Berechnung des Krankengeldes in der gesetzlichen Krankenversicherung; Berücksichtigung von Abschreibungen auf Betriebsmittel
bei der Regelentgeltberechnung
Gründe:
I. Der bei der Beklagten freiwillig versicherte Kläger ist hauptberuflich selbstständiger Taxifahrer. Er begehrt von ihr höheres
Krankengeld für den Zeitraum vom 24.01.2005 bis 11.03.2005. Das Sozialgericht Berlin (SG) hat seiner Klage nur zu einem geringen Teil stattgegeben. Der Kläger habe insbesondere keinen Anspruch, dass für die Berechnung
des Krankengeldes statt von 321,00 EUR monatlichem Arbeitseinkommen im Jahre 2004 von einem solchen in Höhe von 452,20 EUR
auszugehen sei.
Der Kläger ist der Auffassung, bei der Einkommensberechnung hätte die seinen Gewinn erheblich mindernde Abschreibung für sein
Taxi unberücksichtigt bleiben müssen. Ob bei Kleinunternehmern, welche beispielsweise mit einem einzigen Betriebsmittel ihr
Gewerbe betrieben, Sondertatbestände wie besonders hohe Abschreibungen, welche die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht
widerspiegelten, sondern allenfalls steuerrechtlich relevant bei der Einkommensermittlung zu behandeln seien, beim Krankengeld
zu berücksichtigen seien, sei ungeklärt. Bei der Einkommensermittlung müssten ferner die Zeiten ausgenommen werden, in welchen
aufgrund Arbeitsunfähigkeit keinerlei Einnahmen hätten erzielt werden können.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde nach §
145 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ist der statthafte Rechtsbehelf gegen das erstinstanzliche Urteil. Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG nur nach vorheriger Zulassung möglich, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes über 750,00 EUR liegt. Würde der Kläger mit
seinem Begehren vollständig durchdringen, führte dies zu einer Differenz aber von nur 486,57 EUR brutto. Zur Berechnung wird
auf den Schriftsatz der Beklagten vom 27.03.2008 verwiesen.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten
Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die
Entscheidung beruhen kann.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage des materiellen
Rechts oder des Verfahrensrechts aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesses liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten
oder die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Diese Rechtsfrage muss im konkreten Rechtsstreit klärungsbedürftig und klärungsfähig
sein (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 9. Auflage, §
144 Rdnr. 28; Kummer, Neue Zeitschrift für Sozialrecht [NZS 1993, 337, 341/342]). Eine Abweichung liegt vor, wenn der Entscheidung des Sozialgerichts eine Rechtsauffassung zugrunde liegt, die
zu einer aktuellen, inzwischen nicht überholten älteren Rechtsansicht eines dem Sozialgericht übergeordneten Gericht im Widerspruch
steht und die Entscheidung des Sozialgerichts auf dieser Abweichung beruht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., § 144
Rdnr. 30, § 160 Rdnr. 10ff.; Kummer, a. a. O., Seite 342). Ein Verfahrensmangel ist gegeben, wenn infolge einer unrichtigen
Anwendung oder Nichtanwendung einer Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt, das Verfahren des Sozialgerichts
bis zum Erlass einschließlich des Urteils fehlerhaft abgelaufen ist. Ein Verfahrensmangel liegt nicht vor, wenn unter anderem
die Anwendung des materiellen Rechts oder die Beweiswürdigung fehlerhaft ist. Bei der Beurteilung, ob ein Verfahrensmangel
unterlaufen ist, ist von der Rechtsansicht des Sozialgerichts bezüglich des materiellen Rechts auszugehen. Der Verfahrensmangel
ist nur beachtlich, wenn er vom Beschwerdeführer gerügt wird, wobei es genügt, dass Tatsachen substantiiert vorgetragen werden,
aus denen sich der Mangel des Verfahrens ergibt. Der Verfahrensmangel muss auch tatsächlich vorliegen. Nicht erforderlich
ist, dass das Urteil auf diesem Verfahrensmangel beruht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 32ff.; Kummer,
a. a. O., Seite 342).
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, denn eine Rechtsfrage, die klärungsbedürftig wäre, muss nicht entschieden
werden. Zur Bemessung des Krankengeldes bei Nichtarbeitnehmern hat sich das Bundessozialgericht (BSG) in gegenteiliger Hinsicht
als vom Kläger befürwortet geäußert. Die in § 47 Abs. 4 S. 2 Sozialgesetzbuch 5. Buch aufgestellte Vermutung wird bei längeren
Krankheitszeiten widerlegt. Maßgeblich ist gerade das zeitnahe niedrigere tatsächlich erzielte Entgelt (vgl. zuletzt B. v.
24.07.2009 - B 1 KR 85/08 B unter Bezugnahme u. a. auf BSGE 98, 43).
Auch die Frage der Behandlung einer Abschreibung auf ein Betriebsmittel ist vom BSG bereits geklärt (vgl. BSG, U. v. 06.11.2008
- B 1 KR 28/07 R- Soz R 4-2500, § 47 Nr. 10). Die Ermittlung des Arbeitseinkommens folgt den Grundsätzen des Einkommenssteuerrechts. Es wird
in §
15 Abs.
1 Satz 1 Sozialgesetzbuch 4. Buch (
SGB IV) definiert als der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer
selbstständigen Tätigkeit. Die Ermittlung des Arbeitseinkommens nach den Grundsätzen des Einkommenssteuerrechts hat der Gesetzgeber
insbesondere durch die Streichung des früheren Satzes 2 in §
15 SGB IV durch Art. 3 Nr. 2 Agrarsozialreformgesetz 1995 vom 29.07.1994 (BGBL I 1890) deutlich gemacht, nach dem bei der Ermittlung des Gewinns
steuerliche Vergünstigungen unberücksichtigt zu lassen und Veräußerungsgewinne abzuziehen waren. Ferner spreche für die konsequente
Anbindung an das Steuerrecht der Ausschluss von Willkür und die mit der Anknüpfung an das Steuerrecht verbundene Verwaltungspraktikabilität
(BSG, a. a. O., juris Rdnr. 23, 25). Das BSG hat deshalb im genannten Urteil eine so genannte Ansparabschreibung im Sinne
des §
7 g Abs.
1 EStG Berücksichtigung finden lassen.
Auch die Abschreibung auf Betriebsmittel ist Teil der allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts
(§§
4 bis
7 EStG). Sie ist in §
7 EStG geregelt. Das Einkommen wäre auch rein faktisch überhöht, wenn unberücksichtigt bliebe, dass das Taxi mit jedem gefahrenen
Kilometer an Wert verliert.
Eine Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der das Urteil des Sozialgerichts
abweicht, ist weder ersichtlich noch vom Kläger selbst vorgetragen. Von einem anhängigen Revisionsverfahren kann nicht abgewichen
werden.
Schließlich hat der Kläger auch keinen Verfahrensmangel geltend gemacht, auf dem die Entscheidung des Sozialgerichts beruhen
kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des §
193 Abs.
1 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG). Die angefochten Entscheidung ist somit rechtskräftig (§
145 Abs.
4 Satz 4
SGG).