohnungen zur Berechnung
des Werts der Eigentumswohnung an, wie dies seitens des Prozessbevollmächtigten der Kläger im Schriftsatz vom 25.05.2016 unter
Bezugnahme auf ein Schreiben der Firma Sch. Immobilien vom 22.04.2016 erfolgt sei, ergäbe sich ausweislich der Angaben im
Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Kläger ein Verkehrswert von bereits mindestens 67.200,00 €. In dem Formular mit
den Angaben zum Wert des Nachlasses gegenüber dem Amtsgericht A-Stadt sei dagegen ein Verkehrswert für die Eigentumswohnung
von 90.000,00 Euro angegeben worden. Im Übrigen habe der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 10.05.2016 zutreffend darauf hingewiesen,
dass nach dem vorliegenden Nachlassverzeichnis des Amtsgerichts A-Stadt vom 13.08.2012 lediglich eine Schuld von 21.985,47
€ bestanden habe. Hinzu komme vorliegend nach den Angaben zum Wert des Nachlasses auch noch ein Sparguthaben bei der Sparkasse
in Höhe von 6.349,44 €. Auch unter Berücksichtigung in Ansatz zu bringender Beerdigungskosten habe sich daher ein ganz erheblicher
Nachlass, der dem Verstorbenen als Anteil aus der Erbschaft zugefallen sei, ergeben, der die bei bestehender Hilfebedürftigkeit
ansonsten zustehende Leistung für die Zeit vom 01.09.2012 bis 31.10.2012 bei weitem überstiegen habe. Dass der Nachlass einen
ganz erheblichen Wert gehabt habe, ergebe sich im Übrigen auch daraus, dass der Prozessbevollmächtigte der Kläger mitgeteilt
habe, dass im Rahmen der Erbauseinandersetzung eine Übertragung des Hausanwesens in der W.straßeauf den Miterben St. A., den
Kläger zu 2), unter Zahlung eines Betrages von 107.265,00 € an die weiteren Erben erfolgt sei.
Im Übrigen sei für die Kammer nicht ersichtlich, auf welcher Rechtsgrundlage die weiteren Miterben gegenüber dem Verstorbenen
einen Anspruch auf Ausgleichszahlung in Höhe von circa 40.000,00 € gehabt haben sollen. Der vorverstorbene Vater habe dem
Verstorbenen gerade keine 40.000,00 € als Ausstattung zugewandt, die Gegenstand eines Ausgleichsanspruchs der Miterben hätten
sein können. Der vorverstorbene Vater habe im Jahr 2001 sein eigenes Haus umgebaut bzw. renoviert und hierbei ein Landesbaudarlehen
über 58.000,00 DM in Anspruch genommen. Die entsprechenden Umbaumaßnahmen und die damit verbundene Wertsteigerung seien bei
dem von dem Kläger zu 2) übernommenen Hausanwesen noch vorhanden. Ein Ausgleichsanspruch der Miterben gegenüber dem Verstorbenen
habe sich daher unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ergeben.
Nach alledem habe der Beklagte zu Recht mit Wirkung ab dem 01.09.2012 die laufenden Leistungen der Grundsicherung im Alter
und bei Erwerbsminderung eingestellt und den Bewilligungsbescheid vom 26.06.2012 nach § 48 SGB X für die Zukunft aufgehoben. Durch den Anfall des Vermögens beim Verstorbenen infolge der angefallenen Erbschaft sei dieser
nicht mehr hilfebedürftig im Sinne der Bestimmungen des SGB XII zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gewesen, wobei er sich, wie vorangehend dargelegt, auch die Ausschlagung
der Erbschaft nach § 41 Abs. 4 SGB XII entgegenhalten lassen müsse, mit der Folge, dass eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten sei, die den
Beklagten zur Aufhebung der Bewilligung der Leistungen für die Zukunft berechtigt habe. Insoweit sei von Bedeutung, dass nach
§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen
hätten, eine wesentliche Änderung eintrete, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben sei. Die Einstellung
und Aufhebung der Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ab 01.09.2012 sei daher
rechtlich nicht zu beanstanden.
Gleiches gelte auch, soweit der Beklagte mit Bescheid vom 31.10.2012 den Bescheid vom 19.02.2011, mit dem die Leistungen der
Hilfe zur Pflege bewilligt worden waren, aufgehoben und die Leistungen zum 01.09.2012 eingestellt habe. Insoweit sei insbesondere
von Bedeutung, dass nach § 2 Abs. 1 SGB XII und 19 Abs. 3 SGB XII Hilfe zur Pflege nur beansprucht werden könne, wenn die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften
des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten sei. Aus den vorangehend genannten Gründen sei es dem Kläger jedoch zuzumuten
gewesen, das in Gestalt der anteiligen Erbschaft bei ihm angefallene Vermögen für die Bestreitung des eigenen Bedarfs zu verwenden
und die Erbschaft gerade nicht auszuschlagen. Dass er die Erbschaft dennoch ausgeschlagen habe, ändere nichts daran, dass
ihm der Einsatz des grundsätzlich zunächst angefallenen Vermögens zuzumuten gewesen sei mit der Folge, dass ein Anspruch auf
Hilfe zur Pflege nicht mehr bestanden habe. Auch insoweit greife der Nachrang der Sozialhilfe vorliegend ein. Insoweit sei
es ebenfalls gemäß § 48 SGB X zu einer wesentlichen Änderung in den bei der Bewilligung der Hilfe zur Pflege vorliegenden maßgeblichen Verhältnisse gekommen
mit der Folge, dass der Beklagte zur Einstellung der Leistungen ab 01.09.2012 und Aufhebung der Bewilligung der Leistung zur
Pflege berechtigt gewesen sei. Im Übrigen sei bezüglich der zeitlichen Abläufe auch zu berücksichtigen, dass der Verstorbene
mit Schreiben vom 17.08.2012 von dem Beklagten zu der beabsichtigten Einstellung der bisher gewährten Leistungen der Grundsicherung
im Alter und bei Erwerbsminderung sowie auch der Hilfe zur Pflege ab dem 01.09.2012 angehört worden sei, so dass der Verstorbene
rechtzeitig und vorab bereits über die Einstellung zum 01.09.2012 als mögliche Rechtsfolge der Ausschlagung der angefallenen
Erbschaft in Kenntnis gesetzt worden sei.
Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer am 07.03.2017 eingelegten Berufung. Begründend machen sie als Erben des Verstorbenen
geltend, dass nach wie vor die für den streitigen Zeitraum offenen Leistungen des Beklagten benötigt würden, um die Seitens
der DMSG an sie herangetragenen Kosten zu begleichen. Die Kläger machen unter Wiederholung der bereits im Rahmen des erstinstanzlichen
Gerichtsverfahrens und des Widerspruchsverfahrens geäußerten Sachargumente geltend, die Aufhebungsbescheide des Beklagten
seien rechtswidrig. Die pauschale Annahme des SG, wonach der im Jahr 2001 erfolgte Umbau des Wohnhauses des Vaters zu einer Wertsteigerung seines Eigentums und damit der
Erbmasse geführt habe, sei nicht nachvollziehbar. Es werde nach wie vor die Auffassung vertreten, dass insoweit ein Ausgleichsanspruch
zu den anderen Miterben bestanden hätte. Auch habe das SG weder die tatsächlichen Werte der Erbschaft noch die Motive, die zur Ausschlagung der Erbschaft durch den Verstorbenen geführt
hätten, näher erforscht. Es habe sowohl dem Willen des verstorbenen Vaters als auch des Verstorbenen entsprochen, diese Erbschaft
nicht anzutreten. Die Ausschlagung stehe auch nicht in einem Widerspruch zu § 2 SGB XII. Auch ein Sozialhilfeempfänger habe ein Recht, das Erbe auszuschlagen, es liege kein Fall der Sittenwidrigkeit vor. Da der
Verstorbene lediglich sein ihm zustehendes höchstpersönliches Recht auf Ausschlagung ausgeübt habe, stehe seine Handlung im
Einklang mit der Rechtsordnung. Dieses Recht auf Privatautonomie werde durch die obergerichtliche Rechtsprechung der Zivilgerichte
geschützt und könne nicht durch die Vorschrift des § 41 Abs. 4 SGB XII ausgehebelt werden. Fahrlässigkeit liege damit in keinem Fall vor. Unabhängig hiervon beschränke sich diese Vorschrift auf
Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII, womit die Leistungen des Verstorbenen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII hätten nicht aufgehoben werden dürfen. Zumal der Verstorbene aufgrund der Ausschlagung über keine Mittel verfügte, die er
hätte zur Sicherstellung seines Pflegebedarfs einsetzen hätte können. Insoweit sei das SG schlichtweg von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Da die Erbausschlagung bewirke, dass die Erbschaft als von Anfang an
nicht angefallen gelte, habe ein eventueller Nachlasswert zu keinem Zeitpunkt als bereites Mittel zur Verfügung gestanden.
Letztlich werde gerügt, dass der Beklagte überhaupt kein ordnungsgemäßes Anhörungsverfahren durchgeführt habe, da die Leistungen
an den Kläger bereits zum September 2012 eingestellt worden seien, zu einem Zeitpunkt, zu dem weder die Aufhebungsbescheide
ergangen seien, noch die Argumente des Verstorbenen, der bis zu seinem Tod völlig ansprechbar und orientiert gewesen sei,
hätten gehört werden können.
Die Kläger beantragen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland vom 03.02.2017 aufzuheben und die Bescheide des Beklagten vom 05.09.2012
und 31.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2013 insoweit aufzuheben, als sie den Leistungszeitraum
vom 01.09.2012 bis 23.10.2012 betreffen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verweist auf die mit der Berufung angefochtene Entscheidung des SG, die er für rechtmäßig hält und weist darauf hin, dass sich diese im Wesentlichen mit den Begründungen seiner Entscheidungen
deckt. Der Verstorbene habe sich zumindest grob fahrlässig hilfebedürftig gemacht, indem er das Erbe, das ein Viertel Anteil
eines sich auf einen Gesamtwert von ca. 300.000,00 € belaufenden Vermögens, zu einem Zeitpunkt, in dem er Leistungen nach
dem SGB XII zum Bestreiten seines Lebensunterhaltes bezogen hatte, ausgeschlagen habe. Die Voraussetzungen des § 41 Abs. 4 SGB XII hätten vorgelegen. Auch sei der Anspruch auf Hilfe zur Pflege entfallen, da der Verstorbene mit dem Erbanfall in der Lage
gewesen sei, aus seinem Vermögen seinen Bedarf zu decken. Die Erbausschlagung sei sittenwidrig, nachvollziehbare Gründe hierfür
seien nicht erkennbar. Hier habe gerade der Vater des Verstorbenen keine entsprechende Verfügung getroffen, die nahelegen
würde, dass er den Verstorbenen habe enterben wollen. Ein Wunsch, dem der Verstorbene durch die Ausschlagung seines Erbes
oder gar seines Pflichtteils hätte damit Rechnung tragen können, liege erkennbar nicht vor. Aus den Akten gehe vielmehr hervor,
dass der Vater des Verstorbenen diesem zusätzlich zu seiner Rente monatlich 250,00 € zugewandt habe, sodass davon auszugehen
sei, dass es nicht in seinem Sinn gewesen wäre, wenn sein Sohn, der Verstorbene, nach seinem Tod nur noch von den Grundsicherungsleistungen
hätte leben müssen. So erkläre sich auch, weshalb der Entwurf des Testaments aus dem Jahr 2005 nach dem Umzug des Verstorbenen
in die Wohngruppe der DMSG in Saarbrücken nicht mehr vollzogen worden sei. Der Nachranggrundsatz der Sozialhilfe werde bei
einem anderen Verständnis völlig ausgehöhlt. Soweit die Kläger vorbrächten, es habe keine ordnungsgemäße Anhörung stattgefunden,
sei dem entgegenzuhalten, dass der früheste Bescheid unter dem 05.09.2012 und damit nach dem per Fax übersandten Antwortschreiben
vom 04.09.2012 auf das Anhörungsschreiben vom 17.08.2012 ergangen sei.
Auf Anfrage des Senats vom 30.1.2019 teilte der Beklagte mit, dass die Leistungen zur Hilfe zur Pflege mit Ende August 2012
eingestellt worden seien, d. h. die Forderungen der DMSG für September und Oktober noch offen seien; die Hilfen zur Pflege
beliefen sich wohl auf ca. 1.700,00 € für September und anteilig auf 1.300,00 € für Oktober.
Mit Schriftsatz vom 12.04.2019 legten die Kläger den gemeinschaftlichen Erbschein, ausgestellt durch das Amtsgericht Saarbrücken
am 17.5.2018 (Az. 18 VI 1638/16) vor und versicherten, dass die beiden Miterbinnen Co. F. und Ca. F., die Töchter der verstorbenen Schwester der Kläger und
des Verstorbenen, sie ermächtigt hätten, das Verfahren auch in ihrem Namen weiterzuführen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2021 gemachten
Inhalte der beigezogenen Akten der Beklagten und der Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung, die von Seiten der Kläger insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegt worden ist, begegnet im Hinblick auf ihre Zulässigkeit keinen Bedenken. Die Kläger sind insbesondere als aufgrund
des Erbscheins des Amtsgerichts Saarbrücken ausgewiesene und durch die Miterbinnen bevollmächtigte Rechtsnachfolger des Verstorbenen
grundsätzlich berechtigt, auf die Erbengemeinschaft übergegangene Ansprüche auch gerichtlich geltend zu machen.
Streitgegenständlich sind die durch Bescheid vom 05.09.2012 und durch Bescheid vom 31.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 13.05.2013 erfolgten Aufhebungen der dem Verstorbenen zuvor durch Bescheid vom 19.12.2011 gewährten Hilfe zur Pflege einerseits
sowie durch Bescheid vom 26.06.2012 gewährten Grundsicherungsleistungen bei Erwerbsminderung andererseits, beide mit Wirkung
ab dem 01.09.2012, soweit die Aufhebung bis zum Tode des Verstorbenen am 23.10.2012 verfügt wurde.
Die Berufung ist teilweise begründet. Der mit der Berufung angefochtene Gerichtsbescheid ist insoweit nicht zu beanstanden,
als dass ein Anspruch auf Aufhebung des die Grundsicherungsleistungen bei Erwerbsminderung aufhebenden Bescheides vom 05.09.2012
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2013 verneint wurde (1.); indes hält die Ablehnung der Aufhebung des die Hilfen
zur Pflege aufhebenden Bescheides vom 31.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2013 einer näheren Überprüfung
nicht stand, so dass der mit der Berufung angefochtene Gerichtsbescheid des SG insoweit und die entsprechenden Bescheide aufzuheben sind (2.).
1.
Im Ergebnis zutreffend hat das SG angenommen, dass der Klage der insoweit als Rechtsnachfolger des Verstorbenen und für und in Legitimation der Erbengemeinschaft
handelnden Klägern der Erfolg versagt bleiben musste, als diese die Aufhebung des Bescheides vom 05.09.2012 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2013 mit dem Ziel verfolgen, die dem Verstorbenen durch Bescheid vom 26.06.2012 gewährten
Grundsicherungsleistungen bei Erwerbsminderung in Höhe von monatlich 699,64 € vom 01.09.2012 bis zum Tod des Verstorbenen
am 23.10.2012 ausgezahlt zu bekommen. Denn die hierauf gerichtete Klage ist unbegründet, da es den die Erbengemeinschaft des
Verstorbenen vertretenden Klägern insoweit bereits an der erforderlichen Aktivlegitimation fehlt, während die Passivlegitimation
des Beklagten gegeben ist.
a)
Die Passivlegitimation des Beklagten liegt vor, da dieser für die begehrte Leistung und deren Aufhebung zuständig war. Der
insoweit vorliegend maßgebliche § 98 Abs. 5 SGB XII bestimmt in örtlicher Hinsicht, dass für die Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Siebten und
Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig ist,
der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Da der Verstorbene, der ausweislich des Bescheides
vom 19.12.2017 auch Hilfen zur Pflege nach dem Siebten Kapitel des SGB XII vom Beklagten erhalten hat, bis zu seinem Umzug in die vom DMSG angemieteten Wohnraum, wo die ambulante Pflege erbracht wurde,
im Wohnhaus seiner Eltern in A-Stadt, mithin im Zuständigkeitsbereich des Beklagten seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne
des § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII hatte, ergibt sich hieraus die fortbestehende örtliche Zuständigkeit des Beklagten auch für die Grundsicherungsleistungen
bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII, da insoweit § 46b Abs. 3 Satz 4 SGB XII eine entsprechende Anwendung von § 98 Abs. 5 SGB XII anordnet.
Die sachliche Zuständigkeit des Beklagten ergibt sich vorliegend aus § 97 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 SGB XII, wonach für die Sozialhilfe sachlich der örtliche Träger der Sozialhilfe zuständig ist, soweit nicht der überörtliche Träger
sachlich zuständig ist; die Zuständigkeit von letzterem bestimmt sich gem. § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII nach dem Landesrecht, vorliegend gem. § 2 des Gesetzes zur Ausführung des SGB XII (AG SGB XII) vom 08.03.2005 (Saarl. Amtsbl. 2005, S. 438). Hiernach sind die örtlichen Träger der Sozialhilfe, gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 AG SGB XII die Landkreise, wozu auch der beklagte Landkreis A-Stadt gehört, und den Regionalverband Saarbrücken sachlich zuständig,
insbesondere für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AG SGB XII), soweit nicht nach § 2 Abs. 2 und 3 AG SGB XII eine Zuständigkeit des überörtlichen Trägers – gem. § 1 Abs. 3 Satz 1 AG SGB XII dem Saarland – normiert ist. Letzteres ist für den vorliegend streitgegenständlichen Anspruch auch gerade nicht der Fall.
b)
Es fehlt jedoch an der Aktivlegitimation der Erbengemeinschaft, die die Kläger vertreten. Denn der geltend gemachte Anspruch
auf Grundsicherungsleistungen bei Erwerbsminderung gem. §§ 41 ff. SGB XII ist höchstpersönlicher Natur und damit nicht der Rechtsnachfolge zugänglich.
Generell gilt zwar gem. §§ 30- 37 Sozialgesetzbuch Erstes Buch ( SGB I) der Vorrang des Zivilrechts für die dieses Rechtsgebiet betreffenden Fragen, wozu auch das Erbrecht und insbesondere die
dortigen Regelungen zur Rechtsstellung des Erben gem. § 1922 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch ( BGB), wonach mit dem Tode einer Person (Erbfall) deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen
(Erben) übergeht. Ausweislich des zwischenzeitlich vorliegenden Erbscheins, ausgestellt durch das Amtsgericht Saarbrücken
am 17.05.2018 (18 VI 1638/16) wurden die Kläger als Brüder des Verstorbenen jeweils zu 1/3-Anteil neben den beiden Töchtern der ebenfalls verstorbenen
Schwester des Verstorbenen (Erbanteil jeweils 1/6-Anteil) zu den gesetzlichen Erben des Verstorbenen. Diesen Vorrang des Zivilrechts
zeigt auch § 58 SGB I, wo geregelt ist, dass fällige Ansprüche auf Geldleistungen, die nicht nach den §§ 56 und 57 SGB I einem Sonderrechtsnachfolger zustehen, nach den Vorschriften des BGB vererbt werden. Die Kläger gehören genauso wenig zum Personenkreis der Sonderrechtsnachfolger im Sinne von § 56 SGB I wie die weiteren Mitglieder der Erbengemeinschaft, da keiner von ihnen mit dem leistungsberechtigten Verstorbenen zum Zeitpunkt
seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat oder von ihm wesentlich unterhalten worden ist. Vielmehr lebte der Verstorbene
allein, ohne weitere Mitglieder seiner Familie, in der WG des DMSG und bezog selbst Grundsicherungsleistungen, so dass er niemandem Unterhalt hätte leisten können.
Bei Ansprüchen aus der Sozialhilfe tritt unabhängig hiervon aufgrund deren Rechtsnatur heraus keine Generalsukzession ein;
hierzu hat das LSG Bayern in seinem Urteil vom 22.11.2016 – L 8 SO 205/15 ausführlich und für den Senat überzeugend ausgeführt:
„Nach übereinstimmender Rechtsmeinung der Literatur und Rechtsprechung scheidet eine Sonderrechtsnachfolge nach § 56 SGB I bzw. die Vererblichkeit (§ 58 SGB I, §§ 1922 ff. BGB) eines Anspruchs auf Sozialhilfeleistungen (unabhängig von einer etwaigen Rechtshängigkeit) wegen seines höchstpersönlichen
Charakters immer dann aus, wenn nach dem Tode des Hilfesuchenden die Leistung nicht mehr der Erfüllung des mit ihr verfolgten
Zwecks dienen würde, weil eine etwa vorhanden gewesene Notlage in der Person des (verstorbenen) Hilfebedürftigen sich nicht
mehr im Nachhinein nach dem Tode des Hilfesuchenden beheben lässt. Der Anspruch geht mit dem Tod des Hilfebedürftigen unter
(Coseriu in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 17 SGB XII, Rn. 28). Der Anspruch erlischt ebenso wie durch Erfüllung und durch bloßen Zeitablauf, wenn nämlich die Gegenwärtigkeit
der Notlage vorüber ist, ohne dass der Bedarf gedeckt worden ist (s. dazu näher Einl. Rn. 143 ff.; BSG, FEVS 59, 481, vgl. Grube/Wahrendorf, SGB XII, SGB XII § 17 Rn. 11 - 22, beck-online). Dies zeigt sich auch in gesetzlichen Detailregelungen, wie in § 17 Abs. 1 S. 2 SGB XII, wonach der Anspruch auf Sozialhilfe nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann. Der Anspruch geht mit dem Tod
auch unter, wenn er noch zuvor eine Rechtshängigkeit erlangt hat (vgl. BSG, Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 14/13 R; Rn. 12 Coseriu in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 17 SGB XII, Rn. 28). Denn allein durch die Rechtshängigkeit verändert der Anspruch nicht seine höchstpersönliche Natur.“ (LSG Bayern,
aaO., Juris, RdNr. 31 f.).
Hierbei kann es aufgrund der Höchstpersönlichkeit dieses Anspruchs und der faktisch befriedigten Bedarfslage, wie sie vorliegend
in Ermangelung eines Einspringens von lediglich vorbeugend handelnden Nothelfern in der Rechtsprechung anerkannt ist und zu
einer ausnahmsweisen Nachgewähr von Grundsicherungsleistungen auch für die Vergangenheit führen kann, keinen Unterschied machen,
ob es sich bei dem Klagebegehren um eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 4 SGG, gegen einen die Grundsicherung zunächst ablehnenden Bescheid oder eine – wie hier erhobenen – Anfechtungsklage im Sinne
von § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG handelt, deren Kassation ein Wiederaufleben des ursprünglichen Leistungsbescheides zur Folge hätte; denn in beiden Fällen
ist das Begehren letztlich auf die Auszahlung der Grundsicherungsleistung für die Vergangenheit gerichtet und dies zu einem
Zeitpunkt, in dem dieser Bedarf nicht mehr erfüllt werden kann und daher auch mit dem Tod des Berechtigten unterging.
Mangels Aktivlegitimation der Kläger kann der Senat die Frage, ob der Bescheid des Beklagten vom 05.09.2012 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 13.05.2013 in weiterer Hinsicht formell und materiell rechtmäßig ergangen ist, woran bereits wegen
der fehlerhaften Ermächtigungsgrundlage des § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), auf die die Entscheidung wegen einer eingetretenen Veränderung nach Erlass des Bescheides vom 26.06.2012 gestützt wurde,
was in Anbetracht des bereits davor stattgehabten Todesfalls des Vaters des Verstorbenen und damit des in diesem Zeitpunkt,
am 11.04.2012, eingetretenen Erbfalls, fraglich erscheint, dahinstehen lassen.
2.
Im Ergebnis allerdings unzutreffend ist das SG indes davon ausgegangen, dass der Klage der insoweit als Rechtsnachfolger des Verstorbenen und für und in Legitimation der
Erbengemeinschaft handelnden Klägern der Erfolg versagt bleiben musste, als diese die Aufhebung des Bescheides vom 31.10.2012
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2013 mit dem Ziel verfolgen, die dem Verstorbenen durch Bescheid vom 19.12.2011
gewährten Hilfen zur Pflege durch den ambulanten Pflegedienst DMSG im Zeitraum vom 01.09.2012 bis zum Tod des Verstorbenen
am 23.10.2012 ausgezahlt zu bekommen. Denn die die Erbengemeinschaft des Verstorbenen vertretenden Kläger sind insoweit aktivlegitimiert
(a.) und der Bescheid vom 31.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2013 ist rechtswidrig (b.), weshalb eine
Beschwer des Verstorbenen gem. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG dadurch vorlag und die Aufhebung jenes rechtswidrigen Verwaltungsaktes gem. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG im Wege der insoweit statthaften Anfechtungsklage verlangt werden kann.
a.
Hinsichtlich des verfolgten Anspruchs auf Kassation der die Bewilligung der Hilfen zur Pflege im streitgegenständlichen Zeitraum
aufhebenden Entscheidung des Beklagten fehlt es den Klägern im vorliegenden Fall nicht an der Aktivlegitimation.
Zwar gilt auch für die Ansprüche nach dem Siebten Kapitel, wozu die dem Verstorbenen durch Bescheid vom 19.12.2011 gewährten
Hilfen zur Pflege gehören, das zuvor Ausgeführte, so dass auch diese grundsätzlich wegen der Höchstpersönlichkeit ihrer Natur
nicht im Erbfall auf die Erben übergehen (vgl. LSG Bayern, aaO., RdNr. 39 ff.). Allein in den Fällen, in denen der pflegebedürftige
Leistungsbeziehende diese Leistungen in stationärer Einrichtungen erbracht bekam, sieht das Gesetz in § 19 Abs. 6 SGB XII eine cessio legis zu Gunsten der Leistungserbringer vor, der jedoch auf ambulante Dienste, wie die DMSG im vorliegenden Fall
einzuordnen ist, keine Anwendung findet (Coseriu/Filges in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 17 SGB XII, Stand: 29.07.2021, RdNr. 35 mwN.), so dass der Aktivlegitimation vorliegend nicht schon ein Anspruchsübergang auf den Pflegedienst
entgegengehalten werden kann.
Jedoch kann in den Fällen, in denen die ambulanten Pflegeleistungen durch einen Dritten tatsächlich erbracht wurden, dieser
demnach den Bedarf in der Erwartung der Vergütung seiner Leistung tatsächlich erbracht hat, ein Erlöschen dieses Anspruchs
mit dem Tod des Berechtigten nicht vorliegen. Denn insbesondere dann, wenn, wie vorliegend, der ambulante Pflegeleistungserbringer,
hier die DMSG, im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses zwischen ihr, dem Verstorbenen und dem Beklagten,
aufgrund der Verwaltungsentscheidung des Beklagten, diese Leistungen zu vergüten (hier zuletzt durch Bescheid vom 19.12.2011
und unmittelbarer Abrechnungspraxis zwischen der DMSG und dem Beklagten in der Folge), was wiederum als ein Schuldbeitritt
des Beklagten auszulegen ist, Forderungen in Rechnung gestellt hat und diese nach wie vor offen sind, sind sie auch durch
den Tod des Leistungsbeziehers, hier des Verstorbenen, nicht entfallen (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2014 – B 8 SO 23/13 R – Juris, RdNr. 18 und Coseriu/Filges, aaO.).
b.
Der Aufhebungsbescheid des Beklagten vom 31.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2013 ist indes rechtswidrig
und daher aufzuheben. Bei formeller Rechtmäßigkeit des Bescheides (aa.) fehlt es an der materiellen Rechtmäßigkeit (bb.).
aa.
Zwar ist er in formell nicht zu beanstandender Weise ergangen. Wegen der örtlichen Zuständigkeit des Beklagten wird auf die
unter 1.a. gemachten Ausführungen verwiesen. Auch die sachliche Zuständigkeit des Beklagten ist nach den unter 1.a. genannten
bundes- und landesrechtlichen Bestimmungen gegeben, da die Hilfen zur Pflege dem Verstorbenen gerade nicht im einer stationären
Einrichtung nach § 2 Abs. 2 SGB XII erbracht wurden und daher beim Landkreis A-Stadt, dem Beklagten, verblieb.
Auch wurde, entgegen der vom Klägerbevollmächtigen vertretenen Rechtsauffassung dem Anhörungserfordernis gem. § 24 SGB X durch das Schreiben vom 17.08.2012, zu dem sich der Klägerbevollmächtigte per Fax vom 04.09.2012 umfangreich geäußert hat,
ausreichend Rechnung getragen.
bb.
Jedoch war der Beklagte verpflichtet, die im streitgegenständlichen Bedarfszeitraum durch Bescheid vom 19.12.2011 gewährten
Hilfen zur Pflege, wie sie durch die DMSG zugunsten des Verstorbenen auch erbracht wurden, zu leisten. Denn entgegen der vom
Beklagten vertretenen Rechtsauffassung haben sich die Voraussetzungen der Gewährung der Hilfe nach §§ 19, 27, 61 ff SGB XII in diesem Zeitraum nicht geändert, so dass kein Raum für die mit Bescheid vom 31.10.2012 verfügte Aufhebung der Leistungen
gem. § 48 SGB X ab dem 01.09.2012 bis zum Tode des Verstorbenen war.
§ 48 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB X in ihrer seit dem 18.01.2001 maßgeblichen Fassung sehen insoweit vorliegend vor:
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen
haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt
soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen
der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur
Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass
der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen
ist.
Weder tatsächlich noch rechtlich hat sich durch die ausgeschlagene Erbschaft nach dem Tod des Vaters eine Veränderung in den
für den Fall des Verstorbenen maßgeblichen Verhältnissen ergeben, die zum Wegfall oder zur Minderung seines Anspruchs auf
die Hilfen zur Pflege, wie mit Bescheid vom 19.12.2011 zuerkannt, geführt hätten.
Die Voraussetzungen der §§ 19, 27, 61 ff SGB XII – namentlich der Anspruch auf Hilfen zur Pflege des Verstorbenen lagen durchgängig unverändert bis zu seinem Tod vor.
Soweit der Beklagte in der vorliegend streitgegenständlichen Aufhebungsentscheidung begründend anführt, dass dem Verstorbenen
Vermögen in Form der angefallenen Erbschaft aufgrund des Todes seines Vaters am 11.04.2012 zur Verfügung gestanden hätte,
mittels dessen er, bei Nichtausschlagung des Erbes diesen Bedarf hätte aus eigenen Mitteln bestreiten können, gehen diese
hypothetischen Überlegungen fehl.
§ 19 SGB XII in seiner im vorliegenden Zeitraum maßgeblichen Fassung durch Art. 3 Nr. 5 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 (BGBl. I, S. 453) sieht vor:
(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht
oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.
(2)
(3) Hilfen zur Gesundheit, Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer
sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet,
soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und
unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach
den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.
(4) …
(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne
der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger
der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.
(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten
erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.
Dass der Verstorbene grundsätzlich die sachlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Hilfen zur Pflege erfüllt hatte und
auch in eigener Person bedürftig, mithin nicht in der Lage war, insbesondere durch sein Einkommen aus der gesetzlichen Rentenversicherung
einerseits in Höhe von 221,13 € monatlich sowie seiner Betriebsrente in Höhe von 88,75 € monatlich andererseits und dem ihm
nach Maßgabe der Pflegestufe 2 gewährten Pflegegeldes die ungedeckten Kosten seiner ambulanten Pflege durch die DMSG zu tragen,
hat der Beklagte zutreffend zuletzt durch den Bescheid vom 19.12.2011 zum Ausdruck gebracht. Auch lebte der Verstorbene allein,
war unverheiratet und seine Eltern waren zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben.
Zwar ist der Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dem mit dem Tod des Vaters grundsätzlich auch zugunsten
des Verstorbenen angefallen Erbanteils in Höhe von einem ¼-Anteil neben seinen Geschwistern um eine vermögenswerte Position
gehandelt hat, die auch der Höhe nach, und hierüber bedarf es aufgrund der Offenkundigkeit der zu den Akten gereichten Wertnachweise,
insbesondere über die Immobilien des Vaters des Verstorbenen, keines weiteren Nachweises, unproblematisch ausreichend gewesen
wären, die erforderlichen Hilfen zur Pflege im Zeitraum vom 01.09.2012 bis zum Tode des Verstorbenen am 23.10.2012 zu decken.
Jedoch hatte der Verstorbene allein schon wegen der erklärten Ausschlagung seines Erbes zu keinem Zeitpunkt Zugriff auf diese
Mittel. Denn die unter dem 14.05.2012 erklärte Ausschlagung seines Erbes bewirkte, dass die Erbschaft als nicht erfolgt gilt
(§ 1953 Abs. 1 BGB) und damit demjenigen anfällt, welcher berufen sein würde, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte;
der Anfall gilt als mit dem Erbfall erfolgt (§ 1953 Abs. 2 Satz 1 BGB). Die Erbenstellung des Verstorbenen ist damit mit Wirkung ex tunc wieder entfallen (vgl. dazu LSG Baden-Württemberg, Urteil
vom 25.3.2010 – L 7 SO 4476/08 – Juris, RdNr. 27) und fiel seinen Geschwistern bzw. deren Abkömmlingen an.
Es ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung und auch der des Senats anerkannt, dass bei der Prüfung von vorhandenem und
grundsätzlich verwertbarem Vermögen im Rahmen der Frage der Hilfebedürftigkeit nur solches Vermögen berücksichtigt werden
kann, das zum Zeitpunkt des Sozialhilfebedarfs aufgrund einer Willensentscheidung des zur Verwertung Verpflichteten als „bereites
Mittel“ zur Verfügung steht (vgl. hierzu bereits Entscheidung des Senats vom 17.11.2020 – L 11 SO 13/17 und vom 04.04.2019
– L 11 SO 2/18 – Juris, RdNr. 17 mit Verweis auf: BVerwG, Urteil vom 15.12.1977 – V C 35.77 – Juris, RdNr. 12 ff.; Beschluss vom 26.02.1999 – 5 B 137/98 – Juris, RdNr. 3 sowie insbesondere BSG, Urteil vom 06.12.2018 – B 8 SO 2/17 R –Juris). Ist dies nicht der Fall und hierbei ist vorliegend auf den 01.09.2012 als
Zeitpunkt des Bedarfs abzustellen, so müssen Leistungen der Sozialhilfe ohne Berücksichtigung eines vorhandenen und verwertbaren
Vermögens gewährt werden (sog. „Tatsächlichkeitsprinzip“, vgl. BSG, Urteil vom 06.12.2018 – B 8 SO 2/17 R – Juris; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.06.2016 – L 2 SO 1273/16 – Juris,
RdNr. 32). So hat auch das Bundesverfassungsgericht zu vergleichbaren Regelungen im SGB II ausgeführt, dass die Fiktion einer Bedarfsgemeinschaft nicht eingreift, wenn deren Mitglieder sich ernsthaft weigern, tatsächlich
füreinander einzustehen, so dass eine Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nach § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II ausscheidet (Entscheidung des Senats vom 04.04.2019 – L 11 SO 2/18 – Juris, RdNr. 17 mit Verweis auf: BVerfG, Beschluss vom
27.07.2016 – 1 BvR 371/11 – Juris, RdNr. 65 unter Verweis auf BSG, Urteil vom 14.03.2012 – B 14 AS 17/11 R – Juris, RdNr. 29). Dies muss erst recht für hypothetisches Vermögen gelten, dass aufgrund der Rückwirkung der Erbausschlagung
(siehe oben) tatsächlich (rückwirkend) gar nicht angefallen und damit auch nicht vorhanden war.
Da es sich bei den tatsächlich erbrachten Hilfen zur Pflege im Falle des Verstorbenen auch um unerlässliche Leistungen gehandelt
hat, kann der Senat die Frage, ob der Leistungsanspruch aufgrund von § 26 SGB XII, dessen Voraussetzungen als gegeben unterstellt, wobei zur Feststellung einer solchen absichtlichen Herbeiführung der Bedürftigkeit
eine nicht mehr mögliche Anhörung des Verstorbenen durchzuführen wäre, einzuschränken gewesen wäre, dahinstehen lassen.
Die Kostenentscheidung beruht – ebenso wie erstinstanzlich zutreffend angewandt – auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm. § 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung ( VwGO), der auf das vorliegende Verfahren Anwendung findet, da es sich bei den Klägern nicht um Sonderrechtsnachfolger des Verstorbenen
im Sinne von 183 Satz 1 SGG iVm. § 56 SGB I handelt, sondern um sonstige Rechtsnachfolger im Sinne des § 183 Satz 2 SGG, die auch kein bereits durch den verstorbenen Hilfebedürftigen selbst anhängig gemachtes Verfahren aufgenommen, sondern dieses
von Anfang an als Rechtsnachfolger gerichtlich geführt haben.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 160 Abs. 2 SGG).
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a SGG i.V.m. §§ 40, 47 Abs. 1 und 2, § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
|