Zuständigkeit im sozialgerichtlichen Verfahren bei Entscheidungen von Schiedsverfahren nach § 18a KHG iVm § 120 Abs. 4 SGB V
Gründe:
I
Die Kläger wenden sich gegen eine Schiedsstellenentscheidung zur Vergütung der Leistungen einer zahnärztlichen Hochschulambulanz.
Die Kläger sind gesetzliche Krankenkassen (§
4 Abs
2 SGB V) bzw deren Verbände (§
207 SGB V) und bilden eine nicht-rechtsfähige Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern. Beklagte ist die gemäß § 18a Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) für Bayern gebildete Schiedsstelle. Beigeladen zu 1) ist gemäß §
75 Abs
2 SGG das Klinikum der L. in München, das eine zahnmedizinische Hochschulambulanz betreibt und dessen Vergütungsansprüche durch
Schiedsspruch vom 15.2.2005 neu festgesetzt worden sind. Der Beigeladene zu 2) ist ein Verband der privaten Krankenversicherung
(Beiladung nach §
75 Abs
1 SGG).
Die Leistungen der zahnmedizinischen Hochschulambulanz des Beigeladenen zu 1) wurden bis zum Jahresende 2002 über die Kassenzahnärztliche
Vereinigung (KZÄV) Bayern auf der Basis von Vereinbarungen aus den Jahren 1982 und 1984 abgerechnet und vergütet. Dieses Vergütungssystem
wurde durch gesetzliche Neuregelungen in den §§
117,
120 SGB V zum 1.1.2003 geändert (vgl näher unten Punkt B.1.b); nunmehr werden nicht nur die Leistungen der psychiatrischen Institutsambulanzen
und sozialpädiatrischen Zentren, sondern auch die der Hochschulambulanzen unmittelbar von den Krankenkassen vergütet (§
120 Abs
2 Satz 1
SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser [Fallpauschalengesetz
- FPG] vom 23.4.2002). Die Kläger und der Beigeladene zu 1) sowie weitere Hochschulambulanzen trafen im Februar 2004 mit Rückwirkung
zum 1.1.2003 eine Vereinbarung gemäß §
120 Abs
2 Satz 2
SGB V über die Grundsätze der Abrechnung und Vergütung der ambulanten zahnärztlichen Behandlung in den Kliniken für Zahn-, Mund-
und Kieferkrankheiten (Hochschulambulanzen) der Universitäten in Bayern; über die Vergütungssätze konnten sie sich jedoch
nicht einigen. Der Beigeladene zu 1) rief deshalb am 3.1.2005 die beklagte Schiedsstelle an und beantragte, die Vergütung
in fünf zahnärztlichen Leistungsbereichen nach von ihm im Einzelnen begründeten Sätzen festzusetzen. Die Kläger traten diesem
Ansinnen mit eigenen Preisvorstellungen entgegen. Unter dem 15.2.2005 erließ die Beklagte mehrheitlich einen Schiedsspruch,
der eine Vergütungsregelung in mehreren Einzelpunkten zum Inhalt hatte, die sich weitgehend an den Vorstellungen des Beigeladenen
zu 1) orientierte.
Mit der am 13.4.2005 erhobenen Klage haben die Kläger den Schiedsspruch angefochten und dessen Aufhebung sowie eine Neubescheidung
des Antrags des Beigeladenen zu 1) gefordert. Diese Klage ist zunächst in der 38. Kammer des Sozialgerichts (SG) München - Zuständigkeit: Vertragsarztrecht - eingetragen worden. Das SG hat am 27.7.2005 einen Erörterungstermin durchgeführt und ausweislich der Sitzungsniederschrift mit den Beteiligten ua ausführlich
die Frage erörtert, ob es sich um eine allgemein krankenversicherungsrechtliche oder speziell vertragsarztrechtliche Angelegenheit
handele (Bl 70 - 73 SG-Akte). Am 22.8.2005 ist das Verfahren in der 38. Kammer des SG München ausgetragen und in der 2. Kammer desselben Gerichts
- Zuständigkeit: Krankenversicherung - neu eingetragen worden.
Mit Urteil vom 23.11.2006 hat die 2. Kammer des SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, unter Berücksichtigung der eingeschränkten gerichtlichen Kontrolldichte
sei der Schiedsspruch nicht zu beanstanden. Die beklagte Schiedsstelle habe das für sie maßgebliche zwingende Gesetzesrecht
beachtet, ihren Spruch in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs aller Beteiligter getroffen und den
ihr zustehenden Beurteilungsspielraum eingehalten. Inhaltlich sei den Vorgaben des §
120 Abs
2 Satz 4 bis 6
SGB V ausreichend Rechnung getragen worden, weil die Schiedsstelle in Übereinstimmung mit den Beteiligten den "Bewertungsmaßstab
für kassenzahnärztliche Leistungen - BEMA" mit dessen Punktwerten angewendet und damit die Brücke zur Abrechnung im Vertragszahnarztrecht
hergestellt und beschritten habe; dies sei sachgerecht, weil sich die Hochschulambulanzen in Konkurrenz mit den niedergelassenen
Zahnärzten befänden und so eine größtmögliche Vergleichbarkeit hergestellt werde (Urteil des SG, Umdruck S 14 - Bl 343 SG-Akte). Ein Abschlag für Forschung und Lehre sei nicht vorzunehmen gewesen, weil der dies früher beinhaltende §
120 Abs
3 Satz 2 Halbsatz 2
SGB V durch das FPG zum Jahresende 2002 ersatzlos gestrichen worden sei. Im Übrigen widerspreche der Schiedsspruch auch nicht dem
Grundsatz der Beitragssatzstabilität. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen und sich dabei
ganz wesentlich auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung bezogen; die Revision hat es nicht zugelassen (Urteil vom
10.3.2009).
Die Kläger haben am 14.8.2009 Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision durch das LSG eingelegt und insgesamt fünf
Fragen von ihrer Ansicht nach grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die beklagte Schiedsstelle und der Beigeladene zu 1)
sind der Auffassung, dass der Nichtzulassungsbeschwerde keine grundsätzliche Bedeutung zukomme; der Beigeladene zu 2) hat
sich (noch) nicht zur Sache geäußert.
II
Der 3. Senat legt dem Großen Senat (GrS) des Bundessozialgericht (BSG) die im Tenor formulierten Rechtsfragen wegen grundsätzlicher
Bedeutung zur Entscheidung vor, weil dies nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts und - vor allem - zur Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§
41 Abs
4 SGG).
A. Zulässigkeit der Vorlage
§
41 Abs
4 SGG enthält zwei Zulässigkeitsvoraussetzungen: Eine Rechtsfrage muss grundsätzliche Bedeutung haben und ihre Beantwortung durch
den GrS muss zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erforderlich sein. Die letztgenannte
Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des GrS allein durch den vorlegenden Senat zu entscheiden und vom GrS nicht zu überprüfen
(vgl BSG, Beschluss des GrS vom 12.12.2008 - GS 1/08 - SozR 4-1500 §
41 Nr 1 RdNr 25; vgl zur vergleichbaren früheren Regelung in § 43
SGG schon BSGE 62, 255, 258; 41, 41, 43). Dagegen prüft der GrS in vollem Umfang nach, ob die vorgelegte Frage, soweit sie entscheidungserheblich
ist, grundsätzliche Bedeutung besitzt (BSG aaO; stRspr). Daneben müssen die dem GrS gestellten Vorlagefragen - wie auch im
Rahmen einer Divergenzvorlage - revisibles Recht betreffen, was jedoch im Hinblick auf die hier streitige Auslegung der §§
51 Abs
1 Nr
2 und 10 Abs
2 SGG ohne Zweifel der Fall ist.
1. Erforderlichkeit
Der 3. Senat ist der Überzeugung, dass die Anrufung des GrS zur Fortbildung des Rechts und - vor allem - zur Sicherung der
Einheitlichkeit der Rechtsprechung erforderlich ist. Diese Voraussetzung ist zwar allein durch den vorlegenden Senat zu entscheiden
und kann durch den GrS nicht überprüft werden; gleichwohl sollen die maßgeblichen Gründe kurz skizziert werden.
a) Die erste Vorlagefrage betrifft die sich durch alle Instanzen ziehende Unklarheit hinsichtlich der Zuständigkeit der sozialgerichtlichen
Kammern und Senate zur Entscheidung von Schiedsverfahren nach § 18a KHG iVm §
120 Abs
4 SGB V. Schon das Ausgangsverfahren zeigt dies deutlich - zunächst war der Rechtsstreit in einer Kammer für Vertragsarztrecht anhängig,
wurde aber dann von einer anderen Kammer desselben Gerichts als Streitigkeit aus dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung
(GKV) entschieden. Dies ist kein Einzelfall, denn es existieren bereits zahlreiche divergierende Entscheidungen von Instanzgerichten
zu diesem Problembereich (vgl unten Punkt B.1.c). Der erkennende 3. Senat ist dabei der Auffassung, dass es sich um eine Streitigkeit
nach §
51 Abs
1 Nr
2 SGG handelt, die in seine Zuständigkeit (oder - je nach Poolung - in die des 1. Senats) fällt (vgl unten Punkt B.1.b). Der 6.
Senat hat sich jedoch anlässlich eines Verfahrens zur Frage, welche Institution nach Einführung des veränderten Vergütungsregimes
in §
120 Abs
2 SGB V für die Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung bei von ermächtigten Hochschulambulanzen verordneten Arzneimitteln
zuständig ist, anderslautend geäußert und ausdrücklich seine Zuständigkeit als Spezialsenat für Vertragsarztrecht angenommen
(Urteil vom 16.07.2008 - B 6 KA 36/07 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 20 RdNr 20, vgl unten Punkt B.1.b). Damit ist eine Divergenz vorprogrammiert; diese zu vermeiden,
den Instanzgerichten eine klare Vorgabe für die streitige Zuständigkeitsfrage zu geben und damit die Einheitlichkeit der Rechtsprechung
zu wahren, ist das erklärte Ziel der Vorlagefrage a).
b) Die zweite Vorlagefrage ist ebenfalls zur Fortbildung des Rechts und - hier ganz besonders - zur Sicherung der Einheitlichkeit
der Rechtsprechung erforderlich. Der für das Vertragsarztrecht zuständige 6. Senat des BSG interpretiert seinen durch §
10 Abs
2 SGG abgesteckten Zuständigkeitsrahmen sehr weit und reklamiert Entscheidungsbefugnisse in verschiedenen Grenzbereichen, die nach
Auffassung des erkennenden und weiterer Senate des BSG zum Kernbereich der GKV und nicht zum Vertragsarztrecht gehören. Diese
divergierende Sichtweise ist gerade in jüngster Zeit in verschiedenen Entscheidungen des BSG zum Ausdruck gekommen (vgl unten
Punkt B.2.b und c) und verunsichert die Instanzgerichte erheblich. Der Bedarf nach einer möglichst raschen Klärung der Zuständigkeit
der vertragsarztrechtlichen Spruchkörper und in Abgrenzung dazu der über Krankenversicherungsrecht entscheidenden Kammern
und Senate ist deshalb groß, hierzu soll die Beantwortung von Vorlagefrage b) beitragen. Gerade im Zusammenhang mit Zuständigkeitsregelungen,
die in den verfassungsrechtlich relevanten Bereich des gesetzlichen Richters hineinspielen, ist das Bestehen eines Schwebezustandes
unerträglich und daher so schnell wie möglich zu beenden. Dies gilt umso mehr, als die Problematik durch Zuständigkeits- und
Verteilungsregelungen seitens des Präsidiums nicht behoben werden kann (vgl unten Punkt B.2.e).
2. Grundsätzliche Bedeutung
a) Zur Auslegung des Begriffs der grundsätzlichen Bedeutung in §
41 Abs
4 SGG wird in der Literatur vielfach auf die Kriterien verwiesen, die zur Interpretation der "grundsätzlichen Bedeutung" einer
Revision (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) entwickelt worden sind (so etwa Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Aufl 2008, §
41 RdNr 18; Lüdtke in: Lüdtke, Hk-
SGG, 3. Aufl 2008, §
41 RdNr 13; ähnlich der 4. Senat des BSG in seinem Vorlagebeschluss vom 20.12.2007 - B 4 R 85/06 R -, RdNr 16). Demzufolge müssen die aufgeworfenen Rechtsfragen von allgemeiner Bedeutung, klärungsbedürftig und klärungsfähig,
also entscheidungserheblich sein. Der GrS des BSG hat allerdings herausgearbeitet, dass dem Wortpaar "grundsätzliche Bedeutung"
im Kontext einer Vorlage nach §
41 Abs
4 SGG eine eigene und über die Grundsätzlichkeit iS von §
160 Abs
2 Nr
1 SGG hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl insbesondere BSGE 62, 255, 257 ff). Der GrS soll sich nämlich nicht zu allen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung äußern, denn die Klärung grundsätzlicher
Rechtsfragen ist in erster Linie Aufgabe der einzelnen Senate (BSGE aaO, 258). Die Bedeutung einer Vorlage an den GrS muss
mithin "in höherem Maße grundsätzlich" sein als hinsichtlich der Revisionszulassung (so Zimmermann in: MünchKomm zur
ZPO, 3. Aufl 2008, §
132 Gerichtsverfassungsgesetz [GVG] RdNr 22). Infolgedessen ist der GrS weder daran gebunden, dass zB eine Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen
wurde, noch daran, dass der vorlegende Senat sie für grundsätzlich bedeutsam hält. Er soll vielmehr - auch in Fällen von grundsätzlicher
Bedeutung - nur dann tätig werden, wenn ihm wegen der besonderen Bedeutung der Rechtsfrage, wegen zu erwartender Widerstände
oder wegen drohender Divergenz die Beantwortung der Rechtsfrage mit seiner besonderen Autorität erforderlich erscheint (BSGE
62, 255, 258 f). Diese Voraussetzungen hat das BSG ua dann bejaht, wenn die Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung verschiedener
Senate des BSG unterschiedlich beantwortet worden ist, wenn auch nicht in den tragenden Gründen einer Entscheidung, sondern
lediglich im Rahmen von obiter dicta (vgl BSGE 51, 23, 26), oder wenn sich bereits abzeichnet, dass in verschiedenen Senaten des BSG unterschiedliche Auffassungen bestehen, die
zu unterschiedlichen Entscheidungen führen könnten (vgl BSGE 62, 255, 259). Entsprechendes gilt, wenn sich anhand von Rechtsprechung und Literatur zeigt, dass die vorgelegte Rechtsfrage auch
künftig noch von weitreichender Bedeutung sein wird (vgl BSGE 49, 175, 181). Der GrS ist vor allem dann zu einer Grundsatzentscheidung berufen, wenn "prozessuales Querschnittsrecht" betroffen
ist - wenn sich also prozessuale Grundfragen in mehreren Fachsenaten gleichermaßen stellen und eine frühzeitige, Divergenzen
verhindernde konzertierte Rechtsauslegung oder -fortbildung durch den GrS erforderlich erscheint (so Pietzner in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner,
VwGO, 18. ErgLfg 2009, §
11 RdNr 54).
b) Die vorgelegten Rechtsfragen besitzen allgemeine und über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung. Dies ergibt sich schon
aus den im Rahmen der Erforderlichkeit aufgezeigten Aspekten (vgl oben Punkt A.1) und wird unter Punkt B. noch im Einzelnen
näher dargestellt. Zur ersten Vorlagefrage liegen bereits zahlreiche und sich widersprechende Entscheidungen der Instanzgerichte
vor; das weitere Anwachsen der Zahl solch inkonsistenter Urteile ist vorgezeichnet. Außerdem vertreten der 3. und der 6. Senat
des BSG diametral entgegengesetzte Auffassungen hinsichtlich der Frage, wie die Tätigkeit von ermächtigten Hochschulambulanzen
nach der zum Jahresbeginn 2003 erfolgten Neuregelung durch das FPG zu bewerten ist. Die Problematik der zweiten Vorlagefrage
hat sich ebenfalls bereits in einigen höchstrichterlichen Entscheidungen manifestiert; angesichts des vom 6. Senat des BSG
sehr weit gezogenen Zuständigkeitsrahmens ist in Zukunft mit weiteren Kompetenzkonflikten zu rechnen, die das Präsidium nicht
lösen kann (vgl unten Punkt B.2.e) und denen mit einer Grundsatzentscheidung des GrS begegnet werden soll.
Sachlicher Hintergrund dafür, dass die Abgrenzung zwischen krankenversicherungsrechtlichen und vertragsärztlichen Streitigkeiten
zunehmend problematisch wird, dadurch Rechtsprechungsdivergenzen in den Instanzgerichten verursacht werden und eine entsprechende
Entwicklung auf der Ebene der BSG droht, sind insbesondere zwei Faktoren: Zum einen ist dies der gesetzlich normierte Funktionswandel
der früheren Bundesausschüsse von reinen, für die gemeinsame kassenärztliche Selbstverwaltung charakteristischen Gremien der
Krankenkassen und Kassen(zahn)ärzte, hin zu einem pluralistisch unter gleichzeitiger Beteiligung weiterer Gruppen zusammengesetzten
untergesetzlichen Normgeber - dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) (vgl näher unten Punkt B.2.a). Zum anderen ist die gesetzlich
vorprogrammierte Zunahme der Leistungserbringervielfalt infolge einer Relativierung und bewussten Zurücknahme der klassischen
Steuerungsfunktion gerade der Kassen-/Vertragsärzte in niedergelassener Praxis zu nennen, insbesondere durch die Erweiterung
der Aufgaben der Krankenhäuser im Bereich der ambulanten Versorgung, durch neue Formen der Leistungserbringung und gänzlich
neu geschaffene Regelungsmechanismen wie zB Selektivverträge (vgl näher unten Punkt B.2.b und c).
c) Die vorgelegten Rechtsfragen sind klärungsbedürftig. Dies ergibt sich zum einen aus der Unklarheit über die Besetzung der
Spruchkammern mit ehrenamtlichen Richtern (§
12 Abs
2 oder §
12 Abs
3 SGG), so dass die Instanzgerichte Gefahr laufen, aufgrund fehlerhafter Besetzung der Spruchkörper einen wesentlichen Verfahrensmangel
zu begehen (vgl §
144 Abs
2 Nr
3, §
160 Abs
2 Nr
3, §
202 SGG iVm §
547 ZPO). Zum anderen zeigen die obiter dicta des 1., 3. und 6. Senats (vgl unten Punkt B.2.b - d) unterschiedliche Rechtsauffassungen
in der Frage der Auslegung des Begriffs "Vertragsarztrecht", so dass in Zukunft mit divergierenden Entscheidungen zu rechnen
ist.
d) Die vorgelegten Rechtsfragen sind auch entscheidungserheblich, also klärungsfähig. Klage und Berufung sind statthaft und
zulässig; der Schiedsspruch der Beklagten stellt einen Verwaltungsakt dar, der vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit
anfechtbar ist (§
120 Abs
4 SGB V iVm § 18a KHG). Entgegen § 18a Abs 6 Satz 11 KHG ist nicht der Verwaltungsrechtsweg gegeben; zuständig sind vielmehr die Sozialgerichte, da es sich nicht um einen Streit
betreffend das Pflegesatzverfahren, sondern um eine spezifische Streitigkeit in Angelegenheiten der GKV iS von §§
51 Abs
1 Nr
2,
70 Nr
4 SGG handelt (Knittel in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung - Pflegeversicherung, Stand: November 2009 - Band 2, §
120 SGB V RdNr 8). Dies hat auch das SG zutreffend erkannt (vgl Protokoll des Erörterungstermins vom 27.7.2005 mwN und Urteil vom 23.11.2006, Umdruck S 6); ihm hat
das LSG nicht widersprochen (Urteil vom 10.3.2009, Umdruck S 8). Dies ist im Ergebnis zutreffend und für den erkennenden Senat
zudem gemäß §
17a Abs
5 GVG bindend. Die Durchführung eines Vorverfahrens war nicht erforderlich, vgl § 18a Abs 6 Satz 12 KHG (Knittel in: Krauskopf, aaO, RdNr 9; ebenso für das Schiedsverfahren in der Pflegeversicherung §
85 Abs
5 Satz 4
SGB XI). Der Senat hält die Nichtzulassungsbeschwerde für zulässig und begründet, muss jedoch im Falle einer Zulassung der Revision
- übrigens ebenso im Falle einer Verwerfung oder Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde - die grundsätzliche Frage beantworten,
ob die zu treffende Entscheidung eine solche des Krankenversicherungsrechts (§§
51 Abs
1 Nr
2, 10 Abs
1 SGG) ist oder zum Vertragsarztrecht (§
10 Abs
2 SGG) gehört. Dies betrifft unmittelbar die erste Vorlagefrage, mittelbar jedoch auch die zweite Vorlagefrage, denn die erstere
kann nicht losgelöst von der Gesamtproblematik und damit von der letzteren beantwortet werden. Wie im Folgenden noch ausgeführt
wird, steht generell die Abgrenzung des Vertragsarztrechts als Spezialmaterie zum übergeordneten Begriff des Rechts der GKV
auf dem Prüfstand. Eine allseits befriedende, für die Instanzgerichte richtungweisende und zukünftige Divergenzen vermeidende
Lösung bedingt deshalb eine umfassende Auseinandersetzung des GrS mit dem Streitstoff im Sinne einer "in höherem Maße grundsätzlichen"
Diskussion. In den obiter dicta des 1., 3. und 6. Senats sind bereits verschiedene Fallkonstellationen benannt und divergierend
beantwortet worden; sie alle haben aber wie die erste Vorlagefrage denselben Ausgangspunkt - wie nämlich der Begriff "Vertragsarztrecht"
in §
10 Abs
2 SGG zu interpretieren ist. Deshalb ist die zweite Vorlagefrage für den erkennenden Senat ebenfalls entscheidungserheblich, denn
sie umfasst die erste Vorlagefrage inhaltlich und nur ihre zumindest inzidente Beantwortung "mit der Autorität des GrS" (BSGE
62, 255, 259) wird über den zu entscheidenden Fall hinaus Klarheit zur Abgrenzung des Vertragsarztrechts im Leistungserbringerrecht
der GKV bringen. Wie wichtig und notwendig dies ist, zeigen die Entscheidungen des 6. Senats vom 3.2.2010 (B 6 KA 30/09 R und B 6 KA 31/09 R, letzteres zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen): Dort hat der 6. Senat zu Klagen im Zusammenhang mit der Öffnung
der Krankenhäuser für ambulante Behandlungen nach §
116b Abs
2 SGB V - hierzu hält der 3. Senat seine Zuständigkeit ebenfalls für begründet (vgl unten Punkt B.2.c) - trotz Kenntnis der gegenteiligen
Auffassung des 1. und 3. Senats ausgeführt, zuständig seien die Spruchkörper für Vertragsarztrecht; eine Vorlage an den GrS
wegen grundsätzlicher Bedeutung sei indes nicht geboten, "weil weder in der Praxis der Instanzgerichte noch in der Wissenschaft
die bisherige, langjährige Rechtsprechung des 6. Senats zur Abgrenzung der Angelegenheiten des Vertragsarztrechts iS des §
10 Abs
2 SGG von denen der Sozialversicherung iS des §
10 Abs
1 SGG in Frage gestellt worden" sei (zitiert nach BSG - Terminbericht Nr 5/10 vom 4.2.2010, S 3; vgl dazu auch unten Punkt B.2.d).
Dies ist erkennbar unzutreffend und zeigt, dass eine Befassung des GrS dringend erforderlich ist.
e) Eine - möglicherweise vorrangige - Anrufung des GrS wegen Divergenz iS von §
41 Abs
2 SGG kommt nicht in Betracht. Zwar hat der 6. Senat in seiner Entscheidung vom 6.5.2009 (B 6 A 1/08 R, BSGE 103, 106 = SozR 4-2500 § 94 Nr 2) bereits Ausführungen zu der aus seiner Sicht richtigen Definition des Vertragsarztrechtsbegriffs
nach §
10 Abs
2 SGG gemacht. Die dort getroffenen Aussagen stellen jedoch weitgehend obiter dicta dar und begründen keine Divergenz iS des §
41 Abs
2 SGG zum vorliegenden Verfahren. In dem vom 6. Senat entschiedenen Rechtsstreit ging es um die Überprüfung der Rechtmäßigkeit
der aufsichtsbehördlichen Beanstandung einer Entscheidung des GBA zur Protonentherapie auf der Grundlage des §
137c SGB V; für diesen Streitgegenstand hat der 6. Senat seine Zuständigkeit ausdrücklich bejaht. Daneben hat er zwar auch noch eine
Reihe anderer Rechtsgrundlagen und Verfahrensgegenstände benannt, die aus seiner Sicht dem Vertragsarztrecht nach §
10 Abs
2 SGG zuzuordnen sind. Diese Zuordnung konnte der 6. Senat jedoch lediglich im Rahmen von obiter dicta treffen. Allein entscheidungserheblich
war die Aussage, dass Verfahren, die nach Maßgabe des §
137c SGB V zu beurteilen sind, in die Zuständigkeit des 6. Senats fallen; hierzu kann sich der 3. Senat durch eine Entscheidung im vorliegenden
Verfahren nicht in unmittelbaren Widerspruch setzen. Beide Verfahren sind anhand unterschiedlicher materieller Rechtsgrundlagen
zu entscheiden, auch wenn die dahinter stehende Problematik identisch ist. Entsprechendes gilt für die Entscheidung des 6.
Senats vom 16.7.2008 (B 6 KA 36/07 R, SozR 4-2500 § 106 Nr 20). In jenem Verfahren ging es um die Frage, ob die Prüfgremien nach §
106 SGB V auch nach der im FPG zum 1.1.2003 erfolgten Neuregelung der Honorierung ermächtigter Hochschulambulanzen weiterhin für die
Wirtschaftlichkeitsprüfung dort verordneter Leistungen zuständig sind; hierfür hat der 6. Senat seine Zuständigkeit bejaht.
Im vorliegenden Fall ist jedoch streitig, wie eine Schiedsstellenentscheidung zur Vergütung der Leistungen einer Hochschulambulanz
rechtlich zu bewerten ist - dies fällt nach Meinung des erkennenden 3. Senats in dessen Zuständigkeit. Die Streitgegenstände
sind unterschiedlich, eine Divergenz ist nicht begründet.
Insgesamt ist nicht damit zu rechnen, dass die streitigen und insbesondere für die Instanzgerichte wichtigen Zuordnungs- und
Zuständigkeitsfragen durch eine Divergenzvorlage an den GrS nach §
41 Abs
2 SGG zeitnah geklärt werden können. Der für das Vertragsarztrecht zuständige 6. Senat interpretiert den Begriff "Vertragsarztrecht"
sehr weitgehend und schließt aus dem Geschäftsverteilungsplan des BSG, dass durch die Zuweisung der Streitigkeiten aus dem
Vertragsarztrecht an ihn eine abschließende Beurteilung getroffen worden ist. Ausgangspunkt dieser Beurteilung ist allerdings
der Geschäftsverteilungsplan des BSG für das Jahr 2008 (vgl Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, §
1 RdNr 2), der noch eine sehr weitgehende und heute nicht mehr zutreffende Auflistung zum Begriff "Vertragsarztrecht" enthielt,
die dem jetzigen Geschäftsverteilungsplan - bewusst (vgl Loytved/Leitherer, "Vorläufiges Gutachten zur Abgrenzung der Zuständigkeit
von gesetzlicher Krankenversicherung und Vertragsarztrecht im Rahmen der Geschäftsverteilung durch das Präsidium" vom 7.10.2009)
- nicht mehr zugrunde liegt (vgl auch unten Punkt B.2.e). Schon damals war klar, dass eine Klärung der aufgetauchten Streitfragen
letztlich allein durch den GrS erfolgen kann (Loytved/Leitherer, aaO, S 7). In Betracht kommt daher nur eine Vorlage an den
GrS wegen grundsätzlicher Bedeutung nach §
41 Abs
4 SGG.
B. Beurteilung der vorgelegten Rechtsfragen
1. Zur ersten Vorlagefrage
a) Die prozessualen Vorschriften, um deren Auslegung es vorliegend geht, stehen in einem eindeutigen Regel-Ausnahme-Verhältnis.
Dies wird in der heutigen Fassung des §
51 Abs
1 Nr
2 SGG, der öffentlich-rechtliche Streitigkeiten "in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen und der
privaten Pflegeversicherung ..." den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zuweist, nicht mehr deutlich, wohl aber in der bis
zum 1.1.2002 geltenden Fassung des §
51 Abs
1, Abs
2 Satz 1
SGG idF des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22.12.1999 (BGBl I S 2626), der wie folgt lautete:
(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialversicherung,
der Arbeitslosenversicherung und der übrigen Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeit sowie der Kriegsopferversorgung.
(2) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden auch über Streitigkeiten, die in Angelegenheiten nach dem Fünften Buch
Sozialgesetzbuch entstehen
1. auf Grund der Beziehungen zwischen Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern und Krankenkassen einschließlich
ihrer Vereinigungen und Verbände,
2. auf Grund von Entscheidungen der gemeinsamen Gremien von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern oder anderen
Leistungserbringern und Krankenkassen oder
3. ...
Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis findet heute noch in §
10 SGG seinen Niederschlag, der das Fachkammerprinzip regelt. Nach Abs
1 Satz 1 der Vorschrift sind Kammern für Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Arbeitsförderung .... zu bilden; Satz
2 sieht fakultativ die Möglichkeit der Bildung von eigenen Kammern für die Knappschaftsversicherung einschließlich der Unfallversicherung
für den Bergbau vor. Dass das Vertragsarztrecht als Regelungsbestandteil des
SGB V zur Sozialversicherung und im engeren Sinne zum Leistungserbringerrecht des
SGB V gehört, bedarf keiner weiteren Erklärung. Wenn der Gesetzgeber in §
10 Abs
2 SGG gleichwohl die Bildung eigener Kammern für das Vertragsarztrecht zwingend vorschreibt, so wird darin deutlich, dass es sich
ersichtlich um eine Ausnahmeregelung handelt, deren extensive Anwendung grundsätzlich einer besonderen Rechtfertigung bedarf
- "Absatz 2 steht zu Absatz 1 im Verhältnis der Spezialität" (so Groß in: Lüdtke, Hk-
SGG, 3. Aufl 2008, §
10 RdNr 5). Noch deutlicher bezeichnet Zeihe das Vertragsarztrecht als einen "besonderen Rechtsbereich, da es sich nicht unmittelbar
um Sozialrecht handelt"; wegen der vielfältigen Verästelungen im Bereich des ärztlichen Vertragsrechts sei dort eine besondere
Sachkunde erforderlich (Zeihe,
SGG, 48. Lieferung, Stand: Juli 2009, §
10 RdNr 14a; vgl auch § 12 RdNr 19a). Für eine ausdehnende Interpretation der Zuständigkeit der Kammern/Senate für Vertragsarztrecht,
wie sie der 6. Senat vornimmt, besteht deshalb keine gesetzliche Legitimation.
Der Sondercharakter des Vertragsarztrechts manifestiert sich außerdem in §
12 SGG, der die Besetzung der Kammern insbesondere mit ehrenamtlichen Richtern regelt. Für das Vertragsarztrecht wirken gemäß §
12 Abs
3 SGG neben Vertretern der Krankenkassen nur und ausschließlich Vertrags(zahn)ärzte und Psychotherapeuten mit - offensichtlich,
weil sie bei Streitigkeiten aus dem eigenen Tätigkeitsbereich die erforderliche besondere Sachkunde aufweisen (BSGE 23, 105, 110; vgl auch Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Aufl 2008, §
12 RdNr 6 mwN). Daraus folgt für den erkennenden Senat, dass die Zuständigkeit der Kammern/Senate für Vertragsarztrecht gerade
auf derartige Streitigkeiten zu begrenzen und nicht - wie es der 6. Senat vor allem mit seinen Ausführungen im Urteil vom
6.5.2009 (B 6 A 1/08 R, BSGE 103, 106 = SozR 4-2500 §
94 Nr 2, jeweils RdNr 25) dargelegt hat - auf andere Rechtsgebiete des
SGB V und hier konkret auf Rechtsstreite über die Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Leistungserbringung zu erweitern
ist. Es ist nicht ersichtlich, warum Vertrags(zahn)ärzte und Psychotherapeuten als ehrenamtliche Richter in Rechtsstreitigkeiten
zB nach §
137c SGB V - Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus -, nach §
116b SGB V - Ambulante Behandlung im Krankenhaus - oder nach §
115b SGB V - Ambulantes Operieren im Krankenhaus - anstelle der "normalen" ehrenamtlichen Richter (§
12 Abs
2 SGG) zur Entscheidung berufen sein sollen. Dies gilt erst Recht für Streitigkeiten zwischen Krankenkassen und den gemäß §
117 Abs
1 SGB V ohne besondere Ermächtigung zur ambulanten ärztlichen Versorgung zugelassenen Hochschulambulanzen, wenn es zB um die Prüfung
von deren Wirtschaftlichkeit (§
106 SGB V) oder - wie hier - um deren Vergütungsansprüche gegenüber den Krankenkassen (§
120 Abs
2 und
4 SGB V) geht.
b) Gemäß §
117 Abs
1 Satz 1
SGB V in der bis zum 31.12.2002 gültigen Fassung war der Zulassungsausschuss - Ausschuss zur Beschlussfassung und Entscheidung
in vertragsärztlichen Zulassungssachen, §
96 Abs
1 Satz 1
SGB V - verpflichtet, Polikliniken auf Verlangen ihrer Träger ohne weitere Prüfung zur ambulanten ärztlichen Behandlung der Versicherten
und des in §
75 Abs
3 SGB V genannten Personenkreises zu ermächtigen. Dies gilt auch heute noch, der Kreis der solchermaßen zur ambulanten ärztlichen
Behandlung zugelassenen Hochschuleinrichtungen wurde jedoch durch das FPG mit Wirkung zum 1.1.2003 erheblich erweitert und
der neue Begriff "Hochschulambulanzen" eingeführt. In der Begründung des Bundesrates vom 9.11.2001 (BR-Drucks 701/01 - Beschluss,
S 3 f) zum Regierungsentwurf vom 7.9.2001 heißt es dazu: "Unter 'Polikliniken' sind herkömmlich Ambulanzeinrichtungen zu verstehen,
deren Ermächtigung zunächst sicherstellt, dass für Forschungs- und Lehrzwecke das gesamte Spektrum medizinischer Maßnahmen
durchgeführt werden kann. Die institutionelle Ermächtigung ausschließlich derartiger Einrichtungen für Zwecke von Forschung
und Lehre entspricht wegen des hohen Spezialisierungsgrades des Leistungsspektrums der Hochschulmedizin und des Forschungsbedarfs
in speziellen Fachgebieten nicht mehr den Anforderungen von Forschung und Lehre und nicht mehr der Versorgungswirklichkeit.
Deshalb werden alle Ambulanzeinrichtungen im Hochschulklinikum unter der Bezeichnung 'Hochschulambulanzen' zusammengefasst."
Dadurch wird den Hochschul-Krankenhäusern nun das umfassende Recht eingeräumt, ambulante ärztliche Behandlungsleistungen zu
erbringen. Es handelte sich um eine weitere Maßnahme des Gesetzgebers im Vierten Abschnitt des Vierten Kapitels des
SGB V - Leistungserbringerrecht - zur Öffnung der Krankenhäuser und zur Erweiterung von deren Aufgabenspektrum (§§
115 ff
SGB V), nicht aber um eine Ausdehnung des Vertragsarztrechts (§§
72 ff
SGB V). Dies wird auch in den weiteren Regelungen des §
117 Abs
1 SGB V deutlich: Die den Hochschulambulanzen zu erteilende Ermächtigung ist so zu gestalten, dass sie die Untersuchung und Behandlung
der in Satz 1 genannten Personen in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang durchführen können (§
117 Abs
1 Satz 2
SGB V). Auf diese Ermächtigung besteht ein Rechtsanspruch; eine Bedürfnisprüfung durch den Zulassungsausschuss ist ausgeschlossen
(Hess in: KassKomm, Stand: 63. Erg-Lieferung Oktober 2009, §
117 SGB V, RdNr
3); nähere Einzelheiten sind vertraglich zu regeln (§
117 Abs
1 Satz 3
SGB V). Gerade durch diese Vertragskompetenz wird die Nähe zum allgemeinen Krankenhausrecht unterstrichen, es handelt sich keinesfalls
um "Streitigkeiten aufgrund der Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten ... einschließlich ihrer Vereinigungen
und Verbände", wie es §
10 Abs
2 SGG formuliert.
Ein Blick in die Vergütungsregelung des §
120 SGB V unterstreicht dieses Ergebnis: Dort heißt es in §
120 Abs
2 Satz 1
SGB V: "Die Leistungen der Hochschulambulanzen ... werden unmittelbar von der Krankenkasse vergütet." Diese Regelung ist ebenfalls
durch das FPG zum 1.1.2003 eingefügt worden und hat das alte Vergütungsregime für Polikliniken abgelöst, deren Leistungen
noch aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung entlohnt wurden. In der Gesetzesbegründung hierzu heißt es (BR-Drucks 701/01
S 53): "Die im Rahmen von Forschung und Lehre an den Polikliniken erbrachten Leistungen werden nicht mehr aus der Gesamtvergütung
für Vertragsärzte vergütet. Diese Änderung ist geboten, um die Gesamtvergütung von solchen Leistungen zu entlasten, die nicht
aus Gründen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden. Durch die Neuregelung in Satz 1 wird des
Weiteren vermieden, dass die Vergütung der Polikliniken durch die innerärztliche Honorarverteilung betroffen wird. Durch Satz
2 erhalten die Träger der Hochschulkliniken das Recht, selbst über die Vergütung der im Rahmen von Forschung und Lehre erbrachten
Leistungen mit den Krankenkassen zu verhandeln. Dies ist zur Gewährleistung einer die besonderen Umstände der Leistungserbringung
berücksichtigenden Vergütung erforderlich."
Für den 3. Senat folgt daraus zwingend, dass es sich bei der hier zu entscheidenden Fallgestaltung um eine Frage des allgemeinen
Krankenversicherungsrechts handelt, "Vertrags(zahn)arztrecht" ist nicht berührt. Die gegenteilige Ansicht einiger Instanzgerichte
(vgl unten Punkt B.1.c) und des 6. Senats des BSG (vgl obiter dictum im Urteil vom 6.5.2009, aaO, jeweils RdNr 25 und inzident
im Urteil vom 16.7.2008, aaO, RdNr 20) vermögen nicht zu überzeugen. Denn entscheidend kommt es allein auf die materielle
Zuordnung an: Eine aus dem
SGB V stammende Rechtsmaterie gehört nur dann zum Vertragsarztrecht, wenn das zu Grunde liegende materiell-rechtliche Rechtsverhältnis
die "Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten ... einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände" regelt. Das
ist hier jedoch gerade nicht der Fall, wie der Gesetzgeber in der oa Begründung zum FPG eindeutig klargestellt hat; es geht
bei den Ermächtigungen von Hochschulambulanzen nicht - wie der 6. Senat im oa obiter dictum (Urteil vom 6.5.2009, aaO) unzutreffend
ausgeführt hat - "um den Zugang" von Krankenhäusern "zur ambulanten vertragsärztlichen Versorgung", sondern um die Erweiterung
ihres ureigenen Leistungsspektrums als Krankenhaus. Nicht jede ambulante Behandlung rechnet zwangsläufig zum Vertragsarztrecht,
wie schon die vom Gesetzgeber normierten Beispiele in §
115a Abs
1 SGB V (vor- und nachstationäre Behandlung im Krankenhaus), in §
115b Abs
1 Satz 1
SGB V (ambulantes Operieren im Krankenhaus) oder in §
116b SGB V (ambulante Behandlung im Krankenhaus) deutlich zeigen.
Im Übrigen hat der Gesetzgeber bei einem Streit über die Grundsätze und Höhe der Vergütung der Leistungen von Hochschulambulanzen,
wie er hier zu entscheiden ist, nicht etwa Institutionen im Rahmen der gemeinsamen Selbstverwaltung des Vertragsarztrechts
für zuständig erachtet, sondern es ist gemäß §
120 Abs
4 SGB V die Schiedsstelle nach § 18a Abs 1 KHG anzurufen, die im Krankenhausrecht grundsätzlich bei Streitigkeiten über die Höhe der Pflegesätze (§ 18 KHG) zu befinden hat. Sie setzt sich zusammen aus einem neutralen Vorsitzenden sowie aus Vertretern der Krankenhäuser und Krankenkassen
in gleicher Zahl einschließlich eines Vertreters der privaten Krankenversicherung (§ 18a Abs 2 Satz 1 und 2 KHG) und knüpft damit konkret an den Kreis der Institutionen an, die die Vergütungsvereinbarungen nach §
120 Abs
2 Satz 2
SGB V zu treffen haben. Die Kassenärztliche Vereinigung oder gar einzelne Vertrags(zahn)ärzte sind daran naturgemäß nicht beteiligt.
Deshalb ist ein entsprechender Schiedsspruch auch nicht von den Kammern/Senaten für Vertragsarztrecht zu überprüfen (ebenso
Zeihe, aaO, § 10 RdNr 14c; vgl auch Beschluss des 7. Senats des BSG vom 27.5.2004 - B 7 SF 6/04 S - SozR 4-1500 § 57a Nr 2 RdNr 20).
c) Nach den zuvor aufgezeigten Maßstäben (vgl oben Punkt A.2) ist grundsätzliche Bedeutung ua dann anzunehmen, wenn sich anhand
von Rechtsprechung und Literatur zeigt, dass die vorgelegte Rechtsfrage auch künftig noch von weitreichender Bedeutung sein
wird (vgl BSGE 49, 175, 181). Ein solcher Indikator ist in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung zu sehen, die derzeit offenkundig keine klare
Zuordnung von Vergütungsverfahren nach §
120 Abs
2 und
4 SGB V zum Vertragsarztrecht bzw zum Recht der GKV vorzunehmen weiß. Die Instanzgerichte haben derartige Verfahren teilweise als
solche des Krankenversicherungsrechts qualifiziert (so SG Magdeburg, Urteil vom 18.4.2008 - S 7 KR 822/04 -, juris; ebenso beide Instanzen in dem anhängigen Verfahren B 3 KR 36/09 B), teilweise aber auch dem Vertragsarztrecht zugeordnet und durch die dafür zuständigen Kammern entschieden (so SG Düsseldorf,
Urteil vom 5.12.2007 - S 2 KA 75/06 -, GesR 2008, 88; ähnlich SG Hamburg, Urteil vom 30.4.2003 - S 3 KA 438/02 -, MedR 2003, 706, in dem die "richtige" Besetzung nach §
12 Abs
3 SGG sogar thematisiert worden ist; vgl auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 7.3.2007 - L 5 KA 1861/06 -, juris).
Mit Blick darauf sowie auf die unterschiedlichen Rechtsauffassungen des 3. und 6. Senats des BSG ist schon jetzt deutlich
erkennbar, dass die vorgelegte Rechtsfrage im Sinne der Rechtsprechung des GrS auch künftig noch von weitreichender Bedeutung
in der Rechtsprechung sein wird. Eine Klärung ist nicht in Sicht. Die Instanzgerichte laufen Gefahr, aufgrund fehlerhafter
Besetzung der Spruchkörper einen wesentlichen Verfahrensmangel zu begehen (vgl §§
144 Abs
2 Nr
3,
160 Abs
2 Nr
3 und
202 SGG iVm §
547 ZPO). Gerade unter diesem Gesichtspunkt ergibt sich die besondere - grundsätzliche - Bedeutung der Frage, ob Vergütungsstreitigkeiten
nach §
120 Abs
2 und
4 SGB V solche des Vertragsarztrechts sind oder nicht. Da mit der Beantwortung dieser Frage zugleich die Klärung von Kammer- und
Senatszuständigkeiten in allen Instanzen verbunden ist, können die sich abzeichnenden Unklarheiten in der Instanzrechtsprechung
gerade nicht zu gegebener Zeit durch den "zuständigen" BSG-Senat entschieden werden. Die grundsätzliche Klärung solcher Kompetenzstreitigkeiten
ist vielmehr eine typische Aufgabe des GrS.
2. Zur zweiten Vorlagefrage
a) Der für Vertragsarztrecht zuständige 6. Senat des BSG hat schon in der Vergangenheit wiederholt Entscheidungen in Streitverfahren
getroffen, die nach Auffassung des erkennenden 3. Senats inhaltlich nicht zum Vertragsarztrecht zu rechnen sind, sondern in
die Zuständigkeit des für das Leistungserbringerrecht des
SGB V zuständigen Spruchkörpers gehört hätten: Zu nennen ist zB das Urteil vom 1.10.1990, in dem sich der 6. Senat zur Klage eines
Masseurs gegen bestimmte Inhalte der Heilmittel- und Hilfsmittelrichtlinien gewandt hatte (BSGE 67, 251 = SozR 3-2500 § 92 Nr 2), oder das Urteil vom 28.6.2000, in dem es um den Anspruch einer Diätassistentin auf Einbeziehung
einer bestimmten Therapie in die Heilmittel- und Hilfsmittelrichtlinien ging (BSGE 86, 223 = SozR 3-2500 § 138 Nr 1). "Vertragsarztrecht" war in diesen beiden Fällen ebenso wenig betroffen wie im Urteil vom 31.5.2006,
mit dem der 6. Senat Ansprüche von diversen Pflegediensten auf Änderung von sie benachteiligenden Inhalten der Krankenpflege-Richtlinien
zurückgewiesen hat (BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 3). In diesen - und weiteren - Fällen ist die Entscheidung jeweils mit ehrenamtlichen
Richtern "nach §
12 Abs
3 Satz 1
SGG" getroffen worden, obwohl es sich eindeutig nicht um eine dem Vertragsarztrecht materiell zuzurechnende Materie gehandelt
hat. Zur Begründung hat der 6. Senat darauf verwiesen, dass "prinzipiell alle Streitsachen, die Entscheidungen des GBA betreffen,
zum Vertragsarztrecht iS des §
10 Abs
2 SGG" gehören, und dies in seinem Urteil vom 6.5.2009 nochmals herausgestellt (aaO, RdNr 22).
Dieser Ansatzpunkt ist nach Ansicht des vorlegenden 3. Senats spätestens seit der Neufassung des §
91 SGB V durch das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I S 2190) nicht (mehr) zutreffend. Seit Jahresbeginn 2004
sind nämlich die verschiedenen Bundesausschüsse in bewusster Abkehr von der alten Rechtslage zu einem einheitlichen und sektorübergreifenden
Steuerungsgremium zusammengefasst worden (vgl Gesetzentwurf zum GMG, BT-Drucks 15/1525 S 106 zu Nr 70). Der GBA wird durch
die Spitzenverbände der gemeinsamen Selbstverwaltung gebildet; er ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts, seine
Beschlüsse gelten für alle in der GKV Handelnden einschließlich Versicherte und Leistungserbringer (§
91 Abs
6 SGB V), haben in aller Regel verbindliche Geltung und stehen in der Normenhierarchie direkt unterhalb des Gesetzes (vgl Roters
in: KassKomm, aaO, §
91 SGB V RdNr
20 ff, 24). Nach §
91 Abs
2 Satz 1
SGB V besteht das Beschlussgremium des GBA aus einem unparteiischen Vorsitzenden, zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern, einem
von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, jeweils zwei von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen
Krankenhausgesellschaft sowie fünf vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen benannten Mitgliedern. Daraus, dass nur noch
drei der dreizehn Mitglieder Vertreter der Vertrags(zahn)ärzte sind, kann heute keinesfalls mehr hergeleitet werden, dass
es sich bei den Entscheidungen des GBA grundsätzlich um solche "aufgrund der Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertrags(zahn)ärzten"
handelt. Das verdeutlicht auch die Auflistung der Bereiche (§
92 Abs
1 Satz 2
SGB V), in denen der GBA verbindliche Richtlinien erlassen kann. Sie betreffen das gesamte Leistungserbringerrecht des
SGB V und gehen noch darüber hinaus (zB Nr 7: Beurteilung von Arbeitsunfähigkeit, Nr 9: Bedarfsplanung, Nr 13: Qualitätssicherung).
Das entscheidende Abgrenzungskriterium wird deshalb nicht im
SGG, sondern nur im materiellen Recht insbesondere des
SGB V zu finden sein.
b) Die Tatsache, dass ohne eine grundlegende Entscheidung des GrS zukünftige Divergenzen innerhalb der GKV-Fachsenate des
BSG unvermeidbar sein werden und die Eingangsinstanzen schon heute keine Orientierung mehr besitzen, mit welcher Besetzung
bestimmte Streitfälle zu verhandeln sind, wird durch mehrere Entscheidungen des 1., 3. und 6. Senats des BSG verdeutlicht.
So hat zunächst der 6. Senat seine Zuständigkeit in einem Verfahren bejaht, in dem es um die Bewertung einer bestimmten Untersuchungs-
und Behandlungsmethode im Krankenhaus (§
137c SGB V) ging, weil "zu den in §
10 Abs
2 SGG genannten Streitigkeiten aufgrund der Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten, Psychotherapeuten, Vertragszahnärzten
einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände ... auch die Streitigkeiten über Entscheidungen der gemeinsamen Gremien von
Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern oder anderen Leistungserbringern und Krankenkassen" rechnen würden;
dies habe schon immer - vor allem bezogen auf den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen, nunmehr GBA - der Rechtsprechung
des BSG entsprochen. Daran habe auch die zum 1.1.2004 geänderte Struktur dieses Gremiums nichts geändert (Urteil vom 6.5.2009,
aaO, RdNr 20 ff).
In einem umfangreichen obiter dictum hat der 6. Senat dann weiter ausgeführt (Urteil vom 6.5.2009, aaO, RdNr 25):
"Aufgrund vergleichbarer Erwägungen sind auch Streitverfahren über die Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Leistungen
gemäß §
116b Abs
2 SGB V, für die die Sozialgerichte zuständig sind, ... solche des Vertragsarztrechts iS des §
10 Abs
2 SGG. Die Entscheidung über den Zugang der Krankenhäuser zur ambulanten (vertragsärztlichen) Versorgung ist von den Zulassungsgremien,
die für Ermächtigungen von Hochschulambulanzen (§
117 SGB V), psychiatrischen Krankenhäusern (§
118 Abs
1 SGB V) und sozialpädiatrischen Zentren (§
119 SGB V), von Einrichtungen der Behindertenhilfe (§
119a SGB V), stationären Pflegeeinrichtungen (§
119b SGB V), Krankenhausärzten (§
116 Satz 1
SGB V) und von ärztlich geleiteten Einrichtungen (§
31 Abs
1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte) zuständig sind, für die in §
116b Abs
2 SGB V genannten seltenen Erkrankungen und hochspezialisierten Leistungen auf die Landesbehörden übertragen worden. Das ändert aber
nichts daran, dass es in der Sache um den Zugang zur ambulanten vertragsärztlichen Versorgung und damit im prozessualen Sinne
um Vertragsarztrecht geht. Hätte der Gesetzgeber im Zuge der Übertragung der Kompetenz für die Einbeziehung von Krankenhäusern
in die ambulante vertragsärztliche Versorgung für seltene Krankheiten von den Krankenkassen, Kassenverbänden und Krankenhäusern
als Vertragspartnern (§
116b Abs
2 SGB V idF von Art 1 Nr 85 GMG) auf die zuständige Landesbehörde (§
116b Abs 2
SGB V idF von Art 1 Nr 85 Buchst b GKV-WSG) eine Ausgliederung der entsprechenden Verfahren aus dem Vertragsarztrecht im verfahrensrechtlichen Sinne herbeiführen wollen,
hätte das ausdrücklich geschehen müssen. Das ist indessen weder im GKV-WSG selbst noch durch das SGGArbGGÄndG (vom 26.3.2008 - BGBl I 444) erfolgt."
c) Der 3. Senat des BSG ist dieser Rechtsauffassung kurze Zeit später in einem Verfahren entgegengetreten, in dem es um die
Aufnahme eines Hilfsmittels in das GKV-Hilfsmittelverzeichnis ging und an dem der GBA beteiligt war, weil er die mit dem Hilfsmittel
anzuwendende neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode nicht anerkannt hatte (Urteil vom 12.8.2009 - B 3 KR 10/07 R - BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, jeweils RdNr 10 ff). Dort wurde ausgeführt:
"Der erkennende 3. Senat des BSG ist zur Entscheidung des Rechtsstreits berufen, obwohl der GBA am Verfahren beteiligt ist.
Dies ergibt sich aus Teil A Abschnitt I Ziffer 3.1 des Geschäftsverteilungsplans des BSG für das Jahr 2009, wonach ua alle
Streitigkeiten betreffend Hilfsmittel nach §
33 SGB V in die ausschließliche Zuständigkeit des 3. Senats fallen. Das gilt offenkundig auch dann, wenn es um die Aufnahme eines
Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis nach §
139 SGB V (früher: §
128 SGB V) geht und dabei die Frage im Vordergrund steht, unter welchen Voraussetzungen Hilfsmittel zur Anwendung neuer Untersuchungs-
und Behandlungsmethoden aufzuführen sind, wenn der GBA über deren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie deren medizinische
Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit (§
135 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB V) noch keine oder eine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die Streitigkeit wird wegen der Beteiligung des GBA am Verfahren
und seine Einbindung in die interne Entscheidungsstruktur nicht zu einer solchen des Vertragsarztrechts iS der §§
10 Abs
2,
40 Satz 2
SGG, für die der 6. Senat des BSG zuständig wäre. ... Der 3. Senat ... sieht ... Veranlassung, auf Folgendes hinzuweisen: Der
Begriff 'Vertragsarztrecht' ist weder im
SGG noch im
SGB V definiert. Ausgangspunkt für die Abgrenzung zum Krankenversicherungsrecht ist die im
SGB V angelegte, aber prozessual im
SGG nicht generell nachvollzogene Unterscheidung zwischen dem Leistungsrecht der GKV und dem Leistungserbringerrecht. In beiden
Bereichen, also bei der Festlegung der Leistungsansprüche einerseits und dem Bewirken der Leistung andererseits, werden Rechtsfragen
in derselben und für das
SGB V typischen Besetzung der Spruchkörper entschieden. Die Zuordnung von Streitigkeiten des Leistungs- und des Leistungserbringerrechts
zu den Spruchkörpern für Krankenversicherung (§
51 Abs
1 Nr
2 SGG) ist also der Regelfall. Das Vertragsarztrecht bildet wegen der besonderen Besetzung der Richterbank (§
12 Abs
3 SGG) eine von der allgemeinen Situation in der GKV abweichende und daher rechtfertigungsbedürftige Ausnahme. Von der Intention
her sollen im Vertragsarztrecht - einem Teilbereich des Leistungserbringerrechts - nur solche Personen im Spruchkörper mitwirken,
die sachkundig und mit der besonderen Materie sowie den tatsächlichen Verhältnissen vertraut sind. ... Dies ist zB der Fall,
wenn der Streitgegenstand etwa den rechtlichen Status als Vertragsarzt, Fragen der vertragsärztlichen Zulassung oder solche
der Honorierung betrifft; nicht ausreichend ist dagegen eine bloß mittelbare Betroffenheit von Vertragsärzten als Systembeteiligte.
Dies gilt erst recht, wenn gar keine vertragsärztliche Leistungserbringung im Streit steht. Das entscheidende Abgrenzungskriterium
wird nicht im
SGG, sondern nur im materiellen Recht insbesondere des
SGB V zu finden sein. ... Ungeeignet - und anders als der 6. Senat meint - ist jedoch das Abstellen auf den GBA als (Haupt-)Beteiligter
am Rechtsstreit."
Dem oa obiter dictum des 6. Senats hat der 3. Senat ausdrücklich widersprochen und darauf hingewiesen, dass Streitverfahren
über die Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Leistungen - §§ 115a ff
SGB V, insbesondere §
116b Abs
2 SGB V - gerade nicht als solche des Vertragsarztrechts iS des §
10 Abs
2 SGG anzusehen sind (aaO, RdNr
13).
Der 1. Senat des BSG hat sich der Rechtsauffassung des 3. Senats angeschlossen und ergänzend ausgeführt (Beschluss vom 18.11.2009
- B 1 KR 74/08 B - SozR 4-1500 § 10 Nr 3 RdNr 5 ff, 9):
"Auch Sinn und Zweck der Sonderregelungen im
SGG für Angelegenheiten des Vertragsarztrechts (§
12 Abs
3, §
31 Abs
2, §
33, §
40 Satz 2
SGG) schließen die Zuordnung der den GBA betreffenden Streitigkeiten zum Vertragsarztrecht aus. Von der Intention her sollen
im Segment "Vertragsarztrecht" nur solche Personen im Spruchkörper mitwirken, die sachkundig und mit der besonderen Materie
sowie den tatsächlichen Verhältnissen in der vertragsärztlichen Versorgung vertraut sind. ... Letztlich repräsentieren die
besonderen Gruppen der ehrenamtlichen Richter im Vertragsarztrecht diejenigen, die es angeht. Dies ist zB der Fall, wenn der
Streitgegenstand etwa den rechtlichen Status als Vertragsarzt, Fragen der vertragsärztlichen Zulassung oder der Honorierung
einschließlich der vertragsärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung betrifft. Die dargestellte umfassende Aufgabenstellung des
GBA als untergesetzlicher Normgeber und seine zentrale Rolle für das gesamte Leistungsrecht wie für das Leistungserbringerrecht
stehen einer Zuordnung der ihn betreffenden Streitigkeiten zum Vertragsarztrecht deshalb entgegen, zumal selbst das Vertragsarztrecht
nur ein Teilelement des Leistungserbringerrechts ist. Es bliebe gänzlich unbeachtet, dass die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft
die Aufgabe hat, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern
(§
1 Satz 1
SGB V); sie besteht nicht in erster Linie wegen der Behandlungsberechtigung durch Vertragsärzte."
Der 7. Senat des BSG hat sich anlässlich eines Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Gerichts (§
58 Abs
1 Nr
4 SGG) ebenfalls schon zur Tragweite des §
10 Abs
2 SGG geäußert und die am Wortlaut der Vorschrift orientierte Auslegung des 1. und 3. Senats geteilt; er hat klargestellt, dass
Streitigkeiten zwischen einem Krankenhausträger und einem Krankenhaus nicht zum Vertragsarztrecht zu zählen sind (Beschluss
vom 27.5.2004 - B 7 SF 6/04 S - SozR 4-1500 § 57a Nr 2, RdNr 20).
d) Obwohl die vorstehend auszugsweise wiedergegebenen Entscheidungen diametral entgegengesetzte Standpunkte verschiedener
Senate des BSG verdeutlichen und das Präsidium zur möglichen Vorklärung der Problematik bereits ein Gutachten hat anfertigen
lassen, welches eine Befassung des GrS als "ultima ratio" angeregt hatte (vgl unten Punkt B.2.e), hat sich der 6. Senat in
Kenntnis der konkret widersprechenden obiter dicta des 1. und 3. Senats in zwei Urteilen vom 3.2.2010 (B 6 KA 30/09 R und B 6 KA 31/09 R) in der Besetzung nach §
12 Abs
3 SGG erneut zur Rechtmäßigkeit von Richtlinienentscheidungen des GBA geäußert, die sich mit der Öffnung der Krankenhäuser für
ambulante Behandlungen (§
116b Abs
2 SGB V) befassten und die nach Ansicht des 3. Senats ebenfalls in einem "normalen" Krankenversicherungssenat hätten entschieden
werden müssen. Die Urteile liegen noch nicht vor, im Terminbericht vom 4.2.2010 heißt es dazu unter Nr 5 und 6 jedoch:
"Zuständig für die Entscheidung über Klagen von Trägerorganisationen des GBA gegen diesen sind die sozialgerichtlichen Spruchkörper
für das Vertragsarztrecht. Solche Klagen zählen - wie die Klagen von Leistungserbringern gegen Richtlinien des GBA und solche
des GBA gegen Aufsichtsmaßnahmen - zu den Angelegenheiten des Vertragsarztrechts iS des §
10 Abs
2 SGG. Das stellt der Senat im Anschluss an sein Urteil vom 6.5.2009 - B 6 A 1/08 R - klar. Soweit der 1. und der 3. Senat des BSG dazu teilweise abweichende Auffassungen geäußert haben, ist eine Anrufung
des Großen Senats des BSG weder geboten noch möglich. Für die Anrufung wegen Divergenz liegen die Voraussetzungen nicht vor.
Die Auffassungen des 3. Senats im Urteil vom 12.8.2009 und des 1. Senats in einem Beschluss vom 18.11.2009 sind für die dort
getroffenen Entscheidungen nicht tragend; für Streitigkeiten über die Aufnahme in das GKV-Hilfsmittelverzeichnis (Urteil des
3. Senats) und von Versicherten gegen den GBA (Beschluss des 1. Senats) sind auch nach Auffassung des 6. Senats die Spruchkörper
für das Vertragsarztrecht nicht zuständig. Eine Vorlage an den Großen Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zur Fortbildung
des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht geboten, weil weder in der Praxis der Instanzgerichte
noch in der Wissenschaft die bisherige, langjährige Rechtsprechung des 6. Senats zur Abgrenzung der Angelegenheiten des Vertragsarztrechts
iS des §
10 Abs
2 SGG von denen der Sozialversicherung iS des §
10 Abs
1 SGG in Frage gestellt worden ist."
Der 6. Senat hat sich damit trotz Kenntnis der widersprechenden Auffassungen vor allem des 1. und 3. Senats nicht zu einer
Anrufung des GrS nach §
41 Abs
4 SGG entschließen können, obwohl eine mögliche Divergenz sowohl in Bezug auf Streitigkeiten zu §
116b Abs
2 SGB V als auch in anderen Bereichen, in denen der GBA Richtlinien erlässt, vorgezeichnet ist. Deshalb hält es der vorlegende Senat
für sachgerecht und geboten, den GrS nicht nur zur Entscheidung der Vorlagefrage 1, sondern vor allem auch der Vorlagefrage
2 zu ersuchen.
e) Dies gilt umso mehr, als die Problematik nicht durch eine Entscheidung des Präsidiums des BSG gelöst werden kann. Denn
das Präsidium eines Gerichts bestimmt grundsätzlich nur die Besetzung der Spruchkörper, regelt die Vertretung und verteilt
die Geschäfte (§
21e Abs
1 Satz 1
GVG), es ist aber nicht zur authentischen Interpretation gesetzlicher Vorschriften berufen. Dies ist Sache des Gesetzgebers,
der die maßgeblichen Zuständigkeitsregeln selbst aufzustellen hat (vgl BVerfGE 19, 52; 95, 322). Deshalb war die Zuständigkeit des 6. Senats in den Geschäftsverteilungsplänen des BSG zunächst jahrelang mit "Kassenarztrecht"
und später - bis einschließlich 2000 - mit "Vertrags(zahn)arztrecht" umschrieben. Erst danach begann eine stark ausdifferenzierte
Zuweisung von Streitigkeiten nach konkreten Anspruchsgrundlagen im
SGB V an den 6. Senat, die offensichtlich mit dem erweiterten Aufgabenspektrum des GBA, den Modifikationen im Leistungserbringerrecht
und vor allem mit der Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Behandlungen zusammenhing. Noch für das Jahr 2009 fand sich
im maßgeblichen Geschäftsverteilungsplan (RdNr 6) folgende unübersichtliche Regelung:
"6. Senat
Streitigkeiten auf Grund der Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten, Psychotherapeuten und Vertragszahnärzten
unter Einschluss der Zahntechniker (Vertragsarztrecht) einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände.
Dazu rechnen auch Streitigkeiten aus dem
SGB V
- zwischen Ärzten, Zahnärzten, Krankenhäusern und anderen an der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung teilnehmenden Einrichtungen
(z.B. medizinische Versorgungszentren im Sinne des §
95 Abs.
1 SGB V) und Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen sowie Krankenkassen,
- auf Grund von Entscheidungen der gemeinsamen Gremien von Vertragsärzten, Psychotherapeuten, Vertragszahnärzten (einschließlich
Zahntechniker) und Krankenkassen, auch soweit andere Leistungserbringer sowie sachkundige Personen aus den Kreisen der für
die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen
maßgeblichen Organisationen mitwirken,
- auf Grund der Regelungen in
-- § 73 b Abs. 2 in der bis zum 31. März 2007 geltenden Fassung, § 73 b Absätze 4 - 8 in der bis zum 30. Juni 2009 geltenden
Fassung, § 73b Abs. 4, 4a - 8 in der ab dem 01. Juli 2009 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 1f GKV-OrgWG, § 73 c Absätze 4 - 6 in der Fassung des Art. I Nr. 46 GKV-WSG, § 73 d Abs. 2 - 5 in der Fassung des Art. I Nr. 47 GKV-WSG, § 75 Absätze 3 a - 3 c in der Fassung des Art. I Nr. 48 GKV-WSG, § 115, § 115 b, § 116 b, § 118 Abs. 2, § 121 a Abs. 2 - 4,
-- § 137 b in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung,
-- § 137 d,
-- § 137 e in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung,
-- §§ 139 a - c, §§ 140 a - d,
-- § 140 e, soweit die ambulante Versorgung von Versicherten mit Leistungen von Ärzten, Psychotherapeuten, Zahnärzten und
ärztlich geleiteten Einrichtungen betroffen ist,
-- § 140 f sowie
Wäre die Auffassung des 6. Senats zutreffend, dass dies alles "Vertragsarztrecht" sei, wogegen allerdings schon die dem Gesetz
entsprechende Definition in Satz 1 des Geschäftsverteilungsplans spricht, dann hätte es dieser Spezifizierung im Geschäftsverteilungsplan
nicht mehr bedurft.
Nach den Empfehlungen von Loytved/Leitherer (Vorläufiges Gutachten ... vom 7.10.2009 - vgl oben Punkt A.2.e) ist der Geschäftsverteilungsplan
2010 wieder an die gesetzliche Regelung angenähert worden. Nunmehr heißt es dort (aaO, RdNr 6):
"6. Senat:
Streitigkeiten aufgrund der Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten, Psychotherapeuten und Vertragszahnärzten
- unter Einschluss der Zahntechniker - sowie anderen an der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung teilnehmenden Einrichtungen
einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände (Vertragsarztrecht)."
Diese Formulierung lehnt sich eng an den Text des §
10 Abs
2 SGG an und berücksichtigt zudem unstreitige Erweiterungen durch die Rechtsprechung des BSG. Die frühere - erweiternde - Spezifizierung
hat das Präsidium auf Vorschlag von Loytved/Leitherer (aaO, S 7 f) nicht übernommen, weil sie missverständlich und zum Teil
auch unzutreffend gewesen ist. Eine abschließende Klärung der unterschiedlichen Standpunkte und die gewünschte Klarstellung
für die Zukunft konnte das "Vorläufige Gutachten" nicht bringen, weil das Präsidium insoweit keine Regelungsbefugnis besitzt;
dies kann letztlich nur durch eine Entscheidung des GrS erfolgen (so ausdrücklich Loytved/Leitherer, aaO, S 7).
Wie wichtig und bedeutsam eine umfassende Klärung der Problematik durch den GrS ist, zeigt die Praxis der Geschäftsverteilung
innerhalb der Geschäftsstelle des BSG. Nach Ziffer IV.1. der "Geschäftsverteilung in der Geschäftsstelle" - in der neuesten
Fassung gültig ab 1.4.2010 - obliegt dem Leiter der Geschäftsstelle das "Auszeichnen der Rechtsmittelschriften", also die
Zuordnung der Revisionen und Nichtzulassungsbeschwerden zu den einzelnen Senaten. Maßgebliches Hilfsmittel ist für ihn der
Geschäftsverteilungsplan. Bei der bestehenden Unsicherheit, was unter dem Begriff "Vertragsarztrecht" konkret zu verstehen
ist, wird dem Leiter der Geschäftsstelle eine Entscheidung zugemutet, die das Präsidium selbst mangels Kompetenz nicht treffen
kann: Er muss die Regelung des §
10 Abs
2 SGG authentisch interpretieren, einen Senat - KR oder KA - gerade in den aufgezeigten Zweifelsfällen als zuständig erkennen und
damit den gesetzlichen Richter bestimmen. Die Möglichkeit, sich vor der Auszeichnung einer Sache beim Präsidium oder einem
der Fachsenate rückzuversichern, ist nur von geringer Relevanz - das Präsidium besitzt keine Entscheidungskompetenz und in
den immer häufiger werdenden Zweifelsfragen des
SGB V besteht die Gefahr, dass jeder "erstangegangene" Senat - KA oder KR - seine Zuständigkeit bejahen wird. Dies ist ein unhaltbarer
Zustand, denn die Zuteilung von Streitigkeiten aus dem GKV-Leistungserbringerrecht erfolgt damit gerade in solchen Fällen,
in denen die Senatszuständigkeit zweifelhaft ist, nach dem reinen Zufallsprinzip; deshalb ist eine umfassende Beantwortung
insbesondere der Vorlagefrage 2 durch den GrS erforderlich.