Sozialgesetzbuch, Verwaltungsverfahren (SGB X), Sozialhilfe, Sonstiges Sozialrecht: Grundsicherung, Vorrangverhältnis, Hilfe zum Lebensunterhalt, Einmalige Beihilfe, Erfüllungsfiktion
Gründe:
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Nach §
166 VwGO i.V.m. §
114 ZPO ist Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies
verlangt nicht, dass der Prozesserfolg gewiss oder überwiegend wahrscheinlich ist, vielmehr genügt eine offene Prozesssituation.
Die Prozesskostenhilfe darf allerdings verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen,
die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist. Dabei ist in eng begrenztem Rahmen auch eine Beweisantizipation zulässig, nämlich
dann, wenn es sehr unwahrscheinlich ist, dass eine weitere Sachaufklärung zugunsten des Antragstellers ausgehen würde (vgl.
BVerfG [Kammer], Beschluss vom 07.05.1997 - 1 BvR 296/94 -, NJW 1997, 2745).
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen erbringt das Beschwerdevorbringen nichts dafür, dass der angegriffene Beschluss
hinsichtlich der Verneinung der Erfolgsaussichten der Klage unzutreffend ist.
Die Klägerin ist hinsichtlich des Zeitraumes April 2003 bis Juni 2003 schon deshalb nicht berechtigt, Leistungen nach dem
Grundsicherungsgesetz zu verlangen, da der vermeintliche Anspruch gemäß § 107 Abs. 1 SGB X als erfüllt gilt. Nach dieser Vorschrift tritt die Erfüllungsfiktion ein, soweit ein anderer Sozialleistungsträger gegenüber
dem zur Leistung verpflichteten Leistungsträger einen Erstattungsanspruch hat. Ein solcher Erstattungsanspruch kann sich hier
nur aus § 104 Abs. 1 S. 1 SGB X ergeben, da die Beklagte als Träger der Sozialhilfe und damit - im Verhältnis zum Träger der Grundsicherung - als nachrangig
verpflichteter Leistungsträger (vgl. LPK-GSiG, Einleitung RdrNr. 14; Zeitler in Mergler/Zink, BSHG, GSiG-Einführung) im oben genannten Zeitraum laufende Hilfe zum Lebensunterhalt und eine einmalige Beihilfe in Höhe von 218,01
EUR nach dem BSHG bewilligt hat. Zwar besteht hier die Besonderheit, dass die Beklagte Leistungsträger sowohl für die Sozialhilfe als auch
für die Grundsicherung war. Ob in einem solchen Fall § 104 Abs. 1 S. 1 SGB X Anwendung finden kann oder mangels Trägermehrheit für die beiden hier in Rede stehenden Sozialleistungen unanwendbar ist,
kann offen bleiben. Aus Sinn und Zweck des § 107 Abs. 1 SGB X, der vermeiden will, dass der Leistungsberechtigte Doppelleistungen erhält, folgt, dass diese Vorschrift jedenfalls analog
anzuwenden ist und die Erfüllungsfiktion auch bei Trägeridentität eintritt (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.10.1993 - 5 C 10.91 -, NVwZ 1995, 81 = FEVS 44, 397; vgl. auch Senatsbeschluss vom 16.02.2006 - 12 S 1878/05 -, wonach § 107 SGB X auch bei Identität von Sozialhilfeträger und Träger der Wohngeldstelle anwendbar ist).
Die (analoge) Anwendung des § 107 SGB X scheidet auch nicht deshalb aus, weil es um die Geltendmachung von Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz geht. Zweifel
an der Anwendbarkeit des 10. Buchs des Sozialgesetzbuchs bestehen im Hinblick auf § 1 Abs. 1 S. 2 SGB X nur bezüglich seiner Regelungen im 1. Kapitel betreffend das Verwaltungsverfahren (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss
vom 02.06.2004 - 7 S 2101/03 -, Die Justiz 2004, 523; VG Sigmaringen, Urteil vom 18.03.2004 - 1 K 2386/03 - juris; Zeitler aaO; LPK-GSiG, Anhang I RdNr. 4; Linhart/Adolph, Eine Lücke im Grundsicherungsgesetz, NDV 2003, 137), nicht aber hinsichtlich des 3. Kapitels, dem § 107 SGB X angehört. Dem Eintritt der Erfüllungsfiktion steht auch nicht entgegen, dass der Klägerin Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß
§ 89 BSHG nur darlehensweise bewilligt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 29.06.1995 - 11 RAr 87/94 -, FEVS 46, 434).
Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass es sich auch bei der nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 GSiG zu gewährenden 15 %-Pauschale in Höhe von 44,10 EUR - nur insoweit übersteigen die Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz
die der Klägerin gewährte laufende Hilfe zum Lebensunterhalt - um eine im Verhältnis zur Sozialhilfe vorrangige Leistung bzw.
um bei der Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG einzusetzendes Einkommen handelt. Dies gilt auch, soweit es um die Gewährung einer einmaligen Beihilfe nach § 21 Abs. 2 BSHG geht (vgl. Zeitler aaO § 3 GSiG RdNr. 5 mit Berechnungsbeispiel; Deibel, NWVBl 2003, 44, 46). In Anwendung des § 21 Abs. 2 S. 2 BSHG i.V.m. den (ermessensleitenden) Sozialhilferichtlinien Baden-Württemberg (RdNr. 21.31) wäre die 15 %-Pauschale in den Monaten
April bis Juni 2003 in vollem Umfang auf die mit Bescheid vom 30.04.2003 bewillige Beihilfe in Höhe von 218,01 EUR angerechnet
worden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die entsprechenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen.
Soweit mit der Beschwerde ausgeführt wird, die einmalige Beihilfe sei (erst) mit Bescheid vom 25.06.2003 bewilligt worden
und die Zahlung sei am 27.06.2003 erfolgt, deckt sich dies nicht mit dem vorliegenden Auszug aus der Sozialhilfeakte. Danach
wurde die Beihilfe bereits mit Bescheid vom 30.04.2003 bewilligt und an den "Bezirksverein v. Soz. R. (Arbeitsprojekt), 79102
Freiburg" überwiesen. Zwar ist sie in dem dem Änderungsbescheid vom 25.06.2003 beigefügten Berechnungsbogen betreffend April
2003 noch einmal aufgeführt. Daraus ist aber nicht zu schließen, dass sie erst mit diesem Bescheid bewilligt und danach ausgezahlt
wurde. Möglicherweise ist die in der Beschwerde erwähnte Umzugskostenbeihilfe nicht mit der mit Bescheid vom 30.04.2003 bewilligten
Beihilfe in Höhe von 218,01 EUR identisch. Dafür spricht, dass ausgeführt wird, die Beihilfe sei am 27.06.2003 gezahlt worden.
Denn es ist nicht ersichtlich, woher die Klägerin Kenntnis vom Zeitpunkt der Auszahlung an den oben genannten Empfänger ("Bezirksverein
...") hat. Die Klägerin hat keinen Beleg für den Zeitpunkt der Auszahlung vorgelegt. Im Übrigen kann nach § 21 Abs. 2 S. 2 BSHG das Einkommen berücksichtigt werden, das die in § 11 Abs. 1 BSHG genannten Personen innerhalb eines Zeitraumes von bis zu sechs Monaten nach Ablauf des Monats erwerben, in dem über die Hilfe
entschieden worden ist. Damit ist das Einkommen im Entscheidungsmonat und (höchstens) in den sechs Folgemonaten anrechenbar
(vgl. LPK-BSHG, 6. Aufl., § 21 RdNr. 63). Der Zeitpunkt der Auszahlung der Beihilfe ist mithin für die Frage, in welchem Zeitraum Einkommen zu berücksichtigen
ist, nicht entscheidend.
Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§
188 S. 2
VwGO). Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§
166 VwGO i.V.m. §
127 Abs.
4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
152 Abs.
1 VwGO).