Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung im sozialgerichtlichen Verfahren; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei
gesundheitlichen Beeinträchtigungen
Gründe:
I. Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, die sie am 7. November 2007 beantragte. Die Beklagte
lehnte den Antrag mit Bescheid vom 3. Januar 2008 ab. Der Ablehnung lag ein Gutachten des Internisten und Sozialmediziners
Dr. R. vom 20. Dezember 2007 zugrunde, der zwar das Leistungsvermögen der Klägerin für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als
Kundenservicekraft auf unter drei Stunden täglich gesunken beurteilte, für leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen
Arbeitsmarktes aber noch ein Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich annahm. Den Widerspruch der Klägerin wies
die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2008 zurück.
Die Klägerin machte den Rentenanspruch vor dem Sozialgericht Regensburg weiter geltend. Das Sozialgericht holte u.a. ein nervenärztliches
Gutachten des Dr. G. vom 15. Oktober 2008 ein, der das Leistungsvermögen für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei
bestehender Dysthymie ebenfalls auf mindestens sechs Stunden täglich einschätzte. Zu diesem Ergebnis gelangte auch der vom
Sozialgericht beauftragte Internist Dr. P. in dem Terminsgutachten vom 5. Februar 2009, der neben der Dysthymie ein Lendenwirbelsäulensyndrom,
eine beginnende Einschränkung der Gesamtnierenfunktion sowie eine Raucherbronchitis feststellte.
Das Sozialgericht wies daraufhin die Klage mit Urteil vom 5. Februar 2009 ab. Das Urteil, das mit einer Rechtsmittelbelehrung
versehen war, wurde der Klägerin mit Zustellungsurkunde am 27. Mai 2009 zugestellt.
Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung ist am 10. Juli 2009 beim Sozialgericht eingegangen, das die Berufungsschrift,
die vom 14. Juni 2009 datiert, an das Landessozialgericht weitergeleitet hat.
Der Senat hat mit Schreiben vom 26. August 2009 auf eine Versäumnis der Berufungsfrist hingewiesen. Hierzu hat sich die Klägerin
nicht geäußert, insbesondere auch keine Wiedereinsetzungsgründe vorgebracht. Sie hat lediglich auf ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen
hingewiesen.
Mit Schreiben vom 1. Oktober 2009 hat der Senat ferner den Beteiligten Gelegenheit gegeben, sich zu einer beabsichtigten Entscheidung
durch Beschluss gemäß §
158 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zu äußern. Das Schreiben ist der Klägerin am 5. Oktober 2009 zugestellt worden. Eine Äußerung ist innerhalb der Frist nicht
eingegangen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 5. Februar 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2008 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab Rentenantragstellung eine
Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise sie zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß §
136 Abs.
2 SGG auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.
II. Die Berufung ist unzulässig, da sie nicht fristgerecht eingelegt wurde. Der Senat konnte gemäß §
158 S. 2
SGG durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung (§
124 Abs.
3 SGG) entscheiden, da die Berufung als unzulässig zu verwerfen ist. Den Beteiligten wurde auch Gelegenheit zur Äußerung zu der
beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss eingeräumt.
Die Berufung ist nach §
151 Abs.
1 SGG innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle
einzulegen. Die Berufung der Klägerin ist verfristet eingegangen. Zwar ist die Berufungsfrist gemäß §
151 Abs.
2 S. 1
SGG auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten
der Geschäftsstelle eingelegt wird. Allerdings ging das Schreiben, das vom 14. Juni 2009 datiert, erst am 10. Juli 2009 beim
Sozialgericht Regensburg ein.
Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts wurde der Klägerin, wie in der Post-Zustellungsurkunde vermerkt, am 27. Mai 2009
zugestellt. Das Urteil enthält eine zutreffende Rechtsmittelbelehrung. Die dadurch in Gang gesetzte einmonatige Berufungsfrist
des §
151 Abs.
1 SGG endete deshalb mit Ablauf des 27. Juni 2009 bzw. gemäß der Verlängerung nach §
64 Abs.
3 SGG mit Ablauf des 29. Juni 2009 (Montag). Die am 10. Juli 2009 eingegangene Berufung ist damit verspätet. Dabei ist nicht maßgeblich,
welches Datum das Schreiben trägt, sondern wann dieses dem Gericht zugegangen ist.
Gründe für die Gewährung einer Wiedereinsetzung gemäß §
67 Abs.
1 SGG sind nicht ersichtlich. Danach ist, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten,
ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Klägerin wurde mit Schreiben vom 20. August 2009 auch
auf die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist hingewiesen. Gründe,
die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen könnten, wurden von ihr aber nicht vorgebracht - und sind nicht ersichtlich. Insbesondere
liegt auch kein ungewöhnlich langer Postlauf vor, da das Schreiben ausweislich des Couverts nicht über den Postweg versandt
wurde. Auch sind die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin nicht derart, dass sie nicht selbst handeln oder einen
anderen mit der Berufungseinlegung hätte beauftragen können (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Aufl. §
67 Rdnr. 7 c m.w.N.). Ein Antrag auf Wiedereinsetzung wurde nicht gestellt.
Die Berufung war deshalb als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach §§
158,
193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach §§
158 S. 3, 160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG nicht vorliegen.