Rentenversicherung
Zuerkennung einer höheren Qualifikationsgruppe nach dem Fremdrentengesetz
Zuordnung zu einer Qualifikationsgruppe
Nachweis des Erwerbs von Facharbeiterkenntnissen durch Berufspraxis
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin in einem Überprüfungsverfahren unter Zuerkennung einer höheren Qualifikationsgruppe
nach dem Fremdrentengesetz (FRG) eine höhere Altersrente zu gewähren ist.
Die 1946 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige. Sie ist am 10.07.1995 aus Kasachstan in das Bundesgebiet zugezogen
und verfügt als Spätaussiedlerin offensichtlich über einen Vertriebenenausweis A. Die Klägerin legte der Beklagten ihr Arbeitsbuch
vor. Danach wurde sie am 05.09.1962 in der Sowchose D. eingestellt und war als Schweinepflegerin beschäftigt. Nach einer Entlassung
im Oktober 1963 wurde sie am 13.04.1964 in der Sowchose N. als Melkerin eingestellt und war dort bis Juli 1973 tätig. Vom
09.07.1975 bis 12.04.1976 war sie als Kinderfrau in einem Kindergarten tätig. Anschließend wurde sie erneut als Melkerin eingesetzt.
Am 06.03.1981 wurde ihr die Bezeichnung "Tierzuchtmeister der 1. Klasse" verliehen. Im Zusammenhang mit der Auflösung der
Sowchose und Gründung eines Kollektivunternehmens im März 1993 erfolgte eine Einstellung der Klägerin als Mitglied des Kollektivunternehmens.
Der Fragebogen, den die Klägerin hinsichtlich der Anerkennung von Zeiten nach dem FRG vermutlich kurz nach der Einreise ausfüllte, ist nicht in der Akte enthalten.
Auf ihren Antrag vom 24.10.2006 hin wurde der Klägerin von der Beklagten mit Bescheid vom 14.12.2006 eine Altersrente für
Frauen wegen Vollendung des 60. Lebensjahres mit Beginn ab 01.01.2007 bewilligt. Dabei wurden die Tätigkeiten der Klägerin
in einem landwirtschaftlichen Betrieb in Kasachstan nach dem FRG über die gesamte Zeit der Qualifikationsgruppe 5 (Anlage 13 zum
Sechsten Buch Sozialgesetzbuch -
SGB VI) zugeordnet. Dieser Rentenbescheid wurde am 01.02.2007 rückwirkend ab Rentenbeginn abgeändert und die Rente wurde noch einmal
neu festgestellt.
Mit Schreiben vom 05.07.2011 wandte sich der Bevollmächtigte der Klägerin am 06.07.2011 an die Beklagte und bat um Überprüfung
der Berechnung der Rente der Klägerin und um Zahlung einer höheren Rente. Es sei unzureichend, dass die gesamten Arbeitsjahre
nach dem FRG durchgängig in Qualifikationsgruppe 5 bewertet worden seien. Die Klägerin sei als Facharbeiterin zu beurteilen; ab 1981 habe
sie als Meisterin der Viehzucht bis 1995 gearbeitet. Nach einer Zeit der Berufserfahrung sei daher die Qualifikationsgruppe
3, zumindest aber 4 (Anlage 13 zum
SGB VI), anzuerkennen.
Auf Nachfrage der Beklagten, welche Tätigkeiten die Klägerin als Melkerin und welche als Tierzuchtmeisterin genau zu verrichten
gehabt habe, antwortete die Klägerin nicht.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.11.2011 den Antrag auf Zuerkennung einer höheren Qualifikationsgruppe nach
Anlage 13 zum
SGB VI ab. Die im Arbeitsbuch der Klägerin festgehaltenen Tätigkeiten seien nicht geeignet, eine höherwertige Beschäftigung der
Klägerin nachzuweisen. Auch für die Zeit, in der die Klägerin die Bezeichnung "Meister" geführt habe, komme eine höhere Qualifikationsgruppe
nicht in Betracht, da keine Nachweise für das Erlangen eines Meisterabschlusses vorgelegt worden seien.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 13.12.2011 Widerspruch ein. Mit dem Widerspruch reichte sie eine
Tätigkeitsbeschreibung nach. Sie machte geltend, dass sie als Melkerin 1964 zu arbeiten begonnen habe und bis 1981 so gearbeitet
habe. Sie habe eine Herde von 65 bis 75 Kühen zu betreuen gehabt und es sei zweimal am Tag mit vier Melkmaschinen gemolken
worden. Sie habe an einem Melkerinnen-Wettbewerb teilgenommen, in dem man alle Mechanismen des maschinellen Melkens kennen
musste und alles über die Tiere und die Buchhaltung wissen musste. Ihr sei die Bezeichnung Meister des maschinellen Melkens
der 1. Klasse verliehen worden und sie habe zusätzliche Vergütung erhalten. Nach der Zuerkennung dieses Titels sei sie in
die Geburtsabteilung für Kühe versetzt worden. Hier sei ein Melken der Milch in Eimer erfolgt und außerdem sei man beim Kalben
der Kühe dabei gewesen. Zu den Aufgaben habe das Füttern der Tiere, das Putzen des Hofes und des Kälberstalls und das Führen
der Kälber jeweils zu ihrer Mutter gehört. Sie habe hier dreimal am Tag gemolken und nach dem Kalben habe man die Höchstleistung
beim Melken erzielen müssen.
Die Beklagte wertete die vorgelegte Beschreibung aus und lehnte mit Ergänzungsbescheid vom 13.02.2012 den Antrag auf Zuerkennung
einer höheren Qualifikationsgruppe nach Anlage 13 zum
SGB VI weiterhin ab. Die Zuerkennung einer höheren Qualifikationsgruppe scheide zweifelsfrei aus, da es sich bei der geschilderten
Prüfung nicht um eine Abschlussprüfung einer Berufsausbildung gehandelt habe. Im Übrigen seien die dort zu zeigenden Aufgaben
im Weiteren nicht vollumfänglich ausgeübt worden (z.B. Buchhaltung). Es habe sich somit allenfalls um einen Teilbereich einer
landwirtschaftlichen Ausbildung gehandelt und eine derartige Ausbildung in einem Teilbereich könne nicht zur Anerkennung der
Qualifikationsgruppe 4 nach Anlage 13 zum
SGB VI führen. Der Bescheid werde nach §
86 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) Gegenstand des Widerspruchsverfahrens. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.08.2012 wies die Beklagte den Widerspruch unter Wiederholung
der Argumentation aus den angefochtenen Bescheiden zurück.
Die Klägerin hat durch ihren Bevollmächtigten mit Schreiben vom 06.09.2012 am 07.09.2012 Klage zum Sozialgericht Würzburg
erhoben. Sie hat hierbei geltend gemacht, dass ihr für die Zeit vom 12.04.1976 bis 30.06.1995 die Qualifikationsgruppe 4 (Anlage
13 zum
SGB VI) zuzuerkennen sei. Spätestens sei dies aufgrund der Zuerkennung des "Meisters der 1. Klasse" vorzunehmen gewesen. Es werde
auf Vergleichsfälle beim Sozialgericht Gießen und beim Hessischen Landessozialgericht sowie beim Sozialgericht Detmold hingewiesen.
Die Beklagte ist bei ihrer Auffassung verblieben, dass im vorliegenden Rechtsstreit die Klägerin keinerlei Berufsausbildung
zurückgelegt hat und auch keine Tätigkeiten der höherwertigen Qualifikationsgruppe tatsächlich ausgeübt hat. Die Bezeichnung
Tierzuchtmeister sei nicht ein erworbener Abschluss gewesen, für den eine Berufsausbildung erforderlich gewesen sei.
Am 14.07.2013 hat die Klägerin nunmehr die Angabe gemacht, dass sie zusammen mit 30 anderen Melkerinnen jeden Tag zwei Stunden
Unterricht gehabt habe und vom Zootechniker Kudius unterrichtet worden sei. Sie habe alle zootechnischen Arbeiten erlernt
wie Milchfettabnahme oder Blutabnahme für Analyse auf Bruzellose. Sie sei als einzige der 30 Melkerinnen zum Bezirkswettbewerb
geschickt worden und habe dort den Titel erhalten.
Die Beklagte hat in ihrer Antwort darauf hingewiesen, dass sie nicht bezweifle, dass die Klägerin ihre Tätigkeit als Melkerin
besonders gut und unter besonderen klimatischen Bedingungen ausgeführt habe, jedoch nach den vorliegenden Beschreibungen sei
nicht vom Vorliegen einer Facharbeitertätigkeit auszugehen. Der mitgeteilte Unterricht reiche nicht aus, um eine zweijährige
abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf glaubhaft zu machen.
Die Klägerseite hat im Folgenden um einen gerichtlichen Hinweis gebeten, den das Sozialgericht mit Schreiben vom 22.12.2013
erteilt hat: Es sei erkennbar, dass eine Facharbeiterausbildung oder eine vergleichbare höherwertige Tätigkeit aufgrund erworbener
Kenntnisse nicht in Betracht komme.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht am 26.02.2014 durch Gerichtsbescheid entschieden. Es hat die Klage abgewiesen
und ausgeführt, dass der zu überprüfende Rentenbescheid keine unrichtige Rechtsanwendung aufgewiesen habe. Die Klägerin habe
keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Altersrente mit Einstufung ihrer Beschäftigungszeiten von April 1976 bis Juni
1995 in die Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum
SGB VI. Das Sozialgericht hat ausführlich die Systematik der verschiedenen Qualifikationsgruppen dargelegt und insbesondere darauf
hingewiesen, dass in die Qualifikationsgruppe 5 nicht nur ungelernte Tätigkeiten eingeordnet sind, sondern auch angelernte
Tätigkeiten, also etwa wenn Personen, die in der Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung eine Ausbildung
auf Teilgebieten eines Ausbildungsberufes abgeschlossen haben; dies gelte auch, wenn diese Personen im Besitz eines entsprechenden
Zeugnisses sind. Die Klägerin habe im streitigen Zeitraum nur die Qualifikationsmerkmale der Gruppe 5 (Anlage 13 zum
SGB VI) erfüllt. Eine Vergleichbarkeit mit einer Facharbeitertätigkeit sei bei den von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten nicht
zu ersehen. Der Unterricht beim Zootechniker habe nicht die für eine Facharbeiterausbildung erforderliche Bandbreite erfasst.
Es sei auch keine Abschlussprüfung abgelegt worden. Die Klägerin sei stets nur mit dem Melken, der Tierpflege und der Reinigung
der Stallanlagen betraut gewesen, so dass hier auch die langjährige Berufserfahrung sich nicht auf Tätigkeiten einer höheren
Qualifikationsgruppe erstreckt habe. Andere Tätigkeitsbereiche eines Facharbeiters für Viehwirtschaft wie etwa Buchhaltung
oder Vermarktung hätten nicht zu ihren Aufgaben gehört. Selbst wenn trotz dieser Überlegungen Zweifel an der Eingruppierung
der Klägerin bestünden, müsste es bei der Einstufung in Qualifikationsgruppe 5 verbleiben, denn nach § 22 Abs. 1 Sätze 5 u. 7 FRG sei in Zweifelsfällen die jeweils niedrigere Qualifikationsgruppe heranzuziehen.
Gegen diesen Gerichtsbescheid hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten mit Schreiben vom 25.03.2014 am 26.03.2014 über
das Sozialgericht Würzburg Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Sie hat sich auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
aus dem Jahr 2003 berufen und ist weiterhin der Auffassung, dass nach einer Zeit der Berufserfahrung von sechs Jahren die
Qualifikationsgruppe 4 anzuerkennen sei. Bei einem großen Produktionsbetrieb stelle es keinen Hinderungsgrund dar, wenn die
Klägerin nicht mit der Vermarktung beschäftigt gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 26.02.2014 sowie die Bescheide der Beklagten vom 14.11.2011 und 13.02.2012,
beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.08.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, auf Grund des Antrages
vom 05.07.2011 der Klägerin rückwirkend unter Abänderung der bisherigen Bescheide eine höhere Altersrente zu gewähren und
dabei die Beschäftigung vom 12.04.1976 bis 30.06.1995 in die Qualifikationsgruppe 4 oder höher gemäß Anlage 13 zum
SGB VI einzustufen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 26.02.2014 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen und der beigezogenen Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§
143,
144,
151 SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte ist zutreffend zum Ergebnis gelangt, dass der Rentenbescheid der Klägerin
nicht abzuändern ist, da die Zeiten nach dem FRG bei Klägerin nicht einer höheren Qualifikationsgruppe gemäß Anlage 13 zum
SGB VI zuzuordnen ist.
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten sich übereinstimmend damit einverstanden
erklärt haben (§
124 Abs.
2 i.V.m. §
153 Abs.
1 SGG).
Nachdem der Rentenbescheid der Klägerin bereits bestandskräftig gewesen ist, kommt eine teilweise Rücknahme und Abänderung
nur im Rahmen des § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in Betracht. Dabei würde die von der Klägerin geltend gemachte rückwirkende Erhöhung ihrer Rente nicht von den Wirkungen
der Ausschlussfrist des § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X betroffen sein, da nach § 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X das Antragsdatum der Überprüfung maßgeblich wäre und ausgehend von diesem der Rentenbeginn noch innerhalb eines Zeitraumes
von vier Jahren rückwirkend liegen würde.
§ 44 Abs. 3 Satz 1 SGB X lautet: "Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von
einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht
erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist,
mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen."
Die Höhe der Altersrente der Klägerin wird nach §
64 SGB VI durch die Vervielfältigung der unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, des Rentenartfaktors
und des aktuellen Rentenwerts berechnet. Hier ist zwischen den Beteiligten ausschließlich die Anzahl der persönlichen Entgeltpunkte
streitig. Dabei ist zu berücksichtigen, dass von der Klägerin für Zeiten vor dem 30.06.1995 zwar keine Beiträge an die Deutsche
Rentenversicherung entrichtet worden sind, die Klägerin aber Entgeltpunkte auf Grund der Regelungen des FRG zugewiesen bekommt. Nach § 22 Abs. 1 FRG werden diese Entgeltpunkte über §
256 b SGB VI unter Heranziehung der Anlagen 13 und 14 zum
SGB VI ermittelt. Konkret erfolgt eine Einstufung der Beschäftigung in eine der in Anlage 13 zum
SGB VI genannten Qualifikationsgruppen und eine Zuordnung der Beschäftigung zu einem der in Anlage 14 zum
SGB VI genannten Bereiche, was zu entsprechenden Tabellenwerten und davon abhängig zu Entgeltpunkten führt.
Die Tätigkeit der Klägerin ist zunächst also - ggf. abschnittsweise - in eine Qualifikationsgruppe einzustufen. Die Zuordnung
zu einer Gruppe erfolgt, wenn jemand die Qualifikationsmerkmale vollständig erfüllt und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt
hat. Dabei kann auch ohne förmlichen Berufsabschluss aufgrund langjähriger Berufserfahrung eine höhere Qualifikationsgruppe
zuerkannt werden, wenn Fähigkeiten erworben worden sind, die üblicherweise denen von Versicherten einer höheren Qualifikationsgruppe
entsprechen (Anlage 13 zum
SGB VI Satz 2; vgl. zu den Einzelheiten auch Verbandskommentar, Std. Oktober 1998, Anhang 2, § 22 FRG 7.2). Während es aber bei ausgebildeten Facharbeitern unschädlich sein kann, wenn sie an ihrem Arbeitsplatz nicht vollumfassend
ihre erworbenen Kenntnisse einbringen müssen, reicht es zum Nachweis des Erwerbs von Facharbeiterkenntnissen durch Berufspraxis
nicht aus, nur in Teilbereichen der Facharbeitertätigkeit erwerbstätig gewesen zu sein.
In der Anlage 13 zum
SGB VI ist festgelegt, dass die Qualifikationsgruppe 5 sowohl Tätigkeiten umfasst, für die üblicherweise eine Anlernzeit erforderlich
ist, als auch solche, die nicht umfangreicher angelernt werden müssen. Dies betrifft Personen, die in einer produktionstechnischen
oder anderen Schulung für eine bestimmte Tätigkeit angelernt worden sind, und ebenso Personen ohne Ausbildung oder spezielle
Schulung für die ausgeübte Tätigkeit. Dieser Qualifikationsgruppe gehören aber auch Personen an, die in der Berufsausbildung
oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung eine Ausbildung auf Teilgebieten eines Ausbildungsberufes abgeschlossen haben
und im Besitz eines entsprechenden Zeugnisses sind.
In die nächsthöhere Qualifikationsgruppe 4 sind Facharbeiter eingeordnet. Darunter fallen Personen, die über die Berufsausbildung
oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung oder nach abgeschlossener Ausbildung in einem Ausbildungsberuf die Facharbeiterprüfung
bestanden haben und im Besitz eines Facharbeiterzeugnisses (Facharbeiterbrief) sind. Außerdem sind es Personen, denen aufgrund
langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Facharbeiterqualifikation zuerkannt
worden ist. Hierzu zählen jedoch nicht Personen, die im Rahmen der Berufsausbildung und der Erwachsenenqualifizierung nur
auf Teilgebieten eines Ausbildungsberufes entsprechend der Systematik der Ausbildungsberufe im Beitrittsgebiet ausgebildet
wurden. Das Bundessozialgericht hat in seiner Entscheidung vom 24.07.2003 (B 4 RA 61/02 R - zitiert nach [...]) dargelegt, dass maßgeblich auf die Verhältnisse im Herkunftsland abzustellen sei. Für den Fall der
Klägerin sind daher die Verhältnisse in Kasachstan entscheidend.
Der Senat hat die Überzeugung gewonnen, dass die von der Klägerin in Kasachstan verrichteten Tätigkeiten von der Beklagten
zutreffend zur Qualifikationsgruppe 5 der Anlage 13 zum
SGB VI zugeordnet worden sind. Dabei schließt sich der Senat den Ausführungen des Sozialgerichts Würzburg im Gerichtsbescheid vom
26.02.2014, weshalb die strittigen Zeiten zutreffend zu der Qualifikationsgruppe 5 nach der Anlage 13 zum
SGB VI zugeordnet worden sind, in vollem Umfang an. Er nimmt hierauf ausdrücklich Bezug und sieht insoweit von einer Darstellung
der Entscheidungsgründe ab (§
153 Abs.
2 SGG).
Die von der Klägerin zunächst gegebene Schilderung der Vorbereitung auf den Leistungswettbewerb deutete klar nur auf Teilbereiche
einer Facharbeiterausbildung in der Viehwirtschaft hin. Auch durch die nachträglichen Ergänzungen wird weder die für die Zuerkennung
der Facharbeiterqualifikation notwendige Ausbildungsbreite, noch insbesondere die Ausübung einer diese Ausbildungsbreite abfordernden
Tätigkeit nachgewiesen oder zumindest glaubhaft gemacht.
Ergänzend ist anzumerken, dass sich an dem gefundenen Ergebnis auch nichts ändert, wenn man die Verhältnisse im Herkunftsgebiet
zu Grunde legt. Es verbleibt dabei, dass die Klägerin keinen förmlichen Berufsabschluss erworben hat und ein solcher ihr auch
nicht zuerkannt worden ist. Die Zeiten der Vorbereitung auf den Melkwettbewerb und der geltend gemachte Unterricht erreichen
offensichtlich nicht einen einer Facharbeiterausbildung entsprechenden zeitlichen Umfang.
Zur Frage der Qualifizierung am Arbeitsplatz ist anzumerken, dass die Klägerin nach Aufnahme der Tätigkeit als Melkerin nicht
durchgängig in diesem Beruf beschäftigt war, sondern eine mehrjährige Unterbrechung bestanden hat, so dass zum einen diese
Zeiten (August 1973 bis März 1976) schon von vornherein ausscheiden, weil auf sie die Argumentation der Klägerin nicht zutrifft,
und zum anderen nach der Unterbrechung ein erneutes Einarbeiten in die frühere Tätigkeit erforderlich war, so dass eine mögliche
Zeit der Qualifizierung am Arbeitsplatz mit dem Ziel der Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit frühestens mit dem Beginn
der durchgängigen Beschäftigung als Melkerin im April 1976 hätte zu laufen beginnen können.
5 Jahre nach Beginn der durchgängigen Tätigkeit der Klägerin als Melkerin war der von der Klägerin ausführlich geschilderte
Leistungswettbewerb mit Verleihung eines Titels. Zeitlich im Anschluss daran änderte sich auch der Tätigkeitsbereich der Klägerin
vom maschinellen Melken zum Handmelken in der Geburtsabteilung der Milchviehhaltung. Hierbei ist - wie schon das Sozialgericht
zutreffend festgestellt hat - von der Klägerin ebenfalls kein entsprechender Ausbildungsabschluss erworben worden, weil keine
ausbildungsmäßige Verknüpfung zwischen der Vorbereitung auf den Wettbewerb und dem dort verliehenen Titel ersichtlich geworden
und zumindest glaubhaft gemacht worden ist.
Wenn die neue Arbeitsstelle tatsächlich regelhaft eine höhere Qualifikation im Sinne einer Facharbeiterausbildung verlangt
hätte - was aus Sicht des Senates aber gerade nicht belegt ist -, so wäre der Erwerb der Kenntnisse durch die tatsächliche
Ausübung der Tätigkeit erst ab April 1981 möglich gewesen und erst nach einer entsprechenden Zeit des Kenntniserwerbs könnte
eine Zuordnung zu einer höheren Qualifikationsgruppe überhaupt erwogen werden. Damit ist für die Zeit von April 1964 bis April
1986 schon aus diesen allgemeinen Erwägungen eine höhere Qualifikationsgruppe als die Qualifikationsgruppe 5 nicht anzuerkennen.
Aber auch für die Zeit von April 1986 bis Juni 1995 kam die Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 4 oder höher nicht in Betracht.
Wie das Sozialgericht dargelegt hatte, war auch diese Tätigkeit nur als Teilbereich einer Facharbeitertätigkeit anzusehen.
Ein Beleg dafür, dass es sich gar um eine Spezialisierung und Höherqualifizierung aus einer Facharbeitertätigkeit heraus gehandelt
hätte, ist in keiner Weise zu erkennen. Die Zuordnung zur untersten Qualifikationsgruppe, der Qualifikationsgruppe 5, ist
zutreffend erfolgt. Diese Gruppe umfasst - wie dargelegt - ein sehr breites, durchaus heterogenes Spektrum von einfachsten
Tätigkeiten auf Anweisung bis hin zu qualifiziert Angelernten und Ausgebildeten in Teilbereichen einer Facharbeitertätigkeit.
Es genügt aber nicht, aus dem Durchschnitt oder der Masse der niedrigeren Qualifikationsgruppe herauszuragen, und auch nicht,
seine Tätigkeit hervorragend zu leisten. Eine Zuordnung zur nächsthöheren Qualifikationsgruppe wäre nur in Betracht gekommen,
wenn alle Merkmale einer der verschiedenen Alternativen der nächsthöheren Qualifikationsgruppe 4 erfüllt gewesen wären. Dies
ist aber bei dem eingeschränkten Einsatzbereich der Klägerin nicht zu erkennen gewesen.
Nach alledem waren die angefochtenen und die zur Überprüfung stehenden Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden und die
Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 26.02.2014 war als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß §
160 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.