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LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.07.2016 - 13 SB 92/15
Grad der Behinderung und Zuerkennung Merkzeichen G Mehrere Beeinträchtigungen am Leben in der Gesellschaft Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht Versorgungsmedizinische Grundsätze
1. Liegen mehrere Beeinträchtigungen am Leben in der Gesellschaft vor, ist der GdB gemäß § 69 Abs. 3 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen; nach Teil A Nr. 3c der Anlage zu § 2 VersMedV ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdB von der Funktionsstörung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird.
2. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gaben die AHP an, welche Funktionsstörungen in welcher Ausprägung vorliegen mussten, bevor angenommen werden konnte, dass ein Behinderter infolge einer Einschränkung des Gehvermögens "in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist".
3. Damit wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass das menschliche Gehvermögen keine statische Messgröße ist, sondern von verschiedenen Faktoren geprägt und variiert wird: Darunter sind neben den anatomischen Gegebenheiten des Körpers, also Körperbau und etwaige Behinderungen, vor allem der Trainingszustand, die Tagesform, Witterungseinflüsse, die Art des Gehens (ökonomische Beanspruchung der Muskulatur, Gehtempo und Rhythmus) sowie Persönlichkeitsmerkmale, vor allem die Motivation, zu nennen.
4. Von diesen Faktoren filterten die AHP all jene heraus, die nach dem Gesetz außer Betracht zu bleiben haben, weil sie die Bewegungsfähigkeit des schwerbehinderten Menschen im Straßenverkehr nicht infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung seines Gehvermögens, sondern möglicherweise aus anderen Gründen erheblich beeinträchtigen.
5. Diese Grundsätze gelten auch auf der Grundlage der in der Anlage zu der am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen VersMedV vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) festgelegten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" weiter.
Normenkette:
SGB IX § 69 Abs. 1
,
SGB IX § 2 Abs. 1
,
SGB IX § 69 Abs. 3
,
Anlage zu § 2 VersMedV Teil A Nr. 3 Buchst. c)
Vorinstanzen: SG Berlin 15.03.2015 S 40 SB 1342/11
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. März 2015 geändert. Der Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 28. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2011 verpflichtet, bei der Klägerin mit Wirkung ab dem 20. November 2015 einen Grad der Behinderung von 60 festzustellen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin deren notwendige außergerichtliche Kosten des gesamten gerichtlichen Verfahrens zu 1/4 zu erstatten.
Im Übrigen findet keine Kostenerstattung statt.
Die Revision wird nicht zugelassen.

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