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LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.02.2015 - 8 R 968/10
Sozialversicherungspflichtigkeit einer Tätigkeit als Serviceingenieur bei einem Medizintechnikunternehmen (hier: Abrufarbeitsverhältnis) Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit Anhaltspunkte für eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Unternehmens Überbürdung sozialer Risiken als Indiz für unternehmerisches Handeln Firmenschädliches Verhalten kein rechtlich relevantes Abgrenzungskriterium Keine uneingeschränkte Dispositionsfreiheit der Beteiligten über den sozialversicherungsrechtlichen Status
1. Ein Tätigwerden gegenüber Kunden im Namen des Unternehmens, die Koordinierung der Arbeitseinsätze sowie die konkrete Arbeitszuteilung durch das Unternehmen, das Zurverfügungstellen von erforderlichen Werkzeugen und Vordrucken zur Dokumentation der Serviceeinsätze, die Aufnahme des Betreffenden in den Verteiler der Arbeits- und Betriebsanweisungen und entsprechende Schulungen am Betriebssitz des Unternehmens sind Indizien für eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Unternehmens.
2. Keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder bei Urlaub zu erhalten, rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme eines unternehmerischen Risikos. Die Überbürdung sozialer Risiken abweichend von der das Arbeitsrecht prägenden Risikoverteilung ist nur dann ein gewichtiges Indiz für unternehmerisches Handeln, wenn damit auch tatsächliche Chancen einer Einkommenserzielung verbunden sind, also eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten stattfindet.
3. Firmenschädliche Verhalten gegenüber Kunden und Mitarbeitern ist kein rechtlich relevantes Abgrenzungskriterium, erst recht kein Kriterium, das für eine Selbständigkeit spricht.
4. Erklärungen, Wünsche, Ziele etc. des Betreffenden, als selbständiger Service-Ingenieur tätig zu sein, sind allein nicht geeignet, Selbständigkeit zu begründen. Entscheidend sind allein die maßgeblichen Abgrenzungskriterien. Nur wenn der Abwägungsprozess kein Überwiegen von Gesichtspunkten für einen Status ergibt, gibt der Wille der Beteiligten den Ausschlag. Ansonsten unterliegt der sozialversicherungsrechtliche Status keiner uneingeschränkten Dispositionsfreiheit der Beteiligten.
Normenkette:
SGB IV § 7a Abs. 1 S. 1
,
SGB IV § 7 Abs. 1
,
TzBfG § 12 Abs. 1 S. 1
,
SGB V § 6 Abs. 1 Nr. 1
,
SGB V § 6 Abs. 6 S. 1
Vorinstanzen: SG Detmold 01.09.2010 S 7 (2) R 164/08
Tenor
Auf die Berufung des Beigeladenen zu 1) wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 01.09.2010 geändert und der Tenor wie folgt gefasst: Der Bescheid vom 27.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2008 und der Bescheid vom 17.02.2010 werden aufgehoben, soweit darin festgestellt wird, dass der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit als Serviceingenieur bei der Klägerin vom 01.05.2003 bis 06.09.2006 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt hat. Insoweit wird die Berufung zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Klageverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten im Klageverfahren selbst tragen. Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1) im Berufungsverfahren, in dem im Übrigen eine Kostenerstattung nicht stattfindet. Der Streitwert für das Klageverfahren wird auf 45.500,00 EUR festgesetzt. Die Revision wird nicht zugelassen.

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