Anspruch auf Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren; Prüfung der hinreichenden Erfolgsaussicht
Gründe:
I. Streitig ist, ob die Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) in Form eines
Zuschusses oder Darlehens zu erbringen hat.
Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 02.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2009 in der Fassung des
Änderungsbescheides vom 02.07.2009 Alg II für die Zeit vom 09.03.2009 bis 31.08.2009 in Form eines Darlehens. Der Kläger sei
zu 1/4 Miteigentümer eines Grundstückes mit Wohngebäude gewesen und habe diesen Anteil mit notarieller Urkunde vom 26.01.2007
an seinen Bruder und Miteigentümer zur Begleichung eines von diesem schon in den Jahren zuvor gewährten Darlehens in Höhe
von 11.000,00 EUR übertragen. Tatsächlich handele es sich um eine Schenkung, sodass der Kläger einen Rückübertragungsanspruch
habe; eine Darlehensgewährung durch den Bruder sei nicht nachgewiesen. Laut Sparkasse werde das Grundstück auf dem Immobilienmarkt
mit 105.000,00 EUR zum Verkauf angeboten, sodass von einem Wert des verschenkten Anteils des Klägers in Höhe von 26.250,00
EUR auszugehen sei. Zudem stehe ihm noch der Rückkaufswert einer Lebensversicherung in Höhe von 6.811,75 EUR zur Verfügung.
Sein Gesamtvermögen belaufe sich unter Berücksichtigung eines noch vorhandenen kleinen Sparbuches auf 33.118,43 EUR bei einem
Freibetrag für sich und seine Ehefrau in Höhe von 14.550,00 EUR. Wegen für die Zeit vom September 2005 bis Juni 2009 bereits
angerechnetem Vermögen in Höhe von 10.372,06 EUR verbleibe ein zu verwertendes Vermögen in Höhe von 8.195,37 EUR. Die Leistung
sei daher darlehensweise zu gewähren.
Mit der dagegen zum Sozialgericht Würzburg erhobenen Klage begehrt der Kläger die Auszahlung der Leistung in Form eines Zuschusses.
Er sei von seinem Bruder finanziell unterstützt worden. Dieses gewährte Darlehen in Höhe von 11.000,00 EUR sei durch Übertragung
des Miteigentumsanteils getilgt worden, wie sich aus dem notariellen Kaufvertrag ergebe. Das Grundstück selbst sei nicht einmal
die Hälfte des angegebenen Betrages von 105.000,00 EUR wert. Sein Gesamtvermögen betrage daher allenfalls 6.868,33 EUR. Nähere
Angaben zu den Leistungen, die er von seinem Bruder erhalten habe, könnten nicht gegeben werden. Unterlagen seien nicht vorhanden.
Zur Frage der Darlehensgewährung sei sein Bruder als Zeuge zu vernehmen. Er selbst spreche nur sehr wenig deutsch. Für das
Klageverfahren werde die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 01.03.2010 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Alg II in Form eines Zuschusses.
Zur Begründung werde auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2009 verwiesen. Zudem sei der Miteigentumsanteil
erst nach der darlehensweisen Gewährung von Leistungen 2005 und 2006 übertragen worden. Die Erklärung seines Bruders vom 10.04.2007
sei mit den Angaben des Klägers in den Anträgen nicht in Einklang zu bringen. Eine Darlehenshingabe durch den Bruder sei daher
nicht nachvollziehbar, es sei von einer Schenkung auszugehen. Der Wert des Grundstückes ergebe sich aus dem Verkaufsangebot.
Gegen das Urteil hat der Kläger Berufung beim Bayer. Landessozialgericht eingelegt.
Mit Beschluss vom 18.03.2010 hat das SG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt und zur Begründung auf die Ausführungen im Urteil hingewiesen. Dagegen hat
der Kläger Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt und zudem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren
begehrt. Das SG habe seiner Amtsermittlungspflicht nicht genügt und einen angebotenen Zeugen nicht vernommen. Der Wert der Immobilie sei
nicht zutreffend ermittelt. Auch die mangelnden Deutschkenntnisse des Klägers seien nicht berücksichtigt worden.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz
Bezug genommen.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§
172,
173 Sozialgerichtsgesetz -
SGG-) und auch begründet. Der Beschluss des SG ist aufzuheben und dem Kläger ist für das erstinstanzliche Verfahren vor dem SG Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Nach §
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
114 Zivilprozessordnung (
ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinem persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht,
nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende
Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Es genügt für die Annahme einer hinreichenden Erfolgsaussicht eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9.Aufl, §
73a RdNr 7a). Der Erfolg braucht nicht mit Sicherheit feststehen.
Hinreichende Erfolgsaussicht war für das erstinstanzliche Verfahren im Zeitpunkt der Bewilligungsreife (07.12.2009) - auf
diesen Zeitpunkt ist bei der Entscheidung abzustellen - gegeben. Zu diesem Zeitpunkt - also vor der Entscheidung durch das
SG - war die erhobene Klage nicht ohne Erfolgsaussicht, zumal ein Zeuge hätte vernommen werden können und eventuell auch müssen,
nachdem eine tatsächliche Übertragung des Grundstückes mit entsprechender Zahlungsregelung notariell beurkundet worden war.
Auch die Feststellung des Wertes der Immobilie hätte noch weitere Ermittlungen erfordert, soweit deren Wert dem Kläger zugerechnet
worden ist. Prozesskostenhilfe war daher für das erstinstanzliche Verfahren zu bewilligen. Die persönlichen und wirtschaftlichen
Voraussetzungen lagen vor.
Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wegen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist nicht zu bewilligen (Leitherer
aaO. § 73a RdNr 2b).
Diese Entscheidung ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§
177 SGG).