Streitgegenstand im sozialgerichtlichen Verfahren bei der Klage gegen die Aufhebung der Bewilligung vorläufiger Leistungen
der Grundsicherung für Arbeitsuchende; Berücksichtigung einer Kindergeldnachzahlung als laufendes Einkommen im Zuflußmonat
Tatbestand
Die Klägerin, die sich ursprünglich gegen die Entziehung der ihr und den mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden drei minderjährigen
Kindern ursprünglich mit Bescheid vom 02.03.2015 als vorläufige Leistungen bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im Zeitraum vom 01.06.2015 bis 30.06.2015 gewandt hatte, wendet sich nunmehr, nach Erlass des Bescheides vom 13.04.2016
über die endgültige Leistungsbewilligung, gegen die erfolgte "Nullbewilligung" von Leistungen für Juni 2015.
Die 1975 geborene Klägerin lebt mit ihren drei minderjährigen Kindern (R., geboren 2009, S., geboren 2004 und K., geboren
2001), die wie die Klägerin die schwedische Staatsangehörigkeit besitzen, in einer Bedarfsgemeinschaft zusammen. Die aus Bosnien
stammende Klägerin reiste mit ihren Kindern nach ihren Angaben (Bl. 1 Verwaltungsakte der Beklagten - VA) am 06.08.2013 wieder
nach Deutschland ein. Zuvor war sie in Schweden im Einzelhandel beschäftigt (Leistungsantrag vom 19.01.2015, Bl. 4 VA). Sie
bezog mit ihren Kindern eine Wohnung (Anmeldebestätigung vom 06.08.2013, Bl. 7 VA) und meldete noch am selben Tag ein Gewerbe
als Schrotthändlerin (Eisen, Schrott, Metall, Katalysatoren, Autobatterien sammeln und zum Schrott bringen) an (Gewerbeanmeldung
der Stadt N. vom 06.08.2013, Bl. 15 VA). Nach der von ihr vorgelegten Einnahme-Überschuss-Rechnung der Steuerberatungsgesellschaft
Dr. A. und Partner vom 20.01.2015 erzielte sie im Jahr 2014 aus dieser Tätigkeit einen Gewinn von 672,80 € (Bl. 16 VA).
Am 19.01.2015 beantragte sie Leistungen nach dem SGB II für sich und ihre Kinder und gab an, sie sei mittellos und ohne Einkommen. Sie habe von Erspartem und ihrer Familie sowie
der Selbstständigkeit gelebt. Sie erhalte nur für zwei Kinder Unterhaltsvorschuss von insgesamt 313,00 € (180,00 € für S.,
133,00 € für R.), Kindergeld habe sie bereits im August 2012 (richtig wohl: August 2013) beantragt. Nach ihren durch den Mietvertrag
(Bl. 24 ff. VA) belegten Angaben in der Anlage KdU vom 20.01.2015 und der Mietbescheinigung vom 19.02.2015 betrage die monatliche
Gesamtmiete für die 100 qm große 3-Zimmer-Wohnung der Klägerin 900,00 €, davon 750,00 € netto Kaltmiete und 150,00 € pauschal
geleistete Nebenkosten. Die Wohnung werde mit Gas beheizt, Warmwasser werde dezentral (z.B. mittels Boiler/Durchlauferhitzer)
erzeugt. Gas werde nicht zum Kochen genutzt.
Mit Bescheid vom 02.03.2015 (Bl. 75 VA, 27 Senatsakte) bewilligte der Beklagte der Klägerin und ihren Kindern im Zeitraum
vom 01.01.2015 bis zum 30.06.2015, wegen des nicht geklärten Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit in Form einer vorläufigen
Bewilligung, monatlich 1.429,40 € Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, davon entfallend auf die Klägerin 582,27
€ monatlich (Regelbedarf 213,63 €, Mehrbedarf für Alleinerziehende 143,64 € und Bedarf für Unterkunft und Heizung 225,00 €).
Ihrer Tochter K. wurden 373,19 € vorläufig bewilligt, der Tochter S. 236,66 € monatlich und der Tochter R. 247,28 € monatlich.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen.
Am 19.03.2015 legte die Klägerin eine Gasrechnung der Stadtwerke N. vom 21.11.2014 vor (Abschlag für Gaslieferungen ab dem
01.12.2014 monatlich 54,00 €). Mit Änderungsbescheid vom 21.05.2015 (Bl. 42 ff. Senatsakte) erhöhte der Beklagte die Leistungen
für Januar bis März 2015 und Mai 2015 unter Berücksichtigung der Heizkosten um monatlich 54,00 € bezogen auf die gesamte Bedarfsgemeinschaft
auf monatlich 1.493,40 €. Wegen der zusätzlichen Übernahme der Abfallgebühr von 114,00 € erhöhte sie den Leistungsbetrag im
April 2015 um 168,00 € (54,00 € Heizkosten und 114,00 € Abfallgebühr) auf insgesamt 1.607,40 €.
Mit Schreiben vom 29.04.2015 teilte die Bundesagentur für Arbeit (F. B. N.) dem Beklagten mit, für die drei Kinder der Klägerin
bestehe ab August 2013 Anspruch auf Kindergeld in Höhe von (ab September 2013) 558,00 € monatlich. Für den Zeitraum August
2013 bis April 2015 ergebe sich ein auszuzahlender Betrag in Höhe von insgesamt 11.208,13 €. Die laufende Zahlung des Kindergeldes
sei noch nicht aufgenommen worden. Der Beklagte wurde aufgefordert, seinen Erstattungsanspruch zu beziffern. Er errechnete
einen Erstattungsanspruch in Höhe von 2.790,00 € und meldete diesen gegenüber der F. B. N. an. Er errechnete einen Nachzahlungsbetrag
von 8.418,13 €.
Mit weiterem an die Klägerin gerichtetem Bescheid vom 21.05.2015 (Bl. 27 ff. Senatsakte) hob der Beklagte die Entscheidung
über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab dem 01.06.2015 ganz auf, da die Hilfebedürftigkeit
weggefallen sei. Die Klägerin erhalte eine Nachzahlung aus Kindergeld in Höhe von 8.418,13 €. Hierbei handle es sich um einmaliges
Einkommen, welches über sechs Monate verteilt mit monatlich 1.403,02 € bei der Anspruchsberechnung berücksichtigt werde. Hiermit
könne sie den Bedarf für sich und ihre Kinder und den Beitrag zur freiwilligen Krankenversicherung für sechs Monate decken.
Der Bescheid war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen, wonach jeder Betroffene innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe
Widerspruch erheben könne.
Mit Fax vom 05.06.2015 erhob die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten Widerspruch und teilte mit, sie habe die Kindergeldnachzahlung
noch gar nicht erhalten und stehe deshalb völlig ohne Mittel da. Außerdem sei das Kindergeld nicht für sie bestimmt, sondern
für ihre Kinder. Es könne nicht angehen, dass eine Verrechnung erfolge. Sie habe, um überhaupt überleben zu können, größere
Darlehen aufnehmen müssen, die jetzt zurückzubezahlen seien. Das Geld, welches sie möglicherweise nachträglich erhalten werde,
sei somit längst verbraucht.
Mit Bescheid vom 16.06.2015 bewilligte die BA (F. B. N.) den Kindern der Klägerin auf ihren Antrag vom 13.09.2013 rückwirkend
ab dem Monat September 2013 Kindergeld, und zwar für K. und S. in Höhe von monatlich jeweils 184,00 € und für R. in Höhe von
190,00 €. Für den Zeitraum von September 2013 bis Dezember 2014 errechnete die BA eine Nachzahlung in Höhe von 8.928,00 €;
für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis 31.05.2015 sei der Anspruch auf Kindergeld durch Leistungen des Beklagten erfüllt. Aktenkundig
ist ein kopierter Kontoauszug, wonach der Betrag von 8.928,00 € am 22.06.2015 auf das Girokonto der Klägerin eingezahlt worden
ist (Bl. 177 VA).
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.06.2015 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Diese habe ein vorläufiges
Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 672,80 €. Abzüglich eines Freibetrages von 214,56 € ergebe sich daraus
ein anrechenbares Einkommen in Höhe von 458,24 €. Die Kinder K. und S. hätten im Juni 2015 Einkommen aus laufendem Kindergeld
in Höhe von jeweils 184,00 € erzielt, R. habe Einkommen aus laufendem Kindergeld in Höhe von 190,00 €. Außerdem hätten die
Klägerin und ihre Kinder Einkommen aus einer einmaligen Einnahme einer Kindergeldnachzahlung in Höhe von 8.418,13 € erzielt.
Kindergeld sei dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzuordnen, soweit es für die Sicherung des Lebensunterhaltes benötigt werde.
Ein den Bedarf des Kindes übersteigender Betrag sei dem Kindergeldberechtigten als Einkommen zuzuordnen. Der Bedarf der Töchter
K. und S. in Höhe von je 505,50 € und R. in Höhe von 472,50 € werde durch das laufende Kindergeld in Höhe von 184,00 € für
die beiden erstgenannten Kinder und 190,00 € für R. zuzüglich eines Drittels der auf sechs Monate aufzuteilenden einmaligen
Einnahme von 467,67 € pro Kind (in Summe 1.403,02 €) mehr als gedeckt. Es verblieben in Summe 477,51 € als übersteigendes
Einkommen. Unter Berücksichtigung eines vorläufigen Einkommens aus der selbstständigen Tätigkeit in Höhe von (abzüglich Freibetrag)
458,24 € verbleibe somit von dem der Klägerin bewilligten Bedarf in Höhe von 781,14 € für Juni 2016 kein ungedeckter Bedarf.
Damit seien die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) erfüllt.
Einem am 22.06.2015 gestellten Eilantrag hat das Sozialgericht Stuttgart mit Beschluss vom 02.07.2015 (S 19 AS 3411/15 ER) stattgegeben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Klägerin gegen den Aufhebungsbescheid vom 21.05.2015
angeordnet. Gemäß Schreiben vom 04.09.2015 wurden die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Monat Juni 2015
in Höhe von 1.493,40 € vorläufig ausbezahlt.
Am 15.07.2015 hat die Klägerin gegen den Bescheid vom 21.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2015
Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, sie habe im Zeitraum nach September 2013 mehrfach Verwandte und Bekannte "anpumpen" müssen,
weil sie sonst mit ihren Kindern nicht durchgekommen wäre. Sie habe sich im Jahr 2014 einen Betrag von 1.000,00 € von Frau
K. ausgeliehen und nach Erhalt der Kindergeldnachzahlung zurückbezahlt. Von ihrem Neffen O. habe sie sich 6.000,00 € geliehen,
und zwar im Zeitraum von November 2013 bis Juli 2014. Auch die 6.000,00 € habe sie im Juni 2015 zurückbezahlt. Die Klägerin
hat Quittungen von K. und O. vorgelegt, wonach die Rückzahlung von 1.000,00 € bzw. 6.000,00 € im Juni 2015 erfolgt sei.
Der Beklagte ist der Klage unter Berufung auf die angefochtenen Bescheide entgegen getreten und hat ausgeführt, dass nach
Angabe der Klägerin eine Kindergeldnachzahlung von 8.928,00 € an diese überwiesen worden sei. Dabei handele es sich um Einkommen,
das nach § 11 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 SGB II auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen sei. Danach liege ab dem 01.06.2015 ein den Bedarf übersteigendes
Einkommen vor. Einkommen sei vorrangig für den Lebensunterhalt einzusetzen. Daher könne sich die Einlassung der Klägerin nicht
auf die Entscheidung des Beklagten auswirken.
Mit Gerichtsbescheid vom 15.10.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Klägerin sei im Juni 2015 einmaliges Einkommen in Form der restlichen Kindergeldnachzahlung zugeflossen,
wobei Kindergeld grundsätzlich Einkommen des Kindergeldberechtigten sei und nur soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung
des Lebensunterhalts benötigt werde, als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen sei (§ 11 Abs. 1 Satz 4 SGB II). Der Einwand der Klägerin, sie habe von der Kindergeldnachzahlung einen Betrag von 7.000,00 € für die Rückzahlung von Darlehen
verwendet, sei unbeachtlich, da Einkommen vorrangig zur Sicherung des Lebensunterhalts und nicht zur Schuldentilgung einzusetzen
sei (BSG, Urteil vom 30.07.2008 - B 14 AS 26/07). Gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1, 3 SGB II sei die Kindergeldnachzahlung ab Juni 2015 mit einem Sechstel des Betrages, also monatlich 1.403,02 €, zu berücksichtigen,
wodurch die Hilfebedürftigkeit entfallen sei, da der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft durch das zu berücksichtigende Einkommen
gedeckt gewesen sei. Dem Bedarf von 2.264,64 € (Regelbedarfe 399,00 €, 267,00 €, 267,00 €, 234,00 €, Mehrbedarf für Alleinerziehende
143,64 €, Unterkunftsbedarf 954,00 €) stehe ein Einkommen von 2.274,00 € (laufendes Kindergeld 558,00 €, Unterhaltsvorschuss
313,00 €, Kindergeldnachzahlung 1.403,02 €), zuzüglich des Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit, gegenüber.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 21.10.2015 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am
Montag, den 23.11.2015, Berufung eingelegt. Die Klägerin sei wegen der drastischen Verzögerung der Auszahlung durch die Kindergeldkasse
gezwungen gewesen, Darlehen bei Freunden und Verwandten aufzunehmen. Die Darlehensgewährung sei mit der ausdrücklichen Maßgabe
erfolgt, dass die Darlehen zurückbezahlt würden, sobald das Kindergeld bezahlt werde. Demgemäß habe die Klägerin überhaupt
kein Vermögen erhalten, zumindest nicht in Höhe von 7.000,00 €. In der juristischen Sekunde, in welcher das Geld zugeflossen
sei, sei das Geld bereits wieder ausgegeben gewesen, denn die Klägerin habe mit der Kindergeldnachzahlung die aufgenommenen
Darlehen zurückbezahlt. Es handele sich deshalb nicht um Einkommen. Außerdem könne man der Klägerin nicht aufbürden, vertragsbrüchig
zu werden. Sie habe klare mündliche Darlehensverträge geschlossen und sich an diese Darlehensverträge auch gehalten. Sie habe
überhaupt nur Darlehen erhalten, indem sie eine sofortige Rückzahlung zugesagt habe, sobald das Kindergeld fließe.
Mit Erklärung vom 06.10.2015 (Bl. 183 ff. VA) hat die Klägerin ihre Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit im Zeitraum vom
01.01.2015 bis zum 30.06.2015 abschließend beziffert und mit der Bemerkung "nicht gearbeitet" die Summe der monatliche Betriebseinnahmen,
ebenfalls die Summe der Betriebsausgaben, in diesem Zeitraum jeweils mit Null angegeben. Mit Bescheid vom 13.04.2016 hat der
Beklagte die Leistungen der Klägerin und ihrer drei Töchter für den Bewilligungszeitraum vom 01.01.2015 bis 30.06.2015 endgültig
festgesetzt und für den Monat Juni 2015 0,00 € bewilligt. Dabei ist der Beklagte von einem Gesamtbedarf von 2.264,64 € ausgegangen
(Regelbedarf der Klägerin 399,00 €, Regelbedarf der beiden älteren Töchter K. und S. je 267,00 € und Regelbedarf der jüngsten
Tochter R. 234,00 €, ferner Bedarf für Unterkunft und Heizung 954,00 € [750,00 € Grundmiete, 54,00 € Heizkosten, 150,00 €
Nebenkosten], somit pro Kopfteil KdU von 238,50 €). Als monatliche Einnahmen berücksichtigt hat der Beklagte 672,80 € Einnahmen
aus selbstständiger Erwerbstätigkeit (abzüglich Freibeträgen = 458,24 €) bei der Klägerin, 180,00 € Unterhaltsvorschuss für
die Tochter S. und 133,00 € Unterhaltsvorschuss für die Tochter R., ferner laufendes Kindergeld von 184,00 € bei den beiden
älteren Töchtern und 190,00 € bei der jüngsten Tochter R. und 1.488,00 € anteilige Kindergeldnachzahlung als einmaliges Einkommen.
Auf die Einzelheiten des Bescheides wird Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 15.10.2015 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 13.04.2016 betreffend
den Zeitraum vom 01.06.2015 bis 30.06.2015 abzuändern und der Klägerin und ihren Kindern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
in Höhe von mindestens 1.493,40 € zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Er trägt vor, der Klägerin sei Kindergeld in Höhe von 8.418,12 € zugeflossen, welches verteilt auf sechs Monate unter Berücksichtigung
weiterer Einkünfte bedarfsdeckend sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte
des Beklagten und die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht (§
151 Abs.
1, §
64 Abs.
3 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) erhobene Berufung der Klägerin ist statthaft. Der Beschwerdewert von 1.429,40 € übersteigt den gemäß §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG maßgeblichen Wert von 750,00 € (§
144 Abs.
1 Satz 2
SGG).
Nach §
144 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landesssozialgerichts,
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten
Verwaltungsakt betrifft, 750,00 Euro nicht übersteigt. Zu dessen Berechnung ist nach §
144 Abs.
1 SGG bei Geldleistungen auf den unmittelbar strittigen Betrag abzustellen (BSG, Beschluss vom 26.09.2013 - B 14 AS 148/13 B -, [...], Rn. 3). Der Wert des Beschwerdegegenstandes bemisst sich danach, was das SG dem Kläger versagt hat und was von diesem im Rechtsmittelverfahren weiter verfolgt wird (vgl. Bundessozialgericht <BSG>,
Beschluss vom 05.08.2015 - B 4 AS 17/15 B -, [...], Rn. 6 ff.). Der Wert des Beschwerdegegenstandes kann also niedriger sein als die Beschwer, wenn nämlich der Berufungskläger
in der zweiten Instanz sein Begehren nicht in vollem Umfang weiterverfolgt, aber nicht höher (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum
Sozialgerichtsgesetz, 11. Auflage 2014, §
144 Rn. 14 m.w.N.). Maßgeblich ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Berufungseinlegung (Leitherer in: Meyer-Ladewig et. al., a.a.O., § 144 Rn. 19 f.).
Die Klägerin hat mit der von ihr erhobenen Klage die Aufhebung der mit Bescheid vom 02.03.2015 erfolgten vorläufigen Bewilligung
von Leistungen mit Bescheid vom 21.05.2015 für den Zeitraum vom 01.06.2015 bis 30.06.2015 insgesamt angefochten. Weder aus
ihren Anträgen noch aus ihrem sonstigen Vorbringen lässt sich entnehmen, dass sie die Aufhebungsentscheidung nur bezogen auf
die ihr selbst zustehenden Leistungen angreifen wollte. Dass es ihr um die Kassation der Aufhebungsentscheidung des Beklagten
für den Monat Juni 2015 insgesamt, d.h. auch soweit sich diese zu Lasten ihrer drei Kinder auswirkt, geht, hat sie auch durch
die im Eilverfahren erstrittene Entscheidung des SG (S 19 AS 3411/15 ER) deutlich gemacht. Nach Berufungseinlegung hat sie ihr Begehren uneingeschränkt weiterverfolgt. Auch das SG hat nicht erkennen lassen, dass es von vornherein nur über den der Klägerin zustehenden Leistungsanspruch entschieden hat.
Bei Einlegung der Berufung hat daher der Wert des Streitgegenstandes nicht nur 582,27 € (= die gemäß Bescheid vom 02.03.2015
auf die Klägerin entfallenden vorläufigen Ansprüche auf Grundsicherungsleistungen im Monat Juni 2015) betragen, sondern 1.429,40
(= Gesamtbetrag der der Bedarfsgemeinschaft der Klägerin für Juni 2015 bewilligten vorläufigen Leistungen).
Die Berufung der Klägerin ist nur teilweise zulässig.
In der Sache begehrt die Klägerin hier anstelle der zunächst erhobenen isolierten Anfechtungsklage gem. §
54 Abs.
1 S. 1
SGG gegen den Aufhebungsbescheid vom 21.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2015 die Abänderung des Bescheides
vom 13.04.2106 über die endgültige Bewilligung von Leistungen für den Monat Juni 2015 und die Gewährung höherer Leistungen
der Grundsicherung für sich und ihre Kinder (kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach §
54 Abs.
1, 4
SGG). Ihr geht es zumindest um das "Behaltendürfen" der aufgrund des Bescheides vom 02.03.2015 und des Beschlusses im Eilverfahren
des SG vom 02.07.2015 (S 19 AS 3411/15 ER) für den Monat Juni 2015 für die Klägerin und ihre mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder im September 2015
ausgezahlten 1.493,40 €.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist anstelle des Bescheides vom 21.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
23.06.2015 nunmehr ausschließlich der Bescheid vom 13.04.2016 geworden, soweit dieser für den hier allein streitgegenständlichen
Zeitraum vom 01.06.2015 bis 30.06.2015 mit der erfolgten endgültigen Leistungsbewilligung in Form einer "Nullbewilligung"
eine endgültige Regelung getroffen hat. Damit wurde, indem der Beklagte eine Entscheidung über endgültige Leistungen getroffen
hat (§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. §
328 Abs.
2 und
3 SGB III), die ursprünglich erfolgte vorläufige Bewilligung von Leistungen (§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. §
328 Abs.
1 Nr.
3 SGB III) ersetzt (vgl. BSG, Urteil vom 19.08.2015 - B 14 AS 13/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 86, [...], Rn. 16 m.w.N.), weshalb der Bescheid vom 02.03.2015 gegenstandslos geworden und gem.
§ 39 Abs. 2 SGB X erledigt ist (BSG, Urteil vom 17.02.2016 - B 4 AS 17/15 R -, [...], Rn. 13 m.w.N., Urteil vom 22.08.2012 - B 14 AS 13/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 64, [...], Rn. 12). Dasselbe gilt aber auch für den von der Klägerin ursprünglich angefochtenen
Bescheid vom 21.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2015, denn der Beklagte hat die Aufhebung der
vorläufigen Bewilligung von Leistungen für Juni 2015 durch eine "Nullbewilligung" im Bescheid vom 13.04.2016 ersetzt, weshalb
der Bescheid vom 13.04.2016 gemäß § 96 ebenfalls Gegenstand des vorliegenden, ursprünglich allein gegen den Aufhebungsbescheid
vom 21.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2015 gerichteten Verfahrens geworden ist. Die Klage gegen
den Aufhebungsbescheid vom 21.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2015 würde wegen der Ersetzung des
vorläufigen Bewilligungsbescheides vom 02.03.2015 durch den endgültigen Bewilligungsbescheid vom 13.04.2016 ins Leere gehen
und die Klägerin könnte im laufenden Verfahren ihr Ziel nicht mehr erreichen. Dies aber stünde dem Interesse der Beteiligten
an einer möglichst baldigen endgültigen Klärung ihrer Rechtsbeziehung entgegen.
Die Berufung ist als unzulässig zu verwerfen, soweit sich die anwaltlich vertretene Klägerin ursprünglich gegen die Aufhebung
der vorläufigen Leistungsbewilligung durch den Bescheid vom 21.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2015
gewandt hat und sich nunmehr, nach Ersetzung des Bescheides über die vorläufige Leistungsbewilligung vom 02.03.2015 durch
den Bescheid über die endgültige Leistungsbewilligung vom 13.04.2016, gegen die "Nullbewilligung" für den Monat Juni 2015
betreffend die Einzelansprüche ihrer Kinder wendet. Nur die anwaltlich vertretene Klägerin hat sich gegen die hier streitgegenständlichen
Bescheide gewandt und jeweils Klage und Berufung erhoben. Ihre Kinder waren am Verfahren von Anfang an nicht beteiligt. Soweit
die Klägerin Ansprüche ihrer Kinder, welche weder im Klageverfahren noch im Berufungsverfahren Prozessbeteiligte sind, geltend
macht, fehlt ihr auch im Berufungsverfahren die Prozessführungsbefugnis, da sie Rechte geltend macht, die ihren Kindern zustehen,
ohne dass der Fall einer zulässigen Prozessstandschaft vorliegt. Denn das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft i.S.d. § 7 Abs. 2, 3 SGB II ist kein Fall einer gesetzlichen Prozessstandschaft (BSG, Urteile vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06R - BSGE 97, 217-230, [...], Rn. 11 ff. [12, 13] und - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 ff., [...], Rn. 13, vgl. auch Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 11. Auflage 2014, vor §
51, Rn. 15, §
54 Rn. 11b, Leitherer a.a.O. § 69 Rn. 4a,). Der Senat war gehindert, das Vorbringen der Klägerin nach dem sog. "Meistbegünstigungsprinzip" als
im Namen ihrer Kinder erhobene Klage bzw. Berufung auszulegen (so noch BSG, Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 2/08 R - BSGE 102, 76 ff., [...], Rn. 17 in einem Fall mit Klageerhebung vor dem 01.07.2007), denn die vom BSG bestimmte Übergangsfrist für ein derartiges Vorgehen ist am 30.06.2007 abgelaufen (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 25.06.2015 - B 14 AS 30/14 R - SozR 4-4200 § 60 Nr. 3, [...], Rn. 9).
Im Übrigen, d.h. soweit die Klägerin um höhere Leistungen der Grundsicherung im Monat Juni 2015 für sich selbst streitet,
ist die Berufung zwar zulässig, aber nicht begründet. Die "Nullbewilligung" für den Monat Juni 2016 mit Bescheid vom 13.04.2016
ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Einer Anhörung (§ 24 Abs. 1 SGB X) vor Erlass des Bescheides vom 13.04.2016 bedurfte es nicht, denn es handelt sich bei dem Erlass einer endgültigen Leistungsentscheidung
nicht um einen eingreifenden Verwaltungsakt im Sinne des § 24 Abs. 1 SGB X. Der Bescheid vom 13.04.2016 ersetzt den Bescheid vom 02.03.2015 über vorläufige Leistungen, aber greift nicht in diesen
ein (Siefert in: von Wulffen, SGB X, Kommentar, 8. Auflage 2014, § 24 Rn. 9).
Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Die Klägerin hat wegen des Zuflusses von ihren Bedarf für den Monat Juni deckendem
Einkommen am 22.06.2015 in Gestalt einer Kindergeldnachzahlung in Höhe von 8.928.00 € keinen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung
im Monat Juni 2016. Der Beklagte konnte die Leistung für den Monat Juni 2015 auf "Null" und damit in geringerer Höhe als bei
der vorläufigen Bewilligungsentscheidung mit Bescheid vom 02.03.2015 festsetzen, ohne dafür an die Voraussetzungen der §§
45, 48 SGB X gebunden zu sein. Die §§ 44 ff. SGB X finden für eine endgültige Festsetzung nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. §
328 Abs.
2 und
3 SGB III keine Anwendung; Vertrauensschutz genießt der Betroffene nicht (Kallert in: Gagel, SGB II/SGB III, 61. EL März 2016, §
328 SGB III, Rn. 83).
Die Klägerin war im streitigen Zeitraum vom 01.06.2015 bis 30.06.2015 nicht hilfebedürftig. Sie konnte ihren Bedarf aus verfügbarem
Einkommen decken. Voraussetzung für einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist - neben weiteren,
hier erfüllten - Voraussetzungen (§ 7 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II) insbesondere Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 9 Abs. 1, und 4 SGB II). Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder
Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen,
erhalten kann. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ist auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen;
ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft
im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig (§ 9 Abs. 2 SGB II). Für die Prüfung der Hilfebedürftigkeit der Klägerin sind ihrem nach dem SGB II in Betracht kommenden Bedarf die zu dessen Sicherung zu berücksichtigenden und zur Verfügung stehenden Bedarfsdeckungsmöglichkeiten
gegenüberzustellen (Urteil des BSG vom 20.02.2014, B 14 AS 10/13 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 23, [...], Rn. 13).
Der Bedarf der Klägerin nach dem SGB II betrug im Monat Juni 2015 insgesamt 781,14 €. Zum Bedarf gehört die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II) von 399,00 Euro monatlich. Hinzu kommt ein Mehrbedarf für alleinerziehende Leistungsberechtigte in Höhe von 143,64 € (§
21 Abs. 3 SGB II). Darüber hinaus sind Kosten der Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II) in Höhe von 238,50 € (=1/4 der tatsächlichen Kosten für Kaltmiete [750,00 €], Nebenkosten [150,00 €] und Gasabschlag [54,00
€]) angefallen und als Bedarf zu berücksichtigen.
Einkommen aus selbständiger Tätigkeit hat die Klägerin im Juni 2015 nicht erzielt. Ihre Angabe vom 06.10.2015, in der ersten
Jahreshälfte 2015 nicht gearbeitet und demgemäß weder Betriebseinnahmen noch Betriebsausgaben gehabt zu haben, sieht der Senat
als glaubhaft an und legt sie seiner Entscheidung zugrunde.
Die Klägerin war im Monat Juni 2015 dennoch in der Lage, ihren Bedarf aus laufendem Einkommen zu decken. Als Einkommen zu
berücksichtigen sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Laufende Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen (§ 11 Abs. 3 SGB II). Zur Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen ist nach gefestigter Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 22.08.2013 - B 14 AS 78/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 6, [...], Rn. 27 m.w.N.) von Folgendem auszugehen: Einkommen i.S. des § 11 Abs. 1 SGB II ist grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung
bereits hatte (modifizierte Zuflusstheorie, grundlegend BSG Urteile vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 17 Rn. 23 und vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 15, Rn. 18; vgl. ferner BSG Urteile vom 17.6.2010 - B 14 AS 46/09 R - BSGE 106, 185 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 30, Rn. 15 und vom 23.8.2011 - B 14 AS 185/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 42 Rn. 10). Auch wenn eine auf Geld oder Geldeswert gerichtete (noch nicht erfüllte) Forderung (z.B.
Gehaltsforderung) einen wirtschaftlichen Wert darstellt und zum Vermögen des Forderungsinhabers gehört und eine Einnahme aus
dieser bereits bestehenden Rechtsposition erzielt wird, führt dies nicht zu einer "Konkurrenz" dergestalt, dass die Forderung
als Vermögen und daneben die Leistung aus der Forderung (z.B. Gehaltszahlung) als Einkommen zu berücksichtigen wären. Vielmehr
ist nach § 11 SGB II im Falle der Erfüllung einer (Geld-)Forderung grundsätzlich nicht das Schicksal der Forderung von Bedeutung, sondern das
Gesetz stellt insofern allein auf die Erzielung von Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen (Zufluss) ab. Im vorliegenden
Fall ist deshalb unerheblich, dass sich die Nachzahlung auf Zeiträume vor der Antragstellung nach dem SGB II bezieht (vgl. BSG, Urteil vom 24.04.2015 - B 4 AS 32/14 R -, [...], Rn. 14, zu einer Nachzahlung von Arbeitsentgelt).
Bei der Kindergeldnachzahlung handelt es sich, anders als der Beklagte meint, nicht um eine einmalige Einnahme i.S.d. § 11 Abs. 3 SGB II, sondern um laufendes Einkommen, das in voller Höhe im Juni 2015 anzurechnen und nicht gem. § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II auf einen Zeitraum von 6 Monaten gleichmäßig aufzuteilen ist.
Laufende Einnahmen sind nach ständiger Rechtsprechung des BSG solche, die auf demselben Rechtsgrund beruhen und regelmäßig erbracht werden. Bei einmaligen Einnahmen erschöpft sich das
Geschehen in einer einzigen Leistung (BSG, Urteile vom 24. April 2015 - B 4 AS 32/14 R -, SozR 4-4200 § 11 Nr. 72, Rn. 16, vom 16.05.2012 - B 4 AS 154/11 R - SozR 4-1300 § 33 Nr. 1, vom 07.05.2009 - B 14 AS 4/08 R -, vom 16.12.2008 - B 4 AS 70/07 R, SozR 4-4200 § 11 Nr. 19 und vom 30.07.2008 - B 14 AS 26/07 R, SozR 4-4200 § 11 Nr. 17; Hauck/Noftz, SGB II, § 11, Rn. 105; Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 11, Rn. 30). Da die Erfüllung von Ansprüchen, die aus demselben Rechtsgrund herrühren, Störungen unterworfen ist, hat das BSG Veranlassung zu einer Präzisierung gesehen und ausgeführt, dass dem Rechtsgrund der Zahlungen die maßgebliche Bedeutung zukommt.
Für die Qualifizierung einer Einnahme als laufende Einnahme reicht es danach aus, wenn sie zwar nicht "laufend" sondern in
einem Gesamtbetrag erbracht wird, aber nach dem zugrunde liegenden Rechtsgrund regelmäßig zu erbringen gewesen wäre. Diese
entscheidend auf den Rechtsgrund abstellende Sichtweise ermöglicht auch in Fällen mit Leistungsstörungen eine klare und praktisch
gut handhabbare Abgrenzung, denn Rechtsgrund und vereinbarter Turnus von Zahlungen sind in der Regel einfach feststellbar.
Zudem hängt die Beurteilung einer Einnahme als laufende oder einmalige nicht vom Verhalten des Schuldners ab, welches, wenn
bestehende Ansprüche nicht erfüllt werden, unter Umständen sogar vertragswidrig ist. Wenn also Zahlungen aus ihrem Rechtsgrund
heraus regelmäßig zu erbringen sind, ändert sich ihr Charakter als laufende Einnahme nicht dadurch, dass sie - aus welchen
Gründen auch immer - dem Berechtigten zeitweise ganz oder teilweise vorenthalten und erst später in einem Betrag nachgezahlt
werden (BSG, Urteil vom 24. April 2015 - B 4 AS 32/14 R -, a.a.O., Rn. 17).
Ausgehend von diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem der Klägerin am 22.06.2015 für den Zeitraum September 2013 bis Dezember
2014 nachgezahlten Kindergeld für ihre drei Kinder um eine laufende Einnahme, welches sich im Juni 2015 bedarfsmindernd auswirkt,
denn die monatliche Auszahlung ist gesetzlich bestimmt (§
66 Abs.
2 Einkommensteuergesetz -
EStG). Die nachträgliche Auszahlung für einen zurückliegenden Zeitraum ändert, da es maßgeblich auf den Rechtsgrund ankommt, den
Charakter als laufende Einnahme nicht (Landessozialgericht <LSG> Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.11.2015 - L 19 AS 924/15 -, [...], Rn. 31 ff.). Es handelt sich auch nicht um einen "aufgestauten Betrag", der als Einkommen i.S.d. § 11 Abs. 2 S. 3 SGB II anzusehen wäre, denn ein solcher Sachverhalt wäre ausgehend von der dargestellten Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24.04.2015- B 4 AS 32/14 R -, a.a.O., Rn. 17 ff.) nur dann gegeben, wenn sich ein größerer Zeitabstand zwischen den Auszahlungen aus dem Rechtsgrund
der Zahlung ergibt (wie bei Jahressonderzahlungen oder regelmäßig wiederkehrenden Prämien). Klassische Nachzahlungen wie im
vorliegenden Fall unterfallen nicht der Regelung des § 11 Abs. 2 S. 3 SGB II, sondern nur laufende Einnahmen, die regelmäßig, aber nicht in aufeinanderfolgenden Monaten, gezahlt werden (LSG Nordrhein-Westfalen,
Urteil vom 09.11.2015, a.a.O., Rn. 33 m.w.N.).
Bei der Klägerin ist die Einnahme zu berücksichtigen, soweit die Kindergeldnachzahlung nicht zur Bedarfsdeckung ihrer Kinder
K., S. und R. von diesen selbst benötigt wird, d.h. in Höhe von 8.315,50 €. Nach § 11 Abs. 1 Satz 3, 4 SGB II wird das Kindergeld dem jeweiligen Kind nur insoweit zugeordnet, als es von diesem zur Sicherung des Lebensunterhalts (mit
Ausnahme der Bedarfe nach § 28 SGB II) benötigt wird. Der Bedarf der Töchter K. und S. nach dem SGB II betrug im Monat Juni 2015 jeweils 505,50 € (je 267,00 € Regelbedarf, §§ 19, 23 SGB II, zuzüglich Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 238,50 € [= 1/4 von 954,00 €, s.o.], § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II), der Bedarf von R. 472,50 € (234,00 € Regelbedarf zuzüglich 238,50 € anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung). Davon
abzuziehen ist zunächst der für S. in Höhe von 180,00 € und für R. in Höhe von 133,00 € bezogene Unterhaltsvorschuss. Aufwendungen
für gesetzlich vorgeschriebene Versicherungen bestanden ausweislich der Angaben der Klägerin im Antrag auf Leistungen nicht,
weshalb eine sog. "Versicherungspauschale" von 30,00 € (§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung [Alg II-V] nicht abzusetzen ist. Außerdem ist bei den älteren beiden Töchtern das laufende Kindergeld von je 184,00 abzuziehen,
bei der jüngsten Tochter R. in Höhe von 194,00 €. Aus der Kindergeldnachzahlung ist sodann vorrangig der dann noch verbleibende
Bedarf von K. in Höhe von 321,50 €, der verbleibende Bedarf von S. in Höhe von 141,50 € und der verbleibende Bedarf von R.
in Höhe von 149,50 € zu decken.
Der nach Deckung des grundsicherungsrechtlichen Bedarfs von K., S. und R. aus der Kindergeldnachzahlung von 8.928.00 € verbleibende
Rest von 8.315,50 € ist als Einkommen der Klägerin zuzuordnen (§ 11 Abs. 1 Satz 3, 4 SGB II). Der Zahlungseingang am 22.06.2015 wirkt sich bei der Klägerin bedarfsmindernd aus, obwohl sie damit, was der Senat zu ihren
Gunsten als erwiesen unterstellt, nach Erhalt der Nachzahlung am 22.06.2015, aber noch im Juni, zwei Darlehen in Höhe von
insgesamt 7.000,00 € getilgt hat. Hilfebedürftige Personen müssen ihr Einkommen auch dann zur Behebung einer gegenwärtigen
Notlage für sich verwenden, wenn sie sich dadurch außerstande setzen, anderweitig bestehende Verpflichtungen zu erfüllen.
Mit bedürftigkeitsabhängigen Grundsicherungsleistungen soll nicht zur Tilgung von Schulden beigetragen werden. Freiwillige
Zahlungen zur Tilgung von Schulden, wie sie von der Klägerin im Juni 2015 vorgenommen worden sind, können nicht vom Einkommen
abgesetzt werden (so bereits BSG, Urteil vom 19.09.2008 - B 14/7b AS 10/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 18, [...], Rn. 25). Welche Auswirkungen dies ggf. in dem darauffolgenden Bewilligungsabschnitt hat
(dazu BSG, Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 57, [...], Rn. 14 ff.) war im vorliegenden Fall nicht zu prüfen, da allein der Monat Juni 2015 streitgegenständlich
ist.
Hiernach verblieb bei der Klägerin im Juni 2015 kein ungedeckter Bedarf, weshalb die Berufung keinen Erfolg haben konnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§
160 Abs.
2 SGG) bestehen nicht. Insbesondere kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zu, da die vorrangige Inanspruchnahme
von Einnahmen zur Bedarfsdeckung und die Abgrenzung zwischen laufenden und einmaligen Einnahmen durch die angeführte Rechtsprechung
des BSG bereits geklärt sind.