LSG Sachsen, Urteil vom 27.08.2015 - 2 AS 1161/13
Erbenhaftung; Gerichtskostenfreiheit; Gerichtskostenpflicht; Kostenersatz
1. Die Regelungen, dass 56 Prozent der bei der Berechnung des Arbeitslosengelds II und des Sozialgelds bzw. der Sozialhilfe
berücksichtigten Bedarfe für Unterkunft nicht zu erstatten sind (§§ 40 Abs 4 S 1 SGB II, 105 Abs 2 S 1 SGB XII), sind im Falle einer Erbenhaftung bzw. des Kostenersatzes durch Erben nach §§ 35 SGB II, 102 SGB XII nicht anzuwenden.
2. Das Verfahren der Anfechtungsklage gegen einen Erbenhaftungsbescheid nach § 35 SGB II ist unabhängig davon, ob der Erbe zugleich Sonderrechtsnachfolger gemäß § 56 ist, gerichtskostenpflichtig.
Fundstellen: FuR 2016, 59, NZS 2016, 115, ZEV 2015, 601, ZEV 2016, 46
Normenkette: ,
SGB XII § 102 ,
SGB XII § 105 Abs. 2 S. 1
,
SGB II § 35 ,
SGB II § 40 Abs. 4 S. 1
,
,
Vorinstanzen: SG Dresden - AZ: S 34 AS 5164/10 - 17.05.2013
I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 17. Mai 2013 wird zurückgewiesen.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
III. Der Streitwert wird auf zunächst 3.241,44 EUR und für die Zeit ab 9. August 2013 auf 416,64 EUR festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand:
Die Kläger wenden sich in zweiter Instanz gegen Bescheide des Beklagten, mit denen sie als Erben eines Hilfeempfängers nach
dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zum Kostenersatz herangezogen worden sind.
Der Kläger zu 2) zog 1994, der Kläger zu 1) 1997 aus der gemeinsamen Wohnung mit ihrem Vater R... T... aus. Der Beklagte bewilligte
Herrn T... sen. für den Zeitraum November 2006 bis Oktober 2007 Arbeitslosengeld II i.H.v. insgesamt mehr als 4.941,44 €.
Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass der genannte Betrag rechtmäßig bewilligt wurde. Er wurde an Herrn T... sen.
ausgezahlt. Dieser verstarb am 20.10.2007 und wurde von den Klägern zu gleichen Teilen beerbt. Der Nachlasswert betrug 27.377,40
€. Es bestanden (sonstige) Nachlassverbindlichkeiten von bis zu 6.051,67 €.
Nach Anhörung der Kläger forderte der Beklagte mit Bescheiden vom 22. und 23.06.2010 von den Klägern unter Berufung auf §
35 SGB II i.H.v. jeweils 1.620,72 € Kostenersatz für die Leistungen an ihren Vater. Den Widerspruch der Kläger wies der Beklagte mit
Widerspruchsbescheiden vom 27.07.2010 zurück.
Am 13.08.2010 haben die Kläger beim Sozialgericht Dresden Klage erhoben, die diese mit Urteil vom 17.05.2013 abgewiesen hat.
Die Rückforderung sei nach Grund und Höhe rechtmäßig. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Gewährung der Leistungen
an Herrn T... sen. i.H.v. 4.941,44 € nicht rechtmäßig erfolgte. Die §§ 45, 50 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) seien deshalb nicht vorrangig anwendbar. Die Kläger seien Erben ihres Vaters. Die Leistungen an ihn seien auch innerhalb
von zehn Jahren vor dem Erbfall erbracht worden und hätten 1.700 € überstiegen. Soweit die Ersatzpflicht in § 35 Abs. 1 Satz 2 (jetzt Satz 3) SGB II auf den Nachlasswert begrenzt ist, verstoße der angefochtene Bescheid hiergegen nicht. Es lägen auch keine Ausschlussgründe
für die Geltendmachung des Ersatzanspruchs nach § 35 Abs. 2 SGB II vor. Die Kläger hätten nicht mit ihrem Vater in häuslicher Gemeinschaft gelebt und ihn gepflegt (Nr. 1). Es sei nicht vorgetragen
und nicht ersichtlich, dass die Inanspruchnahme der Kläger nach der Besonderheit des Einzelfalls eine besondere Härte bedeutet
(Nr. 2). Der Erstattungsanspruch sei schließlich nicht nach § 35 Abs. 3 Satz 1 SGB II erloschen. Denn die Ausgangsbescheide seien innerhalb von drei Jahren nach dem Tod von Herrn T... sen. erlassen worden und
seither sei der Ablauf der Erlöschensfrist entsprechend § 204 Bürgerliches Gesetzbuch i.V.m. §§ 35 Abs. 3 Satz 2, 34 Abs. 3 Satz 2 zweiter Halbsatz SGB II gehemmt. Eine Beschränkung des Umfangs der Erstattung bezüglich der Kosten der Unterkunft und Heizung auf 44 % komme im Rahmen
des § 35 SGB II nicht in Betracht. Der Wortlaut der Vorschrift sei insoweit eindeutig. Auch aus der Entstehungsgeschichte lasse sich keine
solche Beschränkung der Erstattung der Unterkunftskosten ableiten. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/1516, S.
62) lehne sich die Vorschrift an den bis Ende 2004 geltenden § 92c Bundessozialhilfegesetz (BSHG) an. § 92c BSHG habe ebenfalls keine Beschränkung der Rückforderung für die Kosten der Unterkunft enthalten. Der Einfügung des Ersatzanspruchs
in das BSHG habe die Erwägung zugrunde gelegen, dass es nicht gerechtfertigt sei, die Bestimmungen zum Schutz des Vermögens des Hilfeempfängers
über dessen Tod hinaus zu Lasten der Allgemeinheit und der öffentlichen Haushalte wirken zu lassen. Die Vorschriften über
nicht einzusetzendes Einkommen und Schonvermögen dienten allein dem Schutz des Sozialhilfeberechtigten, nicht aber dem seiner
Erben (BT-Drs. V/3495, S. 16; vgl. auch BSG, Urteil vom 23.03.2010 - B 8 SO 2/09 R -, in Juris Rdnr. 21). Die Beschränkung sei auch nicht § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II a.F. (ebenso § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB II in der Fassung vom 13.05.2011) zu entnehmen, denn vorliegend handele es sich nicht um eine Erstattung nach § 50 SGB X. Einer analogen Anwendung der Vorschrift stünden Sinn und Zweck des § 35 SGB II entgegen. Die Gleichbehandlung von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen mit Wohngeldempfängern erstrecke sich nicht auf die Erben
(Grote-Seifert in jurisPK-SGB II, 3. Auflage, § 35; Fügemann in Hauck/Noftz, SGB II, § 35 Rdnr. 23). § 35 knüpfe an die Regelungen über Einkünfte und Vermögen an, die nach §§ 11, 12 SGB II zugunsten des Leistungsberechtigten einem Zugriff des Leistungsträgers entzogen seien. Durch das im Zeitpunkt der Leistungsgewährung
geschützte Vermögen sollten nicht auch noch die Erben privilegiert werden. Mit dem Tod des Leistungsempfängers erlösche die
Privilegierung. Der Rechtsgedanke des § 105 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) könne hier nicht herangezogen werden, um die Erstattungssumme zu mindern. § 105 Abs. 2 SGB XII beziehe sich systematisch auf Absatz 1 der Vorschrift, der nicht den Kostenersatz von Erben Sozialhilfeberechtigter betreffe. Einen Ersatzanspruch gegen sie habe
der Gesetzgeber vielmehr zum 01.01.2005 in § 102 SGB XII geregelt, der - wie § 35 SGB II - gerade keine Beschränkung der Rückforderung der Unterkunftskosten enthalte.
Gegen das ihnen am 23.05.2013 zugestellte Urteil haben die Kläger am 21.06.2013 Berufung eingelegt. Sie machen zuletzt ausschließlich
geltend, 56 % der Leistungen für Unterkunft und Heizung an Herrn T... sen. unterlägen nicht der Rückforderung. Der Erbe trete
in die Verpflichtung des Leistungsempfängers ein und könne somit auch alle für diesen bestehenden Einreden und Einwendungen
geltend machen. Weil der Erbe aufgrund seiner Rechtsstellung an die Stelle des Erblassers trete und gerade nicht für eigene
Verbindlichkeiten hafte, dürften ihm keine über die des Erblassers hinausgehenden Verpflichtungen auferlegt werden. Entgegen
der Darstellung des Sozialgerichts gelte § 105 Abs. 2 SGB X auch für den Ersatzanspruch nach § 102 SGB X (Conradis in LPK-SGB XII, § 105 Rdnr. 3). Dies müsse auch im Rahmen des § 35 SGB II gelten. Eine Ungleichbehandlung der Erben von Empfängern von Leistungen nach dem SGB II mit Erben von Sozialhilfeempfängern wäre rechtlich nicht begründbar und würde gegen Art. 3 Grundgesetz ( GG) verstoßen. Bei beiden Leistungen handele es sich um steuerfinanzierte Leistungen mit dem Zweck der Sicherung des Existenzminimums,
die im Erbfall dem Grundsatz des Nachrangs von Sozialleistungen unterlägen. Im Übrigen wäre es grob unbillig, dem Erben des
Leistungsbeziehers den Nachteil aufzubürden, dass das Wohngeld für Bezieher von Leistungen nach dem SGB II abgeschafft worden ist.
Sie beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 17.05.2013 und die Bescheide des Beklagten vom 22. und 23.06.2010 in Gestalt der
Widerspruchsbescheide vom 27.07.2010 dahingehend abzuändern, dass die Rückforderung jeweils nur 1.412,40 € beträgt.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das Urteil erster Instanz und ergänzt, bei der Erbenhaftung nach § 35 SGB II handele es sich um einen originären Anspruch gegen den Erben. Der Erbe trete hier gerade nicht in eine Verpflichtung des
Leistungsempfängers ein. Soweit hier einschlägig, habe der Gesetzgeber bei der Änderung des § 35 SGB II im Jahr 2011 trotz der damals schon zu § 105 Abs. 2 SGB XII vertretenen Kommentarmeinung am bisherigen Wortlaut der Vorschrift festgehalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten aus beiden Instanzen und die Akte des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
Ihrer Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass die Berufung wegen Unterschreitung der Berufungssumme von 750,01 € nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz ( SGG) nicht statthaft wäre, nachdem die Kläger ihr Rechtsmittel zulässigerweise - insoweit sind die Verwaltungsakte teilbar -
mit der am 09.08.2013 bei Gericht eingegangenen Berufungsbegründung auf eine Reduzierung der Forderungen des Beklagten um
insgesamt 416,64 € beschränkt haben. Maßgebender Zeitpunkt für die Prüfung, ob die Berufungssumme erreicht wird, ist nämlich
nach § 202 SGG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung der Zeitpunkt der Einlegung der Berufung. Späteres Sinken des Beschwerdewerts etwa durch Beschränkung des Berufungsantrags
mit der Folge, dass die Berufungssumme nicht mehr erreicht wird, macht die Berufung nicht unzulässig, sofern die Beschränkung
nicht willkürlich erfolgt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 144 Rdnr. 19 mit zahlr. N.). Nachdem in erster Instanz die Bescheide des Beklagten noch vollständig, also nach Grund und Höhe
der Forderungen von insgesamt 3.241,44 €, zur Überprüfung des Gerichts gestellt worden waren, war zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung
am 21.06.2013 davon auszugehen, dass der Gegenstand der Berufung mit demjenigen des erstinstanzlichen Verfahrens identisch
ist. Denn der Berufungsschriftsatz - noch ohne Begründung - enthielt keinen Hinweis auf eine Beschränkung der Berufung. Zudem
haben die Kläger zwischen Einlegung der Berufung und deren Begründung den Prozessbevollmächtigten gewechselt, sodass nicht
ohne weiteres aus der Berufungsbegründung ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten darauf geschlossen werden kann, sie hätten
sich im Berufungsverfahren von Anfang an nur gegen die Höhe der Forderung im jetzt beanstandeten Umfang wenden wollen. Bei
Prozesserklärungen hat das Gericht - anders als bei materiell-rechtlichen Erklärungen - die Auslegung der Erklärung in vollem
Umfang zu überprüfen, also das wirklich Gewollte, das in der Äußerung erkennbar ist, zu ermitteln. Dabei ist nach dem in §
133 Bürgerliches Gesetzbuch zum Ausdruck gekommenen allgemeinen Rechtsgedanken, der auch im öffentlichen Recht und im Prozessrecht gilt, bei der Auslegung
von Erklärungen nicht am Wortlaut zu haften, sondern der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen (BSG, Urteil vom 23.06.2015 - B 1 KR 18/15 B -, in Juris, m.w.N.).
In der Sache muss die Berufung erfolglos bleiben. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil sie unbegründet
ist. Die Bescheide des Beklagten vom 22. und 23.06.2010 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 27.07.2010 sind, soweit noch
angefochten, rechtmäßig und beschweren die Kläger daher nicht (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Das Gericht folgt den überzeugenden und ausführlichen Ausführungen zur Sache in den Entscheidungsgründen des Urteils erster
Instanz, auf die gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen wird.
Im Hinblick auf die Berufungsbegründung ist Folgendes zu ergänzen:
Im Rahmen des § 35 SGB II sind die Leistungen im vollen Umfang zu ersetzen, insbesondere gelten nach herrschender Meinung die heute in § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB II zugunsten der Leistungsempfänger vorgesehenen Reduzierungen nicht. Der Wortlaut der Vorschrift ist eindeutig. Es spricht
nichts für ein gesetzgeberisches Versehen. Im Gegenteil: Der Gesetzgeber hat die seit 01.01.2005 in Kraft befindliche Vorschrift
durch Art. 2 Nr. 31 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 (BGBl. I, S. 453) geändert, ohne eine Änderung oder Klarstellung dahin vorzunehmen, dass die Erbenhaftung auf 44 % der Leistungen für Unterkunft
beschränkt bleibt. Bereits zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung existierten sozialhilferechtliche Veröffentlichungen wie der
von den Klägern herangezogene Aufsatz von Conradis, die zu § 102 SGB XII eine gegenteilige Auffassung vertraten. Auch Sinn und Zweck des § 35 SGB II, dem Grundsicherungsträger eine umfassende Refinanzierung seiner aus Steuermitteln erbrachten Leistungen nach dem Versterben
des Leistungsempfängers zu ermöglichen, lassen die hier vertretene Auslegung als sachgerecht erscheinen (ebenso Link in Eicher,
SGB II, 3. Auflage, § 35 Rdnr. 17; Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, 44. Update 08/15, § 35 SGB II Rdnr. 25; Grote-Seifert in jurisPK-SGB II, 4. Auflage, § 35 Rdnr. 20; Fügemann in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 4/12, § 35 Rdnr. 27; a.A. Conradis, ZEV 2005, 379, 383; Wolf in Fichtner/Wenzel, Kommentar zur Grundsicherung, 2. Auflage, § 35 SGB II Rdnr. 6; Hänlein in Gagel, SGB II/SGB III, 49. Erg.Lfg. 2013, § 35 SGB II Rdnr. 7). Die Beschränkung einer Erstattungsforderung bezüglich Leistungen für die Unterkunft in zunächst § 40 Abs. 2 Satz 1, seit 01.04.2011 § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB II auf 44 % der gezahlten Leistungen ist als Abweichung von § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingefügt worden, damit sich der Ausschluss der Empfänger von Leistungen nach dem SGB II vom Wohngeldbezug gemäß § 7 WoGG in Fällen der Erstattung nicht auswirkt. Wohngeld kann nämlich grundsätzlich nicht zurückgefordert werden. Grundsicherungsleistungsempfänger
sollen durch die Beschränkung der Rückforderung der Höhe nach so gestellt werden, wie sie stünden, hätten sie Wohngeld erhalten
(BT-Drucks. 15/1516, S. 63 = M 010 S. 120). Es ist aber kein Grund ersichtlich, die Gleichstellung des Leistungsempfängers
mit einem Wohngeldempfänger auch auf dessen Erben zu übertragen (Fügemann aaO.).
An der von den Klägern geltend gemachten Ungleichbehandlung mit Erben von Sozialhilfeempfängern fehlt es, denn nach Auffassung
des Senats bezieht sich § 105 Abs. 2 SGB XII - wie aus der Paragraphenüberschrift ("Kostenersatz bei Doppelleistungen" usw.) sowie seinem systematischen Zusammenhang
mit Absatz 1 der Vorschrift ersichtlich - nur auf Fälle, in denen ein vorrangig verpflichteter Leistungsträger in Unkenntnis
der Leistung des Trägers der Sozialhilfe an die leistungsberechtigte Person geleistet hat (anders jedoch Simon in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage, Stand 05.05.2015, § 102 Rdnr. 36 und § 105 Rdnr. 27; Klinge in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand 02/12, § 105 Rdnr. 12; Conradis in LPK-SGB II, 10. Auflage, § 105 Rdnr. 7, 8; Decker in Oestreicher, SGB II/SGB XII, Stand 4/15, § 105 SGB XII Rdnr. 30 - soweit ersichtlich, ist hierzu keine sozialgerichtliche Rechtsprechung ergangen). Damit unterscheiden sich - soweit
hier relevant - die Regelungen des SGB II einerseits und des SGB XII andererseits nicht, sodass sich die Frage einer Ungleichbehandlung und von deren Verfassungsmäßigkeit im Lichte des Art.
3 GG nicht stellt.
Der von den Klägern behauptete Rechtsgrundsatz, Erben dürften keine über diejenigen des Erblassers hinausgehenden Verpflichtungen
auferlegt werden, existiert nicht (s. etwa die nur den Erben treffende Erbschaftssteuer, die nach ständiger Rspr. des BVerfG
im Grundsatz verfassungsgemäß ist, zuletzt Urteil vom 17.12.2014 - 1 BvL 21/12 -, in Juris).
Das Verfahren ist nach §§ 197a Abs. 1 Satz 1, 183 Satz 2 SGG gerichtskostenpflichtig, die Kostenentscheidung beruht daher auf § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung analog. Die Kläger sind schon keine u.U. gerichtskostenbefreiten Sonderrechtsnachfolger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch ihres Vaters, weil sie zwar dessen Kinder sind, jedoch weder mit ihrem Vater
zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben noch von ihm wesentlich unterhalten worden sind. Selbst wenn
sie Sonderrechtsnachfolger wären, wären sie nicht in dieser Eigenschaft am Verfahren beteiligt. Denn § 35 SGB II betrifft unabhängig von der Eigenschaft als Sonderrechtsnachfolger alle Erben (ebenso Bayerisches LSG, Urteil vom Urteil
vom 10.12.2014 - L 7 AS 731/12 - für die Ehefrau bei Anwendung des § 35 SGB II und BSG, Urteil vom 23.03.2010 - B 8 SO 2/09 R - für Eltern des Leistungsempfängers bei Anwendung des § 92c BSHG, beide in Juris; s. auch Leitherer aaO., § 183 Rdnr. 8).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Nach Auffassung des Senats fehlt es, obwohl zu der streitigen Rechtsfrage keine höchstrichterliche
Rechtsprechung ergangen ist, an einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG, weil die Rechtsfrage nicht klärungsbedürftig ist. Die Antwort auf sie ergibt sich ohne weiteres aus den Rechtsvorschriften
und steht von vornherein praktisch außer Zweifel (vgl. Leitherer aaO., § 160 Rdnr. 8a mit zahlr. N. aus der Rspr. des BSG). Revisionsgründe nach § 160 Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGG liegen nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG). Im Übrigen gilt die folgende Rechtsmittelbelehrung.
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