Ausbildungsförderung: Kirchenmusik Evangelisch, Kirchenmusiker, Herausragende kirchenmusikalische Position, EKD, Stellenstruktur
Entscheidungsgründe:
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist zulässig, insbesondere wurde die Berufungsbegründung form- und fristgerecht
vorgelegt. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Ablehnung des
Förderungsantrages des Klägers im Bescheid des Beklagten vom 21.10.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.09.2004
ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Förderung
der weiteren Ausbildung, weil die dafür erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist §
7 Abs.
2 BAföG in der bei Aufnahme des Studiums Kirchenmusik A im Sommersemester 2003 noch geltenden alten Fassung des Achtzehnten Gesetzes
zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 17.07.1996 (BGBl. I S. 1006, 18. BAföGÄndG). Danach wird für eine einzige weitere Ausbildung Ausbildungsförderung längstens bis zu einem berufsqualifizierenden
Abschluss geleistet, 1. wenn sie eine Hochschulausbildung oder eine dieser nach Landesrecht gleichgestellte Ausbildung in
einem längstens zwei Jahre dauernden Ausbildungsgang entweder in derselben Richtung fachlich, insbesondere wissenschaftlich
vertieft, weiterführt oder in einem für den angestrebten Beruf besonders förderlichen Maß ergänzt; der Auszubildende muss
die vorhergehende Hochschulausbildung oder eine dieser nach Landesrecht gleichgestellte Ausbildung vor Ablauf eines Jahres
nach dem Ende der Förderungshöchstdauer oder der Förderungsdauer nach §
15 Abs.
3 Nr.
1,
3 oder 5
BAföG abgeschlossen und die weitere Ausbildung vor dem 01.01.1997 aufgenommen haben; 2. wenn sie eine Hochschulausbildung oder
eine dieser nach Landesrecht gleichgestellte Ausbildung insoweit ergänzt, als dies für die Aufnahme des angestrebten Berufs
rechtlich erforderlich ist, 3. wenn im Zusammenhang mit der vorhergehenden Ausbildung der Zugang zu ihr eröffnet worden ist,
sie in sich selbständig ist und in derselben Richtung fachlich weiterführt, 4. wenn der Auszubildende a) eine Fachoberschulklasse,
deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzt, eine Abendhauptschule, eine Berufsaufbauschule, eine Abendrealschule,
ein Abendgymnasium oder ein Kolleg besucht oder b) die Zugangsvoraussetzungen für die zu fördernde weitere Ausbildung an einer
der in Buchstabe a genannten Ausbildungsstätten erworben hat, auch durch eine Nichtschülerprüfung oder eine Zugangsprüfung
zu einer Hochschule, oder wenn der Auszubildende als erste berufsbildende eine zumindest dreijährige Ausbildung an einer Berufsfachschule
oder in einer Fachschulklasse, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht voraussetzt, abgeschlossen hat (§
7 Abs.
2 Satz 1
BAföG). Im Übrigen wird Ausbildungsförderung für eine einzige weitere Ausbildung nur geleistet, wenn die besonderen Umstände des
Einzelfalles, insbesondere das angestrebte Ausbildungsziel, dies erfordern (§
7 Abs.
2 Satz 2
BAföG). Im vorliegenden Fall kommt - das ist zwischen den Beteiligten unstreitig - allenfalls eine Förderung nach §
7 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 oder Satz 2
BAföG in Betracht.
Allerdings dürfte der Diplom-Aufbaustudiengang Kirchenmusik A Evangelisch eine weitere Ausbildung im Sinne des §
7 Abs.
2 Satz 1 Nr.
1 BAföG a.F. sein, weil er eine Hochschulausbildung - den Diplom-Studiengang Kirchenmusik B - in einem längstens zwei Jahre dauernden
Ausbildungsgang entweder in derselben Richtung fachlich, insbesondere wissenschaftlich vertieft, weiterführt oder aber jedenfalls
in einem für den angestrebten Beruf besonders förderlichen Maß ergänzt. Seine Förderungsfähigkeit nach dieser - mittlerweile
durch das 21. BAföGÄndG (BGBl. 2004 I S. 3127) aufgehobenen - Vorschrift scheitert aber daran, dass der Kläger das betreffende Studium nicht vor dem 01.01.1997 aufgenommen
hat, wie §
7 Abs.
2 Satz 1 Nr.
1 Halbsatz 2
BAföG a.F. es verlangte. Mit dieser durch Art. 1 Nr. 1 a) bb) 18. BAföGÄndG eingeführten zeitlichen Grenze hatte der Gesetzgeber die Förderung unselbständiger Zusatz-, Ergänzungs-
und Aufbaustudiengänge im Interesse eines sinnvollen Einsatzes der begrenzten Förderungsmittel und mit der Überlegung beschränkt,
dass grundsätzlich nur eine planvoll angelegte und zielstrebig durchgeführte Ausbildung bis zu einem berufsqualifizierenden
Abschluss gefördert werden solle; nach dem 31.12.1996 aufgenommene Studiengänge dieser Art sollten nur noch unter den - engeren
- Voraussetzungen des §
7 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 oder Satz 2
BAföG förderungsfähig sein (BT-Drs. 13/4246 S. 14, 15). Diese Voraussetzungen sind im Fall des Klägers indes nicht erfüllt. Das
wird im angefochtenen Urteil überzeugend begründet. Der Senat nimmt darauf nach Maßgabe der nachfolgenden ergänzenden Begründung
Bezug (§
130 b Satz 2
VwGO). Die Berufungsbegründung gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung, insbesondere kommt es auf das Beweisangebot des
Klägers, eine weitere Äußerung des Landeskirchenmusikdirektors beim Oberkirchenrat der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
zu den Chancen einer Bewerbung um eine herausgehobene Stelle im kirchenmusikalischen Dienst einzuholen, aus den nachfolgenden
Gründen nicht an.
Der Aufbaustudiengang Kirchenmusik A Evangelisch ist für den Kläger keine zur Aufnahme des von ihm angestrebten Berufs rechtlich
erforderliche Ergänzung des Studiengangs Kirchenmusik B Evangelisch nach §
7 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 BAföG. Angestrebter "Beruf" in diesem Sinne ist der Beruf eines Kirchenmusikers im kirchenmusikalischen Dienst einer Evangelischen
Landeskirche, der Ausübung und Pflege des Kantoren- und Organistendienstes umfasst (vgl. beispielhaft § 1 Abs. 1 OkmD) und
sich insoweit auf Aufgaben kirchenmusikalischer Arbeit in einer Kirchengemeinde (§ 2 OkmD) bis hin zu Aufgaben übergeordneter
Fachberatung für die kirchenmusikalische Arbeit im Kirchenbezirk - als Bezirkskantor (vgl. § 7 OkmD) - oder in der Landeskirche
- als Landeskirchenmusikdirektor (vgl. § 7 OkmD) erstreckt. (siehe auch Bredenbach, Der Kirchenmusikerberuf, http://www.kirchenmusikhochschu-le.de/Studium/beruf/beruf.html,
>29.08.2006<). Zur Aufnahme (irgend-)einer hauptberuflichen Tätigkeit in diesem umfassenden Beruf qualifiziert bereits das
Diplom im Studiengang Kirchenmusik B (vgl. § 1 der Studien- und Prüfungsordnung für den Diplomstudiengang Kirchenmusik B Evangelisch/Katholisch
der Staatlichen Hochschule für Musik und darstellende Kunst Stuttgart vom 18.07.1984). Soweit der Kläger eine ganz bestimmte
Tätigkeit in diesem Beruf in einer "A-Stelle", etwa als Bezirkskantor bei einer großen Kirche, anstrebt, handelt es sich nicht
um einen förderungsrechtlich anzuerkennenden eigenständigen Beruf, etwa des "A-Kirchenmusikers" wie der Kläger es verschiedentlich
bezeichnet, sondern nur um eine anstellungsrechtlich herausgehobene Position im Beruf des Kirchenmusikers. Der Aufbaustudiengang
Kirchenmusik A schafft dafür - neben einer künstlerischen Vertiefung in den wichtigsten kirchenmusikalischen Disziplinen -
die qualitativen Voraussetzungen (§ 1 Satz 2 der Studien- und Prüfungsordnung für die Aufbaustudiengänge Evangelische Kirchenmusik
A und Katholische Kirchenmusik A der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart vom 24.11.2004). Das
räumt auch der Kläger letztlich ein, wenn er in seiner dem Beklagten mit Schreiben vom 24.06.2003 vorgelegten "Begründung
zur Aufnahme des Diplomstudiums Kirchenmusik A" ausführt, ohne das Studium im Aufbaustudiengang Kirchenmusik A sei kein "beruflicher
Aufstieg" möglich (Blatt 17 der Förderungsakte).
Eine andere Beurteilung ist entgegen der Berufungsbegründung auch nicht im Hinblick auf die tatsächliche Struktur hauptamtlicher
kirchenmusikalischer Stellen in den Landeskirchen der EKD geboten. Nach der Auskunft des Kirchenamtes der EKD vom 16.02.2006
wird Kirchenmusik in allen Evangelischen Landeskirchen überwiegend von nebenamtlichen Kirchenmusikern getragen, die über so
genannte D- und C-Prüfungen nach landeskirchlichen Regelungen verfügen. Hauptamtliche Stellen als Kirchenmusiker würden im
Regelfall nach den erworbenen Diplomen als A- oder B-Stellen bezeichnet und stünden im Durchschnitt der Landeskirchen im Verhältnis
eins zu drei, wobei die Tendenz, hauptamtliche Stellen für Kirchenmusiker mit A-Diplom in solche für Kirchenmusiker mit B-Diplom
umzuwidmen, aufgrund der Sparzwänge in der Kirche steigend sei. Stellen für Kirchenmusiker mit A-Diplom seien herausgehobene
Stellen mit erhöhten Anforderungen an die künstlerische Gestaltung oder die pädagogischen Fähigkeiten bei der Aus- und Fortbildung
des kirchenmusikalischen Nachwuchses. Ein eigenes Berufsbild sei daraus aber nicht abzuleiten. Die musikalische Grundversorgung
der Gemeinde sei auch von den Inhabern dieser Stellen zu erfüllen. Die Behauptung des Klägers, wonach es Landeskirchen gebe,
in denen für die überwiegende Mehrzahl der hauptamtlichen Stellen ein A-Diplom erforderlich sei, treffe nicht zu. Das nach
achtsemestrigem Studium erworbene B-Diplom qualifiziere zur hauptamtlichen Tätigkeit in einer Kirchengemeinde und stelle somit
eine "grundständige Ausbildung" dar. Als einzige Landeskirche in der EKD habe sich die Evangelische Landeskirche in Württemberg
im Jahr 2004 von dieser Stellenstruktur abgekoppelt, indem sie das System der Stellen für Kirchenmusiker mit A- oder B-Diplom
durch ein Punktesystem abgelöst habe, das jedem Diplom-Kirchenmusiker die Möglichkeit eröffne, sich auf alle kirchenmusikalischen
Stellen in der Landeskirche zu bewerben. Nach dieser Auskunft, an deren Richtigkeit - wie auch der Kläger mit Schriftsatz
seines Prozessbevollmächtigten vom 15.03.2006 einräumt - keine Zweifel bestehen, kann von einem förderungsrechtlich anzuerkennenden
eigenständigen Berufsbild eines "A-Kirchenmusikers" auch im Hinblick auf die tatsächliche Stellenstruktur des hauptamtlichen
kirchenmusikalischen Dienstes in den Landeskirchen der EKD keine Rede sein. Da der angestrebte Beruf eines hauptamtlichen
Kirchenmusikers nach den einschlägigen Regelungen der Landeskirchen bereits mit dem B-Diplom aufgenommen werden kann - das
stellt auch der Kläger nicht in Frage -, ist die weitere Ausbildung im Studiengang Kirchenmusik A dafür nicht rechtlich erforderlich.
Der Umstand, dass eine herausragende kirchenmusikalische Position auf Grund der tatsächlichen Stellenstruktur oder Einstellungspraxis
in der einen oder anderen Landeskirche möglicherweise nur mit einem A-Diplom erreicht werden könnte, ändert daran schon deshalb
nichts, weil es für die Förderungsfähigkeit nach §
7 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 BAföG zum einen nur auf die rechtliche Erforderlichkeit der weiteren Ausbildung und zum anderen auch nur darauf ankommt, ob die
weitere Ausbildung für die Aufnahme des angestrebten Berufs, nicht aber für dessen Ausübung in einer bestimmten herausgehobenen
Position erforderlich ist. Diese Zielrichtung war förderungsrechtlich allenfalls nach §
7 Abs.
2 Satz 1 Nr.
1 BAföG a.F. von Bedeutung, soweit danach für die Förderung einer einzigen weiteren Ausbildung, etwa in einem Aufbaustudiengang,
genügte, dass sie die erste Ausbildung in einem für den angestrebten Beruf besonders förderlichen Maß ergänzt.
Im Rahmen des §
7 Abs.
2 Satz 2
BAföG gilt im Ergebnis nichts Anderes. Insoweit hat bereits das Verwaltungsgericht im Anschluss an die einschlägige Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts (siehe insbesondere BVerwG, Urt. v. 28.10.1992 - 11 C 5.92 - NJW 1993, 950) zutreffend den Ausnahmecharakter dieser Vorschrift hervorgehoben und überzeugend dargelegt, dass das vom Kläger mit dem
Studium im Aufbaustudiengang Kirchenmusik A angestrebte Ausbildungsziel - die Besetzung einer herausragenden kirchenmusikalischen
Position - kein Ausbildungsziel im Sinne dieser Vorschrift ist, weil es insoweit an einem durch Ausbildungs-, Prüfungs- oder
Laufbahnbestimmungen festgelegten eigenständigen Berufsbild ("A-Kirchenmusiker") fehlt. Die im Berufungsverfahren eingeholte
Auskunft des Kirchenamtes der EKD vom 16.02.2006 hat das bestätigt (s. o.). Da nach den sich aus dieser Auskunft ergebenden
Erkenntnissen zur Stellenstruktur in den Landeskirchen der EKD ferner die Behauptung des Klägers widerlegt ist, dass es Landeskirchen
gebe, in denen für die überwiegende Mehrzahl der Stellen für hauptberufliche Kirchenmusiker das A-Diplom erforderlich sei,
scheidet die Annahme eines besonderen Umstandes des Einzelfalles im Sinne des §
7 Abs.
2 Satz 2
BAföG auch insoweit aus. Schließlich sind auch keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die von den Landeskirchen eingerichteten
so genannten B-Stellen für hauptberufliche Kirchenmusiker in der tatsächlichen Einstellungspraxis nur mit Bewerbern besetzt
werden, die über ein A-Diplom verfügen (vgl. zur Bedeutung einer tatsächlichen Einstellungspraxis bei der Anwendung des §
7 Abs.
2 Satz 2
BAföG: BVerwG, Urt. v. 12.03.1987 - 5 C 21.85 - BVerwGE 77, 122 und Urt. v. 12.03.1987 - 5 C 20.85 - NVwZ 1988, 833). Das behauptet auch der Kläger nicht. Soweit er auf die Einstellungspraxis der Evangelischen Landeskirche Württemberg verweist
und Beweis dafür anbietet, dass nur Bewerber mit A-Diplom berücksichtigt würden, bezieht sich sein Vortrag nur auf "herausgehobene
Stellen" im kirchenmusikalischen Dienst, etwa bei der Stiftskirche in Stuttgart oder beim Münster in Ulm. Hinsichtlich der
beruflichen Tätigkeit auf einer solchen herausragenden Stelle fehlt es jedoch - wie dargelegt - bereits an einem förderungsrechtlich
anzuerkennenden Berufsbild bzw. Ausbildungsziel im Sinne des §
7 Abs.
2 Satz 2
BAföG.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§
154 Abs.
2,
188 Satz 2
VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen nach §
132 Abs.
2 VwGO erfüllt ist.