Auswahlermessen des Sozialhilfeträgers bei der Betreuung und Unterbringung eines Hilfebedürftigen
Gründe
I.
Die Antragstellerin (im Weiteren: Ast.) begehrt im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes von dem Antragsgegner (im Weiteren:
Ag.) die Übernahme von höheren Kosten im Rahmen von Leistungen der Eingliederungshilfe.
Die am 1979 geborene Ast. ist von einem zerebralen Anfallsleiden mit täglich mehrmals auftretenden Anfällen, einer rechtsseitigen
armbetonten Halbseitenlähmung sowie einer mindestens mittelschweren Intelligenzminderung betroffen. Nach einer kognitiven
Diagnostik im Medizinisches Zentrum für Erwachsene mit Behinderung (im Weiteren: MZEB) vom 18. Juni 2020, bei dem an Hand
eines auf eine Normgruppe von Kindern von acht Jahren bezogenen Tests ein Intelligenzquotient von unter 20 ermittelt wurde,
liegt bei der Ast. eine schwerste Intelligenzminderung vor, die der Entwicklung eines Kindes von 2,5 Jahren entspricht. Bei
ihr sind ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie die Merkzeichen „G“, „H“ und „RF“ und „B“ anerkannt. Bei der Ast. war
bis zur Rechtsänderung zum 1. Januar 2017 ein Hilfebedarf nach der Pflegestufe II mit einem erhöhten Bedarf auf Grund einer
eingeschränkten Alltagskompetenz festgestellt, der mit der Überleitungsvorschrift als Pflegegrad 4 weitergeführt wurde. Die
Pflegefachkraft W erstellte für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) auf den Höherstufungsantrag der Ast.
das Gutachten vom 2. Oktober 2019 mit dem Ergebnis der Pflegebedürftigkeit nach dem Pflegegrad 5 ab dem 1. September 2019.
Nach den dortigen Feststellungen, die auf den Angaben der Eltern der Ast. und einer Mitarbeiterin von L1 (seit Januar 2007
einer gemeinnützigen GmbH) beruhen, ist die Ast., dort als „nicht aussagefähig“ bezeichnet, nur unter abstützender Hilfe einer
Pflegeperson mobil. Bezüglich des Gutachtens wird im Übrigen auf Blatt 807 bis 822 der Verwaltungsakten Bezug genommen.
Die Ast., deren gesetzliche Betreuer unter anderem für Behördenangelegenheiten und die Aufenthaltsbestimmung bestellt sind,
wohnt seit dem Jahr 2007 in einer Mietwohnung mit drei Zimmern in M. und bezieht Leistungen der Grundsicherung im Alter und
bei Erwerbsminderung von dem örtlichen Sozialhilfeträger, der Stadt M. (im Folgenden: Sozialamt). Darin werden auch die Kosten
der Ast. für Unterkunft und Heizung in voller Höhe als angemessen berücksichtigt.
Im Rahmen ihrer regelmäßigen rund um die Uhr betreuten Tagesstruktur führt die Ast. ihre Morgenroutine durch, nimmt werktags
in dem einer Werkstatt für behinderte Menschen angegliederten Förderbereich der L2 gGmbH an einer Fördergruppe teil, wird
danach in den Nachmittagsstunden zu Hause betreut und hält nach der Abendroutine Nachtruhe bis zur Morgenroutine.
Für die teilstationäre Betreuung in der Fördergruppe und den Fahrdienst gewährt das Sozialamt im Namen des Ag. seit dem 18.
November 1997 durchgehend Eingliederungshilfe, zunächst nach den Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes, dann nach den Regelungen des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) und seit dem 1. Januar 2020 auf der Grundlage von § 102 Abs. 1 Nr.
4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen -
SGB IX) in der Fassung der Änderung des Art. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen vom 23. Dezember 2016 (BTHG, BGBl.
I, S. 3234). Die den Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2021 betreffenden Bescheide vom 12. März 2020 sind bestandskräftig
geworden. Dem Entwicklungsbericht der Einrichtung ist für den Zeitraum von 2017 bis 2019 insbesondere eine erhebliche Verschlechterung
der motorischen Fähigkeiten der Ast. zu entnehmen. Seit der Umstellung der Medikation während des Krankenhausaufenthaltes
von Januar bis Februar 2019 trage die Ast. Inkontinenzmaterial. Im Übrigen wird auf Blatt 771 bis 777 der Verwaltungsakte
Bezug genommen.
Für die Betreuung zu Hause bezog die Ast. bis zum 31. Dezember 2014 Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft im
Rahmen eines Persönlichen Budgets, das ausgehend von einer 1:1-Betreuung in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe
in M. berechnet wurde. Mit Bescheiden vom 20. März 2015 lehnte das Sozialamt im Namen des Ag. die weitere Gewährung von Leistungen
im Rahmen eines Persönlichen Budgets ab und bewilligte der Ast. ab dem 1. Januar 2015 Leistungen der Eingliederungshilfe in
Form einer Geldleistung, die in den Folgejahren angepasst wurden, aber durchgehend auf dem Kostensatz für schwere/schwerste
Pflege in einer vollstationären Einrichtung in M. festgelegt wurden. In die Berechnung wurden die durchschnittlichen Kosten
ohne Investitionskosten unter Abzug der Leistungen nach §
43a Elftes Buch Sozialgesetzbuch (Soziale Pflegeversicherung -
SGB XI) sowie eines pauschalen Aufschlags für Mehrkosten von 30 Prozent des Ergebnisses eingestellt. Diese Bescheide und die Bescheide
über die antragsgemäße Bewilligung für die Jahre 2017, 2018 und 2019 wurden bestandskräftig.
Für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2019 rechnete L1 für nach Fachleistungsstunden, Betreuungsstunden und
Nachtbereitschaften aufgeschlüsselte Leistungen Gesamtkosten von monatlich 4.983,00 € bis 6.603,00 € (den höchsten Betrag
für Oktober 2019) gegenüber dem Sozialamt ab. Am 5. August 2019 teilte L1 dem Sozialamt mit, der Hilfebedarf der Ast. sei
gestiegen, da sie zunehmend herausfordernde Verhaltensweisen entwickelt habe. Die Nachtbetreuungszeiten seien de facto keine
Bereitschaftszeiten mehr und müssten von festangestelltem Personal abgedeckt werden. In den drei unter dem 22. Mai 2019 erstellten
Angeboten zur Betreuung der Ast. wird erstens ein Gesamtbetrag von 14.700,00 € monatlich (30 Nächte à neun Stunden und 254
Stunden am Tag je zu 25,00 €, 40 Stunden Sozialpädagoge zu 40,00 €), zweitens ein Gesamtbetrag von 12.540 € monatlich (270
Nachtstunden zu 17,00 €) und drittens ein Gesamtbetrag von 9.750,00 € monatlich (60,00 € für Nachtpauschalen bei ehrenamtlichen
Mitarbeitern) ausgewiesen. Unter dem 30. Oktober 2019 gab L1 eine überarbeitete Fassung ihrer Angebote ab. Für die Betreuung
der Ast. wird erstens ein Gesamtbetrag von 13.050,00 € monatlich (30 Nächte à neun Stunden zu 20,00 € und 274 Stunden am Tage
zu 25,00 €, 40 Stunden Sozialpädagoge zu 40,00 €), zweitens der Gesamtbetrag von 12.540 € monatlich (wie zuvor) und drittens
der Gesamtbetrag von 9.750,00 € monatlich (wie zuvor) ausgewiesen.
Am 29. August 2019 wurde bei dem Sozialamt ein Gespräch zu einem Gesamtplan nach § 144 SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung bei dem Sozialamt durchgeführt, zu dem auf Blatt 757 bis 767 der Verwaltungsakte
verwiesen wird. Mit Bescheid vom 17. Februar 2020 bewilligte das Sozialamt der Ast. im Namen des Ag. Leistungen der Eingliederungshilfe
gemäß §§
99,
105 SGB IX i.V.m. §§ 53, 54 SGB XII, jeweils in der ab dem 1. Januar 2020 geltenden Fassung, für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2020 in Form
einer Geldleistung in Höhe von 5.811,91 € monatlich. Es sei festzustellen, dass die Ast. zum größten Teil ihren Lebensalltag
auf Grund der Schwere der vorliegenden Beeinträchtigungen nicht selbstbestimmt gestalte und bzw. agiere, sondern die Gestaltung
des Lebensalltages von anderen bestimmt werde. Nach §
104 Abs.
2 SGB IX seien Wünsche der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistungen richteten, zu entsprechen, soweit diese
angemessen seien. Das gelte nicht, wenn und soweit die Höhe der Kosten der gewünschten Leistung die Höhe der Kosten für eine
vergleichbare Leistung von Leistungserbringern, mit denen eine Vereinbarung nach dem Kapitel 8 des 2. Teils des
SGB IX bestehe, unverhältnismäßig übersteige und der Bedarf durch die vergleichbare Leistung gedeckt werden könne. Es sei der Ast.
grundsätzlich möglich und zumutbar, zur Deckung ihrer individuellen Hilfebedarfe Leistungen in einer besonderen Wohnform gemeinsam
mit anderen geistig behinderten Menschen in Anspruch zu nehmen. Derzeit verfüge die Einrichtung G in M. über zwei freie Platzkapazitäten,
welche in Doppelzimmern zur Verfügung stünden. Die Einrichtung sei grundsätzlich geeignet, behinderte Menschen mit geistigen
Behinderungen sozialpädagogisch und pflegerisch mit entsprechenden pädagogischen, pflegerischen und therapeutischen Fachkräften
zu betreuen. Die Einrichtung biete geeignete förderfähige tagesstrukturierende Tagesangebote an, verfüge über insgesamt 48
Plätze und sei mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen. Damit seien Heim- und Besuchsfahrten zur Aufrechterhaltung
der Familienkontakte möglich. Die Altersstruktur der Bewohner sei angemessen im Hinblick auf das derzeitige Lebensalter [gemeint:
der Ast.]. Soweit die Ast. die Fortführung der bisherigen ambulanten Betreuung in der eigenen Häuslichkeit begehre, seien
die im Vergleich zur Ausreichung einer Sachleistung entstehenden Mehrkosten im Umfang Mehraufwands von bis zu 30 Prozent im
Einzelfall, ausgehend von dem ermittelten Leistungsbetrag im Rahmen einer 1:1-Betreuung unter Berücksichtigung des individuellen
Wunsch- und Wahlrechts, sozialhilferechtlich als angemessen anzuerkennen. Der als Sachleistung ermittelte Anspruch könne nach
§
105 SGB IX auch als Geldleistung ausgereicht werden. Für den sozialhilferechtlich anzuerkennenden Bedarf seien die aktuellen Vergütungsfachleistungen
von Leistungsanbietern in M. herangezogen worden, die vollstationäre Betreuungsleistungen im Rahmen der Eingliederungshilfe
erbringen und derzeit auf Grund von Platzkapazitäten in M. auch erbringen könnten. Bei dem Bezug von Pflegegeldleistungen
nach dem
SGB XI seien bei der Ermittlung des entsprechenden Geldbetrages gemäß § 2 SGB XII die Pflegegeldleistungen nach §
43a SGB XI von den stationären Vergütungsleistungen abzusetzen. Der Gesamtbetrag der Geldleistungen in Höhe von 5.811,91 € im Monat
ergebe sich aus den ermittelten Kosten im Rahmen einer 1:1-Betreuung in einer besonderen Wohnform in Höhe von 4.736,70 € abzüglich
der Leistungen nach §
43a SGB XI in Höhe von 266,00 € (insgesamt 4.470,70 €). Zusätzlich würden 30 Prozent dieses Betrages, d.h. 1.341,21 €, als Mehrkosten
berücksichtigt.
L1 übersandte dem Sozialamt für den Monat Januar 2020 eine Rechnung vom 26. Februar 2020 mit einem Gesamtbetrag von 8.810,00
€ für 21 Stunden zu 40,00 €, 266 Stunden zu 25,00 € und 22 Stunden zu 60,00 € (insgesamt 309 Stunden), ohne dass der Rechnung
weitere Angaben zu den erbrachten Leistungen zu entnehmen sind. Unter dem 2. April 2020 erfolgte für diesen Monat eine geänderte
Abrechnung, nun mit dem Gesamtbetrag von 8.204,38 € für 218,5 Betreuungsstunden zu 25,00 €, 47,5 Nachtbetreuungsstunden zu
12,25 €, 22 Nachtbereitschaften zu 60,00 € und 21 Fachleistungsstunden zu 40,00 € (insgesamt 299,00 Stunden). Ebenfalls unter
dem 2. April 2020 [881 V] wurden für Februar 2020 22 Nachtbereitschaften zu 60,00 €, 38 Stunden Nachtbetreuung zu 12,25 €,
21 Fachleistungsstunden zu 40,00 € und 232,5 Betreuungsstunden zu 25,00 €, insgesamt 8.438,00 €, abgerechnet.
Die Ast. legte am 18. März 2020 Widerspruch gegen den Bescheid vom 17. Februar 2020 ein. Die angekündigte Begründung ging
erst am 14. April 2020 bei dem Sozialamt mit Aufforderung ein, nun bis zum 17. April 2020 über den Widerspruch zu entscheiden.
In der Anlage zu diesem Schreiben werde der tatsächliche Aufwand der Hilfe dargestellt, der einem Gesamtbedarf in Höhe von
9.750,00 € monatlich ergebe (in der vorliegenden Verwaltungsakte ist eine solche Anlage nicht enthalten, sondern als Blatt
892 bis 894 eine Übersicht für März 2020 mit insgesamt 398,5 Stunden und einem Gesamtbetrag von 5.814,92 €). Daraus ergebe
sich eine aus den Leistungen des Ag. nicht gedeckte Differenz von 2.273,00 €. Der dem Schreiben beigefügten von L1 erstellten
Rechnung vom 22. April 2020 ist ein Gesamtbetrag von 9.302,38 € für den Monat März 2020 (19 Nachtbereitschaften zu 60,00 €,
85,5 Betreuungsstunden Nacht zu 12,25 €, 21 Fachleistungsstunden zu 40,00 € und 251 Betreuungsstunden zu 25,00 € [insgesamt
376,50 Stunden) zu entnehmen. In der Auflistung der aufgeschlüsselten Stunden ist eine Gesamtstundenzahl von 398,5 und die
Gesamtsumme von 5.814,92 € angegeben. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 891 bis 894 der Verwaltungsakten Bezug genommen.
Dieser Leistungsanbieter habe gedroht, die Leistungen zum 31. Juli 2020 einzustellen. Damit sei ihre - der Ast. - Teilhabe
und das von ihr gewollte Modell des Wohnens im eigenen Wohnraum gefährdet. Die Angemessenheit der Kosten sei nur innerhalb
der gewählten Wohnform von Bedeutung. Der Ag. habe den Leistungsanspruch sofort sicherzustellen (Hinweis auf Bundesverfassungsgerichts
[BVerfG] [Kammer], Beschluss vom 14. März 2019 - 1 BvR 169/19 -, juris).
Die Ast. hat am 27. April 2020 bei dem Sozialgericht Magdeburg den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt
und beantragt, den Ag. im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, die Kosten ihrer Assistenz für die Betreuung
im eigenen Wohnraum ab Antragstellung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens gemäß den veranschlagten Kosten des Betreuungsvertrages
mit dem Assistenzdienst vom 10. Februar 2020 zu übernehmen. Dieser Betreuungsvertrag bezieht sich auf rückwirkend ab dem 1.
Januar 2020 von L1 zu erbringende Betreuungsleistungen im Rahmen der ambulanten Betreuung in der eigenen Häuslichkeit. Angegeben
sind Leistungen wochentags von 15.00 bis 22.00 Uhr, für Nachtbereitschaften und drei Wochenenden im Monat. Dabei werden insoweit
für ehrenamtlich abzudeckende Nachtbereitschaften Pauschalen von 60,00 €/Nacht, für nicht ehrenamtliche Nachtbereitschaften
12,25 € pro Stunde, für „bis zu“ 290 Betreuungsstunden tagsüber 25,00 € pro Stunde und für 21 Fachleistungsstunden 40,00 €
pro Stunde angesetzt. Unter Berücksichtigung der Leistungen der Pflegekasse in Höhe von 1.664,00 € monatlich ergäben sich
bei der günstigsten Kalkulation aus den Mitteln der Sozialhilfe erforderliche Leistungen in Höhe von 8.086,00 € monatlich.
Zu dem Betreuungsvertrag wird auf Blatt 70 bis 76 Bd. I der Gerichtsakten Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 16. Juli 2020 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die Ast.
habe einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Die hier zu erbringenden Leistungen der Eingliederungshilfe umfassten
nach §
103 Abs.
1 Satz 1
SGB IX auch die Pflegeleistungen in Einrichtungen oder die häusliche Pflege. Die Ast. sei auf Grund ihrer mittelschweren bis schweren
Intelligenzminderung zumindest wesentlich geistig behindert im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV). Eine mittelgradige Intelligenzminderung sei u.a. mit einem IQ-Bereich von 35 bis 49 (bei Erwachsenen: Intelligenzalter
von sechs bis unter neun Jahren) definiert. Auf Grund dieser Erkrankung sei die Ast. unter Berücksichtigung der Feststellungen
in dem MDK-Gutachten von Oktober 2019 in erheblichem Umfang in ihrer Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft eingeschränkt
und habe einen gebundenen Rechtsanspruch insbesondere auf Leistungen der Sozialen Teilhabe gemäß den §§
102 Abs.
1 Nr.
4, 113ff.
SGB IX. Der Ag. habe das ihm nach §
107 SGB IX zustehende Auswahlermessen, bei dem insbesondere das Wunsch- und Wahlrecht des Berechtigten nach §
104 SGB IX zu berücksichtigen sei, bei summarischer Prüfung der Sachlage fehlerfrei ausgeübt. Der Ast. sei nach summarischer Prüfung
der Sachlage ein Wohnen im vom Ag. vorgeschlagenen Wohnheim und damit eine von den Wünschen der Ast. abweichende Leistung
zumutbar. Da eine Unzumutbarkeit einer von den Wünschen der Ast. abweichenden Leistungsgestaltung nicht vorliege, sei gemäß
§
104 Abs.
3 Satz 5 Satz 5
SGB IX ein Kostenvergleich im Rahmen der Prüfung der Angemessenheit der Wünsche der Ast. nach §
104 Abs.
2 Satz 2
SGB IX nicht ausgeschlossen. Die für den Kostenvergleich nach §
104 Abs.
2 Satz 2
SGB IX vorausgesetzte Vergleichbarkeit zwischen der gewünschten Leistung und der im Rahmen des Kostenvergleichs herangezogenen Leistung
sei in Bezug auf das von dem Ag. benannte Wohnheim gegeben. Die Kosten der von der Ast. gewünschten Leistung überstiegen die
Höhe der Kosten für eine vergleichbare Leistung von Leistungserbringern, mit denen eine Vereinbarung nach Kapitel 8 des
SGB IX bestehe, hier dem Wohnheim, unverhältnismäßig. Die unverhältnismäßige Überschreitung der Kosten gemäß §
104 Abs.
2 Satz 2 Nr.
1 SGB IX der vergleichbaren Leistung, hier dem Wohnheim, durch den Leistungswunsch der Ast. stelle die sogenannte Angemessenheitsobergrenze
dar (Hinweis auf Bundestags-Drucksache [BT-Drs.] 18/9522, S. 280). Der Ag. habe die Mehrkosten des Leistungswunsches der Ast.
gegenüber einer Leistungserbringung im Wohnheim des Leistungstyps 2a in einer 1:1-Betreuung plausibel und unbestritten auf
rund 181 Prozent bzw. 3.852,97 € monatlich beziffert, die auch unter Berücksichtigung der regional verfügbaren Angebote der
Leistungserbringer und üblichen Kostenschwankungen insbesondere vor dem Hintergrund der bestehenden Vergütungsvereinbarungen
gemäß §
125 Abs.
1 Nr.
2 SGB IX unverhältnismäßig seien. Die von der Ast. gewünschte Leistung sei auch nicht erst durch die Einführung des §
104 Abs.
2 SGB IX unangemessen geworden, sondern bereits in den zuvor erlassenen diesbezüglich bestandskräftigen Bescheiden von unverhältnismäßigen
Kosten der von der Ast. gewünschten Leistungen ausgegangen und die Kostentragung durch den Ag. deshalb auf den als angemessen
erkannten Teil begrenzt worden. Damit griffen etwaige Vertrauensschutzgesichtspunkte, die in der vorgenannten Gesetzesbegründung
genannt seien, nicht. Schließlich könne sich die Ast. auch nicht mit Erfolg auf die Regelung in §
104 Abs.
3 Satz 3
SGB IX berufen, nach der einem Wohnen außerhalb von besonderen Wohnformen der Vorzug zu geben sei, wenn dies von der leistungsberechtigten
Person gewünscht werde, da die Angemessenheitsprüfung im Hinblick auf das Wohnen außerhalb von besonderen Wohnformen hier
nicht positiv ausgefallen sei. Auf Grund des eindeutigen Wortlauts von §
104 Abs.
2 und
3 SGB IX zur Angemessenheits- und Zumutbarkeitsprüfung, deren im Gesetzeswortlaut vorgegebenen Prüfungskriterien sowie der Gesetzesbegründung
hierzu (BT-Drs. 18/9522, S. 279f. und BT-Drs. 18/10523, S. 62) werde kein Raum gesehen, um die Wertungen von Art. 19 lit.
a der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) über den Gesetzeswortlaut hinaus zu berücksichtigen. Zwar stimme dieses Ergebnis
nicht dem Ziel des Gesamtplans, nach dem für die Ast. ein „[…] Leben in der eigenen Wohnung aufrechterhalten werden [soll]“,
überein. Allerdings lasse der klare Wortlaut von §
104 Abs.
2 Satz 2
SGB IX, insbesondere die Angemessenheitsobergrenze, keine Abweichung zu, auch nicht im Hinblick auf etwaige Zielvorgaben im Gesamtplan.
Es gelte damit weiterhin, dass demokratisch legitimierte Gesetzgebung und darauf beruhende Umsetzungsregelungen den Einsatz
steuerfinanzierter Mittel in der Gemeinschaft bestimmten, in denen das Teilhaberecht seine Grenze finde (so Wehrhahn in: Juris
Praxiskommentar zum SGB XII, 3. Aufl., §
104 SGB IX, Stand 10. September 2019, RdNr. 11; Schmachtenberg, NZS 2018, 337, 348).
Gegen den ihr nach dem Empfangsbekenntnis am 17. Juli 2020 zugestellten Beschluss hat die Ast. am 22. Juli 2020 Beschwerde
bei dem Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt. Der Beschluss des Sozialgerichts verletzte vor dem Hintergrund
des BTHG ihren Anspruch auf Rechtsschutz im Rahmen des Art.
19 Abs.
4 Grundgesetz (
GG). Maßgebend sei hier der Wandel des Behindertenbegriffs. Dem Wunsch- und Wahlrecht des behinderten Menschen werde nun erhebliches
Gewicht eingeräumt. Sie - die Ast. - könne nicht gezwungen werden, ihr Leben komplett zu verändern. Bei der Aufnahme in eine
stationäre Einrichtung bestehe die Gefahr, dass sie die Fördergruppe nach 22 Jahren nicht mehr besuchen könne, da der für
sie in Betracht kommende Leistungstyp regelmäßig die Tagesstruktur der Bewohner umfasse und es im Übrigen unwahrscheinlich
sei, dass der Ag. die Kosten der Fördergruppe weiterhin tragen werde. Sie müsse sich in einer Einrichtung ein Doppelzimmer
mit Fremden teilen und ihre 1:1-Betreuung sei gefährdet. Mit dem von dem Ag. ermittelten Ausgangswert vor der Anhebung auf
Grund des Mehrbedarfs sei nur eine 1:1,5-Betreuung abzudecken. Eine Vergleichbarkeit der gewünschten mit der von dem Ag. zugrunde
gelegten Wohnform bestehe damit nicht. Nach §
104 Abs.
1 und
3 SGB IX sei die gewünschte Wohnform angemessen zu berücksichtigen. Nach der Gesetzesbegründung solle damit der gewünschten Wohnform
der Vorzug gegeben werden. Nur innerhalb der Wohnform sei die Angemessenheit zu prüfen und ein Vergleich vorzunehmen. Es bestehe
damit kein Mehrkostenvorbehalt. Nur so werde dem Verständnis der UN-BRK Rechnung getragen. Sie verweist auf die Begründung
eines Änderungsantrages der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD zum Entwurf des BTHG zu §
104 SGB IX (Ausschussdrucksache 18[11]857). Allein aus der Wohnform (eigener Wohnraum) werde die Unzumutbarkeit hergestellt, was einen
Mehrkostenvorbehalt ausschließe. Hier sei ihr Wunsch im Rahmen des Gesamtplans für die Betreuung nicht ausreichend beachtet
worden. Maßgebend seien hier weiterhin die Feststellungen aus einem Gutachten vom 22. August 2011 (gemeint ist das Gutachten
des Instituts für Personenzentrierte Hilfen aus dem Verfahren vor dem Sozialgericht Halle, Blatt 154ff. der beigezogenen Gerichtsakten
aus dem Verfahren ...). Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG sei hier eine Folgenabwägung vorzunehmen (Zitat
mit eigenen Hervorhebungen der Ast. aus: BVerfG [Kammer], Beschluss vom 14. März 2019 - 1 BvR 169/19, juris, RdNr. 14 und 15). Die Ast. hat am 4. August 2020 auf eine Beendigung von Leistungen ihres Assistenzdienstes Ende
August 2020 auf Grund offener Forderungen und diesbezüglich auf das Schreiben von L vom 29. Juli 2020, Blatt 213 der Gerichtsakten,
verwiesen. Sie hat im Übrigen auf den Gesamtplan für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2021 verwiesen. Mit Schriftsatz vom 10.
Februar 2021 hat sie vorgetragen, die Leistungserbringung erfolge derzeit ohne vertragliche Grundlage. Für das Jahr 2020 sei
eine [Anm: dem Senat nicht vorliegende] Vereinbarung mit dem Leistungserbringer geschlossen worden, den Fehlbetrag für den
Mehraufwand für zwölf Monate zu stunden. Diese Stundung ende am 31. März 2021. Sie hat Bezug genommen auf eine an die Eltern
der Ast. adressierte Stellungnahme der Chefärztin des MZEB L „zum beantragten Mehrbedarf für 1:1-Betreuung in der eigenen
Häuslichkeit“ vom 31. August 2020. Dieser ist zu entnehmen, ein Wechsel in eine vollstationäre Einrichtung würde die komplette
Versorgungsstruktur, welche die Ast. in den letzten 13 Jahren selbst bestimmt habe, verändern. Es werde insoweit die deutliche
Gefahr der Zunahme von Auto- und Fremdaggressionen und des Behandlungserfolges gesehen. Bei der Ast. sei auch eine Kenntnis
der individuellen Anfälle durch speziell geschultes Personal notwendig, um besser beurteilen zu können, ob z.B. eine Notfallmedikation
oder ein Notarzteinsatz erforderlich sei. Auch nicht medikamentöse Maßnahmen, wie eine gleichmäßige Tagesstruktur, gleichbleibende
Bezugspersonen, ein regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus sowie nachvollziehbare Auslöser für Anfälle spielten hier eine bedeutsame
Rolle. Epilepsie sei - unter Hinweis auf Hosking/Carey/Shah/Harris/DeWilde/Beighton /Cook (Mortality Among Adults With Intellectual
Disability in England: Comparisons With the General Population, American Journal of Public Health, [AJPH], August 2016, S.
1483-1491) und Young-Eun/Ye-Rin/Seok-Jun/Young-Ae/In-Hwan (Years of Life Lost due to Premature Death in People with Disabilities
in Korea: the Korean National Burden of Disease Study Framework, Journal of Korean Medical Science [JKMS], Januar 2019, 1-12/12)
- einer der wichtigsten Faktoren für das vorzeitige Versterben von Menschen mit geistiger Behinderung. Die Ablehnung des beantragten
Mehrbedarfs behindere hier die erreichte Selbstbestimmung und Teilhabe deutlich. Bezüglich der Stellungnahme wird im Übrigen
auf Blatt 224 bis 226 Bd. II der Gerichtsakten Bezug genommen.
Die Ast. beantragt ausdrücklich,
„den Antragsgegner unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Magdeburg vom 16.07.2020 im Wege der einstweiligen
Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin, die Kosten der Assistenz für die Betreuung im eigenen Wohnraum ab Antragstellung
bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens gemäß der veranschlagten Kosten aus dem Betreuungsvertrag für die Assistenzleistungen
mit dem Assistenzdienst vom 10. Februar 2020 zu übernehmen.“
Der Ag. beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts für zutreffend.
Der Senat hat mit richterlichem Schreiben vom 3. September 2020, Blatt 230 bis 231 Bd. II der Gerichtsakten, insbesondere
auf Bedenken in Bezug auf den von der Ast. formulierten Antrag im Beschwerdeverfahren hingewiesen.
Der Senat hat Befundberichte von den behandelnden Ärzten der Ast. eingeholt. Bezüglich der Einzelheiten wird auf Blatt 260
bis 267, 272 bis 276, 283 bis 287, 288, 302 bis 303 und 309 bis 332 Bd. II der Gerichtsakten Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Beauftragung von M1, Chefarzt des Epilepsiezentrums K in R, mit der Erstellung eines Gutachtens
auf Grund einer ambulanten Untersuchung der Ast. Zu den Beweisfragen wird auf Blatt 296 Bd. II der Gerichtsakten Bezug genommen.
Dem Antrag der Ast. auf Übernahme der Kosten für eine Übernachtung im Gästehaus des Epilepsiezentrums K vom 28. Oktober 2020
ist unter dem 29. Oktober 2020, dem gleichzeitig gestellten Antrag auf Begleitung der Ast. zur Begutachtung durch eine Sozialpädagogin
ist unter dem 16. November 2020 entsprechend der Befürwortung von L vom 4. November 2020 mit der Genehmigung für die angemessenen
Kosten für eine Person, die zu den erforderlichen Hilfeleistungen in der Lage ist, entsprochen worden.
Der gerichtliche Sachverständige hat unter Mitwirkung der Sozialpädagogin B das Gutachten unter dem 10. Dezember 2020 erstattet.
Bei der Ast., die sich mit ihren Eltern und - ausweislich der nachfolgend übersandten Rechnung - einer L1-Mitarbeiterin dort
nach einer Übernachtung zur ambulanten Untersuchung vorgestellt hat, ist ein EEG vorgenommen worden. Im Übrigen sind fast 20 von dem Vater der Ast. gefertigte - dem Gutachten nicht beigefügte - Videos ausgewertet
worden, von deren Inhalt der Senat keine Kenntnis hat. Diese illustrierten nach Einschätzung des Sachverständigen „sehr prägnant
den Alltag, den die Eltern mit ihrer Tochter in ihrer Wohnung erleben“. Die Ast. selbst habe sich dem untersuchenden Arzt
verweigert. Sie sei im Flur neben ihrem Vater sitzen geblieben und habe nicht untersucht werden und am Gespräch teilnehmen
wollen. Im Übrigen sind die Angaben der Mutter der Ast. von dem Sachverständigen als Befund aufgenommen worden. In Zusammenschau
bestehe neben der Epilepsie mit enzephalopathischem Bild eine mindestens mittelgradige Intelligenzminderung mit deutlichen
Verhaltensstörungen, bei denen es sich um Selbstverletzungen und sehr widerstandsvolles Verhalten handele, das insbesondere
durch die Videos belegt werde. Die Verhaltensstörung sei bisher noch unbehandelt. Außerdem bestehe eine armbetonte Hemiparese
rechts mittleren Ausmaßes bei Linkshändigkeit, vermutlich seit dem Ersterkrankungsereignis im 5. Lebensmonat. Der Sachverständige
hat zu der Frage der eines Bedarfs der stationären, teilstationären oder ambulanten Betreuung der Ast. in mit einer 24-Stunden
anwesenden Pflegekraft (ggfs. auch während die Ast. im Zimmer schlafe) angegeben, man könne „sich nicht vorstellen, dass die
Ast. alleine in irgendeiner Form zurechtkommt“. Zur Frage, welche gesundheitlichen Auswirkungen für die Ast. mit hoher Wahrscheinlichkeit
zu erwarten seien, wenn eine Pflegekraft nicht 24 Stunden täglich im Zimmer der Ast. anwesend sei, hat der Sachverständige
ausgeführt, dass sich die Ast., bedingt durch die Anfälle und ungezieltes und nicht gut abgestimmtes Verhalten, selbst gefährde.
Dies könnten Stürze oder Handlungen im Rahmen der Verhaltensstörung sein, in denen sie Dinge mache, die sie nicht überblicke
und deren Tragweite sie nicht einzuschätzen in der Lage sei. Eine 1:1-Betreuung bei einer so schwer erkrankten Patientin mit
dem Bild einer epileptischen Enzephalopathie sei daher nötig. Auch der Verlust von bisherigen Kompetenzen wäre auf längere
Sicht gefährdet. Eine optische oder akustische Überwachung der Ast. ersetze nicht die Pflegekraft. Ohne Bezug zu einer der
Fragen der Beweisanordnung enthält das Gutachten den Schluss, eine 1:1-Betreuung solle in jedem Fall erhalten werden, ebenso
die externe Tagesstruktur. Eine Veränderung der Wohn- und Lebensform, inbegriffen die Aufgaben der externen Tagesstruktur
in der Fördergruppe mitsamt wichtiger Bezugs- und Betreuungspersonen, werde vor dem Hintergrund der aufgeführten und pädagogischen
Aspekte nicht empfohlen. Zu dem Gutachten wird im Übrigen auf Blatt 342 bis 359 der Gerichtsakten Bezug genommen.
Zu dem von dem Ag. übersandten Bescheid vom 20. Januar 2021 über die vorläufige Leistungsbewilligung für den Zeitraum vom
1. Januar bis zum 28. Februar 2021 wird auf Blatt 372 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Die Ast. hat auf Aufforderung des Senats als Anlagen zum Schriftsatz vom 10. Februar 2021 am 15. Februar 2020 eine Übersicht
über die im Zeitraum von Januar bis Dezember 2020 in Anspruch genommenen Betreuungsleistungen und Rechnungen übersandt. Diesbezüglich
wird auf die Beiakte zu den Gerichtsakten verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Gerichtsakten der Streitverfahren L 8 SO 4/12
sowie der Verwaltungsakte des Ag. Bezug genommen, der Gegenstand der Beratung des Senats gewesen ist.
II.
Die Beschwerde der Ast. gegen den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 16. Juli 2020 ist zulässig, aber unbegründet.
Die Beschwerde ist insbesondere statthaft, weil sie nicht nach §
172 Abs.
3 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ausgeschlossen ist. Die von der Ast. mit ihrem Antrag begehrten Leistungen überschreiten die maßgebende Grenze für eine
zulassungsfreie Berufung in der Hauptsache gemäß §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§
173 SGG).
Der Senat kann offenlassen, ob in Bezug auf eine Hauptsacheentscheidung der örtliche Sozialhilfeträger einfach oder notwendig
beizuladen sein könnte, da eine antragsgemäße Verpflichtung des überörtlichen Sozialhilfeträgers Auswirkungen insbesondere
auf die im Rahmen von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu gewährenden Leistungen haben kann.
Bereits unter dem Gesichtspunkt, dass der Antrag der Ast. auf näher konkretisierte Leistungen der Eingliederungshilfe beschränkt
ist und die Kosten der Drei-Zimmer-Wohnung vom örtlichen Sozialhilfeträger nach Aktenlage in voller Höhe übernommen werden,
hat der Senat von einer Beiladung abgesehen. Für die Leistungen der Hilfe zur Pflege bzw. Eingliederungshilfe ist in Sachsen-Anhalt
derselbe Träger, der Ag., zuständig (§ 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Ausführungsgesetz zum SGB XII in der Fassung des Art. 2 der Verordnung vom 5. Dezember 2019, GVBl. LSA S. 948, 950 und §
94 Abs.
1 SGB IX i.V.m. §
1 Ausführungsgesetz zum
SGB IX vom 5. Dezember 2019, GVBl. LSA 948).
Soweit der Antrag der Ast., anders als im erstinstanzlichen Verfahren, nicht auf vorläufige Leistungen gerichtet ist, kann
eine antragsgemäße Verpflichtung des Ag. im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht erfolgen. Bereits vor diesem
Hintergrund ist das Begehren einer Verpflichtung des Ag. in Anbindung an ein Vertragsangebot von L1 nicht umsetzbar, da ein
Hilfebedürftiger durch den Senat höchstens vorläufig durch Zahlungen des Ag. in bestimmter Höhe in die Lage versetzt werden
könnte, laufenden Verpflichtungen nachzukommen.
Den auf die bezeichnete „Antragstellung“ nicht eindeutig zeitlich zuzuordnenden Antrag der Ast. auch im Beschwerdeverfahren
hat der Senat im Sinne der Rechtsprechung zum Anordnungsgrund im einstweiligen Rechtsschutz dahingehend ausgelegt, dass nicht
die Antragstellung bei dem Ag., sondern die Antragstellung bei dem Sozialgericht am 27. April 2020 als Beginn der begehrten
Verpflichtung des Ag. gemeint ist. Unklar geblieben ist allerdings, da es insoweit an Ausführungen auch im Beschwerdeantrag
fehlt, in welcher Höhe die „veranschlagten Kosten aus dem Betreuungsvertrag“ hier konkret geltend gemacht werden, da entsprechende
eigene Kalkulationen des Senats insoweit nicht hinreichend zuverlässig dem Begehren der Ast. entsprechen müssen. Im Rahmen
der Prüfung der dem Grunde nach nicht mit dem Widerspruch angegriffenen und damit von dem Ag. der Art der Leistung nach bestandskräftig
bewilligten Geldleistungen hat der Senat sich auch nicht an einem konkreten Leistungserbringer, hier L, auszurichten gehabt.
Auch unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren auf Aufforderung des Senats mit Schriftsatz vom 15. Februar 2020 eingereichten
Unterlagen besteht, da der Senat zu Gunsten der Ast. hier auch die Prüfung einer einstweiligen Anordnung ohne Bindung an ihren
Beschwerdeantrag in Erwägung gezogen hat, keine Möglichkeit zu einer Verpflichtung des Ag. Nach eingehender Prüfung der Leistungsübersichten
der einzelnen Monate für den Zeitraum von Januar bis Dezember 2020 hat der Senat zu berücksichtigen, dass die Nachtbetreuung
im streitgegenständlichen Zeitraum zeitweise allein durch ehrenamtliche Kräfte abzudecken gewesen ist; so im Januar 2020.
Dasselbe gilt für die Einzelbetreuung am Tag durch ehrenamtliche Fachkräfte; z.B. im Februar 2020. Die Einzelbetreuung am
Tag ist teilweise durch nach Stundensätzen vergütete Nichtfachkräfte mit einem Mindesteinsatz von 25,5 Stunden abgedeckt worden;
z.B. im Februar 2020. Der Senat verkennt nicht, dass diesen Werten für einzelne Monate deutlich höhere Werte von nach Stundensätzen
zu vergütenden Betreuungsleistungen gegenüberstehen (im April 2020 Nachtbetreuung durch Fachkräfte in fünf und Nichtfachkräfte
in fünf Nächten, im Januar 2020 Einzelbetreuung im Umfang von 130,5 Stunden durch Fachkräfte, im April 2020 Einzelbetreuung
im Umfang von 100 Stunden durch Nichtfachkräfte). Wie sich indes insbesondere den Angaben in den Leistungsübersichten von
mit bis zu acht Stunden täglich in Anspruch genommene Fachleistungen (überwiegend sechs bis 6,5 Stunden - am Stück - täglich
an zwei bis fünf Tagen im Monat) entnehmen lässt, wird die Anzahl der abgerechneten Stunden wesentlich durch die abstrakte
Qualifikation der Betreuungskraft und nicht durch die tatsächliche Bedarfsabdeckung bestimmt. Denn es ist, bezogen auf dieses
Beispiel der Fachleistungsstunden, nicht davon auszugehen, dass die Ast. physisch und intellektuell in der Lage sein könnte,
im Umfang von bis zu acht Stunden hintereinander - insbesondere nach Absolvierung der Fördergruppe - von einer aktivierenden
Unterstützung durch Fachleistungsstunden zu profitieren. Legt man die sich aus den Leistungsübersichten zu den tatsächlich
im Zeitraum von Januar bis Dezember 2020 hervorgehenden jeweiligen Mindestwerte zu den verschiedenen Vergütungen aus den einzelnen
Monaten zugrunde, ergibt sich hier kein eindeutig die von dem Ag. gewährten Leistungen übersteigender Bedarf der Ast. Der
Senat ist hier im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht berufen gewesen, von Amts wegen eine Mischkalkulation zu
erstellen, die einen über den für die einzelnen Monate mitgeteilten Mindestwerte hinausgehenden Bedarf der Ast. berücksichtigt.
Im Rahmen des effizienten Rechtsschutzes, der auch die weiterhin zwischen den Beteiligten offenen Streitfragen in den Blick
nehmen soll, weist der Senat darauf hin, dass die Ast. unabhängig von der Höhe der berücksichtigungsfähigen Kosten keinen
Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat, den Ag. zu verpflichten, ihr höhere Leistungen der Eingliederungshilfe
zu bewilligen, oder über ihren Antrag nach Auffassung des Senats zu entscheiden.
Nach §
86b Abs.
2 Satz 1 und
2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht die isolierte Anfechtungsklage die zutreffende Klageart ist, auf Antrag eine
einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des
bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte;
einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig,
wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Nach Satz 4 dieser Vorschrift gelten die §§
920, 921, 923, 926, 928,
929 Abs.
1 und
3, die §§
930 bis
932,
938,
939 und
945 Zivilprozessordnung (
ZPO) entsprechend.
Für einen Anordnungsanspruch der Ast. fehlt es insoweit an der für die Verpflichtung des Ag. im Wege der einstweiligen Anordnung
erforderlichen Reduzierung des Auswahlermessens für Leistungen der Eingliederungshilfe auf Null.
In prozessualer Hinsicht ist insoweit vor Abschluss des Widerspruchsverfahrens, das auch der Überprüfung der Ermessenausübung
dient, regelmäßig kein Raum für eine umfassende gerichtliche Kontrolle bei Ermessensentscheidungen (vgl. z.B. für die entsprechende
Regelung der
Verwaltungsgerichtsordnung: Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 26. März 2004 - 8 TG 721/04 -, juris, RdNr. 41ff.). Für die Verpflichtung
des Sozialhilfeträgers zu einer Entscheidung in angemessener Zeit ist die Untätigkeitsklage nach §
88 Abs.
1 SGG die zutreffende Klageart, ohne dass es hier dem Senat obliegt festzustellen, ob die Voraussetzungen für eine solche Klage
erfüllt wären.
Dass in der Sache hier eine Ermessensreduzierung auf Null nicht anzunehmen ist, ergibt sich bereits auf Grund der verschiedenen
Kostenangebote, die hier im Verwaltungsverfahren vorgelegt worden sind.
Der Senat ist hier auch gehindert, eine von den prozessualen Rahmenbedingungen der Hauptsacheentscheidung losgelöste Folgenabwägung
zu treffen, wobei der Senat sich der besonderen Bedeutung der Rechtssache für die Ast. in vollem Umfang bewusst ist. Im Rahmen
der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art.
19 Abs.
4 Satz 1
GG) ist Ausgangspunkt einer Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz eine summarische Prüfung, die sich indes an dem zu prognostizierenden
Ausgang der Hauptsache orientiert. Die Prüfungsintensität steigt bis zu einer weitgehenden Identität von einstweiligem Rechtsschutz
und Hauptsacheentscheidung, wenn eine Rechtsverletzung von besonderem Gewicht droht (vgl. BVerfG [Kammer], Beschluss vom 14.
September 2016 - 1 BvR 1335/13 -, juris, RdNr. 18ff.). Auf eine Folgenabwägung kann sich der Senat nur dann zurückziehen, wenn an diesem Maßstab eine Entscheidung
nicht möglich ist. Im Umfang einer Verpflichtung des Ag., der Ast. für den Zeitraum vom 27. April bis zum 31. Dezember 2020
Leistungen zu erbringen, hätte das Begehren der Ast. damit nur Erfolg haben können, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null
des Ag. vorläge und insoweit ein Abwarten der Widerspruchsentscheidung unzumutbar wäre. Bereits eine Ermessensreduzierung
auf Null in Bezug auf die Erbringung weiterer Leistungen der Eingliederungshilfe durch den Ag. ist hier nicht erkennbar.
Entgegen der Auffassung der Ast. ist ihr Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe mit der Bewilligung der teilstationären
Leistungen in der werktags besuchten Fördergruppe unabhängig von einer Entscheidung des Senats vollständig abgedeckt. Der
maßgebende Bescheid des Sozialamts im Namen des Ag. erstreckt sich auf den Zeitraum bis 31. Dezember 2021. Die Auffassung
der Ast., es drohe eine Aufhebung oder Rücknahme dieses Bescheides, deckt sich weder mit der Aktenlage noch dem insoweit anzuwendenden
Verwaltungsverfahrensrecht. Den Akten ist kein Anhaltspunkt zu entnehmen, dass der Ag. die Ast. zu einer Aufhebung der Bewilligung
der teilstationären Leistungen angehört hätte.
Im Übrigen ist das Sozialgericht zutreffend davon ausgegangen, dass auch nach Maßgabe der ab dem 1. Januar 2020 geltenden
Rechtslage für die Feststellung der von dem Sozialhilfeträger zu leistenden Eingliederungshilfe eine Angemessenheitsprüfung
für die Kosten vorzunehmen ist, die auch die Prüfung der Wohnform selbst einschließt. Es wird insoweit auf die eingehend begründeten
und zutreffenden Erwägungen des Sozialgerichts mit den maßgebenden Nachweisen, denen von Seiten des Senats nichts für den
Ausgang des Verfahrens Wesentliches hinzuzufügen ist, nach §
142 Abs.
2 Satz 3
SGG Bezug genommen. Offenlassen kann der Senat, ob auch die Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in den
Vergleich zwischen der gewünschten Kostenübernahme und anderen ambulanten und stationären Möglichkeiten der Erbringung von
Leistungen der Eingliederungshilfe einschließlich der Pflege einzubeziehen sein könnten. Der Gesetzgeber hat im Rahmen der
Neuregelung auch für ambulante Betreuungsformen ein weiteres Spektrum eröffnet, bei dem insbesondere die gemeinsame Betreuung
mehrerer Leistungsberechtigter stärker in den Fokus gerückt ist. Einer den Ag. treffenden Ermessensreduzierung auf Null steht
damit auch entgegen, dass neben einer stationären und einer alleinigen ambulanten pflegerischen Betreuung eines Hilfebedürftigen
in der eigenen Mietwohnung, die nicht dem ambulanten betreuten Wohnen zuzuordnen ist, diverse andere Formen der pflegerischen
Betreuung in Betracht kommen, die deutliche Synergieeffekte beinhalten. So hat der Gesetzgeber gerade im Zusammenhang mit
der von der Ast. für ihre Rechtsauffassung in Bezug genommenen Regelung nur für bestimmte Assistenzleistungen der Gestaltung
sozialer Beziehungen und der persönlichen Lebensplanung in §
104 Abs.
3 SGB IX eine gemeinsame Erbringung ausgeschlossen. Da die Ast. von Montag bis Freitag mit anderen Personen gemeinsam in einer teilstationären
Einrichtung betreut werden kann, ist insbesondere nicht erkennbar, dass eine Gemeinschaft mit anderen Menschen, z.B. auch
in einer anderen Form der ambulanten pflegerischen Betreuung, unzumutbar sein könnte, was hier keine Vorgabe des Senats in
Bezug auf die Prüfung des Ag. bedeuten soll, sondern lediglich in dem Kontext der zu prüfenden Reduzierung des Auswahlermessens
auf Null zu sehen ist.
Die erfolgreiche teilstationäre Betreuung der Ast. spricht im Übrigen zumindest nicht gegen auch eine stationäre Versorgung
der Ast. Der Senat berücksichtigt, dass dem Schutz des gewohnten Wohnumfeldes eine erhebliche Bedeutung zukommt, der indes
nicht mit dem von dem Gesetzgeber hervorgehobenen Schutz der Wohnform gleichzusetzen ist. Insoweit ist hier, worauf bereits
das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat, auch zu berücksichtigen gewesen, dass eine volle Kostenübernahme für die von
der Ast. gewählten ambulanten Leistungen seit dem Einzug am 17. Januar 2007 durch den Ag. regelmäßig - nach dem Ergebnis diverser
Antrags- und Klageverfahren - rechtmäßig abgelehnt ist, sodass die Ast. zu keinem Zeitpunkt auf eine volle Kostenübernahme
hat vertrauen können.
Anhaltspunkte dafür, dass die Ast. auf Grund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen durch eine Verlagerung ihres Lebensmittelpunktes
beachtlichen wesentlichen Nachteilen ausgesetzt sein könnte, sind aus den Akten nicht erkennbar geworden. Dass die Ast. keinen
besonderen Wunsch nach einer Änderung bekundet hat, beantwortet diese Frage nicht im dem Sinne, dass besondere Gründe einer
solchen Änderung entgegenstehen. Die Ast. ist hier in Bezug auf das Betreuungspersonal von Änderungen betroffen, die zumindest
nicht unter denen, die bei einer stationären Einrichtung zu erwarten sind, liegen: In den Monaten Januar bis Dezember 2020
haben - neben der Betreuung durch die Eltern der Ast. an einzelnen Tagen - insgesamt 19 Personen an der Sicherstellung der
Betreuung mitgewirkt, wobei z.B. mit P1 Mitte September 2020, P2 Anfang Oktober 2020 und H Ende Oktober 2020 scheinbar ohne
nennenswerte Auswirkungen in die Betreuung der Ast. einbezogen worden sind, die zumindest in den vorausgehenden Monaten im
Jahr 2020, ggfs. aber auch zuvor, nicht zum gewohnten Umfeld der Ast. gehört haben. Vor diesem Hintergrund wäre durch eine
andere Betreuungsform zumindest keine geringere Konstanz in der Betreuungssituation für die Ast. zu erwarten. Im Rahmen der
vom Senat veranlassten Begutachtung hat eine Befragung der Ast. auch auf dem ihr möglichen Kommunikationsniveau nicht erfolgen
können.
Der Senat hält hier die Angaben der Ast. zu einer zu erwartenden Gefährdung bei einer Änderung ihrer pflegerischen Betreuung
nicht für hinreichend glaubhaft gemacht. Die Einschätzung des M in der Stellungnahme vom 31. August 2020 stützt sich auf die
Studie von Hosking/Carey/Shah/Harris/DeWilde/Beighton/Cook, die indes Menschen mit starker geistiger Behinderung als solcher
oder einer geistigen Behinderung mit verschiedenen Begleiterkrankungen betrifft und Patienten mit Epilepsie einer Anpassung
der Vergleichsgruppe unterwirft („[…] epilepsy [excluding absence seizures]“, „In addition we adjusted comparisons between
adults wirth intellectual disability and control group members using 9 comorbid conditions that are indipendent predictors
[…]: […] epilepsy […]“, AJPH, August 2016, a.a.O., S. 1484), sodass daraus keine eindeutigen Rückschlüsse auf die Situation
der Ast. zu ziehen sind. Auch ein Zusammenhang des vorliegend zu bewertenden Sachverhaltes mit einer scheinbar unzureichenden
- insbesondere medizinischen - Infrastruktur in Korea für Menschen mit Behinderungen, die Kernthese der zweiten von dem MZEB
für die Gefährdungslage der Ast. zitierten Abhandlung, ist nicht erkennbar („These statistics indicate that individuals with
disabilities are subject to poorer health management than individuals without disabilities, which increases their risk of
developing more health problems and early death.“, JKMS, a.a.O., S. 2/12).
Soweit der gerichtliche Sachverständige M1 auf das Risiko einer Selbstverletzung der Ast. bei ihrer Aufnahme in eine andere
Wohnform verwiesen hat, liegt dem weder eine Befragung noch eine Untersuchung der Ast. zugrunde. Der Senat berücksichtigt,
dass nach dem Arztbrief des Epilepsie-Zentrums B vom 7. Mai 2019 eine im Wesentlichen selbst gewählte Rollstuhlbenutzung der
Ast. mit einem bei entsprechender Motivation sicheren Gangbild beschrieben wird. Dass für die Ast. im Rahmen der Feststellung
des Pflegegrades 5 im Oktober 2019 auf eine nicht gewährleistete eigenständige Mobilität verwiesen wird und im Beschwerdeverfahren
die Aktualität der Feststellungen in dem Gutachten vom 22. August 2011 zu einer Bewirtung des damaligen Gutachters durch die
Ast. mit Kaffee hervorgehoben wird, ist für den Senat nicht in Übereinstimmung zu bringen. Soweit der gerichtliche Sachverständige
auf das Risiko von Selbstverletzungen der Ast. bei dem Übergang in eine andere Wohnform verwiesen hat, sind entsprechende
Handlungen der Ast. z.B. im Sinne eines sich Hinwerfens schon in der aktuellen Wohnform insbesondere in den Arztberichten
des Epilepsie-Zentrums B vom 7. Mai 2019 und des MZEB vom 7. März 2020 als aktuelle Situation beschrieben. Dem Befundbericht
des Facharztes für Neurologie M2 vom 23. September 2020 ist zu entnehmen, dass es außerhalb der eigenen Wohnung der Ast. während
eines Ferienlagers nicht zu einer Verschlechterung gekommen sei und die Ast. dort „nicht eingenässt und auch durchgeschlafen
habe“. Die von dem Ag. zur wesentlichen Grundlage der Entscheidung genommene behinderungsbedingte Einschränkung der Selbstbestimmung
der Ast. wird insbesondere durch die Einschätzung von M2 in seiner Befundberichtsergänzung unter dem 15. Oktober 2020, zusammenfassend
sei die Ast. auf dem Stand eines Kindes von einem Jahr, und das Ergebnis der am 18. Juni 2020 am MZEB durchgeführten Diagnostik
(dort Entwicklungsstand circa eines 2,5 Jahre alten Kindes) bestätigt.
Der Senat sieht nach Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Mittel der Sachverhaltsaufklärung im Umfang einer Hauptsacheentscheidung
hier keine Grundlage, eine Verpflichtung des Ag. vorzunehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§
177 SGG).