Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Anfrage- bzw. Statusfeststellungsverfahrens nach §
7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV), ob der Beigeladene zu 1 während seiner Tätigkeit für den Kläger als Servicefahrer aufgrund abhängiger Beschäftigung der
Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung
unterlag.
Der Kläger betreibt als Inhaber der Firma M. als Franchisenehmer einen Lieferservice für frische Backwaren. Diese werden früh
morgens (ab 4.00 Uhr) durch für den Kläger tätige Servicefahrer von einer Vertragsbäckerei des Klägers abgeholt, dort von
diesen Fahrern in Tüten des Klägers verpackt und in deren eigenen Fahrzeugen bis zu einem vorgegebenen spätestmöglichen Zeitpunkt
(montags bis freitags bis 7.00 Uhr, an Wochenenden bis 8.30 Uhr) an die Haustüren der Kunden des Klägers ausgeliefert, ohne
in Kontakt zu diesen Kunden zu treten. Die zu beliefernden Kunden in dem jeweiligen Liefergebiet werden den Servicefahrern
jeweils am Vortag über die Homepage des Klägers mitgeteilt, woraufhin diese sich selbst die Reihenfolge der Belieferung zusammenstellen.
Dabei sind die Liefergebiete so zugeschnitten, dass sie etwa 100 bis 130 Kunden umfassen, von denen ein Teil nur unter der
Woche und ein größerer Teil nur am Wochenende beliefert wird. Alle Servicefahrer, die für den Kläger tätig sind, werden von
diesem als selbstständige Subunternehmer geführt und sind nicht nur nicht verpflichtet, die Lieferungen persönlich vorzunehmen,
sondern müssen für den Fall einer Verhinderung Mitarbeiter bzw. Ersatzfahrer als Ansprechpartner für den Kläger benennen.
Der 1958 geborene, seit Jahrzehnten hauptberuflich als abhängig Beschäftigter für eine Spedition arbeitende Beigeladene zu
1 war im Zeitraum vom 10. Mai 2010 bis 21. November 2010 daneben für den Kläger als Servicefahrer tätig, wobei die Touren
ausschließlich von seiner Ehefrau gefahren wurden. Dem lag zunächst folgender, zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu
1 geschlossene "Service-Fahrervertrag" vom 6. Mai 2010 zu Grunde:
1. Vertragsgegenstand 1.1. Der Auftragnehmer übernimmt eigenverantwortlich für den Auftraggeber die Auslieferung der vom Auftraggeber
vertriebenen Erzeugnisse in dem Vertragsgebiet, das in der Anlage 1 zu diesem Vertrag näher bestimmt ist. 1.2. Der Auftragnehmer
ist für die Kommissionierung und Auslieferung der von dem Auftraggeber vertriebenen Erzeugnisse an die Kunden eigenverantwortlich
tätig. Aufgrund der Kundenbestellungen hat der Auftragnehmer jedoch sicher zu stellen, dass die von dem Auftraggeber vertriebenen
Erzeugnisse bis spätestens 7.00 Uhr (Mo-Fr) und bis 8.30 Uhr (Sa+So) bei den Kunden ausgeliefert werden. Sollte von der Vertragsbäckerei
die Ware nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden, so verschiebt sich der Auslieferzeitpunkt entsprechend. 1.3. Der
Auftragnehmer ist berechtigt, für die Auslieferung Mitarbeiter einzusetzen. Der Auftraggeber wird durch eine Vertragsvereinbarung
zwischen dem Auftragnehmer und dessen Mitarbeiter nicht mit verpflichtet. Der Auftragnehmer hat auch nicht das Recht, den
Auftraggeber rechtsgeschäftlich zu vertreten und/oder im Namen des Auftraggebers aufzutreten. Der Auftragnehmer hat sicherzustellen,
dass seine Mitarbeiter, die er bei der Auslieferung einsetzt, hinreichend qualifiziert und von ihm geschult sind. Darüber
hinaus wird der Auftragnehmer seine Mitarbeiter auf die einschlägigen Vorschriften des Lebensmittelgesetzes hinweisen. 1.4.
Der Auftraggeber stellt dem Auftragnehmer die Aufstellungen der Kundenbestellungen für das Vertragsgebiet jeweils am Vortag
über die Homepage des Auftraggebers zur Verfügung.
2. Einführungsschulung 2.1. Der Auftragnehmer wird vom Auftraggeber bei Vertragsbeginn eine Schulung erhalten. 2.2. Die Schulung
des Auftragnehmers beginnt am 10.5.2010 und dauert bis zum 17.5.2010. 2.3. Der Auftragnehmer ist während der Schulung verpflichtet,
zu der vom Auftraggeber benannten Vertragsbäckerei anzureisen, in der die Einführungsschulung stattfindet.
3. Verhinderung des Auftragnehmers 3.1. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, einen Mitarbeiter bzw. Ersatzfahrer als Ansprechpartner
für den Auftraggeber zu benennen, so dass die regelmäßige und rechtzeitige Belieferung der Kunden gewährleistet bleibt. Der
Auftragnehmer wird dem Auftraggeber die vollständige Anschrift und die Telefonnummer seines Ersatzfahrers bzw. seines Mitarbeiters
mitteilen und ihn unverzüglich über Änderungen der Wohnanschriften bzw. Telefonnummern des Ersatzfahrers bzw. des zuständigen
Mitarbeiters unterrichten.
4. Vergütung 4.1. Der Auftragnehmer erhält als Entgelt für Waren, die an Privathaushalte ausgeliefert werden, eine Vergütung
von 0,06 EUR pro Stück und Tag. Großkunden (über 30 Gebäckstücke pro Tag) werden pauschal mit 1,50 EUR pro Tag vergütet. 4.2.
Für jeden gefahrenen Kilometer erhält der Auftragnehmer 0,18 EUR. Die anrechenbaren Kilometer werden ab der Bäckerei berechnet
und enden in der Wohnstraße des Auftragnehmers, jedoch maximal 5 Kilometer ab dem letzten Kunden. 4.3. Die jeweils zurzeit
gültige Mehrwertsteuer wird auf die Vergütung hinzugerechnet. Der Auftragnehmer wird dem Auftraggeber monatlich eine Abrechnung
erstellen und dem Auftraggeber eine ordnungsgemäße Rechnung mit Ausweis der Mehrwertsteuer erstellen. Die Zahlung der Vergütung
ist 10 Werktage nach Rechnungserhalt fällig.
5. Dauer des Vertrages Der Vertrag beginnt am 6.5.2010. Der Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Er kann von jeder
Vertragspartei mit einer Frist von 8 Wochen zum Monatsende gekündigt werden. Eine Kündigung dieses Vertrages muss schriftlich
erfolgen. Das Datum des Poststempels ist zur Einhaltung der Kündigungsfrist maßgeblich.
6. Vertragsstrafe 6.1. Bei schuldhaften Verstößen des Auftragnehmers gegen seine vertraglichen Verpflichtungen, insbesondere
bei Unterlassen der Leistungserbringung, einer ungerechtfertigten fristlosen Kündigung durch den Auftragnehmer, Verstoß gegen
die Benachrichtigungspflichten gemäß Ziff. 3 dieses Vertrages ist er verpflichtet, eine vom Auftraggeber nach billigem Ermessen
festzusetzende, im Streitfall vom zuständigen Gericht zu überprüfende angemessene Vertragsstrafe an den Auftraggeber zu zahlen.
6.2. Zwischen den Vertragsparteien besteht Einigkeit, dass eine Vertragsstrafe für jeden Tag der schuldhaft unterlassenen
Leistungserbringung in Höhe von 40,00 EUR (in Worten: vierzig Euro) als in der Regel angemessen anzusehen ist. Für den Fall
einer ungerechtfertigten fristlosen Kündigung durch den Auftragnehmer gehen die Vertragsparteien davon aus, dass die Vertragsstrafe
für maximal 27 Tage als in der Regel angemessen anzusehen ist. Bei der Festsetzung der Vertragsstrafe hat der Auftraggeber
die Schwere der Verletzung im Einzelfall zu berücksichtigen. Die gerichtliche Überprüfung der vom Auftraggeber festgesetzten
Vertragsstrafe im Streitfalle gemäß Ziff 6.1 bleibt möglich. 6.3. Der Auftragnehmer erkennt an, dass dem Auftraggeber durch
schuldhafte Verstöße gegen die vertraglichen Verpflichtungen durch den Auftragnehmer im erheblichen Umfang Nachteile entstehen
(Ersatzfahrer, Ersatzannoncen, Umsatzausfall, etc.). Durch die hier vereinbarte Vertragsstrafe soll im Interesse der Leistungserbringung
durch den Auftraggeber unter dem Namen "M. Frühstücksdienste" sichergestellt werden, dass die Leistungserbringung stets gewährleistet
und vom Auftragnehmer nicht durch eine unberechtigte Kündigung oder unentschuldigtes Unterlassen des Ausfahrens gefährdet
wird. Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen durch den Auftraggeber bleibt neben der Vertragsstrafe ausdrücklich
vorbehalten. Auf den Schadensersatzanspruch des Auftraggebers wird eine vom Auftragnehmer gemäß Ziff. 6.1 zu zahlende Vertragsstrafe
angerechnet.
7. Geheimhaltungspflicht/Wettbewerbsverbot 7.1. Der Auftragnehmer ist während der Vertragsdauer nicht berechtigt, ohne ausdrückliche
schriftliche Einwilligung des Auftraggebers für ein Konkurrenzunternehmen unmittelbar oder mittelbar, selbstständig oder unselbstständig
auf eigene oder fremde Rechnung tätig zu werden oder sich an einem Konkurrenzunternehmen direkt oder indirekt zu beteiligen
oder sonst zu unterstützen, z.B. durch Gewährung eines partiarischen Darlehens. 7.2. Der Auftragnehmer darf Geschäfts - und
Betriebsgeheimnisse, insbesondere Kundenlisten des Auftraggebers, die ihm während der Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber
bekannt geworden sind oder bekannt werden, ohne Einwilligung (§
183 BGB) vom Auftraggeber weder verwerten, noch Dritten mitteilen. Dies gilt auch für die Zeit nach Beendigung dieses Vertrages.
Der Auftragnehmer wird diese Geheimhaltungsverpflichtung auch seinen Mitarbeitern, Ersatzfahrern und/oder Erfüllungsgehilfen
auferlegen. 7.3. Verstößt der Auftragnehmer gegen das von ihm übernommene Wettbewerbsverbot und/oder die Geheimhaltungsverpflichtung,
so hat er für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung eine vom Auftraggeber nach billigem Ermessen festzusetzende, im
Streitfall vom zuständigen Gericht zu überprüfende Vertragsstrafe zu zahlen. Unabhängig davon stehen dem Auftraggeber weiterhin
die Rechte zu, den Vertrag fristlos aus wichtigem Grund wegen der Verstöße gegen diesen Vertrag zu kündigen sowie seine Ansprüche
auf Auskunftserteilung und Schadensersatz durchzusetzen. Auf einen Schadensersatzanspruch des Auftraggebers wird eine vom
Auftragnehmer zu zahlende Vertragsstrafe angerechnet.
8. Nebenabreden/Teilnichtigkeit 8.1. Nebenabreden, Ergänzungen und Abänderungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit
der Schriftform. Dieses gilt auch für die Abbedingung dieses Schriftformerfordernisses. 8.2. Sollte eine Bestimmung dieses
Vertrages unwirksam oder undurchführbar werden, so berührt dies die Wirksamkeit des Vertrages im Übrigen nicht. Die Vertragsparteien
verpflichten sich vielmehr, in einem derartigen Fall eine wirksame oder durchführbare Bestimmung an die Stelle der unwirksamen
oder undurchführbaren Bestimmung zu setzen, die den wirtschaftlichen und ideellen Bestimmungen soweit wie möglich entspricht.
In einer Zusatzvereinbarung vom selben Tag hieß es: 1. Vertragsgegenstand Der Auftragnehmer übernimmt eigenverantwortlich
für den Auftraggeber das Vertragsgebiet Blankenese und angrenzende Gebiete.
Mit Wirkung ab 1. Oktober 2010 wurde ein diesem entsprechender Vertrag vom 27. September 2010 ohne vorgesehene Schulung und
mit einer höheren Kilometerpauschale von 0,20 Euro nebst Zusatzvereinbarung vom selben Tag über das Vertragsgebiet Othmarschen
und angrenzende Gebiete abgeschlossen.
Zwischenzeitlich - im September 2010 - war der Beigeladene zu 1 dem Kläger gegenüber aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrags
vom 18. August 2010 zur Übernahme des Notdienstes für den Fall, dass ein Fahrer kurzfristig ausfällt, mit telefonischer Erreichbarkeit
und Bereitschaft täglich zwischen 3.00 Uhr und 6.00 Uhr und ggf. eigenverantwortlicher Kommissionierung und Auslieferung an
die Kunden der jeweiligen Tour verpflichtet. Als Vergütung waren neben dem Entgelt für die ausgelieferten Gebäckstücke und
der Kilometerpauschale ein Aufschlag in Höhe von 10 % der Gesamtnettorechnungssumme sowie 7,50 Euro täglich für nicht abgerufenen
Bereitschaftsdienst vereinbart.
Sämtliche im streitgegenständlichen Zeitraum geschlossenen Verträge wurden jeweils in beiderseitigem Einvernehmen des Klägers
und des Beigeladenen zu 1 aufgehoben.
Am 25. Mai 2010 beantragten der Kläger und der Beigeladene zu 1 bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen
Status des Beigeladenen zu 1 in seiner Tätigkeit für den Kläger. Beide begehrten übereinstimmend die Feststellung, dass ein
versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nach §
7 Abs.
1 SGB IV nicht vorliege. Der Beigeladene zu 1, der ausweislich der vorgelegten Rechnungen im streitgegenständlichen Zeitraum von Mai
bis November 2010 einschließlich der Kilometerpauschale vom Kläger monatlich zwischen 439,03 Euro und 661,24 Euro erhielt,
arbeite weisungsfrei.
Nach Anhörung der Beteiligten stellte die Beklagte mit Bescheid vom 3. März 2011 das Vorliegen eines dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen
Beschäftigungsverhältnisses des Beigeladenen zu 1 fest. Ab dem 10. Mai 2010 bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-,
Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Aus den vorgelegten vertraglichen und den tatsächlichen
Verhältnissen ergäben sich folgende Tätigkeitsmerkmale, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprächen: • Tourvorgabe
durch den Auftraggeber in Form der Benennung des Abholpunktes - Vertragsbäckerei des Auftraggebers - und der zu beliefernden
Ortschaften bzw. vorgegebenen Ablageorte der Backwaren (Punkt 1.1. des Service-Fahrervertrages). • Der Endzeitpunkt der
Tätigkeit, bis die zu vertriebenen Erzeugnisse ausgeliefert sein müssten, sei durch den Auftraggeber vorgegeben (Punkt 1.2.
des Service-Fahrervertrages). • Der Beginn der Tätigkeit richte sich nach dem Zeitpunkt, zu dem die auszufahrenden Backwaren
bereitgestellt würden. Es werde ein regelmäßiger Arbeitsbeginn vorgegeben. • Die Anzahl der auszuliefernden Backwaren
und die Privathaushalte würden einseitig durch den Auftraggeber festgelegt und dem Auftragnehmer über das Internet mitgeteilt
(Punkt 1.4. des Service-Fahrervertrages). • Verpflichtung zu Beginn des Vertragsverhältnisses, an einer Schulung bei
der Vertragsbäckerei des Auftraggebers teilzunehmen (Punkt 2 des Service-Fahrervertrages). • Der Beigeladene zu 1 sei
verpflichtet, Mitarbeiter bzw. Ersatzfahrer für den Fall der Verhinderung zu benennen (Punkt 3 des Service-Fahrervertrages).
• Der Beigeladene zu 1 trete gegenüber den Kunden nicht als selbstständiger Unternehmer in Erscheinung. Für eine selbstständige
Tätigkeit sprächen folgende Merkmale: • Die Tätigkeit könne auf Dritte übertragen werden (Punkt 1.3. des Service-Fahrervertrages).
• Der Beigeladene zu 1 führe die Aufträge mit dem Einsatz eines eigenen Fahrzeugs aus. • Vereinbarte Vertragsstrafen
bei Verstößen im Rahmen der Leistungserbringung (Punkt 6 des Service-Fahrervertrages). Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung
der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.
Der Kläger legte gegen den Bescheid am 23. März 2011 Widerspruch ein. Zur Begründung, dass bei dem Beigeladenen zu 1 kein
abhängiges und damit sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliege, nahm er auf eine Vielzahl von näher
bezeichneten und größtenteils auch beigefügten arbeits- und sozialgerichtlichen Urteilen Bezug. Der Beigeladene zu 1 übernehme
auf der Grundlage des Service-Fahrervertrages die vertragliche Verpflichtung, Waren von der Vertragsbäckerei zu den Kunden
auszuliefern. Der Beigeladene zu 1 stehe weder zu der Vertragsbäckerei noch zu den Kunden in einem Vertragsverhältnis. Er
transportiere die Backwaren in dem vertraglich vereinbarten Zeitkorridor und liefere als selbstständiger Auftragnehmer die
Backwaren an die Kunden aus. Da die Auslieferung, wie vertraglich vereinbart, bis spätestens 7.00 Uhr zu erfolgen habe, würden
die Frühstücksbackwaren den Kunden nicht eigenhändig ausgeliefert. Vielmehr würden die Waren abgelegt. Der Beigeladene zu
1 trete den Kunden nicht gegenüber. Es erfolge weder ein Inkasso noch nehme der Beigeladene zu 1 Bestellungen o.ä. der Kunden
entgegen. Auftraggeber und Kunde des Beigeladenen zu 1 sei der Kläger; der Beigeladene zu 1 rechne daher auch mit dem Kläger
ab. Der Beigeladene zu 1 sei nicht verpflichtet, die geschuldete Auslieferung persönlich zu erbringen. Er erbringe mit einem
eigenen Fahrzeug, für welches er allein zuständig sei, die Transportdienstleistungen. In der Tätigkeit für den Kläger sei
ausschließlich der Erfolg - die Auslieferung der Waren - vereinbart. Der Beigeladene zu 1 sei nicht persönlich zur Erledigung
verpflichtet, sondern könne auch Dritte einsetzen. Ob er dies nutze, liege allein im Ermessen des Beigeladenen zu 1. Allein
die Verpflichtung zur Schulung zu Beginn des Vertragsverhältnisses - die der Beigeladene zu 1 als lediglich mündliche Einweisung
über die besonderen Gegebenheiten bei einzelnen Kunden bezeichnete - sei kein Hinweis auf ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.
Auch im Übrigen sprächen keine Anhaltspunkte für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Dass die Auslieferung der Backwaren
in einem bestimmten Zeitraum und einem bestimmten Gebiet erfolge, spreche nicht gegen eine selbstständige Tätigkeit, sondern
ergebe sich aus der Natur der Sache. Hier sei auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27. Januar 1980 (8a RU 26/80), das sogenannten "Ringtourenfahrer"-Urteil zu verweisen. Dessen Gründe seien auf den vorliegenden Sachverhalt zu übertragen.
Dieses gelte auch hinsichtlich der Anzahl der auszuliefernden Backwaren. Es sei gerade Inhalt des Vertragsgegenstandes, dass
der Beigeladene zu 1 die Lieferung in dem Auftragsgebiet sicherzustellen habe. Insofern sei es auch erforderlich, dass ihm
die jeweiligen Kundenbestellungen für das vereinbarte Vertragsgebiet mitgeteilt würden. Es handele sich dabei nicht um ein
einseitiges Weisungsrecht des Klägers. Auch die Angabe von Ablageorten stelle kein Weisungsrecht dar, sondern sei Teil des
Auftrages. Innerhalb des sich aus der Natur des Auftrages ergebenden Zeitkorridors habe der Beigeladene zu 1 auch die Möglichkeit,
die Tour selbst zu planen und auch die Reihenfolge der anzufahrenden Kunden frei festzulegen. Irgendwelche Weisungsrechte
gebe es nicht. Die Angabe von Kontaktdaten für den Fall, dass der Beigeladene zu 1 nicht erreichbar sei, sei eine Selbstverständlichkeit
und spreche nicht für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Aufgrund der nur geringen zeitlichen Inanspruchnahme sei es
dem Beigeladenen zu 1 im Übrigen auch möglich, weitere selbstständige Tätigkeiten auszuüben. Der Beigeladene zu 1 sei nicht
eingegliedert. Selbst wenn er aber abhängig beschäftigt wäre, wäre von Geringfügigkeit auszugehen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2012 zurück. Sie verwies zur Stützung ihrer unveränderten
Auffassung auf die Entscheidungen des BSG vom 19. August 2003 (Menü-Bringer - B 2 U 38/02 R) und vom 22. Juni 2005 (Transportfahrer im Bereich medizinischer Labordiagnostik - B 12 KR 28/03 R) und äußerte die Auffassung, dass der Beigeladene zu 1 regelmäßig die Geringfügigkeitsgrenze von 400,00 Euro überschreite
und somit nicht geringfügig tätig sei, weil auch die Aufwandsentschädigung für die gefahrenen Kilometer als Sachbezug zu den
Einnahmen aus der Tätigkeit gehöre.
Der Kläger hat hiergegen am 22. Februar 2012 Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben und unter Bezugnahme auf sein bisheriges
Vorbringen bzw. dessen Wiederholung und Vertiefung ergänzend auf weitere, näher bezeichnete und größtenteils vorgelegte zivil-,
arbeits- und sozialgerichtliche Entscheidungen zu Servicefahrern für Frühstücksdienste verwiesen, die bei gleicher oder ähnlicher
Vertragsgestaltung die Selbständigkeit der Servicefahrer bejahten. Auch das BSG habe in seinem Urteil vom 27. Januar 1980 (8a RU 26/80) zu sogenannten "Ringtourenfahren", die Zeitungen von Umschlagplätzen zu einer bestimmten Zeit an Einzelhändler auszuliefern
hätten, als selbstständige Auftragnehmer angesehen. Jeder Unternehmer eines Werkvertrages übernehme gegenüber dem Besteller
bestimmte sachliche und zeitliche Verpflichtungen, bei deren Nichteinhaltung er den Vergütungsanspruch verliere. Auch die
Möglichkeit, sich durch einen Ersatzfahrer vertreten zu lassen, spreche gegen eine persönliche Abhängigkeit vom Auftraggeber
und damit gegen eine abhängige Beschäftigung. Die Verpflichtungen des Beigeladenen zu 1, der außer dem eigenen PKW auch eine
eigene Büroausstattung einsetze, gingen nicht wesentlich über diejenige eines Frachtführers nach §§ 407 ff. Handelsgesetzbuch (HGB) hinaus, der jedoch definitionsgemäß Unternehmer sei, obwohl ihm Abhol- und Bestimmungsort sowie Lieferfrist (§ 423 HGB) vorgegeben würden.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und bei ihrer Auffassung geblieben.
Der Beigeladene zu 1 hat keinen Antrag gestellt und auf Vorhalt der im Aufhebungsvertrag vom 21. November 2010 aufgeführten,
an den Kläger zurückzugebenden Artikel wie Bäckertüten, Plastikboxen, aber auch Drucker und eine "Jacke und Weste M." ausgeführt
bzw. durch die für ihn gefahrene Ehefrau ausführen lassen, dass ihm der Drucker wegen eines Defekts des eigenen leihweise
überlassen worden sei und dass nicht mehr gesagt werden könne, ob bei der Auslieferung eine Jacke oder Weste mit dem Aufdruck
"M." getragen worden sei. Im Rahmen der Befragung im Verwaltungsverfahren hatten sowohl der Kläger als auch der Beigeladene
zu 1 das Zurverfügungstellen von Arbeitsmitteln verneint.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16. Oktober 2015 hat das Sozialgericht der Klage mit Urteil vom selben Tag
stattgegeben, den Bescheid der Beklagten vom 3. März 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2012 aufgehoben
und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1 als Kurierfahrer bei der Klägerin (gemeint: dem Kläger) in dem Zeitraum vom 10.
Mai 2010 bis 21. November 2010 nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis tätig gewesen ist und nicht versicherungspflichtig
zur Sozialversicherung gewesen ist. Zu Unrecht sei die Beklagte davon ausgegangen, dass der Beigeladene zu 1 in seiner Tätigkeit
für den Kläger in einem abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehe. Die Bescheide
seien rechtswidrig und daher aufzuheben. Zwar sprächen durchaus einige Merkmale für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses.
So sei der Kundenkreis, der jeweils zu beliefern gewesen sei, durch den Kläger vorgegeben gewesen. Die Informationen, welche
Kunden anzufahren gewesen seien, seien am Tag vorher auf der Homepage veröffentlicht worden. Die Brötchen hätten in einer
Bäckerei abgeholt werden müssen. Diese habe allein in einer vertraglichen Verbindung mit dem Kläger gestanden. Eine Änderung
durch den Beigeladenen zu 1 sei weder bezüglich der Vertragsbäckerei noch aber bezüglich der vereinbarten Abholzeiten möglich
gewesen. Auch der Zeitraum, in welchem die Brötchen in dem Vertragsgebiet auszuliefern gewesen seien, habe nicht der Bestimmung
des Beigeladenen zu 1 unterstanden, sondern allein dem Kläger. Eigene unternehmerische Chancen seien hier nicht ersichtlich.
Es habe lediglich eine geringe Gestaltungsmöglichkeit hinsichtlich des Ablaufes der jeweiligen Tour gegeben. Insofern ähnele
die vertragliche Beziehung zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1 durchaus den Fallgestaltungen, wie sie in den Urteilen
des BSG zu den "Menü-Bringern" bzw. "Transportfahrern für medizinische Labordiagnostik" enthalten sei. Auch in diesen Fällen seien
die Touren zu festgelegten Zeiten in vorab festgelegten Bezirken durchzuführen gewesen. Im Gegensatz zu dem Beigeladenen zu
1 seien diese Fahrer jedoch verpflichtet gewesen, das Logo der Firma auf dem eigenen Fahrzeug (Menü-Bringer) anzubringen bzw.
hätten einer umfassenden Kontrolle unterstanden, teilweise durch Mitfahrt von anderen Mitarbeitern des Auftraggebers (Transportfahrer
für medizinische Labordiagnostik). Demgegenüber sei der Beigeladene zu 1 weder aus dem Vertrag heraus noch aber aus der gelebten
Geschäftsbeziehung heraus verpflichtet gewesen, ein Logo am Fahrzeug anzubringen; inwieweit das Tragen einer speziellen Berufskleidung
vereinbart worden sei, lasse sich nicht mehr mit Sicherheit feststellen. Hierfür spreche, dass in dem Aufhebungsvertrag Berufs-
bzw. Dienstkleidung mit der Aufschrift "M." aufgeführt worden sei. Dies habe jedoch von dem Beigeladenen zu 1 bzw. dessen
Ehefrau nicht bestätigt werden können. Auch sei dieses Erfordernis nicht in dem Fahrervertrag vereinbart worden. Auch der
zeitlich vertraglich festgelegte Aufwand stelle sich in den Entscheidungen insofern anders dar, als dass die betreffenden
Fahrer halbtags (Menü-Bringer) bzw. sogar in Vollzeit (Transportfahrer für medizinische Labordiagnostik) für den jeweiligen
Auftraggeber tätig gewesen seien. Die Verfügungsmacht des betreffenden Auftraggebers über die Arbeitskraft habe in den zitierten
Urteilen die Arbeitszeit überstiegen, die vorliegend von dem Beigeladenen zu 1 aufgewendet worden sei. Für die Kammer entscheidend
sei jedoch, dass im Vorliegenden nicht von einer persönlichen Abhängigkeit auszugehen sei. Dieses ergebe sich zum einen aus
dem vorliegenden Vertrag, zum anderen habe jedoch der Beigeladene zu 1 darauf hingewiesen, dass er zwar den Vertrag mit dem
Kläger abgeschlossen und auch ein Gewerbe angemeldet gehabt habe, er aber diesen Vertrag nicht ausgeführt habe. Glaubhaft
habe der Beigeladene zu 1 dargelegt, dass er durch die eigene abhängige Beschäftigung in ausreichendem Maß und vollschichtig
beschäftigt sei. Gleichfalls glaubhaft habe die Ehefrau des Beigeladenen zu 1 ihre Fahrertätigkeit für den Kläger dargestellt.
Damit habe der Beigeladene zu 1 von seinem Recht, einen Dritten mit den Fahrten zu beauftragen, in vollem Umfang Gebrauch
gemacht. Dieses sei auch von dem Kläger zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt worden. Dass er dies auch grundsätzlich zugelassen
habe und es ihm allein auf den Erfolg, nämlich die Auslieferung der Brötchen angekommen sei, habe der Kläger in dem ebenfalls
entschiedenen Verfahren des Sozialgerichts Hamburg zu dem Aktenzeichen S 11 R 1365/11 (später: L 2 R 128/15) nachvollziehbar dargelegt. Auch eine Kontrolle sei lediglich vermittelt über die Kunden des Klägers erfolgt. Eine eigene
Einbindung in den Betrieb des Klägers habe nicht vorgelegen. Zwar habe jede Fahrt vereinbarungsgemäß mit der Abholung und
Aufteilung der Brötchen begonnen, das Ende der Fahrt sei jedoch dem jeweiligen Fahrer, hier dem Beigeladenen zu 1 überlassen.
Eine diesbezügliche Kontrolle bzw. Übergabe sei nicht erfolgt. Ein weiteres Indiz einer selbstständigen Tätigkeit sei für
die Kammer auch die Angabe der Ehefrau des Beigeladenen zu 1, bestätigt durch den Kläger, gewesen, dass die vereinbarten Stückpreise
und der Kilometerersatz, wenn auch in geringem Umfang, hätten ausgehandelt werden können und auch worden seien. Die Ehefrau
des Beigeladenen zu 1 habe ihre Verhandlungen mit dem Kläger nachvollziehbar erläutert. Demgegenüber habe der Kläger ebenfalls
nachvollziehbar dargelegt, dass es zur Vertragsauflösung zu dem Zeitpunkt gekommen sei, als sich der Vertrag mit dem Beigeladenen
zu 1 nicht mehr rentiert habe. Deutlich geworden sei dies ebenfalls an dem Beispiel des Notdienstes. Dieser sei zwar vereinbart,
aber umgehend wieder gekündigt worden. In der Gesamtschau sei mithin allein der Erfolg, das Ablegen der Brötchentüten bei
den Kunden des Klägers, geschuldet. Die Kammer schließe sich hier der Ansicht der Klägerseite an, wonach sich die vorliegende
Fallkonstellation eher den Kriterien aus dem sog. Ringtouren-Urteil des BSG vergleichbar zeige. Auch hier sei lediglich der Erfolg geschuldet gewesen; eine persönliche Abhängigkeit habe nicht bestanden.
Gegen dieses, ihr am 5. November 2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 25. November 2015 eingelegte Berufung der Beklagten.
Sie wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen und die Begründung der angefochtenen Bescheide. Dem Beigeladenen zu
1 sei praktisch keine Gestaltungsmöglichkeit verblieben. Die Befugnis, die Arbeit durch andere erledigen zu lassen, stehe
nicht zwingend der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses entgegen. Sowohl vom zeitlichen Umfang der Tätigkeit her wie
auch inhaltlich sei die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 in der zitierten Rechtsprechung des BSG eher vergleichbar mit der Tätigkeit des "Menü-Bringers" als mit der Tätigkeit des "Ringtourenfahrers". Sie regt an, ggf.
die Revision zuzulassen. Ihrer Meinung nach käme in den bisher vorliegenden Entscheidungen die Frage der Kommissionierung
zu kurz. Auch das hohe Vertragsstrafenrisiko der Fahrer spreche ihrer Ansicht nach eher für eine abhängige Beschäftigung,
da die jeweiligen Fahrer einem enormen finanziellen Druck ausgesetzt seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Oktober 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält das erstinstanzliche Urteil für überzeugend und bezieht sich auf dessen Entscheidungsgründe sowie auf den
eigenen bisherigen Vortrag sowie auf seine Begründung im Berufungsverfahren L 2 R 91/15. Er sieht nach wie vor eine Vergleichbarkeit des hiesigen Sachverhalts mit denjenigen, die den Urteilen des BSG vom 27. November 1980 zu Grunde lagen (Ringtourenfahrer - 8a 26/80 - und Zeitungsfahrer bzw. Charterfahrer - 8a RU 74/79). Insbesondere der Sachverhalt, der der von der Beklagten in Bezug genommenen BSG-Entscheidung vom 19. August 2003 (Menü-Bringer - B 2 U 38/02 R) zu Grunde lag, sei schon wegen der dortigen größeren zeitlichen Einbindung und Verpflichtung, ein Fahrzeug mit dem Logo
des Auftrag- bzw. Arbeitgebers zu fahren, nicht heranzuziehen. Schließlich sieht der Kläger sich durch weitere von ihm benannte
und teilweise vorgelegte Entscheidungen verschiedener Arbeits- und Sozialgerichte und insbesondere auch Landessozialgerichte
bestätigt, von denen die Landessozialgerichte Baden-Württemberg (Urteil vom 5. November 2013 - L 11 R 4053/12), Bayern (nach Rechtsmittelverzicht abgekürztes Urteil vom 8. Oktober 2015 - L 14 R 585/13), Thüringen (Urteil vom 11. November 2015 - L 3 R 1847/13) und zuletzt Schleswig-Holstein (Urteile vom 23. Juni 2016 - L 5 KR 99/14, L 5 KR 100/14 und L 5 KR 61/15) ebenfalls die Vertragsverhältnisse zwischen M.-Franchisenehmern und Servicefahrern beträfen.
Die Beigeladenen zu 2 bis 5 schließen sich der Rechtsauffassung der Beklagten an, der Beigeladene zu 1 trägt vor, dass weder
er noch seine Ehefrau an einer Schulung des Klägers teilgenommen hätten und gibt im Übrigen keine inhaltliche Stellungnahme
ab. Einen Antrag stellt keiner der Beigeladenen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, die Sitzungsniederschrift
vom 13. Juli 2016 sowie den weiteren Inhalt der darin genannten beigezogenen Akten und Unterlagen einschließlich der hiesigen
Prozessakte.
Da auch die tatsächlichen Umstände weit überwiegend für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, vermag diese Indizwirkung
nicht widerlegt zu werden.
So werden zwar die bei der Auslieferungstour anzufahrenden Kunden und hinsichtlich des Beginns und des Endes auch die Auslieferungszeiten
vorgegeben; es bleibt dabei jedoch ein gewisser Freiraum hinsichtlich der konkreten Gestaltung der Tour, und der Servicefahrer
hat es in der Hand, bei frühzeitigen Beginn und schneller Auslieferung deutlich vor der spätestmöglichen Auslieferungszeit
fertig zu werden und die gewonnene Zeit anderweitig - und sei es gewinnbringend durch Ausübung einer weiteren Tätigkeit -
einzusetzen oder zum Beispiel auch einen Auftrag, im selben Gebiet Zeitungen auszutragen, zu akquirieren und gleichzeitig
zu erledigen.
Während der Ausübung der Tätigkeit unterliegt der Fahrer keinerlei Kontrolle oder konkreten Weisungen des Klägers. Eine Kommunikation
während der Auslieferungszeit findet schon gar nicht statt. Alle Details des Auftrags bis hin zu einem bestimmten Lieferbereich
werden vorab durch individuell ausgehandelten Vertrag geregelt, was für Dienstverträge mit abhängig Beschäftigten vollkommen
unüblich und wegen der Weisungsunterworfenheit während der Ausübung des Dienstes auch überflüssig ist. So ist es zum Beispiel
nach den vertraglichen Regelungen nicht möglich, dass der Kläger dem Beigeladenen zu 1 einseitig eine abweichende Tour oder
einen bestimmten Ablauf der vereinbarten zuweist oder ihm gar andere Tätigkeiten wie zum Beispiel die Werbung für den Kläger
beim Kunden aufträgt. Eine Eingliederung des Beigeladenen zu 1 in die Betriebsorganisation des Klägers erfolgt praktisch nicht.
Der Fahrer schuldet wie ein Werkunternehmer nur den Erfolg der pünktlichen Auslieferung und wird nach der Stückzahl und den
gefahrenen Kilometern vergütet. Damit unterscheidet er sich kaum von dem Frachtführer im Sinne der §§ 407 ff. HGB, der jedoch definitionsgemäß selbstständiger Unternehmer ist (zu diesem Aspekt vgl. BSG, Urteil vom 11. März 2009 - B 12 KR 21/07 R, Die Beiträge Beilage 2009, 340). Dass der Servicefahrer vor Beginn der Tour auch die Verpackung der auszuliefernden Ware
übernimmt, ist für Transportdienstleister nicht völlig unüblich und im Übrigen insoweit zu vernachlässigen.
Die vertragliche Verpflichtung, an einer dreitägigen Schulung teilzunehmen, betrifft lediglich eine auch für andere Werkunternehmer
nicht unübliche Einweisung in die besonderen Gegebenheiten des konkreten Auftragsverhältnisses und ist vorliegend nicht einmal
erfüllt worden.
Angesichts der Natur der Tätigkeit wird zwar nur wenig Kapital mit Verlustrisiko im Sinne eines Unternehmerrisikos eingesetzt;
der Servicefahrer nutzt jedoch seinen eigenen PKW, für dessen Unterhaltung er aufzukommen hat, mit entsprechendem Verlustrisiko
und bei kaum auskömmlicher Kilometerpauschale sowie eine eigene Büroausstattung einschließlich eines Internetzugangs - vorliegend
mit der Besonderheit des vom Kläger geliehenen Druckers. Unabhängig davon, ob - was ungeklärt geblieben ist - der Kläger dem
Beigeladenen zu 1 außer den Verpackungsmaterialien auch eine Jacke oder Weste mit dem Aufdruck "M." zur Verfügung gestellt
hat, bestand jedenfalls unstreitig keine Verpflichtung zum Tragen dieser Arbeitskleidung. Entsprechende Fragen haben sowohl
der Kläger als auch der Beigeladene zu 1 als auch die Hauptbeteiligten in dem Verfahren L 2 R 128/15, in dem der Kläger mit dem hiesigen identisch ist und entsprechende Verträge geschlossen wurden, verneint. Daher kann offenbleiben,
ob die Erwähnung dieser Gegenstände in dem Aufhebungsvertrag vom 21. November 2010 trotz der fehlenden Erinnerung des Beigeladenen
zu 1 und der für ihn gefahrenen Ehefrau sowie des Klägers geeignet ist, eine Überzeugung des Senats von der Übergabe und dem
tatsächlichen Tragen der Kleidungsstücke zu begründen. Irrelevant ist dieser Umstand auch deshalb, weil angesichts der frühen
Auslieferung der Backwaren durch Deponieren vor der Haustür keinerlei Kundenkontakt zwischen dem Beigeladenen zu 1 bzw. dessen
Ehefrau und den Kunden des Klägers erfolgte.
Es fehlt mit Ausnahme eines Wettbewerbsverbots jegliche vertragliche Beschränkung, inwiefern er für Dritte tätig sein darf,
was arbeitnehmeruntypisch ist.
Dem Servicefahrer obliegt insofern ein erhebliches Unternehmerrisiko, als er sich für den Fall fehlender oder mangelhafter
Vertragserfüllung Schadensersatz- oder Vertragsstrafenverpflichtungen gegenüber sieht.
Schließlich spricht ganz wesentlich gegen eine abhängige Beschäftigung, dass der Beigeladene zu 1 nicht zur persönlichen Leistungserbringung
verpflichtet ist, sondern eine uneingeschränkte Delegationsmöglichkeit besteht und dies nicht nur bei Krankheit. Hiervon ist
auch Gebrauch gemacht worden (zu diesem Aspekt vgl. BSG, Urteil vom 11. März 2009 - B 12 KR 21/07 R, a.a.O.). Auch die darüberhinausgehende Verpflichtung, für den Fall der Verhinderung des Fahrers einen Ersatzfahrer nebst
Kontaktdaten zu benennen wäre, wie das Thüringer Landessozialgericht in seinem Urteil vom 11. November 2015 (L 3 R 1847/13, juris) zu Recht ausgeführt hat, im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses alles andere als üblich.
Da nach Abwägung aller Umstände vorliegend im streitgegenständlichen Zeitraum nicht von einer abhängigen Beschäftigung, sondern
von einer selbstständigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 für den Kläger auszugehen ist, fehlt es insoweit an einem Anknüpfungspunkt
für Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem
Recht der Arbeitsförderung. Dabei sieht sich der erkennende Senat im Einklang mit der Rechtsprechung des BSG. Der vorliegende Sachverhalt erscheint nach der Vertragslage und der tatsächlichen Gestaltung am ehesten denjenigen vergleichbar,
die den Urteilen des BSG vom 27. November 1980 (8a RU 74/79 (Zeitungsfahrer bzw. Charterfahrer), juris; 8a RU 26/80 (Ringtourenfahrer), DOK 1981, 125) zu Grunde lagen. In den späteren Entscheidungen vom 19. August 2003 (B 2 U 38/02 R (Menü-Bringer), SozR 4-2700 § 2 Nr. 1), vom 22. Juni 2005 (B 12 KR 28/03 R (Transportfahrer im Bereich medizinischer Labordiagnostik), SozR 4-2400 § 7 Nr. 5) und vom 11. März 2009 (B 12 KR 21/07 R (Transportfahrer), Die Beiträge Beilage 2009, 340) hat das BSG nachvollziehbar in Abgrenzung zu den erstgenannten Entscheidungen vor allem auf den die Arbeitskraft weitgehend bindenden
zeitlichen Umfang der Tätigkeit, das nach außen erkennbare Auftreten für den Auftrag- bzw. Arbeitgeber in dessen Namen sowie
auf die regelhafte persönliche Leistungserbringung abgestellt und damit auf Umstände, die im vorliegenden Fall nicht gegeben
sind.
Der Senat hat sich veranlasst gesehen, zur Klarstellung insbesondere der von der Feststellung betroffenen Zweige der Sozialversicherung
(ohne die gesetzliche Unfallversicherung, aber einschließlich des begrifflich teilweise von der Sozialversicherung unterschiedenen
Rechts der Arbeitsförderung) den sozialgerichtlichen Tenor mit einem Maßgabeurteil neuzufassen.