Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Versorgung des Klägers mit einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme.
Mit Urteil vom 15.02.2006 des 19. Senats des BayLSG scheiterte der 1954 geborene, arbeitslose Kläger mit seinem Begehren,
von der Deutschen Rentenversicherung Ober- und Mittelfranken eine Rente wegen BU/EU bzw. verminderter Erwerbsfähigkeit zu
erhalten (L 19 R 186/04). Dem Urteil zugrunde lagen eine Reihe medizinischer Gutachten, aus denen der 19. Senat das Krankheits- und Leistungsbild
des Klägers erschloss. Das ZFS Bayern folgerte aus den dort festgestellten Auswirkungen von Alkoholkonsum, chronischer Entzündung
der Bauchspeicheldrüse, Pilzinfektion, Diabetes mellitus, Bluthochdruck und orthopädische Erkrankungen einen GdB von 60 v.H.
Am 01.09.2006 beantragte der Kläger aufgrund seines deutlich reduzierten Allgemein- und Ernährungszustands bei der Deutschen
Rentenversicherung Ober- und Mittelfranken die Durchführung von stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen.
Diese lehnte die Maßnahmen ab, weil sie sie nicht für erforderlich erachtete, sondern eine Krankenbehandlung im Rahmen der
gesetzlichen Krankenversicherung für ausreichend und leitete den klägerischen Antrag an die Beklagte weiter.
Nachdem der Hausarzt Dr.S. über bisherige Behandlungen nichts weiter zu berichten wusste, lehnte die Beklagte mit Bescheid
vom 24.10.2006 den Antrag ab, weil die Möglichkeiten ambulanter medizinischer Behandlung noch nicht ausgeschöpft seien und
unterrichtete darüber auch Dr.S ... Auch der auf den klägerischen Widerspruch hin eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenkassen
- MDK - erachtete die Durchführung von ambulanten Behandlungen bei den klägerischen Krankheiten zunächst für angezeigt, so
dass die Beklagte bei ihrer ablehnenden Haltung verblieb (Widerspruchsbescheid vom 22.03.2007).
In dem daraufhin vom Kläger angestrengten Klageverfahren vor dem Soziagericht Nürnberg hat er die Erforderlichkeit einer stationären
Maßnahme damit begründen lassen, dass er nur auf diesem Wege befähigt werde, seinen desolaten Gesundheitszustand in den Griff
zu bekommen und sich situationsgerecht zu ernähren. Der vom Sozialgericht befragte Dr.S. berichtete von der Behandlung der
beim Kläger vorhandenen Erkrankungen und der subjektiven Komponente seines Patienten. Der Kläger beharrte jedoch auf der für
ihn notwendigen "Rundum-Erneuerung", die allein mittels eines stationären Verfahrens durchgeführt werden könne.
Nach fast einstündiger mündlicher Verhandlung, bei der der Kläger den Wunsch nach einer mindestens zwölfwöchigen Maßnahme
geäußert hatte und Erläuterung der rechtlichen Situation durch den Vorsitzenden wies das Sozialgericht Nürnberg die Klage
mit Urteil vom 12.06.2008 ab und führte dazu aus: Der grundsätzliche Anspruch eines Versicherten auf Rehabilitation orientiere
sich an den Vorgaben des §
11 SGB V, wo es in Abs.2 heißt, dass Anspruch auf medizinische Reha besteht, wenn diese notwendig ist, um eine Behinderung oder drohende
Pflegebedürftigkeit zu bekämpfen. Dies werde näher in den §§
40 bzw. 23
SGB V jeweils in einem Mehrstufensystem anhand der Notwendig- und Zweckmäßigkeit geregelt. Die vom Kläger begehrte stationäre Rehabilitation
sei erst möglich, wenn weniger aufwendige Maßnahmen, wie die übliche ärztliche Behandlung oder ambulante Reha, erfolglos durchlaufen
worden seien und die Erreichung des Therapieziels nur noch einzig und allein durch die stationäre Rehabilitation in einer
anerkannten Versorgungseinrichtung offen stünden. Letztes sei aber beim Kläger nicht der Fall. Zunächst seien die weniger
aufwendigen Maßnahmen auszuschöpfen, ehe die stationäre Versorgung in Betracht komme. Die subjektive Einschätzung des Klägers
reiche dafür nicht aus.
Gegen das am 23.06.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.07.2008 Berufung einlegen lassen und bemängelt, dass seine
Beschwerden nicht ernst genommen würden. Insbesondere die pilzbedingte Darmkrankheit und die Adynamie (Kraftlosigkeit, Erschöpfbarkeit)
erforderten die gewünschte Maßnahme. Die vom Sozialgericht angeführte Rangfolge sei durchlaufen, denn der Kläger sei erfolglos
von Arzt zu Arzt geschickt worden, ohne die gebotene Hilfe zu erhalten. Anfang Dezember 2008 war der Kläger stationär in der
Klinik N. nach einer ischämischen Attacke 8 Tage behandelt und beschwerdefrei entlassen worden. Als Therapieempfehlung findet
sich im Abschlussbericht eine abgestimmte Medikation und die gelegentliche Durchführung verschiedener Kontrollen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 12.06.2008 und den zugrunde liegenden Bescheid der Beklagen vom 24.10.2006 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine stationäre medizinische
Rehabilitationsmaßnahme zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
und verweist auf die Passage in dem vom Kläger vorgelegten, im Rentenverfahren eingeholten Gutachten des Prof.Dr.N. vom 29.09.2005,
die die notwendige Behandlung betreffen und die alle ambulant durchgeführt werden könnten.
Im Übrigen wird zur weiteren Darstellung des Tatbestandes auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze bzw. den der vorliegenden
Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§
143,
151 SGG). In der Sache selbst ist die Klage unbegründet, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg ist zutreffend und gibt die Rechtslage
korrekt wieder. Der Senat nimmt ausdrücklich auf die Gründe dieses Urteils Bezug und schließt sich ihnen gemäß §
153 Abs.2
SGG an.
Zur Untermauerung sei noch einmal auf die Systematik des Gesetzes hingewiesen. Geht es um die Verhinderung von Verschlimmerung
einer Krankheit, kommen gemäß §
11 Abs.1 Nr.2 in Verbindung mit §
23 SGB V medizinische Vorsorgeleistungen in Betracht, bei denen als "Ultima Ratio" auch medizinisch-stationäre Rehabilitation vorgesehen
ist. Ist dagegen die Behandlung von bestehenden Krankheiten notwendig, beim Kläger also die Pilzerkrankung, der Zucker, der
Bluthochdruck und die anderen behandlungsbedürftigen Leiden, richtet sich der Anspruch nach §
11 Abs.1 Nr.4
SGB V in Verbindung mit §
27 SGB V. In dessen Abs.1 Nr.6 wiederum ist als mögliche Form der Krankenbehandlung die vom Kläger gewünschte medizinische Rehabilitation
vorgesehen, wozu Näheres in §
40 SGB V geregelt ist mit dem vom Sozialgericht dargestellten Stufensystem. Danach steht die aufwendige in der Regel auf drei Wochen
beschränkte, stationäre Reha am Ende der Skala, also ist erst dann geboten, wenn ambulante Krankenbehandlung oder ambulante
Rehabilitation nicht ausreicht. Dies ist noch nicht ausreichend und ernsthaft durchgeführt worden, insbesondere ist nach dem
Bericht des Hausarztes oder der Anamnese in den Rentengutachten keine Rede davon, dass der Kläger "erfolglos von Arzt zu Arzt
geschickt" worden ist.
Keine ärztliche Stimme hat sich bislang dafür ausgesprochen, dass ambulante ärztliche Versorgung bei dem arbeitslosen Kläger
unzureichend wäre. Das gilt auch für die im Rentenverfahren gehörten Sachverständigen und vor allem für den den Kläger betreuenden
Hausarzt Dr.S ... Auch der zuerst angegangene Reha-Träger hat das Ansinnen des Klägers abgelehnt, weil er reguläre medizinische
Behandlung des Klägers als ausreichend erachtet hatte. Offensichtlich erhofft sich der u.a. an Alkoholsucht leidende Kläger,
dass ihm bei stationärer Unterbringung das abgenommen wird, was er stets von sich aus zur Besserung seines Zustandes einbringen
muss, insbesondere das Umschalten auf angemessene Ess- und Trinkgewohnheiten. Hier das rechte Maß zu halten, obliegt aber
stets der Eigenvorsorge; die Krankenkasse kann allenfalls Anregung und Hilfe dabei anbieten. Das kann aber ambulant geschehen,
ebenso wie die gezielte Behandlung der Pilzerkrankung. Dass beim Kläger Behandlungsbedürftigkeit besteht, ist unbestritten.
Die darauf gerichteten Maßnahmen müssen angemessen, also ausreichend, zielgerichtet und zweckmäßig sein. Die persönlichen
Wünsche des Klägers können nur innerhalb der darauf gerichteten Behandlungsmethoden berücksichtigt werden, nicht aber übermäßige
Behandlungsformen rechtfertigen. Daher ist es dem Kläger weiterhin zuzumuten, die bislang vorgeschlagenen bzw. verordneten
Maßnahmen zu nutzen.
Auch aus der Schwerbehinderteneigenschaft, die im Laufe des Rentenverfahrens festgestellt wurde, ergibt sich nicht anderes.
Schließlich erfordern auch die Folgen des Schlaganfalles Ende 2008 nicht die gewünschte "Kur". Darüber gibt der Entlassungsbericht
der Klinik N. erschöpfend Auskunft. Bezüglich der dort erwähnten Risikofaktoren ist auf die oben angesprochen Eigenvorsorge
zu verweisen.
Angesichts des Verfahrensausgangs besteht kein Anlass, dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten (§
193 SGG).
Gründe, die Revision nach §
160 SGG zuzulassen, bestehen nicht.