Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf weitere Teilhabeleistungen - Umrüstung eines PKW auf
Linksgas sowie Fahrstunden zur Nutzung des umgerüsteten PKWs - hat.
Der 1957 geborene Kläger ist seit Juni 2011 oberschenkelamputiert. Bei ihm wurden deshalb zunächst ein Grad der Behinderung
(GdB) von 80 und ab März 2014 ein GdB von 90 sowie die Merkzeichen "G" und "B" festgestellt. Berücksichtigt wurden ein Verlust
des Beines rechts im Oberschenkel mit diabetischem Fußsyndrom, Polyneuropathie und Ulcus-Neigung links (Einzel-GdB 80), Zuckerkrankheit
(Einzel-GdB 20) und Funktionsbeeinträchtigung der Nieren (Einzel-GdB 20). Außerdem wurde ihm seitens der Straßenverkehrsbehörde
das sogenannte Bayern-aG zuerkannt. Der Kläger nahm in diesem Zusammenhang mehrfach eine Wertmarke für die Benutzung des öffentlichen
Verkehrs in Anspruch.
Mit einer E-Mail vom 07.02.2012 an die Beklagte erbat der Kläger die Kostenübernahme für eine Fahrausbildung mit Linksgas
laut beigefügtem Kostenvoranschlag. Dieser umfasste 15 Unterrichtsstunden sowie ein fahrtechnisches Gutachten und belief sich
auf insgesamt 811,00 Euro.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid ebenfalls vom 07.02.2012, der am gleichen Tag zur Post gegeben wurde, die Kostenübernahme
ab: Das eigenständige Führen eines Kraftfahrzeugs sei kein Grundbedürfnis im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung und
eine Kostenübernahme komme deshalb nicht in Betracht. Das Schreiben enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung.
Mit einem auf den 28.02.2012 datierten Schreiben legte der Kläger gegen diesen Bescheid Widerspruch ein. Dieses Schreiben
trägt einen Telefaxdatenaufdruck der S. Klinik Bad S. vom 28.02.2012 und einen Eingangsstempel der Beklagten vom 12.03.2012.
Der Kläger machte geltend, dass durch die angefochtene Entscheidung seine Integration in das Alltagsleben verhindert und er
in seinen Grundrechten erheblich beeinträchtigt werde.
Ebenfalls unter dem 28.02.2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Übernahme der notwendigen Umbaukosten an seinem
Auto (Automatikfahrzeug) und legte hierzu Kostenvoranschläge vor, von denen der günstigste Voranschlag sich auf 723,00 Euro
belief.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 06.03.2012 die Übernahme der Umbaukosten für das Auto ab und begründete dies ebenfalls
damit, dass das eigenständige Führen eines Kraftfahrzeugs kein Grundbedürfnis im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung
sei.
Mit weiterem Bescheid vom 08.03.2012 hob die Beklagte den ablehnenden Bescheid vom 06.03.2012 - PKW-Umbau - nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf. Zugleich leitete sie den Antrag des Klägers gemäß §
14 Abs.
1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IX) zur entsprechenden Bearbeitung an das Landratsamt L. - Sozialamt - weiter.
Der Kläger hat mit einem auf den 24.03.2012 datierten Telefaxschreiben, das einen Eingangsstempel vom 26.03.2012 trägt, Klage
zum Sozialgericht Bayreuth gegen die Bescheide der Beklagten vom 06.03.2012 und vom 01.03.2012 erhoben. Das Sozialgericht
hat zwei Rechtsstreitigkeiten - PKW-Umbaukosten und PKW-Fahrausbildung - unter den Aktenzeichen S 6 KR 142/12 und S 6 KR 143/12 eingetragen. Auf Nachfrage der Klägerseite hat das Sozialgericht am 08.10.2012 mitgeteilt, dass die Klagen derzeit unzulässig
wären, da jeweils das Widerspruchsverfahren noch nicht beendet sei. Es bleibe unbenommen, eine Untätigkeitsklage zu prüfen.
Mit Beschlüssen vom 11.10.2012 hat das Sozialgericht beide Verfahren bis zum Abschluss des Vorverfahrens ausgesetzt.
Untätigkeitsklagen gegen die Beklagte sind vom Kläger mit Schreiben vom 25.10.2012, die am 30.10.2012 beim Sozialgericht eingegangen
sind, erhoben worden, wobei diese unter den Aktenzeichen S 6 KR 520/12 und S 6 KR 521/12 geführt worden sind.
Parallel dazu hat sich die Beklagte an den Beigeladenen gewandt und um Überprüfung einer dortigen Kostenübernahmemöglichkeit
für die Fahrausbildung des Klägers gebeten. Der Beigeladene hat der Beklagten einen Fragebogen zur Weiterleitung an den Kläger
übermittelt. Der Kläger hat dort angegeben, dass er ohne Hilfsmittel ca. 50 cm gehen könne, mit Hilfsmitteln könne er bis
zu 100 m gehen. Von der Wohnung bis zur nächsten Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels seien es ca. 300 m. Ein Fahrbetrieb
während der Schulferien bestehe nicht. Er benötige ein Kraftfahrzeug zum Einkauf von Lebensmitteln und Kleidung mit durchschnittlich
täglich 30 km Fahrbedarf und einmal im Monat für Arzt- und Therapeutenbesuche sowie Apothekeneinkauf. Sein Führerschein enthalte
eine Auflage einer Behinderten-Fahrprüfung sowie den Umbau des Fußgases nach links. Eine Kopie des Führerscheins ist nicht
beigefügt gewesen.
Der Beigeladene hat der Beklagten mitgeteilt, dass der Kläger, selbst wenn er zum eingliederungshilfeberechtigten Personenkreis
gehören würde und er unter den gesetzlichen Einkommens- und Vermögensgrenzen liegen würde, keinen Anspruch auf Bewilligung
einer Leistung durch den Beigeladenen habe. Im Fall des Klägers würde § 10 Abs. 6 der Eingliederungshilfeverordnung (EinglhVO) zu einer Ermessensleistung führen und hierbei sei der Kläger hinsichtlich Einkäufen vorrangig auf seine Ehefrau
zu verweisen und hinsichtlich der Fahrten zu Ärzten und ärztlich-therapeutischen Behandlungen sei vorrangig die Krankenkasse
Kostenträger. Aufgrund des in § 2 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) festgelegten Grundsatzes des Nachrangs der Sozialhilfe komme hier eine Leistung des Beigeladenen nicht in Betracht.
Auf Nachfrage der Beklagten nach ärztlichen Unterlagen hat der Kläger ein am 12.11.2012 erstelltes Gutachten des Allgemein-
und Sportmediziners Dr. S. aus einem Arzthaftungsstreit eingereicht. Weiter hat er ein ärztliches Attest der Dr. S.-W. vom
26.02.2013 vorgelegt, wonach aus medizinischer Sicht eine Behindertenfahrprüfung und der Umbau des Fußgases nach links beim
Kläger sinnvoll seien und diese Maßnahmen den Erhalt der Unabhängigkeit der Mobilität und die Teilnahme am sozialen Leben
gewährleisten würden.
Die Beklagte hat daraufhin ein Hilfsmittelgutachten durch S. Sch. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Bayern
(MDK) erstellen lassen. Auch dort ist ausgeführt worden, dass das Fahren eines PKWs nicht zu den ausgleichspflichtigen Grundbedürfnissen
des täglichen Lebens gehöre und die Versorgung mit dem beantragten Hilfsmittel nicht als zweckmäßig angesehen werde. Das Mobilitätsdefizit
sei im Rahmen der Basisversorgung so auszugleichen, dass der Kläger Wegstrecken in der Wohnung zurücklegen können müsse und
es ihm zu ermöglichen sei, das Haus für einen kurzen Spaziergang zu verlassen, um die Alltagsgeschäfte im Nahbereich erledigen
zu können.
Im Rahmen einer beim Kläger durchgeführten Anhörung hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass die dem Kläger zur Verfügung
gestellte Beinprothese mit C-Leg-Kniegelenk eine sehr hochwertige Versorgung sei, an die höhere Erwartungen als eine Gehstrecke
von 100 m gestellt würden. Es sei überlegenswert, ob die medizinischen Voraussetzungen für ein weiteres Hilfsmittel, z. B.
einen Rollstuhl, vorliegen würden.
Die Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2013, der am 13.06.2013 zur Post gegeben worden ist, den Widerspruch zurückgewiesen.
Eine Kostenübernahme für die beantragten Fahrstunden sei zu Recht abgelehnt worden. Es bestehe kein Anspruch auf ein Gleichziehen
mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe das Grundbedürfnis auf die Fähigkeiten präzisiert, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen,
um bei einem kurzen Spaziergang an die frische Luft zu kommen oder um die üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden
Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind. Vorliegend würde der Basisausgleich mit den vorhandenen
Hilfsmitteln - Oberschenkelprothese, Rollator und Leichtgewichtsrollstuhl - sichergestellt.
Am 20.06.2013 hat der Kläger ein Schreiben an das Sozialgericht Bayreuth gesandt, wonach er gegen den Widerspruchsbescheid
der Beklagten vom 12.06.2013 Klage einreiche und mit dieser Klage die Verfahren S 6 KR 142/12, S 6 KR 143/12, S 6 KR 520/12 und S 6 KR 521/12 beim Sozialgericht abgeschlossen seien. Aufgrund dieses Schreibens sind die ausgesetzten Klageverfahren zunächst unter den
Aktenzeichen S 6 KR 280/13 sowie S 6 KR 281/13 fortgeführt worden. Im Anschluss daran sind diese Klagen und ebenso die Untätigkeitsklagen als erledigt ausgetragen worden.
Die neue Klage ist als Verfahren S 6 KR 277/13 eingetragen worden. Der Kläger hat bei der Klageerhebung vorgetragen, dass er den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom
12.06.2013 als Ablehnung in beiden Angelegenheiten - Behindertenfahrprüfung und PKW-Umbau - werte.
Das Sozialgericht hat mit Schreiben vom 15.07.2013 darauf hingewiesen, dass Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens der
Bescheid vom 07.02.2012 (aufgrund eines Tippfehlers ist allerdings der 27.02.2012 benannt) in der Fassung des Widerspruchsbescheides
vom 12.06.2013 sei und darin nur über die Nichtübernahme der Kosten der Fahrausbildung entschieden worden sei.
Eingeholt hat Sozialgericht Befundberichte bei den behandelnden Ärzten u.a. Dr. H., Dr. S., Dr. S.-W. und Dr. H ... Der Kläger
hat ein fachinternistisches und sozialmedizinisches Gutachten vorgelegt, das im März 2014 in seinem Pflegerechtsstreit L 2 P 77/12 durch den Internisten Dr. Z. erstellt worden war. Hierin ist ausgeführt worden, dass der Kläger in der Regel seine Prothese
eher selten trage, im häuslichen Umfeld meist nicht, da er mit Stützkrücken und dem Einbeinstand die Wege ins Bad und zurück
leichter schaffe. An Fahrten zu Arztterminen nach L. ist dort eine Fahrzeit einfach mit ca. 25 Min. und damit einschließlich
Wartezeit ein Fahrtaufwand von 2 Stunden pro Woche angesetzt worden, was rechnerisch täglich 17 Min. entsprochen hat.
Auf Anfrage des Sozialgerichts Bayreuth hat der Beigeladene angegeben, dass nach überschlägiger Berechnung aufgrund der Einkommens-
und Vermögensverhältnisse des Klägers und seiner Ehefrau eine Übernahme der Kosten für die Fahrausbildung nach den Vorschriften
des SGB XII nicht in Betracht kommen würde. Es bestehe aber bereits dem Grunde nach kein derartiger Anspruch.
Aus der Akte des Beigeladenen ist zu ersehen, dass dieser die Auffassung hat, dass das Landratsamt L. als zweitangegangener
Träger über die Angelegenheit des PKW-Umbaus zu entscheiden gehabt habe. Dass der Beigeladene keine Möglichkeit einer Kostenübernahme
nach seinen Vorschriften sehe, sei der Beklagten lediglich informell mitgeteilt worden.
Das Landratsamt L. hat mitgeteilt, dass der Antrag des Klägers auf den Umbau seines PKW an das Versorgungsamt Bayreuth weitergegeben
worden sei.
Auf Nachfrage des Sozialgerichts hat der Kläger angegeben, dass die zurückgelegte Maximalentfernung mit dem Rollstuhl ohne
fremde Hilfe ca. 100 m betrage. Sowohl die PKW-Fahrausbildung als auch der PKW-Umbau seien bisher nicht durchgeführt worden.
Die Beklagte hat dem Sozialgericht mitgeteilt, dass dem Kläger als Hilfsmittel ein Toilettenrollstuhl, eine C-Leg-Prothese,
ein Rollator, ein Leichtgewichtsrollstuhl und orthopädische Schuhe zur Verfügung gestellt worden seien.
In einem Erörterungstermin vom 13.01.2014 hat das Sozialgericht auf die Entscheidung des BSG vom 18.05.2011, Az. B 3 KR 12/10 R, hingewiesen, wonach für die Bestimmung des Nahbereichs ein abstrakter, von den Besonderheiten des jeweiligen Wohnortes unabhängiger
Maßstab gelte. Zur Fortbewegung im Nahbereich mittels des vorhandenen Rollstuhls hat der Kläger erklärt, mit diesem Rollstuhl
könne er sich ca. 100 m fortbewegen. Aufgrund beidseitiger Schulterbeschwerden, die durch einbeiniges Laufen entstehen würden,
sei ihm eine schmerzfreie Benutzung des Rollstuhls nicht möglich. Außerdem behindere ihn auch seine Prothese beim Bewegen
des Rollstuhls.
In der Akte des Beigeladenen findet sich außerdem ein erneuter - am 03.03.2014 eingegangener - Antrag des Klägers auf Eingliederungshilfe
für eine PKW-Fahrausbildung in Höhe von 811,00 Euro und einen PKW-Umbau in Höhe von 723,00 Euro. Der Beigeladene hat am 19.03.2014
den Kläger angeschrieben, dass die Sozialhilfe nachrangig zu Leistungen anderer Träger zu gewähren sei und wegen der Übernahme
dieser Kosten schon ein Rechtsstreit beim Sozialgericht Bayreuth anhängig sei. Es werde gebeten mitzuteilen, ob bereits ein
rechtskräftiges Urteil vorliege. Zeitlich danach ist bezüglich dieses Antrags nichts mehr aktenkundig.
Auf Veranlassung des Sozialgerichts hat der Arzt für Öffentliches Gesundheitswesen Dr. W. den Kläger am 06.06.2014 untersucht.
In seinem Gutachten vom 25.06.2014 hat er angegeben, dass folgende Gesundheitsstörungen hinsichtlich der Fähigkeit, einen
Leichtrollstuhl fortzubewegen, bedeutsam seien: Beginnender Verschleiß beider Schultergelenke, geringgradige Einschränkung
der Herzleistungsfähigkeit bei Bluthochdruck sowie Übergewicht. Der Kläger könne mit dem Leichtgewichtsrollstuhl auf der Ebene
ohne Pause eine Wegstrecke von 1.000 m zurücklegen. Nach einer Pause von 5 bis 10 Min. könne der Kläger erneut eine Strecke
von ca. 500 m zurücklegen. Nach weiteren Pausen verkürze sich die Wegstrecke bzw. verlängerten sich die erforderlichen Pausen.
Den Schmerzen in den Schultergelenken könne durch entsprechende fachärztliche Behandlung entgegengewirkt werden. Ergänzend
ist ausgeführt worden, dass am konkreten Wohnort des Klägers eine Steigung von 10 % vorliege, die erheblich die zugelassenen
Steigungen für Rollstuhlfahrerrampen überschreite. Für die konkrete Wohnsituation des Klägers sei die Angabe einer 100-m-Strecke
glaubhaft.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 20.10.2014 hat der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung entgegenstehender
Bescheide dazu zu verurteilen, die Kosten für eine Fahrausbildung für Linksgas zu übernehmen, und weiterhin festzustellen,
dass die Beklagte verpflichtet sei, die Kosten für den PKW-Umbau auf Linksgas zu übernehmen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 20.10.2014 die Klage abgewiesen. Die Klage sei hinsichtlich des geltend gemachten PKW-Umbaus
unzulässig, weil dies nicht Gegenstand des von der Klage erfassten Bescheides vom 07.02.2012 gewesen sei. Hinsichtlich der
Fahrausbildung sei die Klage zulässig, jedoch nicht begründet. Weder aus dem
Fünften Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V), noch aus dem SGB XII würden sich Ansprüche des Klägers ableiten lassen. Im Bereich des SGB XII kämen Leistungen der Eingliederungshilfe schon deshalb nicht in Betracht, weil das beim Kläger vorhandene Einkommen und Vermögen
dem entgegenstehe. Im Bereich des
SGB V sei dem Kläger die Erschließung des Nahbereichs nach den gutachterlichen Feststellungen mit den zur Verfügung gestellten
Hilfsmitteln grundsätzlich möglich. Dass dies am konkreten Wohnort des Klägers möglicherweise anders zu beurteilen sei, sei
unbeachtlich, da das BSG in ständiger Rechtsprechung ausgeführt habe, dass hier ein abstrakter, von den Gegebenheiten des jeweiligen Wohnorts unabhängiger
Maßstab gelte. Dieses Urteil ist dem Kläger am 17.01.2015 zugestellt worden.
Mit Schreiben vom 29.01.2015 hat der Kläger am 02.02.2015 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) eingelegt. Er hat
geltend gemacht, dass das Urteil gegen die menschliche Würde verstoße und auch den Gleichheitsgrundsatz des Art.
3 Grundgesetz (
GG) verletze, weil es zu keinerlei Nachteilsausgleich bezüglich seiner Behinderung führe. Das Urteil orientiere sich ausschließlich
an wirtschaftlichen Überlegungen. Die Inklusion sei unmöglich, wenn nicht die Notwendigkeit von Leistungen geprüft werde.
Es sei auf §
33 Abs.
1 SGB V zu verweisen.
Mit Beschluss des damals zuständigen 4. Senates des BayLSG vom 09.03.2015 ist die Beiladung des Bezirks Oberfranken erfolgt.
In einem Erörterungstermin vom 30.03.2016 hat der Kläger angegeben, das ursprünglich für die Umrüstung vorgesehene Automatikfahrzeug
habe zwischenzeitlich ersetzt werden müssen. Derzeit sei in der Familie - wegen Engpässen im Typenprogramm der bevorzugten
Automarke zum Zeitpunkt des Fahrzeugwechsels - nur ein Schaltfahrzeug vorhanden. Nach Genehmigung des Umbaus werde aber wieder
das entsprechende Automatikfahrzeug beschafft, nachdem ein solches mittlerweile für diesen PKW-Typ wieder verfügbar sei.
Der Kläger hat den derzeitigen Hilfsmitteleinsatz so geschildert: Er verfüge über eine Prothese, die er hauptsächlich im Wohn-
und Nahbereich nutze. Außerhalb des Hauses nutze er seinen Rollstuhl. Dieser sei aber nicht für längere Strecken geeignet.
Weiter werde er im Familienfahrzeug als Beifahrer mitgenommen. Eine Genehmigung von Fahrten durch die Beklagte für Arztbesuche
sei abgelehnt worden, weil er über keine Pflegestufe verfüge und auf öffentliche Verkehrsmittel verweisbar sei. Dies komme
aber am konkreten Wohnort und zu den dortigen Verkehrsbedingungen nicht in Frage.
Am 29.06.2016 hat der Kläger neue Kostenvoranschläge vorgelegt, die sich auf 1.093,61 Euro (PKW-Umbau) und 1.208,40 Euro (PKW-Fahrausbildung)
belaufen, wobei hier zusätzlich Kosten für Abholung neu geltend gemacht werden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 20.10.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.02.2012
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2013 zu verurteilen, die Kosten für eine Fahrausbildung für Linksgas zu
übernehmen und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für den PKW-Umbau auf Linksgas zu übernehmen, hilfsweise den Beigeladenen
zu verurteilen, die Kosten für eine Fahrausbildung für Linksgas und die Kosten für den PKW-Umbau auf Linksgas zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 20.10.2014 zurückzuweisen.
Der Beigeladene beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 20.10.2014 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Akten der Beklagten,
des Beigeladenen sowie des Zentrums Bayern Familie und Soziales Bezug genommen.
Der Senat sieht letztlich - zumindest teilweise - ein Rechtsschutzbedürfnis beim Kläger weiterhin als gegeben an. Dabei ist
zu differenzieren zwischen dem geltend gemachten Anspruch auf PKW-Umbau und dem auf PKW-Fahrausbildung.
Über den PKW-Umbau war zunächst in einem Bescheid vom 06.03.2012 durch die Beklagte entschieden worden. Gegen diesen Bescheid
war der Kläger auch mittels Klage vorgegangen; es fehlte aber zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits an einer Beschwer, weil
die Beklagte diesen Bescheid schon am 08.03.2012 wieder aufgehoben hatte. Die Klage wäre also unzulässig gewesen, ist aber
vom Kläger im Folgenden ohnehin ausdrücklich als abgeschlossen erklärt worden, was eine einseitige Erledigterklärung und damit
im sozialgerichtlichen Verfahren eine Klagerücknahme darstellt. Im erstinstanzlichen Klageverfahren war nur der Bescheid der
Beklagten vom 07.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2013 angefochten worden, in dem es nicht um die
PKW-Umrüstung ging. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass der Kläger darin eine Einbeziehung des Antrags vom 28.02.2012
auf Übernahme der Kosten für den PKW-Umbau sehen will. Objektiv ist dieser eindeutig nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheids.
Die Berufung ist aber nicht begründet, da die Entscheidung des Sozialgerichts im Ergebnis zutreffend ergangen ist und der
Kläger mit seinen Anträgen nicht durchdringt. Er hat aus diesem Verfahren weder Ansprüche gegenüber der Beklagten, noch gegenüber
dem Beigeladenen. Der Neuantrag vom 03.03.2014 entfaltet auch keine Sperrwirkung, da über ihn bisher nicht in der Sache entschieden
worden ist.
Für die Beurteilung, ob hinreichende Mobilität hergestellt worden ist, sind nicht die konkreten Verhältnisse vor Ort maßgebend,
sondern sind abstrakte Maßstäbe anzulegen. Insofern sind die ergänzenden Ausführungen des ärztlichen Sachverständigen zur
Wohnumfeldsituation vor allem insofern bedeutsam als dass eine sonst zu vermutende Aggravation der Beschwerden und ihrer Folgen
relativiert wird. Für die Beurteilung des vorliegenden Einzelfalls ist aber auch von Bedeutung, dass der Kläger den Bezug
von Wertmarken für den öffentlichen Nahverkehr in Anspruch genommen hat, was dafür spricht, dass der Kläger zumindest zeitweilig
diesen auch nutzen konnte.
Auch im Rahmen der EinglhVO, die die Leistungsverpflichtung des Beigeladenen u.a. zur Herstellung der Teilhabe eines behinderten
Menschen an einem Leben in der Gemeinschaft (§ 53 SGB XII) näher beschreibt (§ 60 SGB XII), ergibt sich kein Leistungsanspruch des Klägers, da auch hier die Grundbedürfnisse den Maßstab bilden (§ 53 Abs. 4 SGB XII). Hinzu kommt, dass nach den vorliegenden Unterlagen eine Bedürftigkeit des Klägers nicht vorliegt oder zumindest nicht nachgewiesen
ist.
Auch unmittelbar aus Verfassungsrecht ist nicht erkennbar, dass weitere Anspruchsgrundlagen geschaffen werden müssten. Eine
Benachteiligung durch die Behinderung bringen die im Fall des Klägers anzuwendenden Gesetze nicht zum Ausdruck. Es ist auch
nicht so, dass dem Kläger keinerlei Ausgleich für die bestehende Behinderung gewährt worden wäre. Vielmehr hat die Beklagte
verschiedene sich ergänzende Hilfsmittel, u.a. eine hochwertige Beinprothese mit Funktionsvielfalt, als Leistungen der Krankenversicherung
zur Verfügung gestellt.
Insgesamt ergibt sich für den Senat, dass der Kläger keinen Anspruch auf die geltend gemachten Leistungen zum Behinderungsausgleich
hat und die Berufung des Klägers zurückzuweisen war.