Rechtmäßigkeit der Aufhebung einer Umschulungsmaßnahme
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Aufhebung einer Umschulungsmaßnahme zum Verwaltungsfachangestellten, die
der Kläger im Zeitraum vom 09.01.2012 bis 08.01.2014 bei dem Berufsförderungswerk P (Bfw) absolvieren sollte.
Der Kläger ist am 00.00.1961 geboren und bezieht seit dem Jahr 2010 fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
nach dem SGB II.
Auf den Antrag des Klägers vom 24.11.2011 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 19.01.2012 eine Leistung zur Teilhabe am
Arbeitsleben gemäß § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. §§
97 ff.
SGB III i.V.m. §§
33 und
44 ff.
SGB IX in Form einer Umschulung zum Verwaltungsfachangestellten bei dem Bfw für den Zeitraum vom 09.01.2012 bis 08.01.2014, bestehend
aus zwei Schulungsteilen mit je neun Monaten Dauer und einem sechsmonatigen Praktikum.
Am 19.03.2012 fand ein erstes Rückmeldegespräch zwischen dem Kläger, der Gruppenleiterin und dem Integrationsmanagement (Sozialpädagogen)
statt. Mit Schreiben vom 04.04.2012 teilte das Bfw mit, der Kläger habe sich in der Umschulungsmaßnahme bisher von zwei konträren
Seiten gezeigt. Einerseits sei er sehr motiviert und es stelle sich ein überdurchschnittliches Leistungsbild dar. Hinsichtlich
der zu absolvierenden Leistungen werde es keine Probleme geben. Andererseits sei er unreflektiert und unkommunikativ und benehme
sich unangemessen gegenüber seinen Dozenten. Bemerkungen der Dozenten würden nicht als Unterstützung angenommen. Das Bfw verwies
auf das Gespräch vom 19.03.2012. Hierbei habe der Kläger im Rahmen eines ersten Rückmeldegespräches mit dem Gruppenleiter
und dem Integrationsmanager sein Fehlverhalten nicht einsehen können und die Anmerkungen der Dozenten als Einmischung in seine
Privatsphäre empfunden. Man habe den Kläger um einen respektvollen Umgang mit den Teilnehmern und den Dozenten auch im Sinne
seiner späteren Tätigkeit gebeten. Der Kläger sei darauf hingewiesen worden, dass eine Fortführung der Maßnahme in dem anstehenden
Praktikum nur empfohlen werde, wenn er sein Verhalten modifiziere. Man habe dem Kläger empfohlen, eine Beratung bei dem psychologischen
Dienst zu suchen. Seit diesem Rückmeldegespräch habe sich das Verhalten des Klägers gebessert. Die Maßnahme werde daher fortgeführt,
das Verhalten des Klägers weiterhin beobachtet. Weitere Rückmeldegespräche fanden am 02.04.2012, 20.06.2012 und 07.09.2012
statt.
Das Bfw teilte dem Beklagten per Mail vom 07.09.2012 mit, es bestehe der Eindruck, der Kläger habe keine ausreichende Impulskontrolle.
Hinsichtlich des anstehenden Praktikums habe er versucht, die Situation mit Vorwürfen gegen seine Ausbilder zu entkräften.
Es werde dringend die Klärung der psychologischen Belastbarkeit des Klägers empfohlen ebenso wie die psychologische Beurteilung
der aktuellen Umschulungsfähigkeit.
Auf Aufforderung des Beklagten vom 06.09.2012 fand ein persönliches Gespräch zwischen Kläger und Beklagtem am 12.09.2012 statt.
Nach dem hierzu gefertigten Aktenvermerk teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass das Bfw voraussichtlich keine Empfehlung
zur Teilnahme an dem Praktikum ab dem 01.10.2012 aussprechen werde. Das Maßnahmeziel könne damit nicht erreicht werden. Das
Bfw werde gegebenenfalls die Wiederaufnahme der Maßnahme zum 01.06.2013 prüfen, falls der Kläger die Bearbeitung der bestehenden
Probleme nachweisen könne.
Mit Schreiben vom 14.09.2012 teilte das Bfw dem Beklagten mit, aufgrund verschiedener Vorfälle werde der Aufnahme des Praktikums
zum 01.10.2012 nicht zugestimmt. Der Kläger könne sich nicht kurz und prägnant ausdrücken. Er verhalte sich teilweise unangemessen,
impulsiv und kritisch-abwertend in der Kommunikation mit seinen Ausbildern und den weiteren Kursteilnehmern. Dies sei auch
in den verschiedenen Rückmeldegesprächen immer wieder zum Ausdruck gekommen. Eine Besserung sei im Ergebnis nicht eingetreten.
Das Verhalten des Klägers passe nicht zum Beruf des Verwaltungsfachangestellten. Das Gespräch am 07.09.2012 habe aufgrund
des Verhaltens des Klägers abgebrochen werden müssen. Das Bfw empfehle einen Abbruch der Maßnahme zum 30.09.2012. Die Aufnahme
eines Praktikums sei aus Sicht des Bfw nicht möglich.
Mit Bescheid vom 20.09.2012 hob der Beklagte die Bewilligung der Maßnahme mit Ablauf des 28.09.2012 auf. Das Maßnahmeziel
könne nicht erreicht werden. Der Teilnahme an einem Praktikum ab dem 01.10.2012 werde von dem Bfw nicht zugestimmt. Rechtsgrundlage
für die Beendigung der Maßnahme sei § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. §§
112 ff.
SGB III und § 48 SGB X. Zur weiteren Begründung verwies der Beklagte auf das Gespräch vom 12.09.2012. Nach Einholung der angeratenen Hilfe solle
der Kläger sich erneut mit dem Rehabilitationsteam in Verbindung setzen.
Den Widerspruch des Klägers vom 03.10.2012 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.2013 zurück. Der Kläger habe
während der Maßnahme kein Verhalten gezeigt, das auf die Möglichkeit einer dauerhaften Anstellung schließen lasse.
Das am 25.01.2013 bei dem Sozialgericht Gelsenkirchen eingeleitete Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz (S 43 AS 234/13 ER) und die gegen den ablehnenden Beschluss vom 14.03.2013 zum LSG Nordrhein-Westfalen eingelegte Beschwerde blieben erfolglos
(Beschluss vom 13.05.2013 - L 19 AS 717/13 B ER).
Am 25.01.2013 hat der Kläger Klage bei dem Sozialgericht Gelsenkirchen erhoben, mit der er sich gegen den "Maßnahmeabbruch"
gewendet hat. Mit Schreiben vom 30.06.2013 hat er die Klage in eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt und ein Rehabilitationsinteresse
geltend gemacht. Der Abbruch der Maßnahme sei für ihn vollkommen unverständlich. Der zuständige Sozialpädagoge habe sich bereits
im ersten Vorstellungstermin im Januar 2012 distanzlos und abwertend eingelassen. Mitte März 2012 hätten Mitschüler ihm zugetragen,
dass die Gruppenleiterin der Klasse die Klassenmitglieder zu seinem Körpergeruch befragt hätte. Er habe sie sofort darauf
angesprochen und auch Beschwerde bei dem Bereichsleiter Herrn T eingereicht. Dieser habe versprochen, sie darauf anzusprechen.
Daraufhin sei es zu dem Gespräch am 19.03.2012 gekommen. Anwesend gewesen seien die Gruppenleiterin sowie der Sozialpädagoge.
Diese hätten alle Tatsachen verdreht und das Fehlverhalten ausschließlich bei dem Kläger gesucht. Das Praktikum sei in keinem
der Gespräche thematisiert worden. Erstmals im Gespräch am 02.04.2012 sei dem Kläger angeraten worden, einen Psychologen zu
kontaktieren. Dies sei aber keine explizite Aufforderung gewesen. Bei dem Gespräch am 20.06.2012 sei dies nicht noch mal angesprochen
worden. Völlig unklar sei, warum man ihn nicht bereits im April von dem Schreiben vom 04.04.2012 an den Beklagten in Kenntnis
gesetzt habe. Auch der Sachverhalt hinsichtlich des Praktikums sei fehlerhaft dargestellt. Vielmehr sei es so gewesen, dass
er sich bereits vor Beginn der Maßnahme bei Herrn T erkundigt habe, ob man das Praktikum selbst aussuchen und auch auf Bundesebene
durchführen könne. Dies sei bejaht worden unter der Einschränkung, dass das Studieninstitut in E als Prüfungsbehörde dem Praktikum
zustimmen müsse. Der Kläger habe daraufhin direkt dort nachgefragt und man habe keine Einwände gegen ein Praktikum auf Bundesebene
gehabt. Dies habe er sich erneut im September 2012 bestätigen lassen. Dennoch habe er sich parallel auch um ein Praktikum
bei der Stadt N beworben. Er hätte auch diese Stelle haben können, man habe ihm dort jedoch trotz wiederholter Nachfrage keinen
eigenen Arbeitsplatz zu Verfügung stellen oder über die Ausgestaltung und Struktur des Praktikums informieren können. Das
Praktikum auf Bundesebene sei somit deutlich hochwertiger gewesen. Auch mit Herrn T habe er am 06.09.2012 erneut ein Gespräch
über das Praktikum geführt und dieser habe nochmal bestätigt, dass er vor dem Hintergrund der Zustimmung des Studieninstitutes
in E keine Probleme mit dem Praktikum auf Bundesebene habe. Er werde dies mit der Gruppenleiterin besprechen. Diese und auch
der Sozialpädagoge hätten sich dann gegen das Praktikum gestellt. In dem Gespräch am 07.09.2012 sei Herr T dann von seiner
Zustimmung abgerückt und habe die Tatsachen verdreht. Er sei dabei von der Gruppenleiterin und dem Sozialpädagogen beeinflusst
worden. Herr T habe ihm erklärt, er habe die Auskunft der Studienberatung in E falsch verstanden. Er habe dann am 10.09.2012
den Beklagten von dem möglichen Praktikum der Stadt N informiert. Das Klinikum N1 habe ihm bestätigt, dass keine psychischen
Erkrankungen vorlägen.
Der Kläger hat beantragt,
"zu dem Bescheid der Beklagten vom 20.9.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2013 rehabilitierend festzustellen,
1.
dass dieser Verwaltungsakt durch vorsätzlich wahrheitswidrige und unvollständige Berichte an den zuständigen Leistungsträger
(Jobcenter Kreis S) durch Mitarbeiter des Bfw P herbeigeführt wurde,
2.
auch auf Grundlage dieser vorsätzlich wahrheitswidrigen Ausführungen durch Mitarbeiter des Bfw P die gesetzliche Tatbestandsvoraussetzung
des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X damit nicht erfüllt war, um diese berufliche Rehabilitationsmaßnahme abzubrechen,
3.
dass dieser Verwaltungsakt überdies durch ein im Einvernehmen mit den wahrheitswidrig berichtenden Mitarbeitern des Bfw P
vorsätzlich völlig unübliches, verfahrensunfair und methodisch unkorrekt durchgeführtes Verwaltungsverfahren des zuständigen
Sachbearbeiters des Leistungsträgers (Jobcenter Kreis S) erlassen wurde.
4.
nach alldem die Verurteilung als Grundurteil des Leistungsträgers Jobcenter Kreis S zur Leistung einer nun vollständigen neuen
gleichartigen, gleichwertigen beruflichen Bildungsmaßnahme dem Grunde nach in der Zukunft unter entsprechender Berücksichtigung
der persönlichen Lebenssituation und Belange des Betroffenen Klägers gemäß den Prinzipien des
SGB IX."
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat auf die Begründung der angefochtenen Bescheide Bezug genommen.
Mit Urteil vom 15.10.2015, dem Kläger zugestellt am 19.11.2015, hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Klageantrag
zu 1. sei bereits unzulässig, da weder die Voraussetzungen einer Feststellungsklage nach §
55 SGG noch diejenigen einer Fortsetzungsfeststellungsklage nach §
131 Abs.
1 Satz 3
SGG erfüllt seien. Der Klageantrag zu 2. sei ebenfalls unzulässig. Dieser sei als Fortsetzungsfeststellungsklage auf Feststellung
der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide auszulegen. Es bestünde jedoch kein Feststellungsinteresse, insbesondere
kein Rehabilitationsinteresse. Die Bewertung der Leistungen und auch die Beurteilung der Sozialkompetenz der Umschulungsteilnehmer
gehöre zu den notwendigen Aufgaben des Maßnahmeträgers. Im vorliegenden Fall sei ein differenziertes Bild des Klägers gezeichnet
worden. Einerseits seien seine fachlichen Fähigkeiten herausgehoben worden, andererseits aber die soziale Kompetenz zur Ausübung
des Umschulungsberufes in Frage gestellt worden. Der Klageantrag zu 3. sei unzulässig, da weder ein Fall des §
55 SGG noch §
131 SGG vorliege. Auch der Klageantrag zu 4. sei unzulässig, da insoweit zunächst ein Verwaltungsverfahren durchgeführt werden müsse.
Mit der am 16.12.2015 eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein Ziel auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahmeaufhebung
weiter. Das von dem Sozialgericht gefertigte Prozessurteil sei grobes Unrecht. Durch das "abgestimmte und verleumderische"
Vorgehen des Beklagten und des Bfw sei ein großer materieller und immaterieller Schaden entstanden. Das Vorgehen entstamme
der bloßen persönlichen Aversionen der Beteiligten und dem Bedürfnis, ihn zu erniedrigen. Neben dem Rehabilitationsinteresse
bestehe das Feststellungsinteresse auch in der Vorbereitung eines Amtshaftungsanspruchs. Die Rechtsvorschrift des § 48 SGB X sei nicht zutreffend angewendet worden. Ein derartiger Eingriff in eine Rehabilitationsmaßnahme erfordere zwingend die Ausübung
von Ermessen. Im Übrigen nehme er Bezug auf sein gesamtes bisheriges Vorbringen einschließlich des Vorbringens im Verfahren
auf einstweiligen Rechtsschutz.
Am 01.05.2016 hat der Kläger Prozesskostenhilfe bei dem Landgericht C für die Durchführung einer Amtshaftungsklage gegen den
Beklagten beantragt. Das Landgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag mit Beschluss vom 27.10.2016 (Az. I-5 O 00/16) abgelehnt. Die hiergegen zum OLG Hamm eingelegte Beschwerde blieb erfolglos (Beschluss vom 01.02.2017).
Der Kläger beantragt,
"das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 15.10.2015 aufzuheben und festzustellen,
1.
dass der Verwaltungsakt vom 20.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2013 durch vorsätzlich wahrheitswidrige
und unvollständige Berichte an den zuständigen Leistungsträger (Jobcenter Kreis S) durch Mitarbeiter des Bfw P herbeigeführt
worden ist,
2.
auch auf Grundlage dieser vorsätzlich wahrheitswidrigen Ausführungen durch Mitarbeiter des Bfw P die gesetzliche Tatbestandsvoraussetzung
des § 48 Abs.1 S. 1 SGB X damals nicht erfüllt war (materielle Rechtswidrigkeit) um diese berufliche Rehabilitationsmaßnahme abzubrechen,
3.
dass der Verwaltungsakt überdies durch ein im Einvernehmen mit den wahrheitswidrig berichtenden Mitarbeitern des Bfw P vorsätzlich
völlig unübliches, verfahrensunfair und methodisch unkorrekt durchgeführtes Verwaltungsverfahren (formelle Rechtswidrigkeit)
des zuständigen Sachbearbeiters des Leistungsträgers (Jobcenter Kreis S) erlassen wurde."
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil, die er für zutreffend hält.
Der Kläger beantragt ergänzend,
"festzustellen, dass der abbrechende Verwaltungsakt am 12.09.2012 erfolgt ist. Der bestätigende Bescheid kam am 20.09.2012
dann später."
In einem Erörterungstermin am 11.05.2017 hat der Kläger erklärt, es sei ihm unzumutbar und undenkbar, eine weitere Maßnahme
beim Bfw P durchzuführen. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte erklärt, dass nicht beabsichtigt sei, dem Kläger
erneut eine Weiterbildung beim Bfw P anzubieten. Die Beteiligten haben übereinstimmend bestätigt, dass der Kläger für eine
Umschulungsmaßnahme zum Verwaltungsfachangestellten in N2 bei C1 vorgemerkt ist. Beginn der Maßnahme ist im Juni 2018. Es
werde geprüft, ob eine solche Maßnahme auch in Köln durchgeführt werden kann. Der dortige Maßnahmeträger benötige noch eine
Zertifizierung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten
Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
Zutreffend hat das Sozialgericht den Klageantrag zu 1., den der Kläger mit dem Berufungsantrag zu 1. weiterverfolgt, als unzulässig
angesehen. Der Antrag stellt keinen zulässigen Gegenstand einer Feststellungsklage nach §
55 SGG dar. Diese setzt in der hier allein in Betracht kommenden Variante des §
55 Abs.
1 Nr.
1 SGG voraus, dass das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses festgestellt werden soll. Mit dem Berufungsantrag
zu 1. begehrt der Kläger die Bewertung eines tatsächlichen Verhaltens Dritter. Dies stellt kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis
iSd §
55 Abs.
1 Nr.
1 SGG dar. Soweit es dem Kläger um die Feststellung geht, dass der Maßnahmeabbruch rechtswidrig war, ist dies Gegenstand des Klage-
und Berufungsantrags zu 2 und 3.
Der Klage- und Berufungsantrag zu 2. und 3. richtet sich bei interessengerechter Auslegung auf die Feststellung der formellen
und materiellen Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 20.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2013. Der
Kläger hatte diesen Bescheid zunächst zutreffend mit der Anfechtungsklage angefochten. Nachdem die für den Zeitraum vom 09.01.2012
bis 08.01.2014 angesetzte Umschulung bei dem Bfw zwischenzeitlich beendet ist, hat der angefochtene Bescheid sich durch Zeitablauf
erledigt (§ 39 Abs. 2 SGB X). Insoweit zutreffend hat der Kläger seine Klage im Sinne eines Fortsetzungsfeststellungsbegehrens (§
131 Abs.
1 Satz 3
SGG) umgestellt mit dem sinngemäßen Ziel, die Rechtswidrigkeit der Maßnahmeaufhebung festzustellen.
Der Senat kann offen lassen, ob das Fortsetzungsfeststellungsbegehren des Klägers zulässig ist. Voraussetzung für die Zulässigkeit
der Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß §
131 Abs.
1 Satz 3
SGG ist ein besonderes Feststellungsinteresse, das in einer Wiederholungsgefahr, einem Rehabilitationsinteresse oder einem Präjudizinteresse
liegen kann. Das Feststellungsinteresse ist jedoch nur für ein stattgebendes Urteil Prozessvoraussetzung (vgl. BGH Urteil
vom 07.11.1957 - IV ZR 121/57; OLG Karlsruhe Urteil vom 18.02.1987 - 7 U 43/85; Meyer-Ladewig,
SGG, 12. Aufl., vor §
51 Rn. 13 c mwN).
Der Bescheid vom 20.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2013 ist nicht rechtswidrig gewesen. Rechtsgrundlage
für die Entscheidung ist § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Hiernach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder
rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Bei dem Bescheid
über die Bewilligung der Maßnahme handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, da der Bescheid in rechtlicher
Hinsicht über den Zeitpunkt seiner Bekanntgabe bzw. Bindungswirkung hinaus Wirkungen erzeugt (Brandenburg in JurisPK SGB X § 48 Rn. 51). In den Verhältnissen, die bei dem Erlass des Bescheides vorlagen, ist eine wesentliche Änderung eingetreten.
In der E-Mail vom 07.09.2012 und im Schreiben vom 14.09.2012 hat das Bfw dargelegt, dass der Fortführung der Umschulungsmaßnahme
durch den Kläger mit einem am 01.10.2012 beginnenden Praktikum nicht zugestimmt wird und das Maßnahmeziel nicht erreicht werden
kann.
Die Bereitschaft eines Trägers, mit dem Betroffenen eine Maßnahme durchzuführen, ist Voraussetzung für die Bewilligung der
(konkreten) Maßnahme, so dass deren Wegfall eine wesentliche Änderung iSd § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X darstellt. Damit war der Beklagte verpflichtet, den Bewilligungsbescheid mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Denn eine
Umschulungsmaßnahme wird nicht von dem Beklagten selbst durchgeführt, sondern dieser ist als Kostenträger auf die jeweiligen
Anbieter angewiesen, die Maßnahmen durchführen und eigenständig für die Beurteilung der Leistungen des Teilnehmers, dessen
Befähigung an der Abschlussprüfung teilzunehmen und sich anschließend erfolgreich in den Arbeitsmarkt einzugliedern, verantwortlich
sind. Beschließt ein Maßnahmeträger, die konkret bewilligte Maßnahme nicht fortzuführen, muss der Leistungsträger die Maßnahmebewilligung
aufheben. Die weitere Durchführung der konkret bewilligten Leistung wird durch den Maßnahmeabbruch seitens des Maßnahmeträgers
unmöglich.
Am Vorliegen einer wesentlichen Änderung durch Abbruch der Maßnahme durch das Bfw ändert - abweichend von der in der mündlichen
Verhandlung des Senats geltend gemachten Auffassung des Klägers - eine behauptete vertragliche Verpflichtung des Beklagten
auf Einwirkung auf das Bfw im Sinne einer Fortführung der Maßnahme vor deren Abbruch nichts. Zwar mag eine entsprechende Verpflichtung
begründet sein, wenn ein Maßnahmeabbruch durch den Leistungserbringer ohne nachvollziehbare Begründung erfolgt und evident
rechtswidrig ist. Dies ist vorliegend indes nicht der Fall. Das Bfw hat die Gespräche, die mit dem Kläger geführt worden sind,
nachvollziehbar dokumentiert und angeboten, die Maßnahme im Juni 2013 fortzuführen, wenn der Kläger die aus Sicht des Bfw
bestehenden Kommunikationsprobleme aufarbeitet. Unabhängig davon, ob die vom Kläger gegen die Darstellung des Bfw geltend
gemachten Einwände zutreffen, hat das Bfw dennoch in nicht offensichtlich rechtswidriger Weise herausgearbeitet, dass und
aus welchen Gründen aus seiner Sicht eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger zunächst nicht in Betracht kommt und hierbei
positive und negative Aspekte im bisherigen Umschulungsverlauf abgewogen.
Der "Ergänzungsantrag", der ausdrücklich erstmals im Berufungsverfahren gestellt worden ist, ist unzulässig. Zwar ist die
entsprechende Erweiterung des Begehrens im Berufungsverfahren zulässig, da der Beklagte sich, ohne der Erweiterung zu widersprechen,
auf die Erweiterung eingelassen hat (§
99 Abs.
2 SGG). Jedoch ist der Feststellungsantrag unzulässig, da ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung nicht ersichtlich
und auch vom Kläger nicht dargelegt worden ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Gründe, die Revision nach §
160 Abs.
2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.