Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über die Wiederaufnahme eines
Verfahrens, das mit rechtskräftigem Urteil des LSG Berlin-Brandenburg - L 9 KR 192/14 - vom 25.5.2016 beendet wurde. Dessen Streitgegenstand war die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in seiner Tätigkeit
für die Klägerin ab 1.4.2009.
Das LSG Berlin-Brandenburg hat die Wiederaufnahmeklage mit Beschluss vom 23.7.2019 als unzulässig verworfen, weil die Klägerin
keinen Wiederaufnahmegrund dargelegt habe. Der von ihr vorgelegte Bescheid der Beklagten vom 20.12.2017 betreffe lediglich
die Zeit ab 1.12.2016 und sei daher bei der Senatsentscheidung vom 25.5.2016 nicht zu berücksichtigen gewesen. Der anlässlich
einer Betriebsprüfung erlassene Bescheid der Beklagten vom 20.12.2015 habe im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Beigeladenen
zu 1. keine Aussage enthalten. Zudem habe die Klägerin nicht vorgetragen, aus welchem Grund sie diesen Bescheid nicht bereits
in dem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geltend gemacht habe. Letztlich wende sich die Klägerin lediglich gegen die
Richtigkeit der Senatsentscheidung vom 25.5.2016, wofür das Wiederaufnahmeverfahren nicht zur Verfügung stehe.
Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen
(§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 2 und
3 SGG). Die Wiederaufnahmeklage unterliegt den allgemeinen Vorschriften (§§
90 ff
SGG) und die dagegen erhobenen Rechtsmittel den allgemeinen Grundsätzen (vgl hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, §
179 RdNr
7,
9c). Die Klägerin hat entgegen §
160a Abs
2 Satz 3
SGG die geltend gemachten Zulassungsgründe der Verfahrensmängel (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) sowie der grundsätzlichen Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) nicht hinreichend bezeichnet bzw dargelegt.
1. Ein Verfahrensmangel iS von §
160 Abs
2 Nr
3 SGG ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangegangenen Rechtszug (vgl zB BSGE 2, 81, 82; BSGE 15, 169, 172 = SozR Nr 3 zu § 52
SGG). Nach §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann sich der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung von §
109 SGG und §
128 Abs
1 Satz 1
SGG stützen. Ferner kann die Geltendmachung eines Verfahrensmangels auf eine Verletzung des §
103 SGG (Amtsermittlungspflicht) gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist. Prüfungsmaßstab ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des LSG (vgl BSG Beschluss vom 14.5.2007 - B 1 KR 21/07 B - juris RdNr 18 mwN; BSG Urteil vom 28.5.1957 - 3 RJ 219/56 - SozR Nr 79 zu §
162 SGG; BSG Beschluss vom 31.1.1979 - 11 BA 166/78 - SozR 1500 § 160 Nr 33). Neben der Geltendmachung des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Verfahrensrecht ist mit der Beschwerdebegründung darzulegen,
dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann. Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens
wird nur dann substantiiert bezeichnet, wenn er hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen dargelegt wird,
sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG
möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht.
a) Die Klägerin rügt die Verletzung des rechtlichen Gehörs (§
62 SGG). Sie ist der Auffassung, das LSG habe die nachträgliche Anerkennung des selbstständigen Status des Beigeladenen zu 1. durch
die Beklagte in dem Verwerfungsbeschluss zur Wiederaufnahmeklage nicht ansatzweise erwähnt oder berücksichtigt. Durch diesen
neuen Umstand sei aber der Sachverhalt anders zu werten. Die Klägerin hätte diesen wesentlichen Umstand gern in der mündlichen
Verhandlung noch weiter ausgeführt.
Damit ist eine Gehörsverletzung nicht hinreichend dargelegt. Allein anhand der Beschwerdebegründung lässt sich insbesondere
nicht darüber befinden, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel
beruhen kann. Denn dem Vortrag lässt sich weder entnehmen, was die Klägerin zu diesem Umstand gern noch weiter ausgeführt
hätte, noch aufgrund welcher rechtlicher Vorschriften oder Grundsätze der Sachverhalt unter Berücksichtigung des vorgetragenen
neuen Umstands anders zu werten sei. Die Ausführungen in der Beschwerdebegründung sind insoweit weder aus sich heraus verständlich
noch vor dem Hintergrund der angegriffenen Entscheidung des LSG. Danach ist die Anerkennung des selbstständigen Status des
Beigeladenen zu 1. mit Bescheid der Beklagten vom 20.12.2017 (allein) aufgrund geänderter Verhältnisse für die Zeit ab 1.12.2016
erfolgt. Deshalb sei dieser Umstand bei der Senatsentscheidung des LSG vom 25.5.2016 nicht zu berücksichtigen gewesen.
Soweit die Klägerin vorträgt, dass eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. immer beabsichtigt gewesen und auch
gelebt worden sei, fehlt es an jeglichen Darlegungen zur Rechtserheblichkeit dieses Vortrags.
b) Auch eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§
103 SGG) ist nicht hinreichend bezeichnet. Insoweit fehlt es bereits an einem in Bezug genommenen Beweisantrag. Wenn ein Verstoß gegen
das Amtsermittlungsprinzip gerügt werden soll, ist darzulegen, dass ein prozessordnungsgemäßer Beweisantrag gestellt und bis
zuletzt aufrechterhalten worden ist. Bei einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist der Beweisantrag schriftsätzlich
bis zu einem Zeitpunkt aufrechtzuerhalten, in dem feststeht, dass das LSG von sich aus Ermittlungen nicht mehr durchführen
würde. Mit dem Beweisantrag muss sowohl das Beweismittel als auch das Beweisthema angegeben und aufgezeigt worden sein, über
welche Tatsachen im Einzelnen Beweis erhoben werden sollte (vgl zum Ganzen BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 6; BSG Beschluss vom 18.12.2018 - B 12 R 37/18 B - juris RdNr 3). Dass die Klägerin einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag nicht nur gestellt, sondern auch bis zuletzt aufrechterhalten
hätte, ist nicht dargetan. Die Klägerin führt lediglich aus, das LSG habe die seitens der Beklagten am 12.5.2015 bei ihr durchgeführte
Betriebsprüfung nicht berücksichtigt, nach der sich für den Prüfzeitraum vom 12.5.2011 bis 31.12.2014 "keine Feststellung
der Gesamtsozialversicherungspflicht" des Beigeladenen zu 1. ergeben habe.
Unklar bleibt diesbezüglich auch, welche Tatsache von Amts wegen hätte ermittelt werden sollen. Zudem kann mit der vorliegenden
Beschwerde lediglich die Zulassung der Revision im Hinblick auf das Wiederaufnahmeverfahren geltend gemacht werden. Diesbezüglich
fehlt es an Darlegungen dazu, aus welchen rechtlichen Gründen ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren wieder aufzunehmen
sein könnte, wenn Tatsachen, die bereits während des abgeschlossenen Verfahrens bekannt gewesen sind, in den Urteilsgründen
unberücksichtigt geblieben sein sollten.
2. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine abstrakt-generelle Rechtsfrage aufwirft, die - über
den Einzelfall hinaus - allgemeine Bedeutung hat und aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung
durch das Revisionsgericht bedarf und fähig ist. Mit der Beschwerdebegründung ist daher zunächst aufzuzeigen, welche rechtliche
Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS des §
162 SGG stellt. Sodann ist anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und
des Schrifttums darzutun, weshalb deren Klärung erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und im angestrebten Revisionsverfahren
zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit). Schließlich ist aufzuzeigen, dass der angestrebten Entscheidung eine über den Einzelfall
hinausgehende Breitenwirkung zukommt (BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung ebenfalls nicht. Die Klägerin wirft die Frage auf:
"Wie können also für den hier maßgeblichen Zeitraum mit ein und derselben Prüfung der Gesamtsozialversicherungspflicht, zwei
unterschiedliche Entscheidungen durch ein und dieselbe Behörde ergehen?"
Es kann dahingestellt bleiben, ob damit eine Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer
konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§
162 SGG) mit höherrangigem Recht (vgl allgemein BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - juris RdNr 11 mwN) formuliert worden ist. Die Bezeichnung einer hinreichend bestimmten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist unverzichtbar,
damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - juris RdNr 11 mwN). Eine Rechtsfrage ist so konkret zu formulieren, dass sie als Grundlage für die Darlegung der weiteren Merkmale der grundsätzlichen
Bedeutung (Klärungsbedürftigkeit, Klärungsfähigkeit, Breitenwirkung) geeignet ist (Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 1. Aufl 2017, §
160a RdNr 97). Selbst wenn hier eine Rechtsfrage als hinreichend bezeichnet unterstellt wird, wäre jedenfalls deren Klärungsfähigkeit im
Rahmen eines Wiederaufnahmeverfahrens nicht dargelegt.
Die gesamten Ausführungen zur grundsätzlichen Bedeutung in der Beschwerdebegründung beziehen sich auf rechtliche Gesichtspunkte,
die ggf in dem rechtskräftig abgeschlossenen Ausgangsverfahren von Bedeutung gewesen sein könnten. Es fehlen aber jegliche
Ausführungen dazu, aus welchen rechtlichen Gründen mit grundsätzlicher Bedeutung diese Ausführungen zur Zulässigkeit eines
Wiederaufnahmeverfahrens führen könnten. Mithin ergibt sich nicht, aus welchem Grund die aufgeworfene Frage einschließlich
der weiteren Darlegungen dazu im Rahmen eines Wiederaufnahmeverfahrens geklärt werden könnte.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160 Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm §
154 Abs
2, §
162 Abs
3 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 1
SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 2, § 47 Abs 3 GKG und entspricht der von den Beteiligten nicht beanstandeten Festsetzung durch das LSG.