Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit - Arzt - Werkvertrag für freiberufliche Honorartätigkeit mit für das Werkvertragsrecht
untypischen Regelungsgegenständen - Patientenbetreuung und -versorgung im Rahmen von Ambulanzflügen - drittbezogener Personaleinsatz
- abhängige Beschäftigung - selbstständige Tätigkeit - Abgrenzung
Tatbestand
Die Beteiligten streiten noch um die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1 (im Folgenden: der Beigeladene) in der gesetzlichen
Rentenversicherung (GRV) und nach dem Recht der Arbeitsförderung aufgrund seiner Tätigkeit für die Klägerin vom 1. Juli 2013
bis zum 20. Juni 2015.
Die klagende GmbH betreibt ein Unternehmen, zu deren „Schwerpunktaufgaben“ – nach eigener Darstellung (www.B.de) – „der qualifizierte
Krankentransport, medizinische Bereitstellungen, Verlegungen, Ambulanzflüge, Ein-sätze auf Flughäfen und Fernstreckeneinsätze“
zählen. 80 % ihrer ärztlichen Einsätze entfallen auf die Flugbegleitung, davon ca. 99 % auf Aufträge der A Versicherungs-AG
(im Folgenden: AG). Mit dieser schloss die Klägerin einen Vertrag , in dem sie sich verpflichtete (§ 1 Abs. 1), für die weltweiten Krankenrücktransporte der AG mit Verkehrsflugzeugen die medizinische
Versorgung der transportierten Patienten durch Ärzte sowie Rettungsassistenten zu koordinieren und durchzuführen. Nach § 3
dieses Vertrages (im Folgenden: AG-V) wird die Klägerin qualifiziertes Personal gemäß Anlage 1 einsetzen und für die Laufzeit
des Vertrages vorhalten. Die gemäß Anlage 1 definierten Qualitätsstandards sind von ihr verbindlich einzuhalten. Die AG ist
berechtigt, von ihr den Austausch des Personals aus wichtigem Grund (insbesondere bei Nichteinhaltung der Qualitätsstandards)
nach Anlage 1 zu verlangen. In diesem Fall war die Klägerin verpflichtet, die betroffene Person unverzüglich nicht mehr einzusetzen.
Ferner war sie für die Auswahl und den Einsatz des Personals sowie auch für die Beaufsichtigung, Steuerung, Kontrolle und
Entlohnung verantwortlich. Die Qualitätsstandards nach Anlage 1 des AG-V sahen u.a. vor, dass das von der Klägerin zu stellende
Personal während des Einsatzes als Vertreter der AG zu erkennen sein müsse und u.a. folgende Aufgaben habe:
– Visite und Übernahme des Patienten vor Ort und in Einzelfällen Begleitung bis ins Zielkrankenhaus,
– aktives Einladen des Patienten in das Flugzeug,
– Datenerhebung vor Ort, aktive und objektive Qualitätssicherung (Verlauf des Einsatzes auf von der AG zur Verfügung gestellten
Formularen unter Angabe von medizinischen, organisatorischen und Patientendaten dokumentieren),
– Übergabe einer Durchschrift der Dokumentation an das aufnehmende Krankenhaus bzw. die Besatzung des Anschlusstransportes
bzw. den Patienten zur Weitergabe an den behandelnden Arzt,
– auf Anforderung der AG Erstellung eines Kurzprofils der medizinischen Einrichtungen (Krankenhaus, Krankenwagen etc.) am
Abholort der Patienten, sofern diese zu erheben sind (auf Wunsch der AG jederzeitiger Auftrag zur Datenerhebung möglich; Datenübermittlung
an die AG innerhalb von 48 Stunden nach Einsatz).
Im Rahmen der Qualitätssicherung hatte die Klägerin sicherzustellen, dass das Begleitpersonal mindestens einmal im Jahr geschult
wird, das Begleitpersonal im Hinblick auf medizinische, technische und operative Spezifikationen auf dem aktuellen Stand zu
halten und die Schulungsinhalte im Vorfeld mit der AG abzustimmen. Auf Wunsch der Klägerin sollte die AG an den Schulungen
teilnehmen und diese auch vor Ort durchführen.
Visa hatte die Klägerin auf Kosten der AG eigenständig zu beschaffen, erforderliche Hotelreservierungen nach einem vorgegebenen
Hotelstandard zu buchen und das von ihr zu stellende Personal mit einem Mobiltelefon mit weltweiter Auslandsfreischaltung
sowie einer gültigen Kreditkarte (Verfügungsrahmen 5.000.- €) auszustatten. Die AG sollte in der Regel die Buchung der Flugtickets
übernehmen und der Klägerin die entsprechende Buchungsreferenz mitteilen. Außerdem sollte der leitende Flugarzt der AG gegenüber
dem von der Klägerin zu stellenden Flugarzt weisungsbefugt sein. Nachfragen der AG zu Einsätzen hatte die Klägerin innerhalb
von acht Werktagen inhaltlich zu klären und zu beantworten.
Als Vergütung waren pro ärztlichem Mitarbeiter und Kalendertag 450 € vereinbart, wobei ein Einsatz zwei Stunden vor der geplanten
Abflugzeit beginnen und eine Stunde nach der Landung am Zielflughafen enden sollte. Außerdem konnte die Klägerin je Einsatz
eine Logistikpauschale (u.a. für Auftragsannahme und -Bearbeitung, Auswahl der Ärzte und Rettungsassistenten, interne Einsatzsteuerung
und Qualitätsmanagement) von 90 € und den Ersatz ihrer Logistikkosten (Transfers im Inland von und zu den Flughäfen sowie
Gabelflügen zwischen Start- und Zielort) beanspruchen.
Der Beigeladene ist Chirurg und war bis zum 30. Juni 2013 in der A Klinik B, vom 15. August bis 31. Dezember 2013 bei der
A GmbH und ab dem 1. Januar 2014 in Vollzeit im S Krankenhaus B beschäftigt. Er war vom 1. Juni 2011 bis zum 14. November
2017 Mitglied der Berliner Ärzteversorgung und – nach seiner Einschätzung – für die Tätigkeit bei der Klägerin von der Versicherungspflicht
in der GRV befreit. Bei der zu 2 beigeladenen Krankenkasse war er gesetzlich krankenversichert, und zwar freiwillig in den
Zeiträumen 1. bis 31. Juli 2013 und 12. August 2013 bis 31. Januar 2016 und versicherungspflichtig durch den Bezug von Arbeitslosengeld
im dazwischen liegenden Zeitraum.
Am 23. Juni 2013 schlossen die Klägerin und der Beigeladene (Vertragsparteien) einen „Werkvertrag Für freiberufliche Honorartätigkeit
als Arzt“ mit u.a. folgendem Inhalt:
„Ziffer 1 - Vertragsgegenstand und Laufzeit
Die/der Auftragnehmer/in wird mit Wirkung vom 01.07.2013 als ARZT nebenberuflich/selbstständig beschäftigt. [...] Der Auftragnehmer
hat keinen verbindlichen Anspruch auf Tätigkeit und Leistungserbringung.
Ziffer 2 - Aufgaben, Tätigkeitsfelder und Inhalt
Die/Der Auftragnehmer/in wird überregional im Rettungsdienst, Krankentransport, Sanitätsdienst sowie für Fahr- und Transporttätigkeiten
eingesetzt. Darüber hinaus für bodengebundene Langstreckentransporte und bei Ambulanzflügen eingesetzt. [...]
Der Auftragnehmer ist verpflichtet, insbesondere spezielle Regelungen und Vorschriften eines Kunden (z.B. [AG]) zu beachten
und diese vollumfänglich einzuhalten. Der Auftragnehmer erklärt ausdrücklich, die [AG]-Vorgaben zu kennen und bestätigt dessen
Erhalt bzw. formale Einweisung. Er bestätigt dies für Boden- und Fluggebundene Einsätze gleichermaßen. Die/der Auftragnehmer/in
ist berechtigt, im Namen und im Auftrag des Auftraggebers Gelder entgegenzunehmen und zu quittieren. In Empfang genommene
Gelder sind unverzüglich, unaufgefordert und taggleich an den Auftraggeber herauszugeben. [...]
Die/der Auftragnehmer/in ist nicht berechtigt im Namen des Auftraggebers Willenserklärungen abzugeben oder Rechtsgeschäfte
einzugehen, Preisverhandlungen zu führen oder abzuschließen oder Nachlässe, Rabatte und vergleichbares zu gewähren. [...]
Ziffer 3 - Arbeitszeit
Die Arbeitszeit wird variabel geregelt und mit dem/der Auftragnehmer/in i.d.R. mindestens 1 Woche im Voraus oder auch kurzfristig
abgestimmt. Die Lage der Arbeitszeit richtet sich nach den jeweiligen Dienstplänen des Auftraggebers oder erfolgt kurzfristig
durch Einsatz von kurzfristigen Sondereinsätzen (z.B. ADAC).
Der/dem Auftragnehmer/in können Arbeitsunterbrechungen (Leerlaufzeiten) von der geleisteten Arbeitszeit grundsätzlich als
Pausen in Abzug gebracht werden. Pausen sind arbeitsfreie Zeiten gemäß gesetzlicher Regelungen. Ferner sind die vom Auftraggeber
verbindlich gesetzten Ruhezeiten (Fernstrecken, Übernachtungen) als Freizeit anzusehen. Die Länge der Ruhezeiten sind ebenfalls
gesetzlich geregelt und müssen eingehalten werden. Übernachtungen / Hotelaufenthalte sowie Freizeitaktivitäten gelten nicht
als Dienstzeit. Die Zeiten beginnen und enden am Betriebssitz der Auftraggeberin bzw. bei Flugeinsätzen beim Checkin bzw.
nach Landung. Bei außerhalb liegenden Flughäfen und Einsatzorten wird die An- und Abfahrtzeit berücksichtigt.
Die tatsächlich geleisteten Tätigkeiten und Aufwendungen (Spesen, Auslagen) sind zeitnah abzurechnen. Wobei die einsatzbezogenen
Auslagen innerhalb von 48 Stunden nach Einsatzende einzureichen sind. Gleiches gilt für die Dokumentationsunterlagen. Betrieblich
notwendige Überstunden werden durch den Auftraggeber gesondert angeordnet bzw. sind im Nachgang zu genehmigen, sollten die
Gegebenheiten des Einzelfalls eine vorherige Anordnung nicht zulassen. Werden geleistete Überstunden durch den Auftraggeber
nicht angeordnet oder nicht genehmigt, gilt diese als nicht erbracht.
Ziffer 4.1 - Entgelte
Im Rahmen des Werkvertrags werden nur die Stunden abgerechnet und vergütet, für die tatsächlich eine Arbeitsleistung erbracht
wurde. Eine wöchentliche/ monatliche Mindestarbeitszeit gilt nicht als vereinbart.
Die/der Auftragnehmer/in erhält für seine Tätigkeit nachfolgende Entgelte:
Flugeinsätze für bis zu 24 Stunden
|
450,00 €
|
Je weitere angefangene 12 Stunden
|
225,00 €
|
Andere Einsatzarten (Stundensatz 60 Min)
wie Bodentransporte, Sanitätsdienste etc. 30,00 €
Abrechnungsfähige Auslagen sind: Hotelübernachtungen (ohne explizite Absprache maximal 50,- Euro / Nacht bei Bodentransporten,
max. 120,- Euro / Nacht bei Flugeinsätzen, jedoch unter Beachtung Wirtschaftlichkeitsprinzip), erforderliche Transferkosten
(Taxi, Mietwagen, bei Privatfahrzeuge 0,30 je Kilometer zzgl. ggf. Parkgebühren) im Rahmen eines Flugeinsatzes, Visagebühren,
sonstige einsatzrelevante oder patientenspezifische Kosten nach Absprache. [...]
Die Vertragsparteien vereinbaren eine monatliche Rechnungsstellung durch den/die Auftragnehmer/in, in der die Arbeitsleistung
des Abrechnungszeitraumes mit Datum sowie Beginn und Ende des Arbeitseinsatzes und Tätigkeit (Einsatznummer) vermerkt wird.
[...]
Der/Die Auftragnehmer/in bestätigt, dass er/sie gemäß § 19,1 UStG von der Umsatzsteuer befreit ist.
Ziffer 4.2 - Abtretung von Entgelten
Die Abtretung jeglicher Ansprüche auf Arbeitsentgelt ist ausgeschlossen. [...]
Ziffer 5 - Abwesenheiten: Arbeitsunfähigkeit
Die/der Auftragnehmer/in ist verpflichtet jede Arbeitsverhinderung und die voraussichtliche Dauer unverzüglich (fernmündlich
und vor Dienstantritt) dem Auftraggeber anzuzeigen und dabei gleichzeitig auf etwaige dringliche Arbeiten hinzuweisen. Die
Gründe der Arbeitsverhinderung sind dem Auftraggeber mitzuteilen. Der Auftragnehmer hat sich ggf. um Ersatz zu bemühen (Personalpool).
Der Auftragnehmer trägt die Kosten, die durch seinen Ausfall entstehen (z.B. Stornogebühren, Umbuchungsgebühren, Ticketgebühren
usw.).
Ziffer 6 - vertragliche Auflagen
Dieser Werkvertrag besteht unter den Vorbehalten, dass der/die Auftragnehmer/in für die vertraglich vorgesehenen Arbeitsaufgaben
gesundheitlich geeignet ist und die notwendigen behördlichen Voraussetzungen erfüllt. Im Übrigen wird dieser Vertrag unter
der Voraussetzung geschlossen, dass sich aus dem noch vorzulegenden behördlichen Führungszeugnis keine Beschäftigungshindernisse
ergeben. [...]
Die/der Auftragnehmer/in verpflichtet sich zur Teilnahme an Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen im Umfang von 30 Unterrichtseinheiten
pro Kalenderjahr. Die Zeiten der Fort- und Weiterbildungen gelten nicht als Arbeitszeit. Die Kosten der Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen
trägt die/der Auftragnehmer/in.
[...] Für nachweispflichtige Untersuchungen und andere medizinische Maßnahmen trägt die/der Auftragnehmer/in die Kosten selbst.
Auf entsprechende Untersuchungen und Maßnahmen entfallende Zeiten gelten nicht als Arbeitszeit und werden im Stundenkonto
nicht aufgerechnet. [...]
Er hat die erforderlichen Qualifizierungen (z.B. Approbation) nachzuweisen und in Kopien zur Verfügung zu stellen. Der Auftragnehmer
gestattet dem Auftraggeber, die Unterlagen und seine Personalakte Dritten / Kunden zu Qualitätszeckenvorzulegen.
Ziffer 7 - Schweigepflicht und Datenschutz
[...] Die datenschutzrechtliche Erklärung in Anlage 1 ist wesentlicher Bestandteil des Beschäftigungsvertrages. Ein Verstoß
gegen die datenschutzrechtliche Erklärung steht einem erheblichen Verstoß gegen den Beschäftigungsvertrag gleich.
Die Verpflichtung zur Verschwiegenheit gilt unbefristet über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus. [...]
Ziffer 8 - Vertragsstrafe
Im Falle [...]
- der schuldhaften vertragswidrigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses durch die/den Auftragnehmer/in
- der von der/dem Auftragnehmer/in schuldhaft veranlassten Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Auftraggeber [...]
- der schuldhaften Verletzung der Anzeigepflicht einer Arbeitsverhinderung [...]
- bei Ausübung einer nicht genehmigten Nebentätigkeit [...]
- schwerwiegende Missachtung von Dienstanweisungen [...]
Ist der Auftraggeber berechtigt eine Vertragsstrafe in Höhe von 500 EUR zu verlangen. [...]
Ziffer 9 - Nebenabreden, Änderungen und verschiedenes
Änderungen und Ergänzungen des Werkvertrages sind ausdrücklich schriftlich zu vereinbaren. Mündliche Vereinbarungen, Nebenabreden
oder sonstige Absprachen bestehen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht. Ansprüche aus einer betrieblichen Übung entstehen
nur, wenn die betriebliche Übung schriftlich festgestellt wurde.
Der/dem Auftragnehmer/in ist es untersagt während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken das Internet zu nutzen, privat zu telefonieren
oder die Arbeitsleistung in sonst einer Art und Weise zu beeinträchtigen (SMS schreiben; Computer-/Handyspiele etc.). [...]
Einsatzabwicklung
Die Einsätze beginnen grundsätzlich beim Auftraggeber in einen der Geschäftsstellen / Wachen. Im Rahmen von Flugeinsätzen
beginnt die Tätigkeit i.d.R. am Abflughafen.
Der Auftragnehmer kümmert sich eigenständig um den Erhalt seiner Einsatzunterlagen, ggf. Diensttelefon und des medizinischen
Equipments im Rahmen von Flugeinsätzen.
Nach seinem Einsatz hat er unverzüglich das Equipment, ggf. das Diensttelefon und die Dokumentation in die Dienststelle zu
bringen.
Für Kurierdienste oder Aufwendungen die der Auftragnehmer zu verantworten hat, sind diese entsprechend von ihm zu tragen.
Die Kosten werden in direktem Abzug seiner Rechnung vorgenommen.
Im Rahmen von Flugeinsätzen erklärt sich der Auftragnehmer bereit, den Patienten ggf. bis zur Zielklinik (Bodentransport)
zu begleiten (Bed to Bed). Fällt diese Leistungen außerhalb der Flugpauschalen, wird der Aufwand mit den Honorar-sätze für
Bodentransporte berechnet (Mindestabrechnungszeit 3 Stunden). [...]
Einsatzequipment aus Privatbesitz darf ersatzweise nur eingesetzt werden, wenn die gesetzliche Norm und Vorgaben erfüllt.
[...]
Die [Klägerin] verfügt über ausreichend Dienst- und Flugeinsatztelefone. [...]
Kleiderordnung
Die Dienstkleidung der [Klägerin] darf nur für dienstliche Zwecke im Rahmen einer Tätigkeit der Auftraggeberin getragen werden.
Die Bekleidung mit Zusatz „[AG]“ darf ebenfalls nur betriebsinternen und im Rahmen von [AG]-Einsätzen getragen werden.
Der Auftragnehmer hat keinen Anspruch auf eigene gestellte Dienstkleidung. Es wird auf Poolkleidung verwiesen oder darauf,
sich selber eigene Kleidung zu beschaffen. Die [Klägerin] kann dies zu günstigen Konditionen und Rahmenverträgen vornehmen.
Im Rahmen von Flugeinsätzen ist auf eine ordentliche Kleidung (insbesondere in der Businessclass und Firstclass) zu achten.
Im Rahmen von Flugeinsätzen ist auf eine auffällige Rettungsdienstkleidung (rot) zu verzichten. Es sollen Hemden ([AG]-Zusatz)
getragen werden, maximale ein Weißkleidung. [...]
Für Flugeinsätze hat sich der Auftragnehmer einer internen Schulung für Ambulanzflüge zu unterziehen.
Ziffer 10 - Schlussbestimmung
Für das Dienstverhältnis gelten dieser Beschäftigungsvertrag, die inner-betrieblichen Dienstanweisungen, das Qualitätsmanagementsystem
(QM) sowie die relevanten Vorgaben der Kunden ([AG]), betriebliche Dienstanweisungen und die gesetzlichen Bestimmungen in
der jeweils gültigen Fassung.“
In der Folgezeit war der Beigeladene bis zum 20. Juni 2015 im Rahmen zahlreicher ein- und mehrtägiger Einsätze für die Klägerin
tätig und erhielt hierfür auf der Grundlage der vertraglich vereinbarten Pauschalen und Stundensätzen monatliche Beträge zwischen
240 € (Oktober 2013) und 1.650 € (Juli 2013) – für die Monate Juli und August 2013 sowie Mai 2014 und April 2015 exakt 450
€ –, jeweils nebst verauslagter Transport- und Unterkunftskosten in unterschiedlicher Höhe. Er erzielte ausweislich der eingereichten
Einkommensteuerbescheide insgesamt Einkünfte wie folgt:
Jahr
|
Einkünfte aus selbständiger Arbeit in €
|
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in €
|
2012
|
4.450
|
44.534
|
2013
|
7.173
|
57.774
|
2014
|
2.845
|
72.211
|
2015
|
10.186
|
104.284
|
Am 10. März 2014 hatten die Klägerin und der Beigeladene bei der Beklagten die Feststellung beantragt, dass eine Beschäftigung
nicht vorliege, und hierbei u.a. angegeben,
– es gehe um monatlich ein bis zwei Aufträge der AG, die durch die Klägerin vermittelt würden, um „Patienten aus dem Ausland
abzuholen“,
– ein Einsatz dauere ein bis drei Tage,
– das monatliche Arbeitsentgelt aus der zu beurteilenden Tätigkeit übersteige regelmäßig 450 €.
Im anschließenden Verwaltung- und Widerspruchsverfahren gab die Klägerin an,
– die jeweilige Beauftragung erfolge kurzfristig individuell telefonisch („während Freizeit von Klinik“), es gebe keinen Schichtplan,
– der Beigeladene habe die Möglichkeit, nach Rücksprache Aufträge anzunehmen,
– seine Tätigkeit als Arzt bestehe in der Patientenbetreuung im Rahmen von Rückholdiensten / Repartierungen Boden (Krankenkraftwagen)
und Luft (Linienflugbegleitung) weltweit,
– der Beigeladene unterliege nicht ihrem – der Klägerin – Direktionsrecht, müsse die Aufträge jedoch ordnungsgemäß verrichten,
– es komme zu durchschnittlich sechs unregelmäßig verteilten Einsätzen im Quartal,
– der Beigeladene arbeite mit ihrem – der Klägerin – Assistenzpersonal zusammen, ein Weisungsrecht bestehe aber nur bei medizinischen
Fragen im Rahmen von Patientenversorgungen,
– sie kontrolliere die Arbeiten des Beigeladenen durch die Dokumentation,
– sie stelle Fahrzeuge,
– der Beigeladene nehme in der Regel nicht an Teambesprechungen teil, und müsse keine Urlaubs- und Krankheitsvertretungen
übernehmen,
– der Beigeladene nehme nicht am Ruf- und Bereitschaftsdienst teil und müsse keine festen Arbeitszeiten, Dienstpläne oder
Urlaubsregelungen einhalten,
– im Flugbereich müsse der Beigeladene zivile Kleidung tragen, bei Bodentransporten werde nur (Schutz- und Funktions-)Kleidung
aus einem Pool gestellt, wenn keine eigene Kleidung zur Verfügung stehe (z.B. bei kurzfristigen Einsätzen),
– bei Abwesenheit oder Verhinderung informiere der Beigeladene einen anderen Mitarbeiter,
– Dritte könne der Beigeladene nur nach Absprache mit der Übernahme seiner Tätigkeit beauftragen,
– es bestehe eine Berufshaftpflicht des Beigeladenen, aber auch „Haftpflicht über [Klägerin] und über den [AG]“,
– Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaubsvergütung bestünden nicht,
– es gebe bei ihr – der Klägerin – festangestellte Mitarbeiter, die die gleiche Tätigkeit wie der Beigeladene ausübten und
hierbei weisungsgebunden und ohne eigenen und freien Gestaltungsspielraum im Schichtsystem und nach Dienstplänen arbeiteten.
Der Beigeladene gab an,
– wenn er trotz seiner Beschäftigung in der Klinik Zeit für einen Auftrag der Klägerin habe, nehme er diesen – maximal einmal
monatlich, manchmal seltener – an,
– für Bodentransporte habe er keine Zeit,
– ein Flugeinsatz dauere mit Hotelübernachtung max. ein bis zwei Tage,
– er erhalte keine fachlichen Weisungen von der Klägerin und arbeite nicht mit sonstigen Mitarbeitern der Klägerin zusammen,
– er setzte keine eigenen Betriebsmittel ein, benötige aber den von der Klägerin zur Verfügung gestellten Notfallkoffer mit
Notfallmedikamenten,
– der Kontrolle seiner Arbeiten durch die Klägerin diene ein von ihm zu schreibendes Protokoll, welches am Ende des Rücktransportes
an die AG übergeben werde,
– er trete als Mitarbeiter der AG auf,
– für die Einsätze mit dem Rettungswagen gebe es Arbeitskleidung, für die Flugeinsätze dürfe er diese nicht tragen,
– die Einsätze würden von der AG organisiert und versichert,
– Dritte könne er z.B. in Urlaubs- und Krankheitszeiten nicht mit der Übernahme seiner Tätigkeit beauftragen,
– es gebe festangestellte Mitarbeiter der Klägerin, die – so glaube er – dieselbe Tätigkeit ohne inhaltliche Unterschiede
ausübten.
Mit Bescheid vom 24. September 2014, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 13. März 2015, stellte die Beklagte fest,
dass der Beigeladene seine Tätigkeit als Arzt bei der Klägerin seit dem 1. Juli 2013 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses
ausübe und daher Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung
bestehe. Die Beklagte vertrat die Auffassung, nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen
überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschriftungsverhältnis.
Im Verfahren vor dem Sozialgericht hat der Beigeladene erklärt, er habe die Tätigkeit nebenbei während seiner Ausbildung zum
Gefäßchirurgen ausgeübt. Überwiegend habe er Tätigkeiten der Begleitung erbracht. Wenn die Patienten auf dem Flug zum Beispiel
Medikamente, Infusionen oder Sauerstoff benötigten, habe er sich darum gekümmert. An den von ihm anfangs durchgeführten Bodentransporten
habe er kein Interesse mehr, da diese wesentlich stressiger seien als die Flugbegleitung. Die Flüge würden seines Wissens
von der AG gebucht. Von der Klägerin erhalte er per Fax oder per E-Mail ein Papier mit den Daten, welchen Patienten mit welcher
Erkrankung bzw. wegen welcher medizinischen Notwendigkeit er begleiten solle. Er nehme sich dann ein Taxi zum Flughafen, das
die Klägerin bezahle, und fliege zum Zielort. Dort treffe er in der Regel am Flughafen den Patienten, dessen Flugfähigkeit
zuvor durch eine Untersuchung festgestellt worden sei, und mache mit ihm zusammen den Check-In. Bei Liegendpatienten kümmere
sich vor Ort der RAM-Agent um den Transport ins Flugzeug. Er – der Beigeladene – überprüfe den Blutdruck und die Vitalparameter
des Patienten und gebe ihm, soweit erforderlich, die notwendigen Medikamente oder Infusionen. Er habe hierfür einen kleinen
Notfallkoffer dabei, der für unvorhergesehene Situationen bestimmt sei und den er innerhalb von zwei Jahren nicht einmal benötigt
habe. Patienten, die Medikamente z.B. gegen Bluthochdruck benötigten, hätten diese in der Regel bei sich; diese benutze er
dann normalerweise. Mit Ausnahme einer Schulung bzw. Einweisung in die Tätigkeit habe er keine Fortbildungen der Klägerin
wahrgenommen. Sie seien von dieser nicht angeboten worden und er habe sie nicht gefordert.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 24. November 2017 die Klage abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt: Insgesamt
überwögen die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Kriterien nach Anzahl sowie Schwere erheblich. Die für eine selbständige
Tätigkeit sprechenden Umstände (Tätigkeit nicht in einer Betriebsstätte der Klägerin; Möglichkeit des Beigeladenen, kurzfristig
über Einsätze zu entscheiden; keine konkreten Weisungen hinsichtlich des Umgangs mit den begleiteten Patienten) verlören bei
näherer Betrachtung an Gewicht. Für eine abhängige Tätigkeit spreche die organisatorische Eingliederung des Beigeladenen.
Aus den vertraglichen Regelungen ließen sich keine entscheidenden Anhaltspunkte entnehmen, da die Kammer nach der Schilderung
in der mündlichen Verhandlung davon ausgehe, dass diese nur in den wesentlichen Punkten der Bezahlung, Auftragsanbahnung und
Abrechnung gelebt worden sei.
Gegen dieses ihm am 4. Dezember 2017 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 22. Dezember 2017, zu deren
Begründung sie vorträgt:
Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung liege eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen vor. Der Parteiwille spreche
für eine selbständige Tätigkeit. Die Parteien würden als Auftraggeber und Auftragnehmer benannt. Es würden nur die Stunden
abgerechnet und vergütet, für die tatsächlich eine Arbeitsleistung erbracht worden sei. Die Arbeitszeit werde kurzfristig
zwischen den Parteien abgestimmt. Der Beigeladene stelle monatlich eine Rechnung. Er werde für einen Einsatz gebucht und nicht
in zeitlich beschränktem Umfange acht Stunden täglich. Er sei gegenüber anderen weisungsberechtigt. Die Dienstkleidung habe
ihn als ihr – der Klägerin – und als Mitarbeiter der AG ausgewiesen. Er habe über keine festen Arbeitszeiten verfügt, sondern
sei ausschließlich im Ruf- und Bereitschaftsdienst tätig gewesen. Während des Einsatzes sei er auf sich allein gestellt gewesen
und habe eine Garantenstellung gegenüber den Patienten bekleidet. Während der Einsätze habe er über sein eigenes Stethoskop,
Blutdruck- und Zuckermessgerät sowie ein Pulsoximeter verfügt. Er habe eine eigene Haftpflichtversicherung. Die Aufträge seien
von der AG an ihn weitergereicht worden. Die Protokolle dienten – entgegen der Auffassung der Beklagten – der Dokumentation
der Leistung gegenüber der AG. Die Flug- und Reisekosten würden von der AG und nicht von der Klägerin übernommen. In allen
europäischen Fluglinien sei an Bord ein Notfallkit (Doktors-Kit) mit Defibrillator und Notfallsauerstoffgerät vorhanden. Wenn
eine Sauerstoffgabe benötigt werde, sei die Fluglinie befugt, die dafür erforderlichen Systeme samt Sauerstoff zu stellen.
Falls die Ärzte ein Visum nicht selbst rechtzeitig erlangen könnten, habe sie – die Klägerin – auch Beziehungen, die in diesen
Fällen zum Tragen kämen. Insoweit werde auch Schmiergeld gezahlt. Ihr Geschäftsführer könne den Staatssekretär oder die jeweils
verantwortliche Person anrufen und dafür sorgen oder darum bitten, dass ein Visum schneller ausgestellt werde. Wenn ein Arzt
das erforderliche Visum nicht habe und es nicht mehr rechtzeitig erhalten könne, sei er verantwortlich, dies mitzuteilen,
damit er den Auftrag nicht annehme. Ihre hauptamtlichen Mitarbeiter erhielten eine Handkasse, während die Honorarkräfte ihre
Auslagen zunächst selbst vorstrecken müssten und diese dann, sofern vertraglich vereinbart, ihr gegenüber abrechnen könnten.
Der Beigeladene sei gegenüber ihr – der Klägerin – nicht wie ein Zeitarbeitnehmer anspruchsberechtigt. Ein Arbeitnehmer, der
aufgrund eines befristeten Zeitarbeitsvertrages arbeite, habe für die Zeit, für die der Vertrag laufe, keinerlei Risiko zu
tragen, egal ob er beschäftigt werde oder nicht. Gleiches gelte auch für auf Abruf arbeitende oder „unständig“ Beschäftigte.
Aufgrund der einschlägigen gesetzlichen Regelungen, z.B. des Arbeitszeitgesetzes, hätten diese Arbeitnehmer auch nicht das unternehmerische Risiko des Beigeladenen. Da er Arzt sei, lägen während der Zeiten
der Nichtbeschäftigung durch seine Auftraggeber selbstverständlich seine betrieblichen Potenziale, insbesondere seine Ausbildung,
brach.
Vergleiche man den Beigeladenen etwa mit einem angestellten Stationsarzt in einem Krankenhaus, sei festzustellen, dass diesem
medizinische Behandlungen und Abläufe selbstverständlich in völlig anderer Art und Weise vorgeschrieben würden, als dies für
den Beigeladenen der Fall gewesen sei. Er habe sich mit dem Patienten fernab vom Betriebssitz der Klägerin befunden und es
sei ihm nicht möglich gewesen, z.B. Vorgesetzte bei medizinischen Krisen um Rat zu fragen. Er sei in keinster Weise in irgendwelche
betrieblichen oder medizinischen Abläufe, wie sie in einem Krankenhaus üblich seien, z.B. hinsichtlich bestimmter Untersuchungsabfolgen,
eingebunden gewesen. Sie – die Klägerin – habe für den Beigeladenen nichts organisiert. Sie habe ihm lediglich Name und Abholort
durchgegeben und ihm den entsprechenden Auftrag für eine Begleitung erteilt. Soweit sie dem Beigeladenen einen Notfallkoffer
mit Medikamenten zur Verfügung gestellt und Diensthandys angeboten bzw. sich in Form finanzieller Zuwendungen an Botschaftsmitarbeiter
um die Bewilligung erforderlicher Visa gekümmert habe, handele es sich um völlige Randerscheinungen, die mit dem eigentlichen
Tätigkeitsbild des Beigeladenen als Arzt nichts zu tun gehabt habe.
Im Ambulanzflug- und Rückholbereich würden deutschlandweit fast ausschließlich Honorarärzte beschäftigt, da die Einsätze spontan
und unkalkulierbar erfolgten und mit Festangestellten aufgrund der Unregelmäßigkeit nicht abdeckbar wären. Aus der damaligen
Bewerbung des Beigeladenen sei zu ersehen, dass er sich als Honorarkraft beworben habe und parallel auch bei einem anderen
Ambulanzflugdienst tätig gewesen sei.
In der mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2022 hat die Beklagte die angefochtenen Bescheide dahin geändert, dass für die
Zeit ab dem 1. Januar 2013 keine Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung festgestellt werde.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. November 2017 und den Bescheid der Beklagten vom 24. September 2014 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2015, beide in der Fassung des Bescheids vom 23. Juni 2022, aufzuheben und festzustellen,
dass der Beigeladene zu 1 in seiner Tätigkeit für sie im Rahmen der jeweiligen Einsätze nicht der Versicherungspflicht in
der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge an und äußern sich in der Sache nicht.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte
der Beklagten, die dem Senat vorgelegen hat, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage, soweit der Senat noch darüber zu befinden
hat, abgewiesen. Hinsichtlich der noch streitbefangenen Versicherungszweige sind die Bescheide der Beklagten rechtmäßig, weil
der Beigeladene an ihnen aufgrund seiner Beschäftigung bei der Klägerin der Versicherungspflicht unterlag.
A. Streitgegenstand sind neben dem Urteil des Sozialgerichts vom 24. November 2017 die Bescheide der Beklagten vom 24. September
2014, 13. März 2015 und 23. Juni 2022, soweit sie (noch) die Feststellung der Versicherungspflicht des Beigeladenen in der
GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung aufgrund seiner Tätigkeit für die Klägerin an den o.g. Tagen im Zeitraum 1. Juli
2013 bis 30. Juni 2015 betreffen. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Bescheide vom 24. September
2014 und 13. März 2015 geändert hat, ist der darin liegende Verwaltungsakt i.S.v. § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) gemäß §
96 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Die Versicherungspflicht des Beigeladenen in der gesetzlichen Kranken- und
der sozialen Pflegeversicherung ist aufgrund dessen als Streitgegenstand ausgeschieden.
Mit der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage verfolgt die Klägerin in zulässiger Weise das Ziel, die o.g. Bescheide
(vollständig) aufheben und feststellen zu lassen, dass der Beigeladene in seiner bei ihr ausgeübten Tätigkeit nicht der Versicherungspflicht
in der GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen habe. Im Rahmen der Feststellungsklage konnte die Klägerin davon
absehen, die einzelnen Tage zu benennen, an denen der Beigeladene für sie tätig war, ohne versicherungspflichtig zu sein.
Denn eine Feststellung im Statusfeststellungsverfahren ist grundsätzlich schon dann hinreichend bestimmt (§ 33 Abs 1 SGB X), wenn sie ausreichend erkennen lässt, dass sie sich auf die Durchführung von Einzelaufträgen zwischen den Beteiligten –
beginnend mit dem ersten Tätigwerden – unter gleichbleibenden Bedingungen bezieht und kein Dauerschuldverhältnis vorliegt.
Mit dem Anfrageverfahren nach §
7a SGB IV wird die Versicherungspflicht aufgrund Beschäftigung zwar grundsätzlich für die Zeit ab Aufnahme der Tätigkeit und regelmäßig
(auch) zukunftsgerichtet festgestellt. Einzeleinsätze sind in der Regel aber gerade nicht für Zeiträume im Voraus fest vereinbart.
Für den Zweck der Statusfeststellung ist ausreichend, wenn zum Anknüpfungssachverhalt der Versicherungspflicht hinreichend
erkennbar wird, dass die Beschäftigung lediglich bei Ausführung der konkreten Einzelaufträge vorliegt. Eine kalendermäßige
Bestimmung der einzelnen Einsätze ist für die Feststellung der Versicherungspflicht im Statusfeststellungsverfahren grundsätzlich
nicht erforderlich. Dies gilt auch bei einem Antrag für zurückliegende Tätigkeiten (BSG, Beschluss vom 1. Februar 2022 – B 12 R 41/20 B –, Rn. 14, juris, m.w.N.). Dann aber kann für einen auf die Feststellung fehlender Versicherungspflicht gerichteter Antrag
nicht die Angabe konkreter Tage bzw. Zeiträume verlangt werden.
B. Die Bescheide der Beklagten vom 24. September 2014 und 13. März 2015 sind in der Fassung des Änderungsbescheids vom 23.
Juni 2022 rechtmäßig. Insbesondere ist die Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass der Beigeladene in seiner Tätigkeit
für die Klägerin im streitigen Zeitraum aufgrund einer Beschäftigung der Versicherungspflicht in der GRV und nach dem Rechts
der Arbeitsförderung unterlag.
I. In den Jahren 2013 bis 2015 unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versicherungspflicht in
der GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung (§
1 Satz 1 Nr.
1 SGB VI, §
25 Abs.
1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch –
SGB III –). Beschäftigung ist gemäß §
7 Abs.
1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind
eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Eine abhängige
Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem
fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort
und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt, wobei die Freiheit bei Ort und Zeit der Tätigkeit
in der modernen Arbeitswelt nicht zwingend für Selbständigkeit spricht. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei
Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber
ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte,
die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
Ob jemand beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung
prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen
Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht
kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht
eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden
(BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 – B 12 R 6/18 R –, und Urteil vom 27. April 2021 – B 12 KR 27/19 R –, jeweils juris und m.w.N.).
Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den
die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit
mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit
der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt
der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit
vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung
notwendig machen (BSG a.a.O.). Ein rein faktisches, nicht rechtlich gebundenes und daher jederzeit änderbares Verhalten der Beteiligten ist nicht
maßgeblich (BSG, Urteil vom 27. April 2021 – B 12 KR 27/19 R –, juris, m.w.N.). Daher spricht es nicht für eine selbständige Tätigkeit, wenn vertragliche Weisungs-, Aufsichts- oder Überwachungsrechte
vom Auftraggeber faktisch nicht wahrgenommen werden. Andernfalls stünde es im freien Belieben der Beteiligten, durch zweckgerichtete
Angaben zur tatsächlichen Stellung des Betroffenen im Unternehmen Sozialversicherungspflicht zu begründen oder auszuschließen
(BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 KR 23/13 R –, juris, Rn. 25 ff.)
Diese vom BSG entwickelten Kriterien zur Auslegung von §
7 Abs.
1 SGB IV sind allgemeiner Natur und beanspruchen grundsätzlich Geltung für jede Berufsgruppe (vgl. BSG, Beschluss vom 25. Juli 2011 – B 12 KR 114/10 B –, Rn. 10, und Beschluss vom 09. Februar 2016 – B 12 R 11/15 B –; jeweils juris). Die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbständigkeit erfolgt – unabhängig von der Verkehrsanschauung
– nach allgemeinen Kriterien und nicht bezogen auf bestimmte Berufs- und Tätigkeitsbilder. Es ist daher möglich, dass ein
und derselbe Beruf entweder in Form der Beschäftigung oder als selbständige Tätigkeit ausgeübt wird. Maßgebend sind stets
die konkreten Umstände des individuellen Sachverhalts (BSG, Urteil vom 07. Juni 2019 – B 12 R 6/18 R –, Rn. 16, und Urteil vom 27. April 2021 – B 12 R 16/19 R –, Rn. 15; jeweils juris).
Bei der insoweit gebotenen Gesamtabwägung sind sämtliche, auch solche Umstände zu berücksichtigen, die einer Tätigkeit ihrer
Eigenart nach immanent, durch gesetzliche Vorschriften oder eine öffentliche-rechtliche Aufgabenwahrnehmung bedingt sind oder
auf sonstige Weise "in der Natur der Sache" liegen. Ihnen ist zwar nicht zwingend eine entscheidende Indizwirkung für eine
abhängige Beschäftigung beizumessen; umgekehrt ist eine abhängige Beschäftigung aber auch nicht allein deshalb ausgeschlossen,
weil sich bestimmte Weisungsrechte oder Vorgaben aus der Eigenart der Tätigkeit ergeben oder ihr innewohnen. Aus welchen Gründen
eine Tätigkeit nach Weisungen und unter Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation statt weisungsfrei ausgeübt wird,
spielt insoweit keine Rolle. Insbesondere sind berufsrechtliche Weisungsrechte nicht vom Begriff der "Weisungen" i.S.v. §
7 Abs.
1 Satz 2
SGB IV ausgenommen (BSG, Urteil vom 27. April 2021 – B 12 R 16/19 R –, Rn. 15 f., und Urteil vom 27. April 2021 – B 12 KR 27/19 R –, Rn. 15; jeweils juris und m.w.N.). Mit der unterschiedlichen Zielsetzung berufs- und sozialversicherungsrechtlicher Regelungen
ist eine am Berufsrecht orientierte Auslegung des sozialversicherungsrechtlichen Begriffs der Beschäftigung nicht zu vereinbaren
(BSG, Urteil vom 07. Juli 2020 – B 12 R 17/18 R –, juris, Rn. 35).
Bei der Gewichtung der Indizien ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass die ärztliche Tätigkeit Besonderheiten aufweist.
Ärzte handeln bei medizinischen Heilbehandlungen und Therapien grundsätzlich frei und eigenverantwortlich. Hieraus kann aber
nicht ohne Weiteres auf eine selbständige Tätigkeit geschlossen werden. Dies ergibt sich bereits daraus, dass nach ganz herrschender
Meinung selbst Chefärzte als Arbeitnehmer zu qualifizieren sind. Umgekehrt kann nicht allein wegen der Benutzung von Einrichtungen
und Betriebsmitteln des Auftraggebers zwingend eine abhängige Beschäftigung angenommen werden (BSG, Urteil vom 04. Juni 2019 – B 12 R 10/18 R –, juris, Rn. 29, m.w.N.).
II. Der Senat legt bezüglich der streitgegenständlichen Tätigkeit zunächst den Inhalt des HonV zugrunde.
1. Dieser Vertrag ist entgegen seiner Bezeichnung nicht als Werk-, sondern als Dienstvertrag zu qualifizieren.
aa. Gegenstand eines Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit
oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein (§
631 Abs.
2 Bürgerliches Gesetzbuch -
BGB). Für die Abgrenzung zum Dienstvertrag ist maßgebend, ob ein bestimmtes Arbeitsergebnis bzw. ein bestimmter Arbeitserfolg
oder nur eine bestimmte Dienstleistung als solche geschuldet wird. Charakteristisch für den Werkunternehmer ist seine Selbständigkeit.
Er organisiert die für die Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen
und ist für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Besteller verantwortlich (BAG, Urteil vom 25. September 2013
– 10 AZR 282/12 –; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Dezember 2016 – L 9 KR 434/14 –; jeweils juris und m.w.N.). Fehlt es nach den vertraglichen Vereinbarungen an einem abgrenzbaren, dem Auftragnehmer als
eigene Leistung zurechenbaren und abnahmefähigen Werk, kommt ein Werkvertrag kaum in Betracht, weil der „Auftraggeber“ durch
weitere Weisungen den Gegenstand der vom „Auftragnehmer“ zu erbringenden Leistung erst bestimmen und damit Arbeit und Einsatz
erst bindend organisieren muss (vgl. BAG 9. November 1994 – 7 AZR 217/94 –, juris). Richten sich die vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen nach dem jeweiligen Bedarf des Auftraggebers, so
kann auch darin ein Indiz gegen eine werk- und für eine arbeitsvertragliche Beziehung liegen, etwa wenn mit der Bestimmung
von Leistungen auch über Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit entschieden wird. Wesentlich ist, inwiefern
Weisungsrechte ausgeübt werden und in welchem Maß der Auftragnehmer in einen bestellerseitig organisierten Produktionsprozess
eingegliedert ist. Zwar steht auch einem Werkbesteller gegenüber dem Werkunternehmer das Recht zu, Anweisungen für die Ausführung
des Werks zu erteilen (vgl. §
645 Abs.
1 Satz 1
BGB). Diese Weisungen dürfen sich indes nur auf das vereinbarte Werk beziehen (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Preis, 22.A.,
§
611a BGB, Rd. 39). Wird die Tätigkeit aber durch den „Besteller“ geplant und organisiert und wird der „Werkunternehmer“ in einen arbeitsteiligen
Prozess eingegliedert, liegt ein Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnis nahe. Ob ein Werkvertrag, ein Dienst- oder ein Arbeitsverhältnis
besteht, zeigt der wirkliche Geschäftsinhalt. Zwingende gesetzliche Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch
abbedungen werden, dass Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben; ein abhängig beschäftigter Arbeitnehmer
wird nicht durch Auferlegung einer Erfolgsgarantie zum Werkunternehmer (BAG, Urteil vom 25. September 2013 – 10 AZR 282/12 –, m.w.N.; LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.; jeweils juris).
bb. Nach diesen Maßgaben kann der Vertrag vom 23. Juni 2013 nur als Dienstvertrag qualifiziert werden. Schon die Bezeichnung
als Werkvertrag – sie findet sich im Titel sowie in den Ziff. 1, 4.1, 6 und 9 – ist widersprüchlich. Nach den Ziff. 7, 8 und
10 soll es sich vielmehr um einen „Beschäftigungsvertrag“ bzw. ein Beschäftigungs- oder Arbeitsverhältnis handeln. Ferner
finden sich zahlreiche für das Werkvertragsrecht untypische Regelungsgegenstände wie „Arbeitszeit“ (Ziff. 3, 6 und 9), „Arbeitsunterbrechung“
(Ziff. 3), „Arbeitsleistung“ (Ziff. 4.1 und 9), „Arbeitseinsatz“ (Ziff. 4.1), „Arbeitsentgelt“ (Ziff. 4.2), „Arbeitsunfähigkeit“
(Ziff. 5), „Arbeitsverhinderung“ (Ziff. 5, 8) und „Arbeitsaufgaben“ (Ziff. 6). Unabhängig hiervon enthält der Vertrag keinerlei
Regelungen, die darauf hinweisen, dass der Beigeladene ein Werk bzw. einen Erfolg schulde. Seine vertragliche Hauptleistung
– Einsätze im Rettungsdienst, Krankentransport, Sanitätsdienst sowie für Fahr- und Transporttätigkeiten, für bodengebundene
Langstreckentransporte und bei Ambulanzflügen – beschreibt vielmehr eine typische Tätigkeit, die er ohne die Verpflichtung
zu einem bestimmten Erfolg zu verrichten hatte. Dementsprechend finden sich diverse vertragliche Regelungen, die für Dienst-,
nicht aber Werkverträge typisch sind, etwa zur Arbeitszeit – einschließlich Überstunden – (Ziff. 3, 4.1, 6 und 9), Arbeitsunfähigkeit
und sonstigen Arbeitsverhinderung (Ziff. 5) oder zur im Werkvertragsrecht nicht vorgesehenen außerordentlichen Kündigung (Ziff.
1 Abs. 2 Satz 2).
2. Für die Frage nach den für die Statusentscheidung maßgeblichen vertraglichen Bestimmungen darf sich der Senat indes nicht
auf den HonV beschränken. Wird eine vermeintlich selbständige Tätigkeit im Rahmen weiterer Vertragsbeziehungen zwischen dem
Auftraggeber und Dritten erbracht – wie im vorliegenden Fall –, sind im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens auch diese
weiteren Vertragsbeziehungen zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 04. Juni 2019 – B 12 R 12/18 R –, Rn. 14, juris). Daher ist auch der AG-V in den Blick zu nehmen. Aus ihm ergibt sich, welche „spezielle Regelungen und
Vorschriften eines Kunden“ der Beigeladene gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 HonV zu beachten und einzuhalten hatte, z.B. bezüglich der
Dokumentation. Insbesondere aber war nach Anlage 1 zum AG-V der Beigeladene an die Weisungen des leitenden Flugarztes der
Klägerin gebunden.
III. Die Bestimmungen des HonV und des AG-V, ergänzt durch die vertraglich nicht ausdrücklich geregelten Umstände, wie sie
der Senat dem Vorbringen der Beteiligten entnimmt, erlauben nur die Zuordnung der vom Beigeladenen für die Klägerin ausgeübten
Tätigkeit zum Typus der abhängigen Beschäftigung. Die Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für und gegen eine Beschäftigung
bzw. selbständige Tätigkeit sprechenden Merkmale führt im vorliegenden Fall zu einem deutlichen Überwiegen der für eine Beschäftigung
sprechenden Umstände.
1. In diesem Zusammenhang ist zunächst zu berücksichtigen, dass der HonV „nur“ Rahmenbedingungen regelte. Zum Tätigwerden
verpflichtet war der Beigeladene nur, soweit zwischen ihm und der Klägerin eine Übereinkunft bezüglich eines Einsatzes für
die AG erzielt wurde. Weder konnte er gegen seinen Willen von der Klägerin zu Diensten (auch nicht als Urlaubs- oder Krankheitsvertretung)
herangezogen werden – denn die Arbeitszeit war zwischen ihnen abzustimmen, ergab sich jedoch mittelbar stets durch die Einsatzanfragen
der AG – noch hatte er gegenüber der Klägerin „verbindlichen Anspruch auf Tätigkeit und Leistungserbringung“ (Ziff. 1 Abs.
2 Satz 3 HonV). Der Vertrag gab somit lediglich die Bedingungen der künftig erst abzuschließenden und auf den jeweiligen Einsatz
befristeten Rechtsverhältnisse wieder, begründete selbst aber (noch) keine Arbeitspflicht, stellte somit noch keinen Arbeitsvertrag
dar, sondern lediglich eine Rahmenvereinbarung (BSG, Urteil vom 11. März 2009 – B 12 R 11/07 R –, juris, Rn. 13, m.w.N.; s.a. Urteil vom 04. Juni 2019 – B 12 R 10/18 R –, juris, Rn. 25).
Aufgrund dessen ist für die weitere Prüfung der Statusfrage zu beachten, dass der HonV bzw. AG-V nicht allein Anknüpfungspunkt
für die Abgrenzung von Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit sein können (BSG, Urteile vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R – und vom 11. März 2009 – B 12 R 11/07 R –; Landessozialgericht <LSG> Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Dezember 2016 – L 9 KR 344/13 –, Rn. 72 ; jeweils juris und m.w.N.). Abzustellen ist vielmehr auf die Vereinbarungen der Vertragsparteien zu den jeweiligen
Aufträgen, weil erst durch diese die Rechtsbeziehungen hinreichend konkretisiert wurden. In diesem Zusammenhang kommen dann
auch die Regelungen der Rahmenvereinbarung zum Tragen, soweit sie die einzelnen Rechtsverhältnisse rechtlich beeinflussen.
Daraus ergibt sich, dass bei Rahmenverträgen Gegenstand der Prüfung grundsätzlich nicht ein einheitliches Rechtsverhältnis
ist, welches sich auf den gesamten streitigen Zeitraum erstreckt, sondern eine Mehrzahl von Vereinbarungen über zeitlich befristete
Einsätze. Maßgebend für die Beurteilung der Versicherungspflicht sind dann aber auch nur die einzelnen Rechtsverhältnisse,
ggf. unter Berücksichtigung der Rahmenvereinbarung, was wiederum zur Folge hat, dass auf die Verhältnisse abzustellen ist,
die nach Annahme des jeweiligen Auftrags im Hinblick (allein) hierauf bestanden (BSG a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg a.a.O.). Die Frage, ob der Beigeladene Aufträge ablehnen durfte, ist demnach für die Statusbeurteilung
ohne Bedeutung. Insoweit unterscheidet sich die Situation des Beigeladenen nicht von der eines Arbeitnehmers, der in kurzer
Abfolge eine Mehrzahl von auf kurze Zeiträume befristete Arbeitsverträge mit demselben oder mit unterschiedlichen Arbeitgebern
abschließt: Auch ihm steht es frei, über das Eingehen oder die Ablehnung eines neuen Arbeitsverhältnisses zu entscheiden,
ohne dass hierdurch die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung dieses oder der anderen Arbeitsverhältnisse beeinflusst
würde (LSG Berlin-Brandenburg a.a.O.).
2. Der Beigeladene unterlag einem Weisungsrecht der Klägerin (hierzu a.) und war in einer seine Tätigkeit prägenden Weise
in deren betriebliche Organisation eingegliedert (hierzu b.).
a. Ein Weisungsrecht kann nach dem o.G. bei Diensten höherer Art – etwa bei hoher Qualifikation oder einer leitenden Tätigkeit
– eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. An der Erteilung konkreter
Aufträge bzw. Weisungen wird es etwa dann fehlen, wenn es gerade Aufgabe der Erwerbstätigen ist, eigenständig Konzepte zu
entwickeln, Aufgaben für sich und andere zu definieren oder ihre besondere Sach- und Fachkunde einzusetzen (Segebrecht, in:
Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB IV, 4. Aufl., §
7 Abs.
1 SGB IV (Stand: 06.09.2021), Rn. 90). Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den Betrieb bzw. in eine fremde Arbeitsorganisation
stehen weder in einem Rangverhältnis zueinander noch müssen sie stets kumulativ vorliegen. Eine Eingliederung geht nicht zwingend
mit einem umfassenden Weisungsrecht einher. Ergeben sich etwa Arbeitsort und/oder Arbeitszeit bereits aus vertraglichen Vereinbarungen
oder mit einer Tätigkeit verbundenen Notwendigkeiten, kommt es u.a. darauf an, ob nach den konkreten Vereinbarungen ein Weisungsrecht
hinsichtlich aller Modalitäten der zu erbringenden Tätigkeit besteht oder aber ausgeschlossen ist (BSG, Urteil vom 27. April 2021 – B 12 R 8/20 R –, Rn. 15; Urteil vom 7. Juni 2019 – B 12 R 6/18 R –, Rn. 28; jeweils juris).
Auch wenn die Weisungsgebundenheit des Beigeladenen bei der Durchführung der jeweiligen Dienste schon aufgrund der o.g. für
den ärztlichen Beruf typischen Freiheiten eingeschränkt war, war sie vorliegend nicht völlig entfallen. So bedurfte der konkrete
Inhalt der vom Beigeladenen geschuldeten ärztlichen Leistungen der näheren Konkretisierung zumindest insoweit, als ihm die
zu begleitenden Personen vorgegeben wurden. Insbesondere aber war er ausdrücklich an Weisungen des leitenden Flugarztes der
Klägerin gebunden, unterlag aber auch i.Ü. – wie Ziff. 8 HonV indirekt belegt – Dienstanweisungen der Klägerin.
b. Der Beigeladene war in die Arbeitsorganisation der Klägerin integriert und nahm insofern funktionsgerecht dienend an deren
Arbeitsprozess teil. Für die insoweit maßgebliche Arbeitsorganisation kommt es im vorliegenden Fall nicht nur auf unmittelbar
die Klägerin betreffende Umstände an, sondern auch diejenigen der AG als Vertragspartnerin der Klägerin.
aa. Alle Formen drittbezogenen Personaleinsatzes charakterisiert, dass das Weisungsrecht aufgesplittet ist: Solange und soweit
die überlassenen Mitarbeiter bei einem anderen Unternehmen eingesetzt werden, geht die Weisungsbefugnis – zumindest konkludent
aufgrund der Vereinbarungen zwischen überlassendem und aufnehmendem Unternehmen – auf letztere über (BSG, Urteil vom 23. Juni 1982 – 7 RAr 98/80 –; BAG, Urteil vom 16. Juni 1982 – 4 AZR 862/79 –; jeweils juris und m.w.N.; Schüren, in: Hamann, AÜG, 5.A., § 1 Rn. 116 ff., 137 f., 186). Bedeutsam ist daher nicht nur, ob die Klägerin dem Beigeladenen für seine bei der AG ausgeübte
Tätigkeit Weisungen erteilen durfte, sondern ob auch letzterer entsprechende Befugnisse zustanden. Dementsprechend ist auch
für die Frage, ob der Beigeladene in einen fremden Betrieb eingegliedert war, nicht nur auf die Klägerin, sondern auch die
AG abzustellen (vgl. BAG, Urteil vom 20. September 2016 – 9 AZR 735/15 –, juris; vgl. insgesamt auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Februar 2017 – L 9 KR 234/13 –, Rn. 82 , juris)
bb. In eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert war der Beigeladene insofern, als er eine nicht von ihm ausgewählte,
aus medizinischen Gründen zu begleitende und auf Flug(un)fähigkeit untersuchte Person übernahm, sie im Rahmen eines anderweitigen,
d.h. nicht von ihm organisierten und beherrschten Flugbetriebs zurückbegleitete und sie dann zur anderweitigen medizinischen
Betreuung übergab. Für den organisatorischen Rahmen waren nach dem HonV bzw. AG-V die Klägerin bzw. die AG verantwortlich:
sie hatten die Flüge des Beigeladenen zu buchen, für ihn erforderliche Visa zu beschaffen, Hotelreservierungen zu buchen und
ihn mit einem Mobiltelefon mit weltweiter Auslandsfreischaltung sowie einer gültigen Kreditkarte (Verfügungsrahmen 5.000.-
€) auszustatten. Außerdem waren dem Beigeladenen umfangreiche Dokumentationsaufgaben durch die AG-V (Datenerhebung vor Ort;
Verlauf des Einsatzes auf von der AG zur Verfügung gestellten Formularen unter Angabe von medizinischen, organisatorischen
und Patientendaten; Übergabe einer Durchschrift der Dokumentation an das aufnehmende Krankenhaus bzw. die Besatzung des Anschlusstransportes
bzw. den Patienten zur Weitergabe an den behandelnden Arzt; auf Anforderung der AG Erstellung eines Kurzprofils der medizinischen
Einrichtungen am Abholort der Patienten, sofern diese zu erheben sind) auferlegt. Zur Einhaltung der von der AG-V stammenden
Vorgaben hatte sich der Beigeladene gegenüber der Klägerin in Ziffer 2 Abs. 2 HonV verpflichtet. Darüber hinaus unterlag er
einer von der AG und der Klägerin näher ausgestalteten Schulungsverpflichtung und bei seiner gesamten Tätigkeit, wie sich
aus dem AG-V ergibt, der Beaufsichtigung, Steuerung und Kontrolle durch die Klägerin.
Ferner zeigt sich die Einbindung in die von der Klägerin bzw. der AG als ihrer Vertragspartnerin vorgegebenen Arbeitsstrukturen
auch darin, dass der Beigeladene Weisungsbefugnisse gegenüber dem Personal der Rettungsassistenz hatte.
Für die Frage der Eingliederung ist indes auch zu berücksichtigen, dass die vom Beigeladenen übernommene Aufgabe der Flugbegleitung
typischerweise durch ein hohes Maß an Eigenständigkeit gekennzeichnet ist und vor allem keine kontinuierliche Zusammenarbeit
mit und keinen regelmäßigen Kontakt zu anderen Mitarbeitern der Klägerin voraussetzt. Es ist nicht erkennbar, dass bei der
Klägerin beschäftigte Ärzte, die ebenfalls im Bereich der Flugbegleitung eingesetzt wurden, ihre Tätigkeit weniger eigenständig
hätten ausüben können.
c. Bei der Beurteilung von Weisungsrechten und der Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation kommt es nicht darauf
an, ob bestehende Weisungsrechte (z.B. des leitenden Flugarztes) tatsächlich wahrgenommen oder Verpflichtungen des Beigeladenen
(z.B. zur Schulung) tatsächlich eingefordert wurden. Ein rein faktisches, nicht rechtlich gebundenes und daher jederzeit änderbares
Verhalten der Beteiligten ist nicht maßgeblich (BSG, Urteil vom 27. April 2021 – B 12 KR 27/19 R –, Rn. 15, juris); gleiches gilt für mögliche Vertragsverstöße einer Vertragspartei.
3. Der Beigeladene trug kein nennenswertes unternehmerisches Risiko.
a. Maßgebendes Kriterium für ein unternehmerisches Risiko ist nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird,
der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko
nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung
des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft oder größere Verdienstchancen gegenüberstehen. Aus dem (allgemeinen) Risiko,
außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf. nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko
bezüglich der einzelnen Einsätze (BSG, Urteile vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R –, und vom 31. März 2015 – B 12 KR 17/13 R –; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. Februar 2021 – L 14 KR 52/16 – und Urteil vom 14. Juni 2017 – L 9 KR 354/13 –; jeweils juris und m.w.N.). Risikolos in diesem Sinne ist insbesondere die Vereinbarung eines gleichbleibenden Entgelts
für geleistete Stunden (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 – B 12 R 6/18 R –, juris, Rn. 31) oder einer gleichbleibenden, erfolgsunabhängigen Vergütung (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09. Mai
2018 – L 8 R 234/15 –, juris; Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht/Zieglmeier, §
7 SGB IV, Stand: März 2021, Rn. 195, 265 („Detektiv“), m.w.N.).
b. Zwar mag bei Tätigkeiten, die im Wesentlichen nur Know-how sowie Arbeitszeit- und Arbeitsaufwand voraussetzen, das Fehlen
von größeren Investitionen in Werkzeuge, Arbeitsgeräte oder -materialien kein ins Gewicht fallendes Indiz für eine Beschäftigung
und gegen unternehmerisches Tätigwerden darstellen (BSG, Urteil vom 31. März 2017 – B 12 R 7/15 R –, juris, Rn. 42). Der Beigeladene hat allerdings auch seine Arbeitskraft nicht mit dem Risiko eingesetzt, keine Vergütung
zu erhalten.
aa. Dem standen schon die von der Durchführung konkreter ärztlicher Maßnahmen unabhängigen, daher garantierten Pauschalen
je Einsatz entgegen. Zwar mag es für ein Arbeitsverhältnis bzw. eine Beschäftigung untypisch sein, dass die geschuldeten Leistungen
pauschal, d.h. unabhängig vom Zeitaufwand je erbrachter Leistung, vergütet wurden. Gleichwohl war jederzeit gewährleistet,
dass die vom Beigeladenen durchgeführten Einsätze bei Ambulanzflügen nicht mit dem Risiko eines Vergütungsausfalls verbunden
waren. Insbesondere bestand für den Beigeladenen keinerlei Möglichkeit, durch besondere Anstrengungen – etwa besonders zeitsparendes
oder effektives Handeln während der Flugbegleitung – eine höhere Vergütung zu erlangen.
bb. Der Beigeladene verfügte über keine eigene Betriebsstätte und musste keine eigenen Arbeitsmittel oder eigenes Personal
zur Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten einsetzen. Selbst wenn er – wie klägerseitig behauptet – teilweise eigene Arbeitsmittel
wie Stethoskop, Blutdruck- und Zuckermessgerät oder Pulsoximeter verwendete, geschah dies, ohne dass ihn vertragliche Vereinbarungen
hierzu gezwungen hätten. Diese sahen vielmehr vor, dass Einsatzequipment aus Privatbesitz nur ersatzweise eingesetzt werden
durfte. Dass dem Beigeladenen diese Arbeitsmittel nicht von der Klägerin oder der AG zur Verfügung gestellt wurden und er
sie daher selbst beschaffen musste, ist jedoch weder nach dem Vorbringen der Beteiligten noch anderweitig ersichtlich. Freiwillig
getätigte Aufwendungen im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit sind indes für die Statusfrage ohne jede Bedeutung.
Der einzige Kapitalaufwand, zu dem der Beigeladene nach den vertraglichen Vereinbarungen verpflichtet war, bestand nach Ziff.
6 Abs. 2 HonV darin, dass er die Kosten für jährlich 30 Stunden an Fort- und Weiterbildung selbst zu tragen hatte. Zu einem
nennenswerten Kapitalrisiko führt eine solche Verpflichtung allerdings nur dann, wenn die Höhe der Kosten im Verhältnis zur
Vergütung ein erhebliches Gewicht erlangen. Dies lässt sich im vorliegenden Fall nicht feststellen, da der Kläger nach der
Einweisung in seine Tätigkeit an keiner Schulungs-, Fort- oder Weiterbildungsmaßnahme teilgenommen hat.
4. Für eine Beschäftigung des Beigeladenen spricht ferner, dass ihm die für Selbständige charakteristische Möglichkeit, nach
eigenem Gutdünken darüber zu entscheiden, ob er die vertraglich geschuldete Leistung allein oder mithilfe bei ihm beschäftigter
Personen erbringt, verwehrt war. Mangels entsprechender vertraglicher Regelung hatte er vielmehr – wie es für Arbeitnehmer
typisch ist (BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R –, juris, Rn. 33) – seine Leistungen höchstpersönlich zu erbringen.
Untypisch für eine Beschäftigung wäre zwar, wenn der Beigeladene im Falle seiner Verhinderung selbst eine Vertretungskraft
zu stellen hätte. Hierzu war er nach den vertraglichen Vereinbarungen indes nicht verpflichtet, sondern hatte sich nur „ggf.
um Ersatz zu bemühen“. Offen lässt der HonV insofern nicht nur, unter welchen Voraussetzungen er zu diesem Bemühen verpflichtet
war, sondern auch, welche Rechtsfolgen im Falle gescheiterter Bemühungen oder gar Untätigkeit des Beigeladenen eintreten sollten.
Aus der zitierten Passage des HonV lässt sich daher nichts für eine Selbständigkeit des Beigeladenen ableiten.
5. Ohne Bedeutung ist, dass der Beigeladene neben der streitigen Tätigkeit einer Vollzeitbeschäftigung in einem Krankenhaus
nachging. Denn der Gesetzgeber hält, wie §
8 Abs.
2 und
3 SGB IV belegen, ein Nebeneinander von Beschäftigung(en) und selbständiger Tätigkeit für zulässig. Darüber hinaus kann eine Tätigkeit
für mehrere Auftraggeber erst in der Zusammenschau mit weiteren typischen Merkmalen einer selbständigen Tätigkeit Gewicht
erhalten, wie z.B. einem werbenden Auftreten am Markt für die angebotenen Leistungen. Hierfür ist im Falle des Beigeladenen
nichts erkennbar. Zwar kann eine Tätigkeit für andere Auftraggeber ein Indiz für eine ganz erhebliche Dispositionsfreiheit
in Bezug auf die zu beurteilende Tätigkeit sein, wenn sie in relevantem Umfang oder sogar schwerpunktmäßig stattfindet, weil
sie dann die zeitliche Verfügbarkeit des Auftragnehmers erheblich einschränkt. Das gilt aber nicht, wenn – wie hier – die
Dispositionsfreiheit des Auftragnehmers schon insoweit berücksichtigt wird, als für die Beurteilung auf den jeweiligen Einzelauftrag
abgestellt wird (BSG, Urteil vom 07. Juni 2019 – B 12 R 6/18 R –, m.w.N.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. Februar 2021 – L 14 KR 52/16 –, Rn. 68 ; jeweils juris).
6. Eine Qualifizierung der streitgegenständlichen Tätigkeit des Beigeladenen als selbständig lässt sich auch nicht aus den
hierauf gerichteten vertraglichen Vereinbarungen mit der Klägerin herleiten.
Dem Willen der Vertragsparteien kommt generell nur dann eine potentielle Bedeutung zu, wenn dieser Wille den festgestellten
sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die
übrigen Umstände gleichermaßen für Selbständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen. Nur unter diesen Voraussetzungen ist
der in einem Vertrag dokumentierte Parteiwille überhaupt als ein auf Selbständigkeit deutendes Indiz in die Gesamtabwägung
einzustellen; hierdurch wird eine Selbständigkeit jedoch nicht vorfestgelegt. Dabei ist das Gewicht des Indizes umso geringer,
je weniger eindeutig die Vertragsgestaltung ist und je stärker die Widersprüche zu den tatsächlichen Verhältnissen sind (BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 – B 12 R 11/18 R –, juris, Rn. 36, m.w.N.).
Ohne Bedeutung sind insbesondere Vertragsklauseln, die darauf gerichtet sind, an den Arbeitnehmer- bzw. Beschäftigtenstatus
anknüpfende arbeits-, steuer- und sozialrechtliche Regelungen abzubedingen bzw. zu vermeiden (z.B. Nichtgewährung von Entgeltfortzahlung
bei Krankheit/Urlaub bzw. von Urlaubsgeld; Verpflichtung, Einnahmen selbst zu versteuern; Obliegenheit, für mehrere Auftraggeber
tätig zu werden oder für eine Kranken- oder sonstige Sozialversicherung selbst zu sorgen). Solche Abreden lassen ausschließlich
Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien zu, eine Beschäftigung bzw. Versicherungspflicht als daraus resultierender
Rechtsfolge auszuschließen (vgl. auch §
32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch –
SGB I). Darüber hinaus kommt solchen Vertragsklauseln bei der im Rahmen des §
7 Abs.
1 SGB IV vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung zu. Werden die entsprechenden Rechte dem Erwerbstätigen hingegen
ausdrücklich vertraglich eingeräumt, spricht dies entscheidend für den Willen der Vertragsparteien, ein Arbeits- und somit
auch ein Beschäftigungsverhältnis zu begründen (BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R –, Rn. 27; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Juni 2017 – L 9 KR 354/13 –, Rn. 117 ; Urteil vom 10. November 2021 – L 14 KR 474/16 –, Rn. 133 ; jeweils juris und m.w.N.).
Hieran gemessen ist der Wille der Vertragsparteien, die Tätigkeit des Beigeladenen sozialversicherungsrechtlich als selbständig
einzustufen, unbeachtlich. Denn die weit überwiegenden sonstigen Umstände lassen nur eine Qualifizierung als Beschäftigung
i.S.v. §
7 Abs.
1 SGB IV zu.
IV. Aufgrund seiner Beschäftigung unterlag der Beigeladene an den o.g. Tagen der Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung
(§
25 Abs.
1 Satz 1
SGB III) und in der GRV (§
1 Abs
1 Nr.
1 SGB VI). Letzterem steht nicht entgegen, dass er nach eigener Einschätzung von der Versicherungspflicht in der GRV befreit war.
Denn die Befreiung von dieser Versicherungspflicht wird immer nur tätigkeitsbezogen erteilt (BSG, Beschluss vom 13. Juli 2009 – B 12 R 30/08 B –, Rn. 6, juris, m.w.N.); dies geschah für seine Tätigkeit bei der Klägerin nicht.
Eine zur Versicherungsfreiheit nach dem Recht der Arbeitsförderung (§
27 Abs.
2 SGB III) führende Geringfügigkeit i.S.v. §
8 Abs.1 Nr.
1 SGB IV lag nicht vor, obwohl das Arbeitsentgelt des Beigeladenen in mehreren Monate 450 € nicht überstieg.
Im Versicherungs- und Beitragsrecht des SGB ist grundsätzlich auf eine prospektive Betrachtung abzustellen. Maßgeblich sind
demnach die Umstände bei Eintritt der Versicherungspflicht (z.B. aufgrund einer Beschäftigung), wobei für die erforderliche
Prognose regelmäßig auch die Verhältnisse in der Vergangenheit von Bedeutung sind (BSG, Beschlüsse vom 27. April 2016 – B 12 KR 16/14 R, B 12 KR 17/14 R – <zur Unständigkeit i.S.v. §
232 SGB V, §
163 Abs.
1 SGB VI>; Urteile vom 29. Juli 2015 – B 12 KR 4/13 R – <zur Hauptberuflichkeit i.S.v. § 5 Abs. 5 SGB V>, vom 29. April 1997 – 10/4 RK 3/96 – <zur Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Landwirte>, vom 27. Juli 2011 – B 12 R 15/09 R – <zur Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit>, m.w.N., und vom 07. Dezember 2000 – B 10 KR 3/99 R – <zur Familienversicherung>; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. April 2013 – L 22 R 1149/11 – <zur Versicherungspflicht nach § 2 SGB VI>; jeweils juris). Diese Sichtweise gewährleistet im Interesse aller Beteiligten
(Versicherte, Arbeitgeber bzw. sonstige Beitragszahler, Sozialversicherungsträger), dass schon bei Beginn der Versicherungspflicht
Klarheit über die für die Beteiligten bestehenden Rechte und Pflichten geschaffen wird (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom
14. Mai 2014 – L 9 KR 449/12 –, Rn. 80 , juris).
Im vorliegenden Fall ließ sich eine Prognose, dass der Beigeladene seine Beschäftigung bei der Klägerin nur geringfügig ausüben
würde, nicht stellen. Der HonV enthält keinerlei Anhaltspunkte dafür und die Beteiligten gingen nach eigenem Bekunden bei
Vertragsschluss – dies ist grundsätzlich der maßgebliche Zeitpunkt – davon aus, das vom Beigeladenen erzielte Entgelt werde
regelmäßig 450 € übersteigen.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §§
154 Abs.
1 und
2 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites. Der Senat berücksichtigt insoweit einerseits, dass die Beklagte ihre Feststellung
zur Versicherungspflicht nach dem
SGB V und dem
SGB XI während des Rechtsstreits zurückgenommen hat, nachdem der Beigeladene (erst) im Laufe des Berufungsverfahrens die hierfür
maßgeblichen Umstände (Verhältnis der Einnahmearten zueinander) offengelegt hat. Andererseits hatte die für die angefochtenen
Bescheide ausschlaggebende Feststellung, dass der Beigeladene bei der Klägerin beschäftigt war, jedoch Bestand. Die außergerichtlichen
Kosten der Beigeladenen tragen diese aus Gründen der Billigkeit (§
162 Abs.
3 VwGO) selbst, weil sie keine Anträge gestellt und somit kein Kostenrisiko übernommen haben (BSG, Urteil vom 27. Juni 2007 – B 6 KA 37/06 R –, juris).
Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe hierfür (§
160 Abs.
2 SGG) nicht vorliegen.