Übernahme der Kosten der Heilbehandlung für eine privatärztliche Behandlung in der gesetzlichen Unfallversicherung
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beklagte dem Kläger Kosten der Heilbehandlung in Höhe von insgesamt 1.028,63 € (= 982,00 € Kosten einer
privatärztlichen Behandlung und 46,63 € Kosten für Arzneimittel) zu erstatten hat.
Der 1951 geborene Kläger, ein Steinbildhauer, ist Gesellschafter/Geschäftsführer eines in der Rechtsform einer GmbH geführten
Unternehmens.
Am 08.05.2011 ging eine Unfallanzeige des Klägers vom 07.05.2011 bei der Beklagten ein. Hiernach habe er am 24.02.2011 um
16:00 Uhr einen Unfall erlitten. Der im Betriebshof abgehängte, beladene Anhänger sei vom Unterlegkeil abgerutscht (der Hof
sei leicht schräg). Als er bemerkt habe, dass der Hänger auf ihn zugerollt sei, habe er sofort den beladenen Sackkarren, mit
dem er hantiert habe, fallen gelassen. Um nicht eingequetscht zu werden, habe er sich mit aller Kraft gegen den Hänger gestemmt.
Was er zuerst als starke Zerrungen bewertet habe, habe beim Arzt behandelt werden müssen. Verletzt worden seien der Rücken,
das Bein und der Arm. Augenzeugen habe es nicht gegeben. Erstbehandelnder Arzt sei Dr. H. (im Folgenden: Dr. H.) in S. gewesen.
Auf Anforderung der Beklagten erstattete der Arzt Dr. H., der eine Privatarztpraxis mit der Bezeichnung "orthopädische Versorgung,
Sportmedizin, Chirotherapie, Tätigkeitschwerpunkte Ostheopathie/Akupunktur" betreibt, am 23.05.2011 eine Ärztliche Unfallmeldung.
Hiernach habe sich der Kläger bei ihm am 28.02.2011 vorgestellt und angegeben, er habe am 24.02.2011 einen KFZ-Anhänger, der
weggerollt sei, mit dem Fuß zu stoppen versucht. Seither bestünden Schmerzen im rechten oberen Sprunggelenk. Zugleich bestünden
rezidivierende LWS-Probleme. Als Befund teilte er mit: "OSG-Blockierung re.: Fußheber re. 4/5 (grobe Kraft). Sonst re. OSG
o. B." Er diagnostizierte eine OSG-Blockierung rechts und eine alte Fußheberparese rechts. Weitere allgemeine Heilbehandlung
sei nicht erforderlich gewesen. Er gab weiter an, eine Vorstellungspflicht beim Durchgangsarzt habe nicht bestanden, weil
die Unfallverletzung über den Unfalltag hinaus nicht zur Arbeitsunfähigkeit geführt habe, die Behandlungsbedürftigkeit nicht
voraussichtlich mehr als eine Woche betragen habe, die Verordnung von Heilmittel wie Physiotherapie nicht erforderlich gewesen
sei und eine Wiedererkrankung an Unfallfolgen ebenfalls nicht vorgelegen habe.
In einem Fragebogen bestätigte der Kläger am 18.06.2011 die Angabe in der Unfallanzeige, wonach er die Arbeit erst am 23.03.2011
wieder aufgenommen habe. Er habe Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts durch den Arbeitgeber für bis zu sechs Monate.
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen habe er nicht beigefügt. In der gesetzlichen Krankenversicherung sei er zum Unfallzeitpunkt
nicht versichert gewesen, sondern bei der A.-B., mit Anspruch auf Krankengeld ab dem 30. Tag nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit.
Beigefügt war eine an den Kläger gerichtete Rechnung des Dr. H. vom 13.04.2011, welche die Diagnosen Lumboischialgie rechts,
V. a. alte L5-Läsion rechts und OSG-Blockierung rechts aufweist und mit der für ärztliche Behandlungen vom 28.02.2011, 15.03.2011,
17.03.2011, 21.03.2011 und 24.03.2011 insgesamt 998,43 € in Rechnung gestellt wurden. Hiernach seien am 28.02.2011 neben einer
körperlichen und neurologischen Untersuchung Röntgenaufnahmen der BWS und LWS sowie eine Beckenübersicht angefertigt und ein
chirotherapeutischer Eingriff an einer Extremität (Abrechnungsziffer A3306) durchgeführt worden. Darüber hinaus sei eine medikamentöse
Infiltrationsbehandlung im Bereich mehrerer Körperregionen mit Infiltrationsanästhesie kleiner Bezirke durchgeführt worden.
Letztere sei am 15.03.2011 und am 14.03.2011, jeweils nach körperlicher Untersuchung, wiederholt worden. Am 31.03.2011 sei
keine körperliche Untersuchung vorgenommen worden, sondern nur die Infiltrationsbehandlung mehrerer Körperregionen mit Infiltrationsanästhesie
kleiner Bezirke. Für den 24.03.2011 rechnete Dr. H. eine körperliche Untersuchung und eine eingehende neurologische Untersuchung
ab. Auf die Einzelheiten der Rechnung wird Bezug genommen. Zu den Akten reichte der Kläger auch ein Privatrezept, ausgestellt
von Dr. H. am 28.02.2011 und beliefert von einer S. Apotheke am selben Tag, über Pantozol 40 mg (14 Tabletten) für 19,80 €,
Voltaren resinat (20 Kapseln) für 10,85 € und Sirdalud 2 mg (20 Tabletten) für 15,98 €. Die insgesamt 46,63 € wurden vom Kläger
beglichen.
Auf Anfrage der Beklagten bei der Praxis Dr. H., welche auf der Rechnung aufgeführten Leistungen auf Grund des Unfallereignisses
erbracht worden seien, teilte eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter der Praxis der Sachbearbeiterin der Beklagten gemäß
Aktenvermerk vom 23.08.2011 telefonisch mit, dass die Ziffer 1 der Rechnung sowie die Ziffer A3306 vom 28.02.2011 den Unfall
vom 24.02.2011 beträfen. Die Rechnung sei bereits vom Kläger vollständig beglichen worden.
Mit Schreiben vom 07.09.2011 (Blatt 31 Verwaltungsakte der Beklagten (VA) teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie habe die
eingereichte Privatrechnung überprüft. Nach Angabe der Praxis Dr. H. beträfen die Ziffer 1 sowie die Ziffer A3306 das Ereignis
vom 24.02.2011. Die weiteren Abrechnungsziffern/Behandlungsmaßnahmen seien nicht auf das Ereignis zurückzuführen. Die genannten
Ziffern würden im Rahmen ihrer Leistungspflicht übernommen, was bedeute, dass der Kläger einen Betrag in Höhe von 16,43 €
erhalte.
Mit Schreiben vom 26.09.2011 teilte Dr. H. als Befund mit: "Pseudovorlauf re. SIG, Lasegue re. 50°; Druckschmerz über L4/5
5/S1 re., Fußheber re. 4/5, sonstiger neurologischer Befund o. B.; re. OSG: Talus anterior re.-Blockierung, sonst o. B.".
Als Diagnosen teilte er eine akute Lumboischialgie re., einen Verdacht auf eine alte L5-Läsion re. und eine OSG-Blockierung
re. mit. Der Kläger habe sich wegen der o. g. Schmerzen am 28.02.2011 erstmalig in seiner Praxis befunden und habe von einem
Unfall am 25.02.2011 berichtet. Er habe beim Arbeiten einen Anhänger mit dem rechten Fuß gestoppt, seitdem leide er unter
ausgeprägten Schmerzen am re. OSG und der LWS rechts betont. Auf Grund der akuten Schmerzen habe er am 28.02., 15.03., 17.03.
und 21.03.2011 perineurale und peridurale Injektionen erhalten. Zum Kontrolltermin am 24.03.2011 habe er bezüglich der LWS
und dem re. OSG angegeben, schmerzfrei zu sei. Er habe eine Anleitung zur Wirbelsäulengymnastik erhalten, die er in Eigenregie
durchführen könne.
Am 24.11.2011 bat der Kläger telefonisch um einen widerspruchsfähigen Bescheid. Mit Bescheid vom 24.11.2011 teilte die Beklagte
dem Kläger mit, Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung würden auf Grund einer am 24.02.2011 erlittenen Blockierung
des rechten oberen Sprunggelenks anerkannt. Dr. H. habe eine Blockierung im Bereich des rechten oberen Sprunggelenks sowie
eine alte Fußheberparese bei rezidivierenden Problemen der Lendenwirbelsäule diagnostiziert. Bei der röntgenologischen Untersuchung
seien u. a. eine fortgeschrittene Osteochondrose, Spondylarthrose, osteophytäre Anbauten am Pfannendach sowie eine Femurkopfabflachung
beidseits festgestellt worden. Bei den röntgenologisch festgestellten Körperschäden handele es sich um vorbestehende verschleißbedingte
Veränderungen, die in keinem Zusammenhang mit den Ereignis gestanden wären. Unfallbedingt habe eine Blockierung im Bereich
des rechten oberen Sprunggelenks bestanden. Nach Auskunft von Dr. H. habe unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit lediglich
am 28.02.2011 bestanden. Unfallbedingt seien eine Untersuchung und ein chirotherapeutischer Eingriff durchgeführt worden.
Die Behandlungen auf Grund von unfallunabhängigen Erkrankungen gingen zu Lasten des Klägers. Mit weiterem Schreiben vom 24.11.2011
teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie habe die ihr gemeldeten Unfälle geprüft. Demnach habe der Kläger am 27.12.2006 einen
Grabstein abgebaut und sei mit einer Hebereisen abgerutscht. Dabei habe er Schmerzen im Bereich der LWS verspürt. Mit bindend
gewordenem Bescheid vom 28.11.2007 sei das Vorliegen eines Arbeitsunfalls abgelehnt worden. Weitere Versicherungsfälle mit
LWS-Beteiligung seien nicht gemeldet. Für Behandlungen vom 28.02.2011 bis einschließlich 23.11.2011, welche auf Grund einer
Lumboischialgie durchgeführt worden seien, sei die Leistungspflicht der Beklagten nicht gegeben. Weitere Informationen seien
aus dem Bescheid vom 24.11.2011 zu entnehmen.
Mit Schreiben vom 27.08.2012 forderte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten die Erstattung der für Dr. H. aufgewandten
Kosten von 998,43 € abzüglich schon bezahlter 16,43 € sowie von Medikamentenkosten in Höhe von 46,63 € nebst 5 % Zinsen über
dem Basiszinssatz für den Zeitraum vom 07.09.2011 bis 04.09.2012 (= 53,08 €), sodass er seine Gesamtforderung mit 1.081,51
€ bezifferte.
Mit Schreiben vom 30.08.2012 verwies die Beklagte auf ihren Bescheid vom 24.11.2011, aus welchem zu entnehmen sei, dass sie
ihre Leistungspflicht auf Grund einer Blockierung des oberen Sprunggelenks mit unfallbedingter Behandlungsbedürftigkeit am
28.02.2011 anerkannt habe. Der Bescheid sei bindend geworden.
Mit Schreiben vom 20.02.2013 übermittelte der Bevollmächtigte des Klägers eine ärztliche Stellungnahme des Dr. H. zur Vorlage
bei der Beklagten vom 05.02.2013 (Blatt 44 VA), in welcher dieser ausführte, die Behandlungskosten zur Rechnung vom 13.04.2011
seien alle auf den Unfall vom 24.02.2011 zurückzuführen.
Der hierauf konsultierte Beratungsarzt Dr. K. führte mit Stellungnahme vom 07.02.2013 aus, bei dem Ereignis vom 24.02.2011
handle es sich um ein geeignetes Unfallereignis im Sinne einer Sprunggelenksdistorsion rechts bei vorbestehenden wiederkehrenden
LWS-Problemen. Den Ausführungen des Dr. H. könne er sich nicht anschließen. Lediglich die Erstbehandlungskosten seien von
der Beklagten zu übernehmen. Bezüglich der weiteren Kosten empfahl er eine Anfrage bei Dr. H., warum keine Durchgangsarzt-Vorstellung
erfolgt sei und weshalb die Behandlungen noch wegen Unfallfolgen notwendig gewesen seien.
Auf die diesbezügliche Anfrage der Beklagten vom 28.02.2013 teilte Dr. H. mit Schreiben vom 08.03.2013 mit, zunächst habe
der Kläger angegeben, bei dem Unfall vom 24.02.2011 einen KFZ-Anhänger mit dem rechten Fuß gestoppt haben zu wollen, weshalb
er zunächst von einer unfallbedingten Blockierung des rechten oberen Sprunggelenks ausgegangen sei. Im Schreiben vom 24.01.2013
habe er betont, er habe den auf sich zurollenden Anhänger mit ungünstig verdrehter Körperhaltung aufhalten müssen. Ob es hierbei
zu einem direkten LWS-Anpralltrauma gekommen sei oder nicht, gehe aus seiner Schilderung nicht hervor. Die anamnestisch geklagten
unfallbedingten Schmerzen lumbal mit Ausstrahlung in das rechte Bein im Sinne einer Lumboischialgie rechts könnten als frisches
unfallbedingtes Ereignis angesehen werden. Die bereits 2006 beschriebenen degenerativen Veränderungen an der LWS und der neurologische
Befund von Dr. R. vom 21.03.2011 schlössen eine Beteiligung alter neurologischer Defizite nicht sicher aus.
Auf Anforderung der Beklagten übermittelte Dr. H. noch das Schreiben des Klägers vom 24.01.2013. Darin teilte er Dr. H. u.
a. mit, die Darstellung in seiner Stellungnahme vom 26.09.2011, er habe den ins Laufen gekommenen Anhänger mit dem Fuß gestoppt,
sei falsch. Richtig sei, und so habe er es auch angegeben, dass er den auf sich zurollenden Anhänger mit ungünstig verdrehter
Körperhaltung habe aufhalten müssen. Sein Anwalt habe ihm berichtet, dass die Beklagte bereit sei, alle Behandlungskosten
zu übernehmen, wenn durch eine Stellungnahme des Dr. H. klargestellt werde, dass die Behandlungskosten auf den Unfall zurückzuführen
seien. Ohne den Unfall und die daraus resultierenden Schmerzen hätte der Kläger keinen Grund gehabt, die Praxis des Dr. H.
aufzusuchen.
Mit an Dr. H. gerichtetem Befundbericht vom 22.03.2011 teilte der Neurologe Dr. R. die Diagnosen einer Wurzelirritation L5
rechts und einer Polyneuropathie mit. Er führte in seiner Beurteilung aus, neben Zeichen einer Polyneuropathie habe sich bei
der neurologischen Untersuchung mit diskreter Fußheberparese und Hypästhesie an der rechten Großzehe ein Hinweis für eine
Wurzelirritation L5 rechts gefunden. Elektrophysiologisch sei die Polyneuropathie als sensible, axonale Neuropathie bestätig
worden. Nach sehr langer Zeit sei von einer operativen Intervention an der LWS eher keine Verbesserung der Fußheberschwäche
mehr zu erwarten.
Auf erneute Anfrage der Beklagten teilte Dr. H. mit Schreiben vom 25.04.2013 mit, der Kläger habe am 28.02.2011 angegeben,
bei dem Unfall den KFZ-Anhänger mit dem rechten Fuß gestoppt zu haben. Da er zunächst von einer unfallbedingten Blockierung
des rechten OSG ausgegangen sei, die keine weitere allgemeine Heilbehandlung erfordert hätte, habe er den Kläger nicht zu
einem für das berufsgenossenschaftliche Heilverfahren zugelassenen Arzt überwiesen.
Mit weiterer Stellungnahme vom 19.06.2013 verwies der Beratungsarzt Dr. K. auf seine Stellungnahme vom 07.02.2013.
Telefonisch teilte Dr. H. dem Sachbearbeiter der Beklagten am 08.04.2013 (Vermerk Blatt 82 VA) mit, er habe anlässlich der
ersten Vorstellung die Blockierung des rechten oberen Sprunggelenks im Vordergrund gesehen und die Beschwerden der LWS als
unfallunabhängig und vorbestehend angesehen. Seiner Ansicht nach sei es auch nicht zu einer vorübergehenden Verschlimmerung
der Vorschäden der Wirbelsäule gekommen. Den Unfallhergang habe der Kläger bei der erstmaligen Vorstellung am 28.02.2011 seiner
Erinnerung nach angegeben wie im damaligen Bericht der ärztlichen Unfallmeldung wiedergegeben. Die Version mit der verdrehten
Körperhaltung könne Dr. H. aus seinem Gedächtnis heraus nicht bestätigen.
Mit Bescheid vom 11.07.2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie habe mit Bescheid vom 24.11.2011 eine Blockierung im rechten
oberen Sprunggelenk mit Behandlungsbedürftigkeit bis 28.02.2011 als Unfallfolge anerkannt. Behandlungskosten wegen einer Lumboischialgie
rechts und eines Verdachts auf alte L5-Läsion rechts seien nicht übernommen worden. Auf Grund der Angaben des Klägers im Schreiben
vom 24.01.2013 an Dr. H. seien die Unterlagen nochmals überprüft worden. Letztlich bleibe die Beklagte bei ihrer Entscheidung
vom 24.11.2011. Eine Rechtsbehelfsbelehrung war dem Schreiben nicht beigefügt.
Unter Bezug darauf kündigte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten mit Fax vom 22.07.2014 eine Stellungnahme bis Mitte August
an und verwies darauf, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht beigefügt worden sei, sodass nachteilige Fristen nicht laufen
könnten. Auf die Bitte der Beklagten um Klarstellung, ob es sich um einen Widerspruch gegen die Entscheidung im Schreiben
vom 11.07.2013 handle, bejahte dies der Klägerbevollmächtigte mit weiterem Fax vom 14.08.2013 und führte aus, der Kläger habe
sich gegen den Anhänger gestemmt und sei dadurch verletzt worden. Letztlich spiele keine Rolle, ob es sich um alte Verletzungen
handle, die dadurch wieder aufgebrochen seien oder um neue Verletzungen. Er begehre die Erstattung der Behandlungskosten.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.02.2013 zurück. Mit Bescheid vom 11.07.2013
sei der Bescheid vom 24.11.2011 nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) überprüft worden. Die Einwände des Klägers hätten zu keiner anderen Entscheidung führen können. Eine Rücknahme des Bescheides
vom 24.11.2011 sei zu Recht abgelehnt worden.
Hiergegen hat der Kläger am 11.03.2014 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und vorgetragen, es handle sich zweifelsfrei um einen Betriebsunfall. Der behandelnde Arzt habe auch bestätigt,
dass die Therapie ausschließlich zur Behandlung des Betriebsunfalls gedient habe. Er habe weitere Arbeitsunfälle erlitten,
die jedoch in der Akte der Beklagten nicht dokumentiert seien. Den genauen Zeitraum könne er nicht benennen. Diese Arbeitsunfälle
stünden mit den nunmehr erlittenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen in Zusammenhang.
Die Beklagte ist der Klage unter Berufung auf die Feststellungen in den angefochtenen Bescheiden entgegen getreten.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers nach §
109 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) hat am 13.02.2015 der Orthopäde Dr. S. ein Gutachten erstattet. Er hat den Befund eines stärkeren Palpationsschmerzes bei
L5/S1 rechts mit Ausstrahlung bis in die Großzehe, von Sensibilitätsstörungen der Zehen I bis III am rechten Vorfuß, einer
Abschwächung der Zehendorsalextension und geringer der Fußhebung rechts und eines vom Gesäß ausstrahlenden Taubheitsgefühls,
eines bei 70° Beinhebung rechts positiven laségue'schen Zeichens und einer leichten Muskelverschmächtigung am rechten Bein
erhoben. Die Veränderungen und Beschwerden seien im Wesentlichen schon 2005 und 2006 erwähnt und liefen unter den Diagnosen
rezidivierende Lumboischialgien, z.B. NPP-Syndrom L4/5 mit Taubheit rechtes Bein. Durch das Unfallereignis mit plötzlichem
Rotationstrauma der unteren LWS und plötzlicher muskulärer Anspannung sei es zur akuten Verschlimmerung gekommen. Die Beschwerden
seien unter der Behandlung bei Dr. H., also nach vier Wochen, subjektiv und objektiv abgeklungen. Insgesamt handle es sich
um eine unfallbedingte passagere Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens. Die Schilderung des Unfallhergangs sei geeignet,
einen mehrwöchigen schmerzhaften Heilungsverlauf bei einer vorbestehenden Lumboischialgie zu verursachen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.08.2015 hat der Kläger erklärt, nach seiner Erinnerung habe Dr. H. bei der Behandlung
am 28.02.2011 keine Behandlung am oberen Sprunggelenk rechts vorgenommen. Nach seiner Erinnerung seien alle Untersuchungen
und Behandlungen hinsichtlich Wirbelsäulenbeschwerden erfolgt. Dies gelte auch für die Injektionen, die alle am Rücken gewesen
seien.
Mit Urteil vom 19.08.2015 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger gegenüber Dr. H. nichts über ein direktes LWS-Anpralltrauma
berichtet habe. Dr. H. habe auf bereits 2006 beschriebene degenerative Veränderungen an der LWS hingewiesen. Dies werde bestätigt
durch den bestandskräftigen Bescheid der Beklagten vom 28.11.2007, in welchem ebenfalls von Schmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich
und massiven Vorerkrankungen ausgegangen werde. Auch der Sachverständige Prof. Dr. S. bestätige die gravierenden vorbestehenden
Veränderungen und Beschwerden in Form rezidivierender Lumboischialgien und eines NPP-Syndroms L4/5 mit Taubheit des rechten
Beins bereits in 2005 und 2006. Wenn die Beklagte auf Grund der nachgewiesenen Vorerkrankungen lediglich die Behandlung des
oberen rechten Sprunggelenks, die nur am 28.02.2011 erfolgt sei, als unfallbedingt entschädigt habe, sei dies nicht zu beanstanden.
Nichts anderes ergebe sich auch aus dem Gutachten von Prof. Dr. S., der lediglich bei Unterstellung eines plötzlichen Rotationstraumas
der unteren LWS eine zeitweise Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens annehme. Ein solches sei aber nicht erwiesen.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 28.08.2015 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.09.2015 Berufung
eingelegt. Ein Verfahren nach § 44 SGB X stehe nur deshalb im Streit, weil der Bescheid der Beklagten vom 24.11.2011 erst mit Schreiben der vorherigen Bevollmächtigten
des Klägers vom 27.08.2012 schriftlich angegriffen worden sei. Er habe sich allerdings innerhalb der Widerspruchsfrist schon
telefonisch bei der Beklagten gemeldet. Von dort sei ihm mitgeteilt worden, sein Anliegen sei ordnungsgemäß aufgenommen worden
und es bräuchte nichts weiter veranlasst werden. Er habe in der Unfallschilderung als verletztes Körperteil an erster Stelle
den Rücken aufgeführt. Zwar möge in der Unfallschilderung nicht ausdrücklich eines verdrehte Haltung geschildert worden sein.
Alleine der geschilderte Hergang zeige jedoch, dass eine verdrehte Haltung mit Auswirkung auf die Lendenwirbelsäule sehr wohl
nachvollziehbar sei. Entgegen den Ausführungen im Urteil handle es sich auch nicht um eine selbstbeschaffte Leistung. Im Rahmen
der Unfallversicherung kämen für einen Kostenerstattungsanspruch nicht die Grundsätze des §
13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) entsprechend zur Anwendung. Außerdem habe Prof. Dr. S. als Gutachter eindeutig bestätigt, dass das Unfallereignis geeignet
gewesen sei, eine akute Thorakolumbalgie bei rezidivierenden vorhergehenden Lumboischialgien hervorzurufen. Selbst wenn man
vorbestehende Leiden unterstelle, sei eine unfallbedingte passagere Verschlimmerung dieser Leiden attestiert worden. Diese
unfallbedingten Schmerzen seien behandlungsbedürftig gewesen. Außerdem habe er bereits mehrfach vorgetragen, dass es sich
hinsichtlich etwaiger Vorerkrankungen ebenfalls um Arbeitsunfälle gehandelt habe, für welche die Beklagte die entsprechenden
Arztrechnungen bezahlt habe.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19.08.2015 und den Bescheid der Beklagten vom 11.07.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 13.02.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 24.11.2011 zu verurteilen, dem Kläger Behandlungskosten
in Höhe von 1.028,63 € zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Kläger zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung erster Instanz für zutreffend.
Der Senat hat von der Beklagten die dort vorliegenden Unterlagen über Arbeitsunfälle des Klägers vom 15.10.2001, 04.12.2003,
16.11.2005 und 27.12.2006 beigezogen. Im Erörterungstermin vom 15.03.2016 hat der Kläger angegeben, er habe den Unfall an
einem Donnerstag erlitten und dann, als die Schmerzen nicht weggegangen seien, am Freitagnachmittag versucht, Termine bei
mehreren Durchgangsärzten zu bekommen. Dort seien allerdings nur Bandansagen gelaufen. Erst Dr. H. habe ihm einen Termin gleich
am Montag gegeben. Erst später habe er gemerkt, dass er mit der Abrechnung nicht nach allen Regeln der Kunst vorgehe. Ihm
sei nicht klar gewesen, dass er zunächst einen Durchgangsarzt aufsuchen müsse, nachdem er einen Unfall erlitten habe. Er suche
den Arzt auf, der ihm schnellstmöglich Hilfe bringe. Als er Dr. H. aufgesucht habe, sei ihm schon klar gewesen, dass es sich
um einen Privatarzt gehandelt habe. Allerdings habe er ihn bei der ersten, zweiten oder dritten Behandlung darauf angesprochen,
wie das mit der Bezahlung sei. Daraufhin habe er die Aussage bekommen, dass Berufsgenossenschaften gut zahlten. Er habe keinen
Grund gehabt zu zweifeln, dass es funktioniere. Jetzt sei ihm klar, dass Dr. H. nur die Erstbehandlung hätte machen dürfen
und ihn dann zu einem Durchgangsarzt hätte weiterüberweisen müssen. Allerdings sei er von Dr. H. bei der Behandlung darüber
nicht aufgeklärt worden. Auch von Seiten der Beklagten habe er das nicht gewusst.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte
der Beklagten und die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die nach den §§
143,
144 und
151 Abs.
1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil
ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 SGG), ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet.
Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 11.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 13.02.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Voraussetzungen des § 44 SGB X sind nicht erfüllt. Die Beklagte hat die Aufhebung ihres bestandskräftig gewordenen Bescheides vom 24.11.2011 zu Recht abgelehnt,
denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung von insgesamt 1.028,63 € von ihm selbst getragener Kosten, im Einzelnen
982,00 € für ärztliche Behandlung durch Dr. H. gemäß dessen vom Kläger bereits bezahlter Rechnung vom 13.04.2011 über 998,43
€ (abzüglich von der Beklagten bereits bezahlter 16,43 €) und 46,63 € für von Dr. H. verordnete und vom Kläger am 28.02.2011
beschaffte Arzneimittel (Rechnung der Dr. B. Apotheke vom 28.02.2011 auf Privatrezept vom 28.02.2011).
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers auf Rücknahme des Bescheids vom 24.11.2011 ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Hiernach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen,
soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt
ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder
Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung (§
77 SGG) eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen (BSG, Urteil vom 04.02.1998 - B 9 V 16/96 R = SozR 3-1300 § 44 Nr. 24). Ist ein Verwaltungsakt rechtswidrig, hat der betroffene Bürger einen einklagbaren Anspruch auf
Rücknahme des Verwaltungsaktes unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde (BSG, Urteil vom 28.01.1981 - 9 RV 29/80 = BSGE 51, 139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr. 5; BSG SozR 2200 § 1268 Nr. 29). Entsprechend dem Umfang des Vorbringens des Versicherten muss die Verwaltung in eine erneute Prüfung eintreten und
den Antragsteller bescheiden (BSG, Urteil vom 25.09.2006 - B 2 U 24/05 R = BSGE 97, 54 = [...], RdNr. 12 m.w.N.). § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X führt zwei Alternativen an, weswegen ein Verwaltungsakt zurückzunehmen sein kann: Das Recht kann unrichtig angewandt oder
es kann von einem Sachverhalt ausgegangen worden sein, der sich als unrichtig erweist. Nur für die zweite Alternative kommt
es auf die Benennung neuer Tatsachen und Beweismittel an, woran sich ggf. ein abgestuftes Prüfungsverfahren (Vorlage neuer
Tatsachen oder Erkenntnisse - Prüfung derselben, insbesondere ob sie erheblich sind - Prüfung, ob Rücknahme zu erfolgen hat
- neue Entscheidung) anschließt (BSG, Urteil vom 25.09.2006, a.a.O., RdNr. 13). Bei der ersten Alternative handelt es sich demgegenüber um eine rein juristische
Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung, zu der von Seiten des Klägers zwar Gesichtspunkte beigesteuert werden können,
die aber letztlich umfassend von Amts wegen zu erfolgen hat.
Der Bescheid vom 24.11.2011 ist bestandskräftig geworden (§
77 SGG). Der Kläger hat den Bescheid, der ihm per einfachem Brief bekanntgegeben worden ist (§ 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X) und der eine zutreffende Rechtsbehelfsbelehrung enthalten hat, nach seinem eigenen Vortrag tatsächlich erhalten (Fax seines
Bevollmächtigten vom 27.08.2012, Bl. 38 VA). Er gilt daher am dritten Tage nach Aufgabe zur Post, d.h. am 27.011.2011, als
bekannt gegeben. Schriftlich oder persönlich zur Niederschrift (zum Erfordernis der persönlichen Anwesenheit bei der aufnehmenden
Behörde Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG-Kommentar, 11. Auflage 2014, §
84 Rn. 3b) hat der Kläger den Verwaltungsakt während der Monatsfrist (vgl. §
84 Abs.
1 Satz 1
SGG) nach Bekanntgabe nicht angefochten. Zwar hat er behauptet (Fax vom 20.02.2013), selbst gegen den Bescheid vom 24.11.2011
vorgegangen zu sein und telefonisch bei der Sachbearbeiterin der Beklagten bzw. bei deren Vorgesetzten Widerspruch eingelegt
zu haben. Eine telefonische Einlegung des Widerspruchs ist jedoch nicht ausreichend, jedenfalls dann, wenn - wie hier - darüber
kein Aktenvermerk angefertigt worden ist (Leitherer in: Meyer-Ladewig et al., a.a.O. § 84 Rn. 3a m.w.N.).
Richtige Klageart zur Erreichung des angestrebten Klageziels ist vorliegend die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage
nach §
54 Abs.
1 SGG und §
55 Abs.
1 Nr.
3 SGG. Einer zusätzlichen Verpflichtungsklage, mit der die Beklagte verpflichtet werden soll, ihren früheren, dem geltend gemachten
Anspruch entgegenstehenden Bescheid selbst aufzuheben, bedarf es in allen Gerichtsverfahren zur Überprüfung eines Verwaltungsaktes
nach § 44 SGB X nicht. Mit der Anfechtungsklage gegen den eine Zugunstenentscheidung ablehnenden Bescheid kann zugleich die Aufhebung des
früheren, dem Klageanspruch entgegenstehenden (Ausgangs-) Bescheides unmittelbar durch das Gericht verlangt werden (BSG, 05.09.2006 - B 2 U 24/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 18).
Die Voraussetzung für eine Korrektur der angegriffenen Entscheidung der Beklagten nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind nicht erfüllt. Anhaltspunkte für eine unrichtige Rechtsanwendung liegen nicht vor. Die Beklagte hat ihre Aufhebungsentscheidung
auch nicht auf einen unzutreffenden Sachverhalt gestützt. Ob der Kläger, wie nun von ihm behauptet, den auf ihn zurollenden
Anhänger mit ungünstig verdrehter Körperhaltung aufgehalten hat, ist für den behaupteten Anspruch auf Erstattung der Heilbehandlungskosten
nicht entscheidungserheblich. Auch wenn man unterstellt, dass die vom Kläger selbst bezahlte privatärztliche Behandlung durch
Dr. H. ausschließlich wegen gesundheitlicher Folgen des Arbeitsunfalls vom 24.02.2011 durchgeführt und die am 28.02.2011 verordneten
Arzneimittel ausschließlich der Behandlung gesundheitlicher Folgen des Arbeitsunfalls vom 24.02.2011 gedient haben, besteht
aus den nachfolgend dargelegten Gründen dennoch kein Erstattungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte.
Nach §
26 des
Siebten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB VII) haben Versicherte nach Maßgabe der folgenden Vorschriften und unter Beachtung des
Neunten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB IX) Anspruch auf u.a. Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Zur Heilbehandlung gehört neben
ärztlicher Behandlung (§§
27 Abs.
1 Nr.
2,
28 SGB VII) auch die Versorgung mit Arzneimitteln (§§
27 Abs.
1 Nr.
4,
29 SGB VII). Leistungen der Heilbehandlung sind nach §
26 Abs.
4 Satz 2
SGB VII als Sach- und Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen und daher als "Naturalleistung" zu gewähren (vgl. BSGE 73, 271, 274 = SozR 3-2500 §
13 Nr. 4 m.w.N.); Ausnahmen sollen nur dann gelten, wenn dies im
SGB VII oder
SGB IX ausdrücklich vorgesehen ist. Eine Kostenerstattung für selbst beschaffte Leistungen zur Heilbehandlung und Rehabilitation
findet allein unter den Voraussetzungen des §
13 Abs.
3 des
Fünften Buches Sozialgesetzbuch (
SGB V) statt; diese Vorschrift ist in der gesetzlichen Unfallversicherung entsprechend anwendbar, da hier eine Regelungslücke hinsichtlich
der Kostenerstattung besteht, die diese Vorschrift sachgerecht ausfüllt (st. Rspr., BSG, Urteile vom 24.02.2000 - B 2 U 12/99 R - SozR 3-2200 § 567 Nr. 3, [...], Rn. 16 f., vom 20.03.2007 - B 2 U 38/05 R -, SozR 4-1300 § 48 Nr. 10, [...], Rn. 13 und vom 03.04.2014 - B 2 U 21/12 R - BSGE 115, 247-256, [...], Rn. 14 f.).
Nachdem der Kläger keinen zugelassenen Durchgangsarzt (vgl. zur Befugnis der Unfallversicherungsträger, besondere Anforderungen
an Befähigung, personelle und sächliche Ausstattung festzulegen, §
34 Abs.
1 Satz 2
SGB VII) aufgesucht, er mithin den primären Beschaffungsweg als Sach- oder Dienstleistung verlassen hat (vgl. Noftz in: Hauck/Noftz, Kommentar zum
SGB V, Stand 12/2015, §
13 Rn. 43) und sich die Leistungen zur Behandlung der nach dem Ereignis vom 24.02.2011 aufgetretenen Gesundheitsstörungen in
der Privatpraxis des Dr. H. und aufgrund der Verordnung von Dr. H. in einer Apotheke (Privatrezept vom 28.02.2011) selbst
beschafft hat, kommt eine Erstattung der vom Kläger infolge dessen selbst getragenen Kosten in Höhe von insgesamt 1.028,63
€ nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen des analog anzuwendenden §
13 Abs.
3 Satz 1
SGB V erfüllt sind (so ebenfalls mit zutreffenden Gründen Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 21.05.2015 - L 6 U 4698/14 -, [...], Rn. 28 ff.), was hier nicht der Fall ist.
Eine Kostenerstattung in der gesetzlichen Unfallversicherung hinsichtlich einer selbstbeschafften Leistung kommt hiernach
nur in Betracht, wenn der Unfallversicherungsträger (1.) eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte
oder wenn er (2.) eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Zusätzlich muss ein Kausalzusammenhang zwischen dem die Haftung
begründenden Umstand (bei der Alternative 1.: Unvermögen zur rechtzeitigen Leistung; bei Alternative 2.: rechtswidrige Ablehnung)
und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) bestehen (BSG, Urteil vom 24.02.2000 - B 2 U 12/99 R -, a.a.O., Rn. 18 m.w.N.).
Unaufschiebbare Leistungen im Sinne der ersten Alternative hat Dr. H. am 28.02.2011, 15.03.2011, 17.03.2011, 21.03.2011 und
am 24.03.2011 nicht erbracht. Auch die von diesem auf Privatrezept vom 28.02.2011 verordneten und vom Kläger am selben Tage
in der B. Apotheke selbst gekauften Arzneimittel waren keine unaufschiebbaren Leistungen in diesem Sinne. §
13 Abs.
3 SGB V gewährt einen Erstattungsanspruch für den Ausnahmefall, dass eine vom zuständigen Leistungsträger geschuldete notwendige
Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur
Verfügung gestellt werden kann. Die Befolgung des Sachleistungsgrundsatzes wird dadurch abgesichert, dass eine Kostenerstattung
nur erfolgt, wenn tatsächlich eine Versorgungslücke festgestellt wird (BSG, Urteil vom 02.11.2007 - B 1 KR 14/07 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 15, [...], Rn. 24, 25). In zumutbarer Wohnortnähe des Klägers gibt es mehrere Durchgangsärzte, die
diesem auch bekannt waren. Das entnimmt der Senat dem Protokoll des Erörterungstermins vom 15.03.2016, in welchem der Kläger
angegeben hat, am Freitagnachmittag, den 25.02.2011, zunächst versucht zu haben, bei mehreren Durchgangsärzten Termine zu
bekommen. Objektiv war die Beklagte somit der Lage, die Behandlung des Klägers als Naturalleistung zu erbringen. Der Umstand,
dass der Kläger am Freitagnachmittag bei den von ihm telefonisch kontaktierten Durchgangsarztpraxen keinen Behandlungstermin
für den darauffolgenden Montag bekommen hat, begründet noch kein das Eingreifen des §
13 Abs.
3 SGB V (analog) auslösendes Systemversagen. Vielmehr hätte zu den Obliegenheiten des Klägers zumindest gehört, einen zugelassenen
Durchgangsarzt persönlich aufzusuchen (vgl. zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung BSG, Urteil vom 02.11.2007 - B 1 KR 14/07 R -, a.a.O., Rn. 28, 34). Auch am Wochenende hätte die Möglichkeit bestanden, die Ambulanz eines Krankenhauses aufzusuchen,
wäre eine Behandlung wirklich unaufschiebbar gewesen. Ausgehend davon, dass der Kläger nicht sofort ärztliche Behandlung in
Anspruch genommen hat, sondern erst nach dem Wochenende, am Montag, den 28.02.2011, vermag der Senat sich nicht die Überzeugung
zu bilden, dass die von Dr. H. durchgeführte Behandlung, einschließlich der Verordnung und Beschaffung von Arzneimitteln am
28.02.2011, unaufschiebbar war.
Auch die Voraussetzungen des §
13 Abs.
3 Satz 1 Fall 2
SGB V (analog) sind nicht erfüllt. Dem Kläger sind die geltend gemachten Kosten nicht dadurch entstanden, dass die Beklagte die
Durchführung der Heilbehandlung zu Unrecht abgelehnt hat, sondern dadurch, dass er eigeninitiativ eine privatärztliche Behandlung
in Anspruch genommen hat. Weder die Beklagte noch einer ihrer Durchgangsärzte, der sich die Beklagte zur Erbringung ihrer
Leistungen bedient, hatten überhaupt nur Kenntnis von dem am 24.02.2011 erlittenen Unfall oder den danach aufgetretenen Gesundheitsstörungen.
Ein auf die Verweigerung der Naturalleistung gestützter Erstattungsanspruch scheidet aber aus, wenn sich der Versicherte die
Leistung besorgt hat, ohne zuvor den Unfallversicherungsträger einzuschalten und ihre Entscheidung abzuwarten. Nach Wortlaut
und Zweck der Vorschrift (s.o., Erstattungsanspruch nur im Ausnahmefall bei Systemversagen) muss zwischen dem die Haftung
begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen.
Daran fehlt es, wenn der Unfallversicherungsträger- wie hier - vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren
gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (BSG, Urteile vom 24.02.2000 - B 2 U 12/99 R -, a.a.O., Rn. 18 f. und [zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung] Urteil vom 02.11.2007 - B 1 KR 14/07 R -, BSGE 99, 180-189, SozR 4-2500 § 13 Nr. 15, SozR 4-3250 § 15 Nr. 1, [...], Rn. 24).
Auch die Berufung darauf, dass Dr. H. unterlassen habe, den Kläger darüber zu informieren, dass er kein Leistungserbringer
der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung ist und gegenüber dieser Behandlungen nur in Ausnahmefällen abrechnen kann,
vermag einen Erstattungsanspruch nicht zu begründen. Wenn Dr. H. tatsächlich, worauf das Vorbringen des Klägers im Erörterungstermin
vom 15.03.2016 hindeutet, wonach er von Dr. H. auf Frage nach der Bezahlung lediglich die Auskunft "Berufsgenossenschaften
zahlen gut" erhalten haben will, eine beim Kläger bestehende Unsicherheit über seine Berechtigung zur Leistungserbringung
für die Beklagte dadurch unterlaufen hat, dass er ihn sehenden Auges in ein Kostenerstattungsverfahren analog §
13 Abs.
3 SGB V getrieben hat, um die Leistungen selbst zu Lasten der Beklagten erbringen zu können, stünde dies der Geltendmachung eines
Erstattungsanspruchs entgegen. Denn Zahlungen ohne Rechtsgrund vermögen keinen Kostenerstattungsanspruch auszulösen, da in
einem solchen Fall Honorarforderungen des Leistungserbringers regelmäßig nicht entstehen, weil getroffene Entgeltabreden nichtig
sind (BSG, Urteil vom 02.11.2007 - B 1 KR 14/07 R -, a.a.O., Rn. 15 f.). Allerdings hat der Senat an der Darstellung des Klägers Zweifel. Dieser hat nach seinem eigenen Vorbringen
im Erörterungstermin vom 15.03.2016 nicht nur gewusst, dass er sich in eine privatärztliche Behandlung begeben hat. Ihm muss
auch, entgegen seinem Vorbringen im Erörterungstermin, nicht nur als Betriebsinhaber, sondern auch durch mehrere zuvor erlittene
Arbeitsunfälle (vom 15.10.2001, 04.12.2003, 16.11.2005 und 27.12.2006) geläufig gewesen sein, dass er sich nach erlittenem
Arbeitsunfall an einen von den Berufsgenossenschaften zugelassenen Durchgangsarzt zu wenden hatte. Letztlich kann dies aus
den angeführten rechtlichen Gründen aber dahinstehen.
Hiernach besteht der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch des Klägers nicht, weshalb die Berufung als unbegründet zurückzuweisen
war.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.