Anspruch auf Arbeitslosengeld II; Minderung der Leistungen nach einem Meldeversäumnis
Gründe
I.
Streitig ist die Minderung des Anspruches auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-)
nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.05.2012 bis 31.07.2012 in Höhe von 37,40 EUR monatlich.
Der Kläger bezieht Alg II. Mit Schreiben vom 30.01.2012 forderte der Beklagte den Kläger unter Hinweis auf die Rechtsfolgen
einer Säumnis auf, zum 30.03.2012 zur Besprechung über sein Bewerberangebot und über seine berufliche Situation zu erscheinen.
Tonbandaufnahmen bei dem Besprechungstermin seien nicht erlaubt, es sei denn, diese seien durch den Geschäftsführer des Beklagten
genehmigt worden, was jedoch nicht der Fall war. Der mit Beistand erschienene Kläger verließ, ohne über den eigentlichen Zweck
der Einladung zu sprechen, das Büro des Beklagten, nachdem ihm Tonbandaufnahmen untersagt worden waren. Nach Anhörung minderte
der Beklagte mit Bescheid vom 20.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2012 das Alg II für die Zeit
vom 01.05.2012 bis 31.07.2012 um 10 v. H. (37,40 EUR monatlich), ohne die für die Zeit bis 30.06.2012 erfolgte Leistungsbewilligung
entsprechend zu aufzuheben. Bei der Bewilligung von Alg II für die Zeit vom 01.07.2012 bis 31.12.2012 berücksichtigte der
Beklagte die Minderung.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben und allein die Aufhebung des Bescheides vom 20.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 20.06.2012 begehrt.
Er sei zum Termin erschienen. Das Untersagen der Tonbandaufnahmen sei überraschend gewesen. Diese Aufnahmen seien zu Beweiszwecken
unerlässlich. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 02.12.2014 abgewiesen. Der allein streitgegenständliche Absenkungsbescheid sei rechtmäßig. In
der mit einer Rechtsfolgenbelehrung versehenen Meldeaufforderung sei der Meldezweck angegeben gewesen. Ein Gespräch über den
Meldezweck habe aber nicht stattgefunden, es sei nur über die Zulässigkeit der Tonbandaufnahmen diskutiert worden. Einen wichtigen
Grund für sein Verhalten habe der Kläger nicht gehabt. Er sei bereits vorab über die Unzulässigkeit von Tonbandaufnahmen informiert
worden. Der Inhalt eines Gespräches könne bereits mit dem vom Kläger beigezogenen Beistand bewiesen werden. Auf Vertrauensschutz
wegen zuvor zugelassener Tonbandaufnahmen könne sich der Kläger nicht berufen. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen.
Dagegen hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
für das Beschwerdeverfahren begehrt. Ein Gespräch über seine Berufs- und Vermittlungsaussichten sei von zwecklos, er sei chronisch
herzkranker Diabetiker. Eine Sanktion sei aufgrund seines Verschiebungswunsches nicht gerechtfertigt. Die Sanktion sei vom
Sachbearbeiter des Beklagten rücksichtslos provoziert worden. Das ihm vorliegende Urteil sei nicht vom Richter unterschrieben.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Aktenauszug des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug
genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig. Es handelt sich um das einzig zulässige Rechtsmittel,
nachdem die Berufung weder zulässig ist noch vom SG zugelassen wurde. Die Zulässigkeit der Berufung scheitert daran, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR nicht
übersteigt, denn streitig sind letztendlich nur Leistungen in Höhe von 37,40 EUR monatlich für die Zeit vom 01.05.2012 bis
31.07.2012. Zwar handelt es sich bei dem Bescheid vom 20.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2012
lediglich um die Feststellung der Pflichtverletzung sowie des Umfangs und des Beginns der Minderung (entsprechend § 31 b SGB II; vgl. Knickrehm/Hahn, SGB II, 3. Auflage, § 32 Rdnr. 32), also um einen Feststellungsbescheid, der jedoch gem. §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) auf eine Geldleistung gerichtet ist. Dieses ist zum einen dann der Fall, wenn die Auffassung vertreten wird, dass eine Aufhebung
der ursprünglichen Leistungsbewilligung nicht zusätzlich erforderlich ist. Dies ist gerade aber auch dann der Fall, wenn man
der Auffassung des Senats folgt, das zusätzlich eine (teilweise) Aufhebung der Leistungsbewilligung erfolgen muss (vgl. u.a.
Beschluss vom 17.06.2013 - L 11 AS 306/13 BE R-, Beschluss vom 28.08.2014 - L 11 AS 546/14 NZB -; Knickrehm/Hahn a.a.O. § 31 b Rdnr. 5 ff. sowie fachliche Weisungen der BA zu §§ 31, 31 a, 31 b SGB II in der Fassung vom 22.04.2014, Rz. 31.28;), denn auch dann führt dieser Feststellungsbescheid zu einer Geldleistung (vgl.
Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Auflage, §
144 Rdnr. 10 a).
Somit bedarf die Berufung der Zulassung. Eine solche Zulassung ist durch das SG nicht erfolgt.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist jedoch nicht begründet. Eine grundsätzliche Begründung des vorliegenden Rechtsstreits ist
nicht anzunehmen. Weil eine reine Anfechtungsklage erhoben worden ist, ist allein der Bescheid vom 20.04.2012 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2012 streitig. Das SG hatte daher nach dem Antrag des Klägers allein über die Rechtmäßigkeit der Minderung zu entscheiden, denn es war nur die
Aufhebung dieses angegriffenen Bescheides begehrt, nicht aber ein Leistungsantrag aus dem Bewilligungsbescheid für die Zeit
bis 30.06.2012 gestellt worden. Eine solche allgemeine, auf den Bewilligungsbescheid gestützte Leistungsklage hätte gegebenenfalls
durch Klageerweiterung in das sozialgerichtliche Verfahren aufgenommen werden können oder kann eventuell noch durch ein gesondertes
Klageverfahren geltend gemacht werden (vgl. dazu Urteile des Senats vom 21.04.2014 - 11 AS 410/13 und 11 AS 512/13). Vorliegend aber ist wegen der allein erhobenen Anfechtungsklage über die grundsätzliche Frage, ob neben der Feststellung
des Eintritts einer Sanktion noch eine Aufhebung der ursprünglichen Leistungsbewilligung erforderlich ist (vgl. dazu die oben
genannten Beschlüsse des Senats) nicht zu entscheiden.
Eine grundsätzliche Bedeutung hat der Rechtsstreit auch nicht hinsichtlich der Frage, ob der Kläger seine Meldepflicht durch
seine bloße Anwesenheit bzw. das alleinige Gespräch über die Möglichkeit zur Anfertigung von Tonbandaufnahmen erfüllt hat.
Hierzu hat das SG bereits auf die obergerichtliche Rechtsprechung hingewiesen, die von der herrschenden Meinung der Literatur geteilt wird
(Knickrehm/Hahn a.a.O. §
32 Rdnr. 16; Harks in [...] PK-
SGB III, §
309 Rdnr. 37 Stand 01.09.2014). Offen gelassen werden kann dabei vorliegend, ob der Meldetermin auch dann als wahrgenommen angesehen
werden kann, wenn der Meldepflichtige bei allein körperlicher Anwesenheit keine weiteren Mitwirkungs- und Aufklärungshandlungen
vornimmt (vgl. dazu Düe in Brand,
SGB III, 5. Auflage, §
309 Rdnr. 318), denn der Kläger hatte bereits die rein physische Anwesenheit nach der Untersagung von Tonbandaufnahmen beendet,
so dass auch eine rein passive Anwesenheit für ein Gespräch über seine berufliche Situation nicht gegeben war.
Das SG weicht auch nicht von der obergerichtlichen Rechtsprechung ab, es verweist gerade auf diese. Die weiteren, vom Kläger vorgetragenen
Begründungen (u.a. Provokation durch Mitarbeiter des Beklagten, bestehende chronische Erkrankungen etc.) stellen weder eine
grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage noch ein Abweichen des SG von der obergerichtlichen Rechtsprechung dar.
Verfahrensfehler werden vom Kläger nicht geltend gemacht und sind für den Senat auch nicht ersichtlich. Insbesondere war hinsichtlich
der Erkrankung des Klägers kein weiterer Beweis zu erheben, nachdem er ja zunächst erschienen ist.
Das Urteil des SG ist im Original auch vom Richter unterschrieben. Die Beteiligten erhalten lediglich eine nicht eigens unterschriebene Abschrift
(§
317 Abs.
1 Satz 1, Abs.
2 Satz 1
Zivilprozessordnung -
ZPO- in der ab 01.07.2014 geltenden Fassung).
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Prozesskostenhilfe ist im Rahmen mangelnder hinreichender Erfolgsaussicht nicht zu bewilligen (§
73 a SGG in Verbindung mit §
114 ff.
ZPO), unabhängig davon, dass der Fragebogen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vom Kläger nicht vorgelegt
worden ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).