Verfristete Nichtzulassungsbeschwerde
Pauschaler Hinweis auf die Einschränkungen durch Corona zur Rechtfertigung einer Fristversäumung
Gründe
I
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen LSG vom 27.7.2020.
Das Beschwerdeschreiben vom 14.12.2020 ist von ihrem Bevollmächtigten, Herrn Z, unterzeichnet und - nach Weiterleitung durch
das LSG - am 21.12.2020 beim BSG eingegangen. Das LSG-Urteil ist dem Bevollmächtigten durch Postzustellungsurkunde (PZU) am 1.8.2020 zugestellt worden.
II
Die von dem Bevollmächtigten der Klägerin eingelegte Beschwerde ist nach §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 2 und
3 SGG durch Beschluss zu verwerfen.
1. Die Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht fristgerecht (dazu a) von einem nach §
73 Abs
4 SGG vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (dazu b) erhoben worden ist.
a) Die nach §
160a Abs
1 Satz 2
SGG maßgebliche Frist von einem Monat nach Zustellung des angefochtenen Urteils ist bereits am 1.9.2020 abgelaufenen und damit
vor Eingang des Beschwerdeschreibens der Klägerin bei Gericht. Denn das angefochtene LSG-Urteil vom 27.7.2020 wurde dem Bevollmächtigten
der Klägerin durch PZU am 1.8.2020 zugestellt. Die Klägerin hat keine Tatsachen dargetan, die die Beweiskraft der PZU (vgl §
182 Abs
1 Satz 2 iVm §
418 Abs
1 ZPO und §
202 Satz 1
SGG) erschüttern könnten (vgl hierzu zB BSG vom 27.1.2005 - B 7a/7 AL 194/04 B - juris RdNr 5; BSG vom 8.9.2015 - B 1 KR 16/15 R - BSGE 119, 298 = SozR 4-2500 § 16 Nr 1, RdNr 25, jeweils mwN).
Solle es sich bei dem Vorbringen der Klägerin, sie sei "der deutschen Sprache nicht in hierzu notwendigen schriftlichem Maße
mächtig", und sei daher ohne Verschulden gehindert gewesen etwaige Verfahrensfristen einzuhalten, um einen Antrag auf Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand handeln, wäre dieser unbegründet. Zwar verbieten es die Rechtsschutzgarantien aus Art
19 Abs
4 und Art
103 Abs
1 GG, die Versäumung der Frist, soweit sie auf unzureichenden Sprachkenntnissen beruht, als verschuldet im Sinne des Rechts auf
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand anzusehen. Unzureichende Sprachkenntnisse entheben den Betroffenen allerdings nicht
der Sorgfaltspflicht in der Wahrnehmung seiner Rechte. Wird ihm daher etwa ein - für ihn als solches erkennbares - amtliches
Schriftstück ohne eine ihm verständliche Rechtsmittelbelehrung zugestellt, so können von ihm im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht
zumutbare Anstrengungen verlangt werden, sich innerhalb angemessener Frist Gewissheit über den genauen Inhalt des Schriftstücks
zu verschaffen. Auf der Grundlage der konkreten Umstände des Einzelfalls muss demnach beurteilt werden, innerhalb welcher
Zeit einem Betroffenen welche Maßnahmen zumutbar waren, um ihn in die Lage zu versetzen, den Inhalt des amtlichen Schriftstücks
und der Rechtsmittelbelehrung zu verstehen (vgl BVerfG vom 19.04.1995 - 2 BvR 2295/94 - juris). Danach war die Fristversäumung hier nicht unverschuldet. Denn die Klägerin war bereits im Verfahren vor dem LSG durch Herrn
K Z vertreten, an den das angefochtene LSG-Urteil auch zugestellt wurde. Dieser ist der deutschen Sprache mächtig.
Auch der pauschale Hinweis auf die Corona-Einschränkungen kann eine unverschuldete Fristversäumung nicht begründen. Eine erhebliche
Arbeitsüberlastung kann eine Wiedereinsetzung nur dann ausnahmsweise rechtfertigen, wenn sie plötzlich und unvorhersehbar
eingetreten ist und durch sie die Fähigkeit zu konzentriertem Arbeiten erheblich eingeschränkt wird (vgl BSG vom 17.7.2018 - B 2 U 6/18 R - juris RdNr 7). Derartige Umstände sind hier weder dargelegt noch glaubhaft gemacht (vgl hierzu auch BSG vom 22.1.2021 - B 13 R 14/20 BH - juris).
b) Außerdem ist die Beschwerde nicht durch einen zur Vertretung vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten erhoben worden. Auf das Erfordernis, sich vor dem BSG durch einen der in §
73 Abs
4 SGG aufgeführten Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen (zur Verfassungsmäßigkeit vgl BVerfG <Kammer> vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 7 S 13 mwN), ist die Klägerin in der Rechtsmittelbelehrung des LSG-Urteils und nochmals durch Hinweisschreiben des Berichterstatters
vom 28.1.2021 ausdrücklich hingewiesen worden. Der Bevollmächtigte hat auf das Hinweisschreiben nicht nachgewiesen, dass er
zu den zur Vertretung vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten gehört.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.