Gründe:
I. Der Antragsteller ist seit dem 16. Juni 1993 als Facharzt für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung in C.
zugelassen. In der Zeit vom 1. Juli 1993 bis zum 30. September 2004 arbeitete er mit Dr. D. in einer hausärztlichen Praxis
zusammen, die zumindest nach außen als Gemeinschaftspraxis auftrat. Vom 1. Oktober 2004 bis zum 2. Januar 2005 führte er eine
hausärztliche Einzelpraxis. Seit dem 3. Januar 2005 betreibt er mit Frau E. F., die ebenfalls als hausärztliche Allgemeinärztin
zugelassen ist, eine Gemeinschaftspraxis. Vom 5. März 1994 bis 31. März 2005 besaß der Antragsteller eine Genehmigung der
Antragsgegnerin zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger.
Mit Bescheid vom 28. Februar 2008 forderte die Antragsgegnerin vom Antragsteller zu Unrecht vergütetes Honorar für das Quartal
IV/2004 in Höhe von 5.968,88 EUR zurück. Zur Begründung führte sie aus, im Rahmen von Plausibilitätskontrollen seien Auffälligkeiten
bei der Abrechnung von Substitutionsbehandlungen Drogen- bzw. Opiatabhängiger in der Praxis des Antragstellers festgestellt
worden. Im Zuge des eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens habe sich herausgestellt, dass der Antragsteller
im Rahmen der Substitutionsbehandlung Leistungen abgerechnet habe, die entweder nicht vollständig erbracht oder teilweise
gar nicht durchgeführt worden seien. Aus seinen Beschuldigtenvernehmungen, zeugenschaftlichen Aussagen der Arzthelferinnen
und den patientenbezogenen Einzelfallgutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Niedersachsen (MDKN) im
Rahmen der strafrechtlichen Ermittlungen gehe hervor, dass zwingend einzuhaltende gesetzliche Vorgaben und bindende Richtlinien
zur Substitutionsbehandlung nicht beachtet worden seien. Einleitenden Aufklärungs- und Dokumentationspflichten sowie eingehenden
ärztlichen Untersuchungen sei der Antragsteller nur in wenigen Behandlungsfällen nachgekommen. Die Abgabe von Methadon an
Patienten in Form von Rezepten oder Mitnahmedosen sei nicht zulässig, auch nicht an den Wochenenden oder vor Feiertagen. Nur
in konkret definierten Ausnahmefällen dürfe als sog. "Take-home-Verordnung" ein spezielles Rezept für die bis zu sieben Tage
benötigte Methadonmenge ausgehändigt werden. Entgegen diesen Bestimmungen sei der überwiegende Anteil des Methadons den Patienten
in der Praxis für die Einnahme zu Hause mitgegeben worden. Die regelmäßige praktische Einnahme unter ärztlicher Aufsicht des
Antragstellers oder des hierzu von ihm beauftragten Personals habe praktisch nicht stattgefunden. Ebenso wenig seien die regelmäßig
erforderlichen Untersuchungen oder Urinkontrollen durchgeführt worden. Es seien vorsätzlich unrichtige Angaben gemacht worden,
so dass die Garantiefunktion der Sammelerklärung und damit die Voraussetzung für die Festsetzung des Honoraranspruchs entfalle.
Daher sei die Antragsgegnerin berechtigt und verpflichtet, die Honorarbescheide aufzuheben und unter Streichung der Leistungen
nach den Ziffern 202, 203, 204, 3860, 3861, 3862, 3864, 3865, 3866, 3867 und 3868 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für
vertragsärztliche Leistungen (EBM) neu festzusetzen.
Gegen die Neufestsetzung erhob der Antragsteller am 27. März 2008 Widerspruch und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der
sofortigen Vollziehung des Rückforderungsbescheids. Aus dem Rückforderungsbescheid ergebe sich nicht, wie und in welchem Umfang
die Fehlerhaftigkeit der Honorarabrechnung festgestellt worden sei. Der angefochtene Bescheid sei nicht ausreichend begründet
worden. Zudem müsse zunächst das Strafverfahren abgewartet werden. Mit Schreiben vom 14. Mai 2008 lehnte die Antragsgegnerin
den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab.
Am 9. Juli 2008 hat der Antragsteller beim Sozialgericht (SG) Hannover die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Rückforderungsbescheid vom 28. Februar 2008
beantragt. Die Antragsgegnerin könne für die Honorarrückforderung nicht auf die Ermittlungsergebnisse des Strafverfahrens
abstellen, zumal dieses noch nicht abgeschlossen sei. Aus einigen wenigen Beispielsfällen könne auch nicht der Schluss gezogen
werden, dass sämtliche Behandlungen unrichtig bzw. nicht nach den einschlägigen Richtlinien durchgeführt worden seien. Zunächst
müsse festgestellt werden, ob - wie in den die Quartale I - III/2004 betreffenden Parallelverfahren - tatsächlich ein verdecktes
Angestelltenverhältnis vorgelegen habe, das eine Inanspruchnahme des Antragstellers ausschließe.
Am 28. Mai 2008 hat der Widerspruchsausschuss der Antragsgegnerin den Widerspruch gegen den Rückforderungsbescheid zurückgewiesen
(Widerspruchsbescheid vom 19. August 2008). Dagegen hat sich der Antragsteller mit seiner am 18. September 2008 vor dem Sozialgericht
Hannover erhobenen Klage gewandt.
Mit Beschluss vom 23. September 2008, dem Antragsteller zugestellt am 26. September 2008, hat das SG Hannover den Antrag auf
Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs abgelehnt. Im Rahmen der gebotenen allgemeinen Interessenabwägung sei
zu Lasten des Antragstellers berücksichtigt worden, dass dieser keinerlei Umstände dargelegt habe, die eine Gefährdung seiner
wirtschaftlichen Existenz begründen könnten. Bei einer solchen Sachlage sei es dem Antragsteller zumutbar, das Ergebnis des
Widerspruchs- und ggfs. des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
Am 23. Oktober 2008 hat der Antragsteller Beschwerde beim SG Hannover eingelegt, das diese an das Landessozialgericht (LSG)
Niedersachsen-Bremen weitergeleitet hat. Er hält an seiner Auffassung fest, die Antragsgegnerin stelle für die Honorarrückforderung
in unzulässiger Weise auf die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ab, ohne Verstöße in konkreten Einzelfällen mitzuteilen.
Vorrangig sei zu klären, ob in Bezug auf die ehemalige Gemeinschaftspraxis Dres. G./H. ein verdecktes Angestelltenverhältnis
bestanden habe. Darüber hinaus stelle die sofortige Vollziehung des Rückforderungsbescheides in finanzieller Hinsicht für
den Antragsteller eine unzumutbare Härte dar.
Der Antragsteller beantragt,
den angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 23. September 2008 abzuändern und die aufschiebende Wirkung der
Klage gegen den Honorarrückforderungsbescheid der Antragsgegnerin vom 28. Februar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 19. August 2008 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt ihren angefochtenen Bescheid und vertritt die Auffassung, dass sich der Eilantrag durch Erteilung des Widerspruchsbescheides
erledigt habe.
Der Antragsteller hat im Parallelverfahren zum Az: L 3 KA 109/08 ER auf Anforderung des Senats eine Einkommens- und Vermögensaufstellung vorgelegt, deren Richtigkeit und Vollständigkeit
er an Eides statt versichert hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorganges der Antragsgegnerin verwiesen.
II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 27.
März 2008 durch den Erlass des Widerspruchsbescheides auch nicht unzulässig geworden. Der Antrag war nach seinem Sinn und
Zweck auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit der streitbefangenen Honorarrückforderung
gerichtet. Diese Auslegung entspricht der von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung angenommenen zeitlichen Schutzwirkung
im umgekehrten Fall, also bei Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs. In diesem Fall dauert die gerichtlich
hergestellte aufschiebende Wirkung grundsätzlich bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes an (Schoch in
Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner,
VwGO, Stand: März 2008, §
80 Rd.Nr. 363; BVerwGE 78, 192 (209)). Dieser überzeugenden Rechtsprechung hat sich der erkennende Senat angeschlossen (Beschluss vom 5. November 2002 -
L 3 KA 371/02 ER).
Rechtsgrundlage für die begehrte Anordnung ist §
86 b Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG), wonach das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen ganz oder teilweise anordnen kann,
in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben. Ein derartiger Fall liegt hier vor, weil der
Widerspruch gegen den Honorarrückforderungsbescheid aufgrund sachlich-rechnerischer Berichtigung gemäß §
85 Abs.
4 Satz 9 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) keine aufschiebende Wirkung hat.
Ob die Anordnung erfolgt, entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer Interessenabwägung, wobei das private Interesse
des belasteten Bescheidadressaten an der Aufschiebung der Vollziehung gegen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung
des Verwaltungsaktes abzuwägen ist (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Aufl., §
86 b Rd.Nr. 12 ff m.w.N.). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung kommt dabei in Betracht, wenn ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit
des angefochtenen Bescheids bestehen oder wenn die Vollziehung des angefochtenen Bescheids zu einer unbilligen Härte für den
Antragsteller führen würde. Bei der nach §
86 b Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG zu treffenden Abwägung lehnt sich der Senat damit in Fällen der Festsetzung von Honorarkürzungen bzw. -rückforderungen oder
von Regressen wegen der insoweit grundsätzlich vergleichbaren Interessenlage an die Kriterien des §
86 a Abs.
3 Satz 2
SGG an.
Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, dass er bei sofortiger Vollziehung des Rückforderungsbescheides
über 5.968,88 EUR in so ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät, dass seine Existenz bedroht ist und damit eine unbillige
Härte vorliegt.
Aus der vom Antragsteller auf Aufforderung des Senats im Parallelverfahren (L 3 KA 109/08 ER) vorgelegten aktuellen Einkommens- und Vermögensaufstellung, deren Richtigkeit und Vollständigkeit der Antragsteller an
Eides Statt versichert hat, ergibt sich, dass er über erhebliche Vermögenswerte verfügt. Danach bestehen Vermögenswerte in
Höhe von 308.656,01 EUR, wobei 68.000,- EUR auf die von ihm bewohnte Eigentumswohnung, 43.000,- EUR auf die Praxis und 55.965,06
EUR auf den Rückkaufswert seiner Lebensversicherungen entfallen. Die Verwertung der selbst bewohnten Eigentumswohnung sowie
der Praxis sind im vorliegenden Zusammenhang unzumutbar, weil es sich dabei um seine private bzw. berufliche Existenzgrundlage
handelt. Auch die (endgültige) Verwertung einer zur Alterssicherung abgeschlossenen Kapitallebensversicherung dürfte im Rahmen
der vorliegend zu treffenden Übergangsregelung nicht zumutbar sein. Offen bleiben kann, ob die Verwertung der vermieteten
Eigentumswohnung I., Wohnung 8, verlangt werden könnte. Angemerkt sei allerdings, dass der mit 50.000,- EUR angegebene Verkehrswert
der Wohnung erheblichen Zweifeln begegnet. So hat die Kreissparkasse dem Antragsteller ausweislich seiner Unterlagen für die
Wohnung als Sicherheit ein Darlehn in Höhe von 102.258,38 EUR eingeräumt, was angesichts des nur hälftigen Verkehrswertes
erstaunlich ist. Dies kann jedoch dahin stehen, da der Antragsteller ohne Berücksichtigung der vermieteten Wohnung über Vermögen
in Höhe von 91.690,95 EUR in Form von Schiffsbeteiligungen, Investmentfondsanteilen und auf Konten verfügt. Bei dieser Berechnung
hat der Senat nur den jeweils vom Antragsteller bezifferten (Verkehrs-)Wert zu Grunde gelegt, der bei einer sofortigen Verwertung
zu erzielen sein dürfte. Aus diesem Vermögen kann der Antragsteller die streitbefangene Honorarrückforderung ohne Existenzgefährdung
erbringen und zwar auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 9. Juli 2008 (Parallelverfahren
L 3 KA 109/08 ER) eine Rückforderung in Höhe von 79.740,12 EUR für vorangegangene Quartale geltend macht. Denn die Summe aus beiden Rückforderungsbescheiden
beläuft sich auf 85.709,- EUR und ist somit von dem errechneten einsetzbaren Vermögen in Höhe von 91.690,95 EUR gedeckt. Darüber
hinaus hat der Antragsteller entgegen der ausdrücklichen Anforderung des Senats davon abgesehen, eine Bankbescheinigung über
die ihm noch zur Verfügung stehende Kreditlinie vorzulegen. Dies legt den Schluss nahe, dass er seine Kreditlinie bislang
nicht ausgeschöpft hat und den Ausgleich des Rückforderungsbetrags auch über einen Kredit finanzieren könnte.
Ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Rückforderungsbescheides bestehen nach der hier nur möglichen summarischen
Prüfung nicht. Ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind nur anzunehmen, wenn auf Grund
summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein
Misserfolg (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer
SGG, 9. Aufl., §
86 a Rd.Nr. 27 a m.w.N.). Davon ist vorliegend nicht auszugehen.
Rechtsgrundlage für die sachlich-rechnerische Berichtigung der Honorarforderung sind die auf der gesetzlichen Grundlage des
§
75 Abs.
2 Satz 2
SGB V ergangenen Vorschriften des §
45 Abs.
2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 Abs. 4 Satz 1 und 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte-Ersatzkassen (EKV-Ä). Nach
diesen im Wesentlichen gleich lautenden Vorschriften hat die Antragsgegnerin die Aufgabe, die von den Vertragsärzten eingereichten
Abrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig auf ihre Richtigkeit zu prüfen, insbesondere auch darauf, ob die abgerechneten
Leistungen ordnungsgemäß, also ohne Verstoß gegen gesetzliche und/oder vertragliche Bestimmungen - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes
- erbracht worden sind (BSG SozR 4-5520 § 33 Nr. 6).
Auf die Frage, ob der Antragsteller in Gemeinschaftspraxis mit Dr. G. oder in Wirklichkeit in einem verdeckten Angestelltenverhältnis
gearbeitet hat, kommt es vorliegend nicht an. Denn er hat im für die streitbefangene Rückforderung maßgeblichen Zeitraum -
im 4. Quartal 2004 - eine hausärztliche Einzelpraxis betrieben. Sein ehemaliger Praxispartner Dr. D. ist bereits zum 30. September
2004 aus Altersgründen aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschieden.
Nach summarischer Prüfung spricht vorliegend auch Überwiegendes dafür, dass die Substitutionsbehandlungen unter Verstoß gegen
die 2004 geltende Richtlinie über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß §
135 Abs.
1 SGB V (BUB-Richtlinie) erbracht worden sind. Die Richtlinie regelt in Anlage A Nr. 2 die Voraussetzungen zur Durchführung der substitutionsgestützten
Behandlung bei manifest Opiatabhängigen in der vertragsärztlichen Versorgung; sie gilt für alle Substitutionen, unabhängig
davon, mit welchen nach der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) zugelassenen Substitutionsmitteln sie durchgeführt werden, § 1. Nach § 3 Abs. 1 dieser Richtlinie kann die Substitution nur als Bestandteil eines umfassenden Therapiekonzepts durchgeführt werden.
Nach § 3 Abs. 4 beinhaltet das umfassende Therapiekonzept u.a. eine ausführliche Anamnese (insbesondere Suchtanamnese) mit
Erhebung relevanter Vorbefunde (Nr. 1), eine körperliche Untersuchung (einschließlich Urinanalyse) zur Sicherung der Diagnose
der manifesten Opiatabhängigkeit und zur Diagnostik des Beigebrauchs (Nr. 2), die Erstellung eines ausführlichen Therapieplans
(Nr. 6) sowie Verlaufs- und Ergebniskontrollen einschließlich unangekündigter Beigebrauchskontrollen (Nr. 7). Ausweislich
des von der Staatsanwaltschaft J. in Auftrag gegebenen Gutachtens des MDKN vom 29. Oktober 2007 zur Begutachtung der Abrechnungsmodalitäten
und des Substitutionsprogramms ergibt sich aus den patientenbezogenen Einzelfallgutachten nach Auswertung der Patientenkartei,
dass weder Eintragungen zu einer ausführlichen allgemeinen Anamnese noch zu einer richtlinienkonformen Drogenanamnese oder
aktuellen Suchtanamnese vorlagen. Viele der drogensüchtigen Patienten des Antragstellers waren zusätzlich Alkoholiker. Der
Alkoholkonsum wurde bei keinem der Patienten aktenkundig, auch nicht im Verlauf, obwohl ein Substitutionsarzt alle Suchtmittel
abfragen und dokumentieren muss, um sich ein Bild vom Patienten machen zu können. Auch eine aktuelle Suchtanamnese fand sich
bei keinem Patienten, es wurde noch nicht einmal dokumentiert, dass die Patienten überhaupt drogenabhängig waren. Ebenso wenig
fanden sich körperliche Untersuchungsbefunde, Verlaufsdokumentationen oder Therapieziele (MDKN-Gutachten; gutachterliche Zusammenfassung,
Dr. K. S. 763/764). Ein Drogenscreening vor Drogenabgabe durch Dr. K. ist nur in einem Fall durchgeführt worden. Auch ein
regelmäßiges Abfragen und Dokumentieren des Beigebrauchs ist entgegen der verbindlichen Richtlinie nicht erfolgt. Beaufsichtigte
Urinkontrollen erfolgten genauso wenig wie das beaufsichtigte Trinken des Substitutionsmittels. Das verstößt gegen die BtMVV, die gemäß § 1 Satz 4 der Richtlinie beachtet werden muss. Nach § 5 Abs. 6 BtMVV ist dem Patienten das Substitutionsmittel vom behandelnden Arzt, seinem ärztlichen Vertreter oder von dem von ihm angewiesenen
oder beauftragten und kontrollierten medizinischen Personal zum unmittelbaren Gebrauch zu überlassen. Die Mitgabe von Substitutionsmitteln
an Drogensüchtige ist unzulässig. Nach den Ermittlungen des Gutachters erfolgte diese entgegen der bindenden Richtlinie dennoch
bei jedem Patienten. Nach § 5 Abs. 5 BtMVV darf der Arzt, der ein Substitutionsmittel für einen Patienten verschreibt, außer in den Ausnahmefällen des Abs. 8 nicht
einmal die Verschreibung dem Patienten aushändigen. Nur in den Ausnahmefällen einer sogenannten Take-home-Verordnung nach
§ 5 Abs. 8 BtMVV darf eine Verschreibung für die bis zu 7 Tagen benötigte Menge des Substitutionsmittels ausgehändigt werden und dessen eigenverantwortliche
Einnahme erlaubt werden, sobald und solange dies der Verlauf der Behandlung zulässt und dadurch die Sicherheit und Kontrolle
des Betäubungsmittelverkehrs nicht beeinträchtigt werden. Eine entsprechende Dokumentation ist jedoch - entgegen § 5 Abs. 10 BtMVV - in keinem Fall erfolgt.
Der Gutachter des MDKN hat alle vorliegenden Patientenkarteikarten der Praxis begutachtet bzw. gesichtet. Entgegen der Auffassung
des Antragstellers handelt sich es sich dabei nicht um eine nur vorläufige rechtliche Bewertung der Staatsanwaltschaft, sondern
um gutachterliche Feststellungen des MDKN durch den Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie - Sozialmedizin - Dr. L.,
auf die sich die Antragsgegnerin im Wege des Urkundsbeweises stützt. Diese Feststellungen rechtfertigen - im Rahmen der hier
anzustellenden summarischen Prüfung - die Annahme der Antragsgegnerin, dass die im streitbefangenen Quartal abgerechneten
Leistungen der Substitutionstherapie vom Antragsteller nicht ordnungsgemäß erbracht worden sind.
Wenn die Antragsgegnerin ihre sachlich-rechnerischen Berichtigungen in Anknüpfung an die im strittigen Quartal unrichtigen
Sammelerklärungen durchgeführt hat, ist dies rechtmäßig. Das Bundessozialgericht (BSG) hat in seiner Entscheidung vom 17.
September 1997 (SozR 3-5550 § 35 Nr. 1) im Einzelnen dargelegt, dass der Vertragsarzt mit der von ihm unterschriebenen Sammelerklärung
garantiert, dass die Angaben auf den eingereichten Behandlungsausweisen bzw. Datenträgern zutreffen. Diese Funktion entfällt,
wenn sich die Sammelerklärung als falsch erweist (vgl. dazu Senatsurteil vom 17. Dezember 2008 - L 3 KA 316/04 -), wobei schon eine unrichtig abgerechnete Leistung ausreicht. Sind die unrichtigen Angaben in den Behandlungsausweisen
zumindest grob fahrlässig erfolgt, geht das Honorarrisiko auf den Vertragsarzt über. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV)
kann in allen Behandlungsfällen Berichtigungen durchführen, in denen sie unrichtige Abrechnungen vermutet, ohne den Nachweis
der Unrichtigkeit führen zu müssen. Vielmehr obliegt es dem Antragsteller, nunmehr die Richtigkeit seiner Abrechnungen nachzuweisen
(zu alledem: BSG aaO.).
Die dargelegte Missachtung der Anlage A Nr. 2 der BUB-Richtlinie hat zur Folge, dass die EBM-Ziffern 202 ff nicht abgerechnet
werden durften, weil die Substitutionsbehandlung "nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen"
erbracht werden muss. Dem Antragsteller ist im Hinblick auf die von ihm im streitigen Quartal abgerechneten Leistungen auch
grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen, weil ihm die genannten Richtlinien bekannt sein mussten. Angesichts der zahlreichen Risiken,
die mit der Substitutionsbehandlung verbunden sind, wird die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wenn
die Leistungen ungeachtet dieser Richtlinien erbracht und abgerechnet werden.
Bei der Neufestsetzung des noch zu beanspruchenden Honorars ist die Antragsgegnerin in nicht zu beanstandender Weise davon
ausgegangen, dass die Leistungen nach der EBM-Ziffer 202 (Substitutionsbehandlung Opiatabhängiger) sowie den Zuschlagsziffern
203 und 204 und die EBM-Ziffern 3860 bis 3862, 3864 bis 3868 für die verschiedenen Drogensuchtests zu Unrecht honoriert worden
sind. Wenn die neue Honorarhöhe als Folge davon nach den im Übrigen erbrachten allgemeinvertragsärztlichen Leistungen bemessen
worden ist, bewegt sich diese Bemessung jedenfalls nach der hier nur möglichen summarischen Prüfung im Rahmen der Rechtsprechung
des BSG zur grob fahrlässig oder vorsätzlich unrichtig abgegebenen Sammelerklärung (BSG aaO.). Substantiierte Einwände insoweit
hat der Antragsteller, der - wie dargelegt - das Honorarrisiko trägt, nicht vorgebracht.
Vor diesem Hintergrund konnte die Antragsgegnerin auch die Rückzahlung der zuviel gezahlten Honorare auf der Grundlage des
§ 50 Abs. 1 SGB X verlangen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §
197 a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 4, 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Auszugehen ist dabei von der Bedeutung für den Antragsteller, der sich gegen die Rückforderung i.H.v. 5.968,88 EUR wendet.
Da es sich vorliegend um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes handelt, war von diesem Betrag nach der ständigen
Senatsrechtsprechung nur 1/4 zu berücksichtigen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, §
177 SGG.