Parallelentscheidung zu BSG B 14 AS 80/20 BH v. 08.03.2021
Gründe
Der Kläger zu 1 hat für sich selbst und - in sinngemäßer Auslegung seines Begehrens - seinen minderjährigen Sohn, den Kläger
zu 2, wegen der beabsichtigten Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG
die Bewilligung von PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.
Den PKH-Anträgen ist nicht stattzugeben. Nach §
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier
nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§
73 Abs
4 SGG) in der Lage wäre, die Beschwerden der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG erfolgreich zu begründen.
Da die Kläger keine Ansprüche auf Bewilligung von PKH haben, sind auch ihre Anträge auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen
(§
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
121 ZPO).
Nach §
160 Abs
2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung
beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte
Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 Satz 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist weder nach dem Vorbringen der Kläger noch nach summarischer Prüfung des Streitstoffs aufgrund
des Inhalts der beigezogenen Verfahrensakten ersichtlich.
Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) ist nicht gegeben. Sie ist nur dann anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus
Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Es
ist nicht erkennbar, dass sich wegen der Nutzung von Räumen als Unterkunft iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II - hier bei den Eltern des Klägers zu 1 in S. oder in einem Haus in D. - Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung stellen. Insoweit
ist in der Rechtsprechung des BSG geklärt, dass sich der Leistungsanspruch nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II auf die Sicherung des Grundbedürfnisses des Wohnens bezieht und deshalb grundsätzlich nur die Übernahme der Aufwendungen
für die tatsächlich genutzte konkrete Wohnung umfasst, die den aktuellen räumlichen Lebensmittelpunkt bildet und den aktuell
bestehenden Unterkunftsbedarf deckt (stRspr; vgl nur BSG vom 25.6.2015 - B 14 AS 40/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 83 RdNr 15 mwN; zur Ausnahme bei sog Überschneidungskosten BSG vom 30.10.2019 - B 14 AS 2/19 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 104).
Es ist auch nicht erkennbar, dass die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht, weshalb eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG). Insbesondere ist den Ausführungen des LSG zu entnehmen, dass es für die verfahrensgegenständlichen Zeiträume davon ausgegangen
ist, die Kläger hätten die Räume in D. nicht zu Wohnzwecken genutzt, weshalb es die Rechtsprechung des BSG zu den sog Überschneidungskosten im Zusammenhang mit einem Umzug (B 14 AS 2/19 R) zwar zitiert, ihren Anwendungsbereich aber nicht als eröffnet angesehen hat. Dass das LSG einen von der Rechtsprechung des
BSG abweichenden Rechtssatz hat aufstellen wollen, wird daher im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht erfolgreich gerügt
werden können.
Wegen möglicher Verfahrensmängel ist dem Vorbringen des Klägers zu 1 zu entnehmen, dass er mit möglichen Hausbesuchen nicht
einverstanden gewesen ist. Das LSG hat seine Überzeugung von der fehlenden Nutzung der Räume in D. darauf gestützt, dass der
Kläger zu 1 in den Jahren 2011 bis 2013 mehrfach gegenüber dem Jobcenter und in gerichtlichen Verfahren angegeben habe, er
und der Kläger zu 2 hätten die Wohnung in S. bewohnt und seien nicht nach D. umgezogen. Außerdem macht der Kläger zu 1 geltend,
es liege ein Mietvertrag zwischen ihm und seiner Mutter vor, während das LSG davon ausgegangen ist, es habe wegen der Räume
in S. keine wirksame bzw nicht dauerhaft gestundete ernsthafte Mietzinsforderung bestanden; daher seien keine weiteren tatsächlichen
Aufwendungen als bereits berücksichtigt entstanden. Die den Überzeugungen des LSG von der Nichtnutzung der Räume in D. zu
Wohnzwecken und der fehlenden mietvertraglichen Zahlungspflichten für die Räume in S. zugrunde liegende freie richterliche
Beweiswürdigung (§
128 Abs
1 Satz 1
SGG) könnte im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde über die Verfahrensrüge nicht mit Aussicht auf Erfolg angegriffen werden.
Auch wegen der Verfahrensführung im Übrigen ist nicht erkennbar, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter im Rahmen der
Nichtzulassungsbeschwerden erfolgreich einen Verfahrensmangel iS der §§
160 Abs
2 Nr
3,
160a Abs
2 Satz 3
SGG bezeichnen könnte.