nicht durchführbare nasale Überdruckbeatmung; Schlaf-Apnoe-Syndrom; Schwerbehindertenrecht
Tatbestand
Der 1963 geborene Kläger begehrt die Zuerkennung eines höheren Grades der Behinderung (GdB).
Mit dem letzten nicht streitbefangenen Widerspruchsbescheid vom 28.April 2016 hatte der Beklagte dem Kläger einen GdB von
20 zuerkannt und dabei folgende Behinderungen berücksichtigt, hier mitgeteilt mit den verwaltungsinternen Einzelbewertungen:
Funktionsstörung der Wirbelsäule
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GdB 20
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Bronchialasthma
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GdB 10
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Herzerkrankung, kardiovaskuläres Risikoprofil
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GdB 10
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Am 26. September 2016 stellte der Kläger einen Neufeststellungsantrag gegenüber dem Beklagten, den er mit einem aktuell diagnostizierten
Schlafapnoesyndrom (SAS) begründete. Im Rahmen der daraufhin erfolgten sozialmedizinischen Sachverhaltsaufklärungen wurde
ein Bericht des Internisten und Schlafmediziners Dr. H vom 23.August 2016 beigezogen, der ein ausgeprägtes obstruktives SAS
diagnostizierte und eine CPAP-Maskentherapie verordnete.
Mit Bescheid vom 14. November 2016 lehnte der Beklagte die Hörstufung des GdB ab. Verwaltungsinternen war ein SAS neu als
Behinderung anerkannt worden und mit einem GdB von 20 bewertet worden. Ein höherer Gesamt-GdB wurde durch den Beklagten aber
nicht angenommen.
Dagegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 29. November 2016.
Im Widerspruchsverfahren gelangte ein Ambulanzbericht aus dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) vom 15. Oktober
2016 zu den Akten, in dem darüber berichtet wurde, dass der Kläger sich nachts die Maske immer wieder abreiße, weil das Gefühl
entstehe, jemand drücke ihm die Luft ab.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2017 wies der Beklagte den Widerspruch zurück
Mit seiner am 8. März 2017 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt.
Zur Begründung hat er vorgetragen, seine Schwierigkeiten beim Tragen einer CPAP -Maske seien nicht hinreichend worden. Es
sei ein GdB von 50 zu berücksichtigen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 14. November 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2017 aufzuheben
und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger einen GdB von mindestens 50 zuzuerkennen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
In einem zur Akte gereichten Arztbrief des Internisten Dr. P vom 2. Februar 2017 hat dieser ausgeführt, dass der Kläger die
Maske nicht toleriere.
In einem zur Akte gereichten Attest des Internisten und Schlafmediziners H vom 20. März 2017 hat dieser ausgeführt, dass die
Maskentherapie abgebrochen wurde, weil diese als sehr störend empfunden worden sei. Die alternative Verwendung einer Unterkieferprotrusionsschiene
sei im Fall des Klägers nicht erfolgversprechend. Das SAS sei derzeit nicht therapierbar.
In einem Attest der Neurologin und Psychiaterin M vom 27. Februar 2017 diagnostizierte diese eine Anpassungsstörung mit gesundheitlichen
und sozialen Belastungsfaktoren.
Das Sozialgericht hat ein Gutachten des Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. L vom 1. Juli 2017 eingeholt, in dem dieser
auf seinem Fachgebiet die Diagnose einer Anpassungsstörung mit gesundheitlichen und sozialen Belastungsfaktoren gestellt hat
und diese mit einem GdB von 20 bewertet hat.
Ferner hat das Sozialgericht ein Gutachten des Internisten Dr. L1 vom 6. Juli 2017 eingeholt. Der Sachverständige L1 hat die
Herzerkrankung des Klägers mit einem GdB von 10 bewertet, die asthmatische Erkrankung ebenfalls mit einem GdB von 10, die
Wirbelsäulenbeschwerden mit einem GdB von 20 und das SAS nach wie vor mit einem GdB von 20. Dazu hat er ausgeführt, die einmalige
Untersuchung im Schlaflabor reiche nicht aus, um schon von einer nicht möglichen Therapie mit einer CPAP- Maske auszugehen.
Insgesamt hat er einen GdB von 20 vorgeschlagen. Dabei ist er auch im Rahmen einer ergänzenden Stellungnahme vom 25. August
2017 in Hinblick auf von dem Kläger geäußerte Kritik verblieben
In einem weiteren Attest des Internisten Dr. P vom 29. August 2010 hat dieser ausgeführt, die CPAP -Maskentherapie sei nicht
durchführbar und alternative Therapien seien geboten aber nicht ersichtlich.
Am 31. Juli bis 4. September 2018 befand sich der Kläger in K in stationärer Rehabilitation. Dort sind unter anderem die Diagnosen
eines derzeit unbehandelten SAS und von Panikattacken gestellt worden. Dabei ist berichtet worden, dass die Panikattacken
unter anderem bei der CPAP-Maskenbeatmung, aber auch zum Beispiel bei Untersuchungen im MRT auftreten würden.
Mit Gerichtsbescheid vom 29. September 2020 hat das Sozialgericht Itzehoe die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen
ist es von einer Bewertung des SAS mit einem Einzel-GdB von 20 ausgegangen und hat auch unter Berücksichtigung der psychischen
Behinderung mit einem GdB von 20 unter Wirbelsäulenbeschwerden ebenfalls mit einem GdB von 20 insgesamt einen Gesamt-GdB von
20 gebildet.
Gegen diesen, dem Klägerbevollmächtigten am 6. Oktober 2020 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich dessen Berufung vom
5. November 2020.
Zur Begründung seiner Berufung trägt er vor, der GdB betrage mindestens 50. Bereits das SAS sei nach der Regelung in Teil
B Nr. 8. VmG mit einem GdB von 50 zu bewerten, weil eine Maskenbeatmung nicht durchführbar sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Itzehoe vom 29. September 2020 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides
vom 14. November 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.Februar 2017 zu verurteilen, dem Kläger einen GdB von mindestens
50 zu erkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, er sei bereit, dem Kläger einen GdB von 30 zuzuerkennen. Dabei berücksichtige er die durch die Corona-Pandemie
verstärkte Angsterkrankung des Klägers. Er gehe weiterhin auch in Würdigung der Aussagen des Sachverständigen L1 davon aus,
dass eine CPAP- Maskentherapie angemessen und auch zumutbar sei. Er weist darauf hin, dass medizinisch eine zügige Reduktion
des Körpergewichts notwendig sei.
Im Berufungsverfahren ist ein Attest der Psychiaterin und Psychotherapeutin K1 vom 2. November 2020 vorgelegt worden, in dem
diese über eine psychotherapeutische Behandlung des Klägers berichtet. Dadurch habe die depressive Symptomatik etwas gebessert
werden können, die Angstzustände seien aber geblieben. Die Atemmaske werde nicht toleriert. Der Kläger meide in der aktuellen
Pandemie auch Situationen, in denen eine Coronamaske getragen werden müsse.
Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers eingeholt. Dabei liegt ein Befundbericht des Orthopäden Dr.
H1 vom 6. März 2021 vor, der von mittelgradigen funktionellen Einschränkungen in der Lendenwirbelsäule ohne neurologische
Ausfälle ausgeht.
Der Allgemeinmediziner K2 hat in seinem Befundbericht vom 8. März 2021 darauf hingewiesen, dass die Asthmaerkrankung aktuell
behandlungsbedürftig sei und der Kläger zur Covid-19 Risikogruppe gehöre, sodass eine baldige Impfung angestrebt werde.
Die Psychiaterin K1 hat in ihrem Befundbericht vom 14. März 2021 erneut ausgeführt, dass die Depression durch die psychotherapeutische
Behandlung rückläufig sei. Die Panikanfälle bei Einengungszuständen, insbesondere dem Tragen einer Maske seien aber geblieben.
Der Kläger habe auch sehr starke Angst vor einer Covid-Erkrankung und es sei zu einem ausgeprägten sozialen Rückzug gekommen.
Er meide Situationen, in denen eine Corona Schutzmaske getragen werden müsse.
Mit Beschluss vom 9. Juli 2021 hat der Senat die Berichterstatter übertragen Ergänzend wird hinsichtlich des Sach- und Streitstandes
auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte
des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte gemäß §
153 Abs.
5 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) durch den Berichterstatter und die ehrenamtlichen Richter über die Berufung entscheiden, weil das Sozialgericht durch Gerichtsbescheid
gemäß §
105 Abs.
1 SGG über die Klage entschieden hat und der Senat die Berufung zuvor dem Berichterstatter durch Beschluss übertragen hat.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie innerhalb der einmonatigen Berufungsfrist des §
151 Abs.
1 SGG erhoben worden. Einer besonderen Zulassung gemäß §
144 Abs.
1 SGG bedurfte sie schon deshalb nicht, weil nicht über wertmäßig bezifferbare Geld-, Sach- oder Dienstleistungen gestritten wird.
Die Berufung ist auch begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Klage mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid abgewiesen.
Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen verletzen den Kläger in seinen Rechten und sind rechtswidrig. Der Kläger hat Anspruch
auf Zuerkennung eines GdB von 50 ab 15. Oktober 2017.
Gemäß §152 Abs.
1 SGB IX (bis zum 31. Dezember 2017 §
69 Abs.
1 SGB IX) stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden - in Schleswig-Holstein das Landesamt für soziale Dienste - das Vorliegen einer Behinderung und den
Grad der Behinderung fest. Eine Behinderung liegt nach §
2 Abs.
1 SGB IX vor, wenn Menschen körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs-
und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als
6 Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung in diesem Sinn liegt vor, wenn der Körper und Gesundheitszustand von dem für
das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Der Grad der Behinderung ist nach 10er-Graden abgestuft festzustellen. Gemäß §
153 Abs.
2 (bis 31. Dezember 2017 §
70 Abs.2
SGB IX) ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze
aufzustellen, die für die medizinische Bewertung des Grades der Behinderung und die medizinischen Voraussetzungen für die
Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Eine entsprechende
Verordnungsermächtigung für das soziale Entschädigungsrecht enthält § 30 Abs.16 BVG (zuvor § 30 Abs.17 BVG). Das Bundessministerium für Arbeit und Soziales hat auf Grundlage des damaligen § 30 Abs. 17 BVG mit Wirkung ab 1.1.2009 die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) erlassen. Diese enthält in ihrer Anlage zu § 2 die versorgungsmedizinischen Grundsätze (VmG), in denen u.a. die Einzelheiten der GdB-Bemessung, zum Teil der Voraussetzungen
der Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen und der Bildung des Gesamt-GdB bei Vorliegen mehrerer Behinderungen geregelt
sind.
Liegen mehrere Behinderungen vor, so wird der GdB gemäß §
152 Ab.3
SGB IX (bis 31. Dezember 2017 gem.§
69 Abs.
3 SGB IX) nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen
festgestellt. Dabei ist nach Teil A Nr. 3 der VmG zu beachten, dass leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10
bedingen in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigungen führen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen
mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderungen zu
schließen. Eine Addition oder andere Rechenmethoden sind zur Ermittlung des Gesamt-GdB ungeeignet. Ausgangsbasis für die Bildung
des Gesamt-GdB ist nach Teil A Nr. 3 c VmG vielmehr die Funktionsbeeinträchtigung, die für sich genommen den höchsten Einzel-GdB
bedingt. Es ist dann zu prüfen, ob und inwieweit weitere Funktionsbeeinträchtigungen den GdB insgesamt erhöhen. Dabei sind
verschiedene Fallgruppen zu beachten. So können Funktionsbeeinträchtigungen voneinander unabhängig sein und ganz verschiedene
Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere aber auch ganz
besonders nachteilig auswirken. Dieses ist vor allem der Fall, wenn Funktionsbeeinträchtigungen an paarigen Gliedmaßen oder
Organen vorliegen. Ferner können sich die Auswirkungen von Behinderungen überschneiden. Es gibt auch Fälle, in denen die Auswirkungen
einer Funktionsbeeinträchtigung durch eine hinzutretende Gesundheitsstörung gar nicht verstärkt werden.
Bei Behinderungen, die mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten sind, ist im Hinblick auf die nach Teil A Nr. 3 d ee mögliche,
in vielen Fällen aber auch nicht anzunehmende erhöhende Wirkung auf den Gesamt-GdB auch zu berücksichtigen, ob es sich um
sogenannte "schwache" oder "starke" 20er-Werte handelt, also solche die eher zu einem GdB von 10 oder eher zu einem GdB von
30 tendieren.
Bei dem Kläger liegt ein SAS vor, welches mit einem Einzel-GdB von 50 zu berücksichtigen ist.
Gemäß Teil B Nr. 8.7 VmG ist ein SAS, welches im Schlaflabor nachgewiesen worden ist, bei Notwendigkeit einer kontinuierlichen
nasalen Überdruckbeatmung mit einem GdB von 20 zu bewerten. Bei nicht durchführbarer nasaler Überdruckbeatmung ist ein GdB
von 50 in Ansatz zu bringen.
Die Regelung in Nr. 8.7 VmG sieht einen deutlichen GdB-Sprung von 20 auf 50 vor, der in dieser Höhe für die Behinderungsbewertung
in Teil B der VmG ungewöhnlich ist. Deshalb muss die Nichtdurchführbarkeit einer nasalen Überdruckbeatmung objektiviert werden.
Das subjektive Empfinden des jeweiligen Betroffenen oder zumutbar überwindbare Schwierigkeiten bei der Durchführung der nasalen
Überdruckbeatmung reichen für die Annahme eines GdB von 50 sich nicht aus. Die fehlende Durchführbarkeit der Therapie ist
aber nicht nur bei rein körperlichen Hinderungsründen anzunehmen, sondern kann auch bei psychischen Abnormitäten, wie Zwangs-
oder Angstneurosen angenommen werden. Insoweit wird zum Teil in der Rechtsprechung gefordert, dass zuvor eine diesbezügliche
psychiatrische Behandlung in Anspruch genommen wird (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. 2004, L6 SB 93/02),
was in der Literatur aber zum Teil kritisiert wird (vergleiche Wendler, Versorgungsmedizinische Grundsätze, Kommentar Teil
B Nr. 8.7 Nr. 2).
Vorliegend kommt es auf die Frage, ob eine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung zu fordern ist, bevor aus psychischen
Gründen eine Maskenunverträglichkeit angenommen werden kann, nicht an, denn der Kläger hat sich, wie sich aus den Befundungen
seiner behandelnden Psychiaterin und Psychotherapeutin Keck ergibt, erfolglos eine psychotherapeutische Behandlung durchgeführt,
die zwar seine Depressivität gebessert hat, die Panikattacken bei Einengungsgefühlen aber nicht gemindert hat.
Dass der Kläger die Maskenbeatmung nicht verträgt, weil dies eine Panikreaktion bei ihm auslöst und er die Maske dann willkürlich
oder unwillkürlich abreißt, ist durch die im Tatbestand zitierten Befundungen des Internisten P, des Schlafmediziners Hein,
der Psychiaterin K1 und der Rehaklinik K bestätigt und nicht in Zweifel zu ziehen. Es gibt auch keinerlei Anhaltspunkte dafür,
dass es sich bei der Beschwerdeschilderung des Klägers um eine bloße Schutzbehauptung mit dem Ziel einen höheren GdB zu erlangen
handelt. Dies deshalb nicht, weil ärztlich bestätigt ist, dass vergleichbare Angstzustände und Panikattacken auch in anderen
Situationen auftreten, wie etwa im Rahmen einer Untersuchung im MRT und beim Tragen einer Schutzmaske gegen die Verbreitung
des Coronavirus. Letzteres ist insbesondere deshalb aussagekräftig, weil der Kläger ärztlich bestätigt gleichzeitig große
Angst vor einer Covid- Erkrankung hat und sich deshalb stärker sozial isoliert hat, als dies in der Covid- Pandemie allgemein
der Fall war. Der Kläger dürfte daher nicht zum Personenkreis der selbstgerechten Maskenverweigerer und sog. Querdenker gehören.
Von einer Bewertung des SAS mit einem GdB von 50 kann auch nicht deshalb abgesehen werden, weil Alternativen zur nasalen Überdruckbeatmung
bestehen würden, denn die behandelnden Ärzte des Klägers haben bestätigt, dass andere Behandlungsmethoden, wie zum Beispiel
der Einsatz einer Unterkieferprotrusionsschiene im Falle des Klägers nicht erfolgversprechend erscheinen. Soweit der Beklagte
auf die Notwendigkeit einer Gewichtsreduktion verwiesen hat, ist diese unbenommen sinnvoll, stellt aber keine kurzfristig
realisierbare Behandlungsmethode des SAS dar. Soweit es dem Kläger in einem notwendigerweise langwierigen Prozess gelingen
sollte, sein Gewicht deutlich zu reduzieren und dadurch auch das SAS in seinen Auswirkungen insoweit gemindert wird, dass
es nicht mehr grundsätzlich einer nasalen Überdruckbeatmung bedarf, kann dann der GdB nach § 48 SGB X angepasst werden. Die bloße vage Möglichkeit auf Minderung der Auswirkung einer Erkrankung in unbestimmter Zukunft rechtfertigt
es aber nicht, bei der Bewertung einer Behinderung von den Vorgaben der VmG abzuweichen.
Der Senat nimmt die Bewertung des SAS des Klägers mit einem GdB von 50 ab 15. Oktober 2016 vor, weil erstmals in dem Ambulanzbericht
des UKSH von diesem Tag über die Maskenunverträglichkeit berichtet worden ist.
Eine weitere Erhöhung dieses GdB durch die hinzutretenden Behinderungen des Klägers ergibt sich nicht.
Eine Erhöhung des GdB um 50 für das SAS durch die psychische Behinderung des Klägers kommt nicht in Betracht, weil die Auswirkungen
der psychischen Beeinträchtigungen mit den Gründen für die Hörbewertung des GdB für das SAS nahezu identisch sind. Die darüberhinausgehenden,
zusätzlichen psychischen Beeinträchtigungen erscheinen nicht so gewichtig, als dass sie eine Erhöhung des GdB nach den oben
geschilderten Grundsätzen der Gesamt-GdB Bildung rechtfertigen würden.
Die Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers sind gemäß Teil B Nr. 18.9 VmG mit einem GdB von 20 zu bewerten. Dies bestätigt der
Befundbericht des Orthopäden H1, der von mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt ausgeht.
Eine höhere Bewertung des Gesamt-GdB nimmt der Senat nicht an und berücksichtigt dabei, dass die fachärztliche Behandlungsfrequenz
dieses Leidens nicht sonderlich hoch ist, denn Dr. H1 hatte nur von zwei Behandlungen im Mai 2019 und Juli 2020 berichtet.
Insoweit ist von einem eher schwachen 20er Wert auszugehen, der den Gesamt-GdB nicht erhöht.
Die weiteren bei dem Kläger vorliegenden Behinderungen auf kardiologischen und pneumologischen Gebiet sind geringgradig, nur
mit einem GdB von 10 zu bewerten und ungeeignet, sich erhöhend auf den Gesamt-GdB auszuwirken.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs.
1, Abs.
4 SGG und folgt der Sachentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.
2 SGG sind nicht ersichtlich.