Statthaftigkeit der Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren
Gründe:
Die am 9. März 2011 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangene Beschwerde mit dem sinngemäßen Antrag,
den Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 21. Februar 2011 aufzuheben und dem Kläger Prozesskostenhilfe für das Verfahren
erster Instanz zu bewilligen,
hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde ist nicht statthaft und damit unzulässig.
Nach §
172 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser
Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Eine andere
Bestimmung in diesem Sinne ist §
127 Abs.
2 Satz 2 Halbsatz 2
Zivilprozessordnung (
ZPO). Nach §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG gelten nämlich die Vorschriften der
Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe, mithin auch §
127 ZPO, entsprechend. Nach Abs.
2 Satz 2 Halbsatz 2 dieser Vorschrift findet die Beschwerde gegen eine die Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht ablehnende
Entscheidung nicht statt, wenn der Wert des Streitgegenstandes der Hauptsache die Wertgrenze für die Zulässigkeit der Berufung
(§
511 ZPO) nicht übersteigt. Dieser durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (Zivilprozessreformgesetz - BGBl.
I 1887, 1896) mit Wirkung ab 1. Januar 2002 eingeführte begrenzte Ausschluss der Beschwerde ist nach der Rechtsprechung des erkennenden
Senats (Beschluss vom 6. Juli 2009 - L 9 B 274/08 AS - juris; ebenso Hess. LSG, Beschluss vom 8. Juli 2009 - L 6 AS 174/09 B - juris und Beschluss vom 13. Juli 2009 - L 7 AL 89/09 B -) von der Verweisung des §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG mit umfasst.
Daran hat sich auch durch die Neuregelung des §
172 Abs.
3 Nr.
1 SGG in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 5. August 2010
(BGBl. I 1127), in Kraft getreten am 11. August 2010, nichts geändert. Danach ist die Beschwerde ausgeschlossen in Verfahren
des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre; dies gilt auch für Entscheidungen
über einen Prozesskostenhilfeantrag im Rahmen dieser Verfahren. Nach der Gesetzesbegründung soll durch die Änderung verhindert
werden, dass gegen die Ablehnung eines Antrages auf Prozesskostenhilfe im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes weitergehende
Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen als in dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren selbst (sogen. Konvergenzgedanke). Durch
die Ergänzung in Abs. 3 Nr. 1 wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass in diesen Fällen auch die Beschwerde gegen die Ablehnung
eines Antrags auf Prozesskostenhilfe ausgeschlossen ist, was in Rechtsprechung und Literatur bisher umstritten war (BT-Drucks.
17/1684, S. 16 f. zu Art. 6).
Eine weitergehende Regelungsabsicht kann der gesetzlichen Neuregelung nicht entnommen werden. Bestätigt wird diese Einschätzung
dadurch, dass die Anregung des Bundesrats (vgl. BR-Drucksache 152/10, Beschluss S. 5 Nr. 9), den Ausschluss der Beschwerde
zur Vorbeugung von Missverständnissen in Anlehnung an §
127 Abs.
2 Satz 2
ZPO zu präzisieren und auf alle PKH-Entscheidungen, also auch auf solche, die sich auf ein Klageverfahren beziehen, auszudehnen,
trotz der von der Bundesregierung zugesagten Prüfung (vgl. BT-Drucks. 17/1684 S. 25 zu Nr. 9) nicht Gesetz geworden ist. Der
Gesetzgeber hat also in Kenntnis der in der Rechtsprechung der Landessozialgerichte auch für Hauptsacheverfahren umstrittenen
Frage des Beschwerdeausschlusses bei Nichterreichen der Wertgrenze für die Zulässigkeit der Berufung (vgl. Beschluss des Senats
vom 6. Juli 2009 s.o. m.w.N.) gleichwohl nur eine Regelung des Beschwerdeausschlusses für Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
getroffen. Der Senat sieht daher wie der 7. Senat des Hess. LSG (Beschluss vom 4. Oktober 2010 - L 7 AS 436/10 B -) keinen Anlass, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen, so dass in Hauptsacheverfahren die Beschwerde gegen
eine die Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht ablehnende Entscheidung nach §§ 73a, 127 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2
ZPO nach wie vor ausgeschlossen ist, wenn der Wert des Streitgegenstandes der Hauptsache die Wertgrenze für die Zulässigkeit
der Berufung nicht übersteigt (ebenso LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13. Dezember 2010 - L 5 AS 426/10 B -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 27. September 2010 - L 20 AS 1602/10 B PKH - und vom 22. Dezember 2010 - L 34 AS 2182/10 B PKH -; a.M. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Oktober 2010 - L 25 B 2246/08 AS PKH -; Sächs. LSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - L 3 AS 240/09 B PKH -).
Vorliegend greift daher der Ausschluss der Beschwerde. Die Berufung wäre nämlich unzulässig, weil die Klage lediglich einen
Betrag von 102,24 Euro (Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung für die Zeit von Juli 2010 bis Oktober 2010 Änderungsbescheid
vom 22. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2010) betrifft. Es wird daher weder der Beschwerdewert
von mehr als 750,00 Euro (§
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG) erreicht noch geht es um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr, so dass in der Hauptsache die Berufung
nicht zulässig wäre.
Die Beschwerde ist daher im vorliegenden Verfahren ausgeschlossen. Die unrichtige Rechtsmittelbelehrung in dem Beschluss des
Sozialgerichts eröffnet keine Beschwerdemöglichkeit.
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da das Bewilligungsverfahren wie das Hauptsacheverfahren kostenfrei ist (§
183 SGG) und eine Kostenerstattung nicht stattfindet (§
73a SGG i.V.m. §§
118 Abs.
1 Satz 4,
127 Abs.
4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).