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LSG Sachsen, Urteil vom 12.07.2016 - 11 SF 50/15 EK
Entschädigungsverfahren; Entschädigung für unangemessene Verfahrensdauer in Grundsicherungsangelegenheiten; Präklusionswirkung der Verzögerungsrüge; Nebenverfahren über Prozesskostenhilfe selbst nicht entschädigungsrechtlich relevant - Abweichung von der Entschädigungspauschale; Recht auf zügiges Verfahren; Sozialgerichtliches Verfahren; strukturelle Überlastung eines Gerichts; subjektive Klagehäufung; überlanges Gerichtsverfahren
1. Die in einer Instanz nicht oder nicht ordnungsgemäß erhobene Verzögerungsrüge führt zur materiell-rechtlichen Präklusion des Entschädigungsanspruchs wegen überlanger Verfahrensdauer für diese Instanz.
2. Eine Verzögerungsrüge begrenzt den Entschädigungsanspruch wegen überlanger Verfahrensdauer nicht auf den Zeitraum, der sechs Monate vor Erhebung der Verzögerungsrüge beginnt (entgegen BFH, Urteil vom 06.04.2016 - X K 1/15 - juris).
3. Das Prozesskostenhilfeverfahren stellt als Nebenverfahren während eines laufenden Hauptsacheverfahrens kein eigenes Gerichtsverfahren im Sinne des § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG dar. Bei einem solchen Nebenverfahren können nur die durch eine verspätete Bewilligung von Prozesskostenhilfe bewirkten Verzögerungen des Hauptsacheverfahrens entschädigungsrechtlich relevant sein.
4. Fehlt jegliches Konzept zur Bewältigung der strukturellen Überlastung eines Gerichts, kann dies für eine generelle Vernachlässigung des Anspruchs auf Rechtsschutz in angemessener Zeit aus Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 78 Abs. 3 SächsVerf sprechen, die eine Abweichung von der Pauschale des § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG gebietet.
5. Der Entschädigungsanspruch wegen überlanger Verfahrensdauer steht in Fällen der subjektiven Klagehäufung jeder am Gerichtsverfahren beteiligten Person in voller Höhe zu.
Normenkette:
GVG § 198 Abs. 1
,
GVG § 198 Abs. 3 S. 1
,
GVG § 198 Abs. 3 S. 2
,
GVG § 198 Abs. 3 S. 3
,
GVG § 198 Abs. 3 S. 5
,
GVG § 198 Abs. 5 S. 1
,
GVG § 198 Abs. 5 S. 2
,
GVG § 198 Abs. 6 Nr. 1
,
GG Art. 19 Abs. 4
,
ÜGG Art. 23 S. 2
,
ÜGG Art. 23 S. 3
,
ÜGG Art. 23 S. 4
,
EMRK Art. 6 Abs. 1
,
SächsVerf Art. 78 Abs. 3
I. Der Beklagte wird verurteilt,
1. an die Klägerin zu 1) 2.300,00 € nebst Zinsen ab dem 24.09.2015 in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz,
2. an den Kläger zu 2) 2.300,00 € nebst Zinsen ab dem 24.09.2015 in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz,
3. an die Klägerin zu 3) 2.300,00 € nebst Zinsen ab dem 24.09.2015 in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz,
4. an die Klägerin zu 4) 2.300,00 € nebst Zinsen ab dem 24.09.2015 in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz und
5. an den Kläger zu 5) 2.300,00 € nebst Zinsen ab dem 24.09.2015 in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte zur Hälfte und die Kläger je zu einem Zehntel.
III. Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 23.000,00 € festgesetzt.

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