Tatbestand:
Im Streit ist ein Rentenanspruch des Klägers infolge eines Arbeitsunfalls.
Der 1972 geborene Kläger war beim Schornstein-, Feuerungs-, Mauerwerkbau SFM GbR in G als Maurerbeschäftigt, als er am 04.
Dezember 2000 bei Fassadenarbeiten auf dem Gelände der E Universität V, in F (...) in Ausübung seiner versicherten Tätigkeit
stürzte. Er fiel etwa 4 m tief in die nächste Rüstebene und verletzte sich dabei. Er wurde in das Klinikum F geliefert und
am 19. Dezember 2000 arbeitsfähig entlassen.
Im Klinikum F wurde eine Fraktur des 1. und 4. Lendenwirbelkörpers (LWK) mit intakten Hinterkanten der Wirbelkörper ohne Affektion
des Spinalkanals diagnostiziert und Kontusionsmarken im Bereich der rechten Tibia des linken Fußes gefunden. Im Bereich der
linken Schulter, der Brustwirbelsäule und des Thorax fanden sich keine Frakturen, ebenfalls nicht im Bereich des Beckens.
Die Beklagte holte ein Gutachten ein, das Dr. H am 03. Juli 2001 nach ambulanter Untersuchung vom 28. Juni 2001 erstattete.
Nach dem Ergebnis seiner durchgeführten Untersuchungen lagen "keine messbaren Bewegungseinschränkungen" vor. Die Minderung
der Erwerbsfähigkeit (MdE) beurteilte er mit 20 v. H.
Mit Bescheid vom 17. Oktober 2001 erkannte die Beklagte den Unfall des Klägers vom 04. Dezember 2000 als Arbeitsunfall an
und bewilligte wegen der Folgen des Versicherungsfalls einen Anspruch auf eine Rente als vorläufige Entschädigung in Form
einer Gesamtvergütung für den Zeitraum vom 02. Mai 2001 bis 31. Januar 2002.
Mit dem am 17. Januar 2002 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben beantragte der Kläger Weiterzahlung der Rente über den
31. Januar 2002 hinaus, da sich seiner Meinung nach sein Gesundheitszustand nicht verändert habe. Dr. H erstattete ein Rentengutachten
nach ambulanter Untersuchung des Klägers vom 04. April 2002. Die MdE beurteilte er auf Dauer mit 20 v. H.
Mit Bescheid vom 23. Juli. 2002 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Rente nach Ablauf des Gesamtvergütungszeitraums ab.
Der Versicherungsfall habe nach Ablauf des Zeitraums, für den die Gesamtvergütung bestimmt gewesen sei, eine MdE in rentenberechtigendem
Grade nicht hinterlassen. Die durchgeführte Begutachtung habe ergeben, dass nachstehende Folgen des Versicherungsfalls vorlägen:
Geringgradige Einschränkung der Beugefähigkeit der Lendenwirbelsäule, radiologisch eine Keilwirbelbildung des 1. Lendenwirbelkörpers
jedoch ohne statische Auswirkung nach Bruch des 1. und 4. Lendenwirbelkörpers.
Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers, der auf das Gutachten von Dr. H hinwies, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid
vom 30. August 2002 zurück.
Mit der am 13. September 2002 beim Sozialgericht (SG) Cottbus eingegangenen Klage verfolgte der Kläger seinen Anspruch auf eine Rente auf bestimmte Zeit. Zur Begründung bezog
er sich insbesondere auf die Beurteilung von Dr. H.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 23.07.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.08.2002 aufzuheben und die Beklagte
zu verurteilen, ihm über den 31.01.2002 hinaus eine Verletztenrente zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das SG holte ein Gutachten ein, das der Facharzt für Chirurgie Dr. B im Januar 2003 aufgrund ambulanter Untersuchung im November
2002 erstattete. Nach seiner Untersuchung waren im Bereich des Lendenwirbelsäulenabschnitts keine gesundheitlichen Einschränkungen
mehr feststellbar. Dr. H gebe für die Beurteilung einer MdE von 20 v. H. keine medizinisch substantiierte Begründung an.
Der Kläger übersandte fachärztliche Stellungnahme des Facharztes für Allgemein- und Sportmedizin Dr. K zum Gutachten von Dr.
B.
Er führte aus, dass vor dem Unfall zweifelsfrei bestanden vor dem Unfall bereits relevante morphologische Veränderungen in
Form einer Spondylolisthesis L 5/S 1, Meyerding I, ausgeheilter M. Scheuermann bestanden hätten, die jedoch unterstützt von
der sportlichen Tätigkeit des Herrn R muskulär gut kompensiert gewesen sei. Infolge des Unfalls mit Frakturen der LWK 1 und
LWK 4 ist es nun zu bedeutenden funktionellen Veränderungen gekommen.
Dr. B gab dazu eine Stellungnahme im März 2003 ab in der er Dr. K widersprach. Mit dem am 28. März 2003 verkündeten Urteil
hat das SG die Klage abgewiesen. Es folgte der Beurteilung durch Dr.
Des Weiteren wies das SG zum Aktenzeichen S 15 U 154/01 den Antrag des Klägers ab, den Bescheid der Beklagten vom 12. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
17. Dezember 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag des Klägers auf Leistungen zur Teilhabe am
Arbeitsleben neu unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Gegen die dem seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 08. Mai 2003 zugestellten Urteile richten sich die am
20. Mai 2003 beim Landessozialgericht (LSG) für das Land Brandenburg eingegangene Berufungen, die am 30.09.2005 verbunden
wurden und weiter unter den Aktenzeichen L 22 U 12/08 und L 22 U 13/08 geführt wurden. In der Begründung wurde Bezug genommen auf eine Stellungnahme von Prof. Dr. S vom 23. Mai 2003, der er auf
einen Schmorl'schen Knoten hinwies und eine MdE um 20 v. H. für gerechtfertigt erachtete.
Der Kläger hat zwischenzeitlich ein Studium als Bautechniker absolviert, so dass er einen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe
am Arbeitsleben gegen die Beklagte nicht weiter gerichtlich verfolgte. Der seinerzeitige Prozessbevollmächtigte des Klägers
erklärte den Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich des Anspruchs auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für erledigt
und beantragte, über die Kosten dieses Verfahrens zu entscheiden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 28. März 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 23. Juli 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 30. August 2002 zu ändern und dem Kläger über den 31. Januar 2002 hinaus Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung
zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zu den Akten gelangten Arztbriefe des Facharztes für Nuklearmedizin B vom 07. April 2003 und des Arztes für Radiologie Dr.
K.
Die Beklagte übersandte eine Stellungnahme des Arztes für Unfallchirurgie Dr. G V N, vom 26. August 2001. Er habe sich mit
den "3 zuletzt abgehefteten Schreiben" beschäftigt: mit der Stellungnahme von Prof. Dr. S vom 23. Mai 2003, dem Szintigrafiebefund
vom 07. April 2003 von Dr. B und dem MRT-Befund vom 06. Mai 2003 aus der Praxis K u. a. Bei ungetrübter Sichtweise spreche
hier alles für fortgeschrittene degenerative Veränderungen im Bereich L 2 bis S 1. Die genaueste Darstellung einer durchbauten
Fraktur gebe nicht die Kernspintomografie, sondern ein CT der betroffenen Wirbelkörper, das bisher nicht durchgeführt worden
sei. Aufgrund der Beweisanordnung vom 24. November 2003 schlug Prof. Dr. S am 18. Februar 2004 vor, eine spinale Computertomografie
der LWS durchzuführen durch Frau Dr. K. Dr. W, Chefarzt für Radiologie des V-Klinikums N übersandte im Mai 2004 ein Zusatzgutachten
an Dr. G mit Bewertung CT der LWS vom 20. April 2004. Am 08. März 2004 nahm Dr. G Stellung.
Frau Dr. K aus der Praxis für Röntgen und Nuklearmedizin übersandte zu einem MRT der LWS vom 13. Juli 2004 am 18. August 2004
einen Befundbericht.
Mit dem am 15. November 2004 beim LSG eingegangenen Gutachten kam Prof. Dr. S zur Beurteilung, es lägen mehrsegmentale morphologische
Veränderungen der LWS vor, die über die Keilwirbelbildung des 1. LWK hinausgingen und mit dem Unfallgeschehen mit großer Wahrscheinlichkeit
im Zusammenhang stünden. Zu diesen Veränderungen gehörten die Einbrüche von Bandscheibengewebe in die Wirbelkörper L 2, L
3, L 4 und L 5; die ventrale Deckplattenimpaktion des 4. LWK, die fortgeschrittenen Bandscheibenentquellungen von L 2 und
die Bandscheibennekrose L 3/L 4; die Aufhebung der Lendenlordose; die posttraumatische Spondylchondrose und die Einschränkung
der Funktion der LWS. Die unfallbedingte MdE in Höhe von 25 % bestehe mindestens seit dem 01. Februar 2002. Das Gutachten
von Dr. K sei wenig hilfreich, um den Schadenskomplex des Klägers ursächlich zu klären. Es ließen sich keine unfallbezogenen
Einschätzungen für das Achsenorgan ableiten.
Im März 2005 gibt Prof. Dr. S eine Stellungnahme "zu den Äußerungen von Dr. G vom 25. Januar 2005" ab.In der nichtöffentlichen
Sitzung vom 30. September 2005 wurden Dr. G und Prof. Dr. S als Sachverständige vernommen.
Der Kläger übersandte eine weitere Stellungnahme von Prof. Dr. S vom 19. Dezember 2005. Dieser nahm auf die Stellungnahme
der Beklagten vom 12. Oktober 2005 zum Erörterungstermin vom 30. September 2005 Bezug. Daraufhin übersandte die Beklagte eine
weitere Stellungnahme von Dr. G. Darauf erwiderte der Kläger mit Stellungnahme von Prof. Dr. S vom 13. März 2006. Die Beklagte
antwortete darauf mit der beigefügten Stellungnahme von Dr. G vom 26. Juli 2006. Im August 2006 übersandte die Beklagte zur
Erwiderung hierauf mit Stellungnahme von Dr. G vom 26. Juli 2006. Der Kläger übersandte hierauf eine Stellungnahme von Prof.
Dr. S vom 11. August 2006. Auf Anforderung des Gerichts gab Dr. B im Januar 2009 eine Stellungnahme ab. Prof. Dr. S habe zwar
morphologische Veränderungen der LWS radiologische Befunde, nicht aber funktionelle Beeinträchtigungen genannt. Der unfallmedizinischen
Literatur sei zu entnehmen, dass die Tatsache, dass ein Wirbelkörperbruch allein durchgemacht worden sei, noch nicht zu einer
Einschätzung einer MdE führen könne. Dies habe Prof. Dr. S weder berücksichtigt noch hierzu Ausführungen gemacht.
Aufgrund der Beweisanordnung vom 30. Juli 2010 erstattete Prof. Dr. S am 22. September 2010 - im November bei Gericht eingehend
- ein orthopädisch-traumatologisches Gutachten aufgrund Untersuchung des Klägers am 15. September 2010. Im Ergebnis gelangte
der Sachverständige zu der Beurteilung, dass die MdE für die im Bescheid vom 23. Juli 2002 anerkannten Unfallfolgen weniger
als 10 v. H. ab dem 01. Februar 2002 betrage nach der unfallmedizinischen Literatur, da ein isolierter Bruch des 1. Wirbelkörpers
vorliege mit geringer Höhenminderung und eine Abkantung der Wirbelkörper L 4.
Der Kläger regte an, Herrn Prof. Dr. S zur Bewertung des Gutachtens aufzufordern.
Prof. Dr. S nahm zum Gutachten Stellung im Dezember 2010. Er führte im Einzelnen aus, dass die bekannte Röntgenmorphologie
der LWS mit den Funktionsmessungen des Gutachters nicht übereinstimme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den
Inhalt der vorliegenden Gerichtsakten zu den Geschäftszeichen L 22 U 12/08 und L 22 U 13/08 und den der Verwaltungsakten der Beklagten, Geschäftszeichen 4/25775/00-6, Unfallakten und Berufshilfeakten.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige und im Übrigen statthafte Berufung des Klägers ist unbegründet.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung
nach Ablauf des Zeitraums, für die die Gesamtvergütung bestimmt war. Gemäß §
75 Satz 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII) wird nach Ablauf des Zeitraumes auf Antrag Rente als vorläufige Entschädigung oder Rente auf unbestimmte Zeit gezahlt, wenn
die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Dies ist nicht der Fall.
Nach §
56 Abs.
1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.
H. gemindert ist, - wie hier im Fall des Fehlens eines Stützrententatbestandes -, einen Anspruch auf Rente. Ein Versicherungsfall,
ein Arbeitsunfall, war am 04. Dezember 2004 zwar eingetreten, als sich der Kläger bei versicherter Tätigkeit gemäß §
2 Abs.1 Nr.1
SGB V verletzte. Aber die anerkannten Unfallfolgen rechtfertigen keine MdE um 20 v. H. ab 01. Februar 2002, und über die anerkannten
Unfallfolgen hinaus sind keine Gesundheitsstörungen auf den Arbeitsunfall als wesentliche (Mit-) Ursache mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit zurückzuführen.
Nach der im Unfallversicherungsrecht geltenden maßgeblichen Lehre von der wesentlichen Bedingung ist eine Bedingung als (mit-)ursächlich
anzusehen, wenn sie im Verhältnis zu anderen Einzelbedingungen wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt
wesentlich beigetragen hat (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [BSG], BSGE 1, 76 ff.). Die Theorie der wesentlichen Bedingung hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie,
nach der Ursache eines Erfolges jedes Ereignis ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio
sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der Bedingungstheorie werden im Sozialrecht als rechtserheblich aber nur solche
Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. "Wesentlich"
ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern
rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n)
Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Gesichtspunkte für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursache sind
insbesondere die versicherte Ursache bzw. das Ereignis als solches, also Art und Ausmaß der Einwirkung, konkurrierende Ursachen
unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens und Rückschlüsse aus dem Verhalten
des Verletzten nach den Einwirkungen, Befunde und Diagnosen der erstbehandelnden Ärzte sowie die gesamte Krankengeschichte.
Trotz dieser Ausrichtung von individuellen Versicherten sind der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs im Einzelfall der aktuelle
wissenschaftliche Erkenntnisstand über die Ursachenzusammenhänge zwischen Ereignissen und Gesundheitsschäden zugrunde zu legen.
Für den ursächlichen Zusammenhang zwischen schädigender Einwirkung und Erkrankung ist eine hinreichende Wahrscheinlichkeit
ausreichend. Hierunter ist eine Wahrscheinlichkeit zu verstehen, nach der bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für
den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Gewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet
werden kann (BSGE 45, 285, 286). Der ursächliche Zusammenhang ist jedoch nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht ausschließen oder nur möglich
ist (BSGE 60, 58, 59).
Nach diesen Maßstäben vermag sich der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§
128 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) nicht davon zu überzeugen, dass der Arbeitsunfall Gesundheitsstörungen verursacht hat, die eine MdE um mindestens
20 v. H. begründen.
Die gerichtlich von Amts wegen bestellten Sachverständigen Dr. B und Prof. Dr. S sind übereinstimmend der Auffassung, dass
über die anerkannten Gesundheitsstörungen hinaus keine weiteren Gesundheitsstörungen des Klägers auf den Arbeitsunfall als
wesentliche Ursache zurückzuführen ist.
Dr. B gelangte zu der Beurteilung, im Bereich des Lendenwirbelsäulenabschnitts seien keine gesundheitlichen Einschränkungen
mehr feststellbar gewesen. Radiologisch imponierten, neben einem knöchern konsilidiert verheilten Deckplatteneinbruch des
1. LWK mit ventraler Höhenminderung geringgradige Veränderungen im 4. LWK. Die Fraktur sei knöchern konsolidiert ausgeheilt.
Nachweislich lägen als Folgen des Unfallereignisses vom 04. Dezember 2000 als alleinige Ursache folgende Gesundheitsstörungen
ein Zustand nach erlittenem Bruch des 1. und 4. Lendenwirbelkörpers vor mit ventraler Höhenminderung des 1. Lendenwirbelkörpers
und leichter muldenförmiger Einsenkung des 4. Lendenwirbelkörpers im Bereich der Deckplatte ventral ohne Nachweis einer daraus
resultierenden Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule.
Völlig unfallunabhängig und somit weder direkt noch indirekt auf den Unfallhergang zu beziehen seien objektiv nachweisbare
krankhafte Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule im Sinne eines lumbalen Wirbelgleitens L4/L5 Meyerding I, degenerative
Veränderungen in sämtlichen Wirbelsäulenabschnitten sowie eine Fehlhaltung im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule und
ein abgelaufener Morbus Scheuermann feststellbar gewesen. Er meinte, der Vorschaden sei eine sehr wesentliche überragende
Ursache der körperlichen empfundenen Beschwerden, wobei darauf hinzuweisen sei, dass gravierende Einschränkungen der Wirbelsäulenfunktion
nicht nachweisbar gewesen seien. Ein vorbestehendes Wirbelsäulenleiden sei durch das Unfallgeschehen nicht verschlimmert worden.
Die Unfallfolgen seien folgenlos ausgeheilt.
Auch Prof. Dr. S hat in seinem aktuellen Gutachten nach Untersuchung des Klägers am 15. September 2010 außerhalb der anerkannten
Gesundheitsstörungen zusätzliche Gesundheitseinschränkungen ab 01. Februar 2002 nicht festgestellt, die nachweislich und mit
Wahrscheinlichkeit auf den anerkannten Arbeitsunfall und dessen anerkannte Folgen zurückzuführen sind. Auf der Grundlage der
Ausführungen von Schönberger, Mehrtens und Valentin, 8. Auflage liege zweifelsfrei ein Wirbelkörperbruch mit Vorderkantenerniedrigung
im Segment L 1 und L 4 vor, jedoch nicht mit Bandscheibenbeteiligung, da die Bandscheibenveränderungen auf die Scheuermann'sche
Entwicklungsverzögerung zurückgeführt werden müssten. Der Bruch sei nicht instabil, da lediglich die vordere Tragsäule der
Wirbelsäule betroffen sei, seit dem 01. Februar 2002 bestehe damit ein Endzustand. Der ursächliche Zusammenhang zwischen dem
jetzt erhobenen Befund und dem damaligen Unfallereignis bestehe in der knöchernen Verletzungsfolge an den Vorderkanten der
Wirbelkörper I und IV.
Eine unfallunabhängige Gesundheitsstörung liege insofern vor, als eine Scheuermann'sche Entwicklungsstörung der Wirbelsäule
stattgefunden habe, so dass in zahlreichen auch nicht traumatisierten Wirbelsegmenten pathologische morphologische Befunde
in der Bildgebung nachgewiesen werden können. Die unfallunabhängige Gesundheitsstörung habe nicht zu einer Verstärkung der
Unfallursachen geführt, sie habe das Ausheilungsergebnis auch nicht verzögert. Die jetzt vorgetragenen Beschwerden müssten
auf die Scheuermann'schen Veränderungen zurückgeführt werden. Ein Schaden oder eine Anlage hierzu sei für die Zeit vor dem
Unfall zweifelsfrei feststellbar, weil eine Scheuermann'sche Entwicklungsverzögerung im Bereich der Wirbelsäule bestanden
habe mit morphologischen Veränderungen an zahlreichen Wirbelkörpern. Sie seien durch den Unfall selbst ursächlich nicht verändert
worden.
Bei dem in Rede stehenden Unfallereignis sei es zu einer Flexionsverletzung des Wirbelkörpers I und des Wirbelkörpers IV gekommen.
Im Bereich des Wirbelkörpers IV seien keine statisch relevanten Veränderungen eingetreten, weil lediglich die Vorderkante
des Wirbelkörpers geringgradig abgeflacht sei. Im Bereich des Lendenwirbelkörpers I sei es zu einer Kompression der Wirbelkörpervorderkante
gekommen, die nicht ganz ein Drittel der Wirbelkörperhöhe ausmache. Die Knochenbrüche seien verheilt. Neben diesen Befunden
ergäben sich erhebliche Entwicklungsstörungen im Bereich der Wirbelsäule. Nahezu alle Grund- und Deckplatten seien mehrfach
unterbrochen und Inherniationen des Bandscheibengewebes lägen vor. Diese Veränderungen seien nicht unfallbedingt, sondern
anlagebedingt. Sie seien Ausdruck einer Scheuermann'schen Entwicklungsverzögerung, die bis zum Unfallzeitpunkt zwar nicht
zu klinischen Beschwerden geführt habe, die aber unabhängig von dem Unfallereignis als Anlage vorhanden gewesen sei. Es müsse
eindeutig festgestellt werden, dass sichere Verletzungszeichen lediglich bestünden in den Segmenten L 1 und L 4, in den darüber
und darunter liegenden Segmenten bestehen Herniationen, die unfallunabhängig sind, so dass auch die Veränderungen in den betroffenen
krankhaften Etagen z. T. auf die Scheuermann'sche Entwicklungsverzögerung, also auf Herniationen auch in diesen Etagen zurückgeführt
werden müssten. Es verbleibe lediglich eine geringgradige Fehlform des Achsorganes, die zum jetzigen Zeitpunkt auch keine
wesentlichen Beschwerden hervorrufen. Der ausgeprägte Muskelmantel im Bereich der unteren Extremitäten sei eindeutiger Hinweis
darauf, dass erhebliche Belastungen des Stütz- und Bewegungsapparates ständig ausgeführt werden. Folge man den Empfehlungen
von Schönberger, Mehrtens und Valentin, und Mehrhoff und Muhr, Unfallbegutachtung, betrage die MdE für die im Bescheid vom
23. Juli 2002 anerkannten Unfallfolgen weniger als 10 v. H. ab dem 01. Februar 2002 da ein isolierter Bruch des 1. Wirbelkörpers
vorliege mit geringer Höhenminderung und eine Abkantung der Wirbelkörper L 4. Von den Ausführungen von Prof. Dr. S werde abgewichen,
weil die bildgebenden Befunde in seinem Gutachten nicht den erworbenen und den unfallbedingten Erkrankungen zugeordnet würden.
Die bildgebenden Untersuchungen zeigten eindeutig, dass erhebliche Vorschäden an der LWS bestünden, weil diese in allen Segmenten
der LWS nachweisbar seien und nicht nur in den betroffenen Segmenten L 1 und L 4, so dass die dortige Beurteilung nicht aufrechterhalten
bleiben könne - es müsse von einer Entwicklungsverzögerung der Wirbelsäule insgesamt ausgegangen werden. Damit seien nicht
sämtliche morphologische Veränderungen dem Unfallereignis zuzuordnen. Die von einzelnen Gutachtern vorgetragenen Instabilitäten
könnten nicht nachvollzogen werden, weil knöcherne Verletzungsfolgen, die eine Instabilität begründen, nicht vorlägen. Aufgrund
der eindeutigen Befunde müsse den Ausführungen im orthopädischen Gutachten von Prof. Dr. S widersprochen werden, weil die
dort angegebenen weit reichenden Veränderungen an der Wirbelsäule nicht Unfallfolge sein könnten. Hierzu wies er auf die wissenschaftlichen
Untersuchungen von Dennis und Mc Affe bzw. auf die heute gültigen Frakturklassifikationen hin. Krankhafte posttraumatische
Veränderungen in 5 Etagen der Wirbelsäule seien bei den nachweisbaren Veränderungen am Achsorgan nicht vorstellbar. Da sie
zum größten Teil die mittlere Säule der Wirbelsäulenabschnitte beträfen, könnten sie nicht Folge einer von außen kommenden
Krafteinleitung sein.
Die bildgebenden Untersuchungen zeigten eindeutig, dass erhebliche Vorschäden an der LWS bestünden, weil diese in allen Segmenten
der LWS nachweisbar seien und nicht nur in den betroffenen Segmenten L 1 und L 4, so dass die dortige Beurteilung nicht aufrechterhalten
bleiben könne - es müsse von einer Entwicklungsverzögerung der Wirbelsäule insgesamt ausgegangen werden. Damit seien nicht
sämtliche morphologische Veränderungen dem Unfallereignis zuzuordnen.
Die Aufnahmen bildgebender Diagnostik beurteilte er dahingehend, dass die computertomografische Untersuchung der Lendenwirbelsäule
vom 20.April 2004 wellige Begrenzungen der Grund- und Deckplatten in zahlreichen Wirbelkörpern zeigt. Auf der seitlichen Aufnahme
im Übersichtsbild zeigten sich eine keilförmige Verformung des ersten Lendenwirbelkörpers und eine Vorderkantenimpression
des 4. Lendenwirbelkörpers. An den übrigen Lendenwirbelkörpern bestünden deutliche Veränderungen im Sinne einer erworbenen,
nicht unfallbedingten Entwicklungsverzögerung der Wirbelkörper selbst im Sinne einer Scheuermann'schen Erkrankung mit Herniationen
und mit Unterbrechungen der Grund- und Deckplatten.
Die im CT nachweisbaren Veränderungen beträfen ausschließlich die sog. vordere Säule der Wirbelsäule in der Klassifikation
nach Dennis und Mc Affe, eine Verletzung der mittleren und hinteren Säule der Wirbelsäule sei nicht nachweisbar.
Die Röntgenuntersuchungen der Lendenwirbelsäule vom 24.Juli 2002 zeigten eine keilförmige Verformung des ersten Lendenwirbelkörpers
als Unfallfolge mit einer Reduzierung der Höhe von etwas weniger als einem Drittel und eine Vorderkantenimpression am 4. Lendenwirbelkörper.
Auf der a.p.-Aufnahme ergäben sich keine Auffälligkeiten. Ausgeprägte degenerative Veränderungen bestünden insgesamt nicht.
Es besteht eine geringe Rotation der Wirbelkörper als Folge einer geringgradigen Skoliose (weniger als 10 Grad nach Cobb).
Auf einer Röntgenaufnahme der Lendenwirbelsäule im seitlichen Strahlengang vom 04.04.2002 zeigte sich am 11. und 12. Brustwirbelkörper
ein sog. Schmorl'sches Knötchen mit einer tiefen Impression der Grund- und Deckplatte im Verlauf der vormaligen Chorda dorsalis,
so dass Scheuermann'sche Veränderungen an der Wirbelsäule ganz eindeutig nachweisbar seien.
Eine Röntgenuntersuchung der Brustwirbelsäule vom 15.November 2002 zeige eine kurzbogige rechtskonvexe Skoliose im Bereich
der oberen Brustwirbelsäule. Die seitliche Aufnahme zeigt ebenfalls wellige Begrenzungen der Grund- und Deckplatten, insbesondere
im Bereich der unteren BWS.
In einer Kernspintomografie vom 13.07.2004 zeigten sich keine traumatisch bedingten Bandscheibenvorfälle. Es bestünden geringgradige
Protrusionen (Vorwölbungen), die auf leichte degenerative Veränderungen zurückzuführen sind. Im Bereich der Wirbelbögen und
der Bogengelenke bestünden keine Auffälligkeiten.
Eine computertomografische Untersuchung vom 14. Oktober 2002 zeige posttraumatische Veränderungen in den Lendenwirbelkörpern
I und IV und anlagebedingte bzw. erworbene Veränderungen in den darüber und darunter liegenden Etagen.
Die Beurteilung von Prof. Dr. S ist überzeugend.
Sie steht in Übereinstimmung mit der Beurteilung von Dr. K im Arztbrief vom 06. Mai 2003, der Deckplatteneinsenkung im Sinne
eines Schmorlschen Knotens LK 4 eine Höhenminderung LWK 1 und LWK 2 "dem Bild nach eher" als einem Morbus Scheuermann als
einer traumatischen Veränderung entsprechend beurteilte. Auch entspricht die Beurteilung der unfallmedizinischen Literatur
(Schönberger u. a.7. Auflage S. 538) besagt dazu:
Scheuermannsche Erkrankung:
Zeichen dieser Erkrankung sind bei fast einem Drittel der Bevölkerung zu finden. Pathologisch-anatomisch liegen Verknöcherungsstörungen
an den Wirbelkörperabschlussplatten vor, deren Ursache bisher nicht geklärt ist.
Diese Störungen führen zu Keilwirbeln, Wirbelkörperkantenabtrennungen und "Schmorl Knorpelknötchen" (Verlagerung von Bandscheibengewebe
in den Wirbelkörper).
Zudem stehen die Beurteilungen von Dr. B und Prof. Dr. S in Übereinstimmung mit den am Unfalltag erhobenen (radiologischen)
Befunden. So hat der Notarzt Dr. H u.a. als Befund erhoben:
LWS in 2 Ebenen: keilförmige Deformierung im Bereich des 1. LWK mit intakter Hinterkante. Leichte Höhenminderung im Bereich
des 4. LWK, ebenfalls mit intakter Hinterkante.
Diagnostiziert wurden LWK- 1 und LWK-4-Fraktur mit intakter Hinterkante ohne Einengung des Spinalkanals, ohne Ausbildung eines
neurologischen Defizits. Im Klinikum F wurde eine Fraktur des 1. und 4. Lendenwirbelkörpers (LWK) mit intakten Hinterkanten
der Wirbelkörper ohne Affektion des Spinalkanals diagnostiziert. Im Bereich der linken Schulter, der Brustwirbelsäule und
des Thorax fanden sich keine Frakturen, ebenfalls nicht im Bereich des Beckens.
Die Beurteilung der MdE mit unter 20 v.H. ist angesichts dessen überzeugend.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden
verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens §
56 Abs.
2 Satz 1
SGB VII. Die Bemessung des Grades der MdE wird vom Bundessozialgericht (BSG) als Tatsachenfeststellung gewertet, die das Gericht
gemäß §
128 Abs.
1 Satz 1
SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSG Urteil vom 02. Mai 2001 - B 2 U 24/00 R - SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 m.w.N.). Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten
ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher
oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 3-2200 §
581 Nr. 8, S. 36 m.w.N.). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit
auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit
sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperliche und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen
beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter
körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet
des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls kann die Höhe der MdE geschätzt werden
(BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem unfallversicherungsrechtlichen
und unfallversicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE
zu beachten. Sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte
Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG aaO.; BSG
Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1).
Nach diesen Maßstäben, die der Senat zugrunde legt, ist die MdE nicht mit 20 v. H. zu bewerten, wie Prof. Dr. Sund Dr. B festgestellt
haben.
Mehrhoff und Muhr, Unfallbegutachtung, 10. Auflage 1999, S. 142 und Mehrhoff, Meindl, Muhr, Unfallbegutachtung, 11. Auflage
2005 besagen:
Wirbelkörperbruch ohne Nervenbeteiligung, je nach der Leistungsfähigkeit der Wirbelsäule.
Letztere ist nicht wesentlich infolge der Unfallfolgen beeinträchtigt, wie Prof. Dr. S, Dr. B auch im Einzelnen ausgeführt
und begründet haben. Soweit Dr. H die MdE mit 20 v. H. beurteilt hat, ist dies von ihm nicht begründet worden. Auch ist diese
Beurteilung nach den o. g. Erfahrungswerten nicht begründbar.
Die MdE-Beurteilung von Prof. Dr. S ist nicht überzeugend. Er stellt in die Beurteilung Gesundheitsstörungen ein, von denen
der Senat nicht überzeugt ist, dass sie von dem Arbeitsunfall hinreichend wahrscheinlich (mit-)verursacht wurden. Dies folge
aus den vorangegangenen Ausführungen.
Die Argumentation dieses Sachverständigen, dass weitere Gesundheitsstörungen durch den Arbeitsunfall verursacht wurden, überzeugt
den Senat nicht. Prof. Dr. S hat zwar Behauptungen aufgestellt aber die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs nicht
begründet. Er führte aus:
Wie aus den epikritischen Mitteilungen und Dokumentationen hervorgeht handelte es sich bei Herrn R um ein Hyperflexions-Kompressionstrauma
des A Typs des thoracolumbalen Übergangs bzw. der Lendenwirbelsäule mit entsprechenden ventralen Wirbelkörperveränderungen
des 1. und 4. Lendenwirbels. Bei diesen Flexionsveränderungen mit einem Biegeansatz einer erheblichen Gewalteinwirkung einerseits
am thoracolumbalen und andererseits am lumbosacralen Übergang der Lendenwirbelsäule werden die mittleren Anteile dieses Bogens
automatisch in die Pathomechanik mit einbezogen und zeigen anteilige Folgeveränderungen. Damit wären die zentralen Bandscheibeneinbrüche
in die Wirbelkörperendplatten zu erklären.
Dabei lässt er die am Unfalltag erhobenen Befunde außer Acht, die lediglich dem 1. und 4. LWK betreffen. Für seine Behauptung
einer "automatischen" Einbeziehung anderer Wirbelkörper bleibt er eine Begründung schuldig. Dies stellt er in seine Beurteilung
nicht ein, obgleich er den insoweit fehlenden Befund durchaus erkennt.
Er führt letztlich zur Begründung nur Möglichkeiten an, denn er führte aus, dass sich die Deckplattenveränderungen des 2.
Lendenwirbelkörpers nicht sicher zuordnen ließen. Seine Beurteilung ist auch deshalb nicht überzeugend, weil auch er davon
ausgeht, dass an der Lendenwirbelsäule des Klägers, unfallunabhängige Gesundheitsstörungen vorliegen und selbst nicht konsequent
ist in der Zuordnung dieser zu heute vorliegenden Gesundheitsstörungen.
So hat er in seinem Gutachten vom 04. Oktober 2004 ausgeführt, man könne sicher davon auszugehen, dass an der Lendenwirbelsäule
im späten knöchernen Entwicklungsalter bestimmte Defizite (z. B. Randleistenstörungen, wellenförmige Endplattenfiguration)
aufgetreten seien (Seite 11 seines Gutachtens).
Mit dem am 15. November 2004 beim LSG eingegangenen Gutachten kam Prof. Dr. S zur Beurteilung, dass mit dem Unfallgeschehen
mit großer Wahrscheinlichkeit im Zusammenhang stünden die Einbrüche von Bandscheibengewebe in die Wirbelkörper L 2, L 3, L
4 und L 5; die ventrale Deckplattenimpaktion des 4. LWK, die fortgeschrittenen Bandscheibenentquellungen von L 2 und die Bandscheibennekrose
L 3/L 4; die Aufhebung der Lendenlordose; die posttraumatische Spondylchondrose und die Einschränkung der Funktion der LWS
in der Vorbeuge um 80 Grad und in der Seitebene um 30 Grad (Seite 10 ff. seines Gutachtens).
Andererseits führte er anlässlich seiner Vernehmung am 30. September 2005 aus, "dass Bandscheibenprotrusionen L 2, L 3, L
4 und L 5, sowohl traumatischer als auch degenerativer Natur sein könnten. Lediglich für seine Behauptung, dass die Bandscheibennekrose
L 3/L4 posttraumatisch sei, führt er eine Begründung an: Da zumindest ein örtlicher Zusammenhang zu einem verletzten Organ
bestehe, gelangte er zu der Aussage, dass diese Nekrose posttraumatisch sei. Ein örtlicher Zusammenhang reicht zur Überzeugung
des Senats in Anbetracht der Gutachten von Prof. Dr. S und Dr. B nicht aus.
Die von ihm angegebene unfallbedingte Einbrüche von Bandscheibengewebe in den Wirbelkörpern L 2, L 3, L 4, L 5 lassen sich
ebenso in einen Zusammenhang mit den Bandscheibenprotrusionen L 2, L 3 und L 4 und L 5 bringen. Und diese werden wie dargestellt
auch von Prof. Dr. S derart beurteilt, dass sie auch degenerativer Natur sein können (Ausführungen anlässlich seiner Vernehmung).
Die vorderen Randleistenstörungen am 2. und 3. LWK und die wellenförmigen Endplattenkonfigurationen hat Prof. Dr. S als entwicklungsbedingte
und nicht traumatische Wirbelveränderungen interpretiert. Nicht nachvollziehbar bleibt, dass er gleichwohl Einbrüche von Bandscheibengewebe
in die Wirbelkörper L 2, L 3, L 5 dem Arbeitsunfall zuordnet.
Auch ist der Gutachter spekulativ. So führt er aus:
Für die Haltungsveränderung des Flachrückens mit der links-konvexen Einstellung der Lendenwirbelsäule käme ursächlich auch
eine Beckenverdrehung mit infrage (Blatt 74 PHA), wobei die Rotation des 4. Lendenwirbelkörpers und die dorsolumbale Streckstellung
eine traumatische Ursache erklären könnte. Bei allen Gutachten außer dem von Dr. H vom 04.04.2002 (Blatt 113 Unfallakten)
wird kein Beinlängendefizit bzw. ein Beckenschiefstand angegeben, wobei Dr. H am 03.07.2001 noch einen Beckengeradstand (Blatt
86 Unfallakten) festgestellt hatte. Diese Messwertunterschiede sind nicht interpretierbar. Eine rein statisch bedingte Fehlstellung
scheidet damit eigentlich aus.
Die Äußerungen von Dr. sowohl seine schriftlichen Stellungnahmen aus auch das protokollierte Ergebnis seiner gerichtlichen
Vernehmung - sind nicht aus der Akte zu entfernen.
Als Rechtsgrundlage kommt § 84 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) in Betracht (vgl. BSG SozR 4-1300 § 84 Nr. 1). Danach sind Sozialdaten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist.
Nach § 67 Abs. 1 SGB X ist die Speicherung von Sozialdaten zulässig, wenn es zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle
liegenden gesetzlichen Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch erforderlich ist. Sozialdaten sind nach § 67 Abs. 1 SGB X Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener),
die von einem Verwaltungsträger im Sinne des §
35 Sozialgesetzbuch - allgemeiner Teil - (
SGB I) im Hinblick auf seine Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Speichern ist nach §
67 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 SGB X das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren von Sozialdaten auf einem Datenträger zum Zweck der weiteren Verarbeitung. Als Löschen
bezeichnet § 67 Abs. 6 Nr. 5 SGB X das Unkenntlichmachen gespeicherter Sozialdaten.
Die Äußerungen von Dr. erfüllen zwar den Tatbestand der Speicherung von Sozialdaten nach § 67 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 SGB X. Nach den genannten Rechtsgrundlagen käme eine vollständige Entfernung dieser Stellungnahme aus den Gerichtsakten jedoch
nur dann in Betracht, wenn sie als Aktenbestandteil nicht geführt werden dürfte. Dies setzte jedenfalls voraus, dass die Einholung
der Stellungnahme rechtswidrig veranlasst worden wäre (vgl. §§ 67 a Abs. 1, 67 c Abs. 1 Satz 1 SGB X). Diese Voraussetzung liegt nicht vor, insbesondere ist die Stellungnahme nicht aufgrund eines Verstoßes gegen §
200 Abs.
2 SGB VII in rechtlich unzulässiger Weise zustande gekommen.
§
200 Abs.
2 des
SGB VII lautet: Vor Erteilung eines Gutachtenauftrages soll der Unfallversicherungsträger dem Versicherten mehrere Gutachter zur
Auswahl benennen; der Betroffene ist außerdem auf sein Widerspruchsrecht nach § 76 Abs. 2 SGB X hinzuweisen und über den Zweck des Gutachtens zu informieren.
Ein Verstoß der Beklagten gegen diese Vorschrift ist nicht feststellbar. Die Vorschrift erfasst "Gutachten im klassischen
Wortsinn". Nach Rechtsprechung des BSG bezieht sich §
200 Abs.
2 §
200 Abs.
2 SGB VII nur auf umfassende Gutachten. Ein solches liegt hier nicht vor sondern eine gutachterliche beratende Stellungnahme zu den
Beurteilungen von Prof. Dr. S. Diesen Auftrag hat Prof. Dr. K seiner Stellungnahme vorangestellt. Auch ist er diesem Auftrag
ersichtlich nachgekommen.
Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 05. Februar 2000 - B 2 U 8/07 R im Einzelnen ausgeführt:
"...Aus alledem folgt, dass der Begriff des Gutachtens in §
200 Abs.
2 SGB VII eng auszulegen ist. Ein Gutachten liegt vor, wenn ein solches angefordert oder - wie vorliegend - ausweislich seiner Selbstbezeichnung
"Gutachten" erstellt und übersandt oder abgerechnet wurde. Unabhängig von dieser rein äußerlichen Bezeichnung ist zur weiteren
Unterscheidung vom Bezugspunkt der schriftlichen Äußerung des Sachverständigen auszugehen: Enthält sie vornehmlich eine eigenständige
Bewertung der verfahrensentscheidenden Tatsachenfragen, z. B. des umstrittenen Ursachenzusammenhangs - wie vorliegend der
Frage, ob entsprechend dem Urteil des SG beim Kläger eine Panik- und Somatisierungsstörung als Unfallfolge anzuerkennen ist -, ist es ein Gutachten (vgl. z. B. zum
Begriff des Zusammenhangsgutachtens i. S. der §§
5,
4 Abs.
4 Berufskrankheiten-Verordnung: P. Becker, BG 1998, 558, 559 f; O. Blome, BG 1998, 364). Setzt sich die schriftliche Äußerung des Sachverständigen im Wesentlichen
mit dem eingeholten Gerichtsgutachten auseinander, insbesondere im Hinblick auf dessen Schlüssigkeit, Überzeugungskraft und
Beurteilungsgrundlage (vgl. z. B. zum aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand als Beurteilungsgrundlage bei Kausalitätsfragen:
Urteil des Senats vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, jeweils Rdnr. 17 ff.), ist es nur eine beratende Stellungnahme. Dass eine derartige Stellungnahme,
wenn der Ursachenzusammenhang zwischen einem Ereignis und einer Gesundheitsstörung umstritten ist, auch Aussagen zu diesem
Ursachenzusammenhang und dem einschlägigen aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand enthält, ergibt sich aus der Materie.
Entscheidend sind daher der Bezugspunkt der umstrittenen ärztlichen Äußerung, die an den Arzt gestellten Fragen und die von
ihm gegebenen Antworten. Gerade bei einer ärztlichen Stellungnahme zu einem Gerichtsgutachten hilft es nur eingeschränkt weiter,
wenn der Verfasser der Stellungnahme bloß seine von dem Gerichtsgutachten abweichende Sicht der Dinge wiedergibt. Prozessual
zielgenau verwertbar für den auftraggebenden Beteiligten und das Gericht wird sie erst, wenn sie Einwendungen und Ergänzungsfragen
i. S. des §
411 Abs.
4 ZPO zu dem Gerichtsgutachten formuliert."
Nach allem stellen sich sämtliche Äußerungen von Dr. G nicht als Gutachten in dem Sinne dar. Sachverständig hat Dr. B darauf
hingewiesen, dass Dr. G sich ausschließlich mit den differenten Auffassungen zur radiologischen Diagnostik beschäftigt und
insbesondere darauf hingewiesen hat, dass der Sachverständige Prof. Dr. S eine Umdeutung der nachgewiesenen degenerativen
Veränderungen und der Schmorl'schen Körperchen vorgenommen hätte, indem er sie als Traumafolgen spekulativ wertete. Die nachfolgende
Diskussion zwischen Prof. Dr. S und Dr. G über eine etwaige Mitteilung der Bandscheiben sei Ausdruck eines Abweichens vom
Weg der Beweisanordnung und der Fragen des Gerichts in Bezug auf die festzustellenden Gesundheitsstörungen. Sie hätten ausschließlich
akademischen Charakter und seien somit nicht geeignet, zu einer Sachaufklärung beizutragen.
Im Einzelnen:
1. Stellungnahme von Dr. G vom 26. August 2003:
Nach seinem Vorspann hat er sich hierin lediglich insbesondere mit der Stellungnahme von Prof. Dr. S vom 23. Mai 2003 und
dem Szintigrafiebefund von Frau Dr. B und dem MRT-Befund vom 06. Mai 2003 aus der Praxis Dr. K u. a. befasst. Dieser Vorbemerkung
ist er ausweislich seines Schreibens vom 26. August 2003 auch nachgekommen.
2. Stellungnahme vom 08. März 2004:
Auch hier liegt eine bloße Stellungnahme zur Wertigkeit von Aufnahmen bildgebender Diagnostik unter Berücksichtigung von Ausführungen
von Prof. Dr. S vor.
3. Stellungnahmen vom 25. Januar 2005:
Auch hier erfolgt lediglich eine Antwort auf Prof. Dr. S und die Beurteilung radiologischer Befunde.
4. Untersuchungsergebnis im Termin vom 30. September 2001:
Dies begründer keinen Verstoß gegen §
200 SGB VII, da es sich um eine gerichtlich beschlossene Vernehmung handelt, bei der keine Äußerungen des Gutachtens einbezogen werden,
die einem Verwertungsverbot unterliegen (wie zuvor ausgeführt wurde).
5. Stellungnahme vom 13. Februar 2006:
Es handelt sich ausschließlich um eine Stellungnahme zu Ausführungen von Prof. Dr. S und zu Befunden bildgebender Diagnostik.
Eingangs ergänzte er das Ergebnis seiner Vernehmung vom 30. September 2005.
6. Stellungnahme vom 26. Juli 2006:
Es handelt sich ausschließlich um eine Stellungnahme (Antwort) auf die Stellungnahme von Prof. Dr. S vom 13. März 2006
Hinsichtlich des erledigten Verfahrens L 22 U 13/08 sind außergerichtliche Kosten des Klägers nicht zu erstatten. Der Kläger wäre ohne das erledigende Ereignis unterlegen.
Nach §
193 Abs.
1 Sätze 1 und 3
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) hat das Gericht im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligen einander Kosten zu erstatten haben. Es
entscheidet auf Antrag durch Beschluss, wenn das Verfahren - wie hier - anders beendet wird.
Die zu treffende Kostenentscheidung hat nach sachgerechtem Ermessen des Gerichts zu ergehen. Das Gericht muss neben möglichen
anderen Gesichtspunkten auch das Ergebnis des Rechtsstreits und den Sach- und Streitstand bei seiner Ermessenentscheidung
berücksichtigen. Es ist in der Regel billig, dass derjenige die Kosten trägt, der unterliegt. Das Gericht muss allerdings
alle Umstände berücksichtigen und hat nicht nur auf das Ergebnis des Rechtsstreits sondern auch den Anlass für die Klageerhebung
bzw. Antragstellung zu berücksichtigen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, Kommentar, 8. Auflage, §
193 Rdnr. 12 a bis 13 c).
Nach diesen Maßstäben ist es gerechtfertigt, dass die außergerichtlichen Kosten des Klägers des Rechtsstreits für beide Instanzen
nicht zu erstatten sind.
Nach §
26 Abs.1
SGB VII haben Versicherte nach Maßgabe der nachfolgenden Vorschriften und unter Beachtung des Neunten Buchs Anspruchs auf Leistungen
zur Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft, auf ergänzende Leistungen.Die Unfallversicherungsträger erbringen
die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den §§
33 bis
38 des Neunten Buches (
SGB IX), soweit in den nachfolgenden Absätzen nichts Abweichendes bestimmt ist, §
35 Abs.
1 SGB VII.
Gemäß §
33 Abs.
1 SGB IX werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit Behinderter oder von
Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen
und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern.
Ein Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gegenüber der gesetzlichen Unfallversicherung besteht, wenn der Versicherte
durch den Arbeitsunfall seinen Arbeitsplatz verloren hat bzw. zu verlieren droht oder wenn er seine bisherige Arbeit auf Dauer
nicht mehr wettbewerbsfähig ausüben kann (Hauck/Römer,
SGB VII, K §
35 Rdz.3)
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist nicht bewiesen, dass der Kläger durch den Arbeitsunfall bzw. dessen Folgen seinen
Arbeitsplatz verloren hat, zu verlieren drohte oder seine Arbeit auf Dauer nicht nur wettbewerbsfähig ausüben konnte oder,
dass Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sonst erforderlich waren, um eine durch den Arbeitsunfall geminderte oder bedrohte
Erwerbsfähigkeit des Klägers zu erhalten, zu verbessern oder (wieder)herzustellen.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG) nicht vorliegen.