Beanstandung der Rechtswirksamkeit von Beiträgen in der Alterssicherung der Landwirte; Anwendbarkeit von Verjährungsvorschriften
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die beklagte Alterskasse für den Gartenbau dem Kläger für die Zeit vom 1.7.1998 bis 31.12.1999
zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten hat.
Nachdem die Beklagte aufgrund eines vom Kläger ausgefüllten Fragebogens dessen Versicherungspflicht zur Alterskasse als gärtnerischer
Unternehmer festgestellt und den monatlichen Beitrag festgesetzt hatte (Bescheid vom 16.7.1998), entrichtete dieser regelmäßig
Beiträge, ua für den hier streitigen Zeitraum vom 1.7.1998 bis 31.12.1999.
Mit Schreiben vom 29.1.2004 bat der Kläger um Überprüfung seiner Beitragspflicht; er betreibe ein reines Einzelhandelsunternehmen.
Nach Durchführung einer Betriebsbesichtigung nahm die Beklagte den Bescheid über die Veranlagung zur Versicherungspflicht
ab 1.7.1998 zurück, weil der Kläger von vorneherein nicht Gärtner gewesen sei. Zugleich erklärte sie: Die für die Zeit vom
1.1.2000 bis 30.4.2004 gezahlten Beiträge seien zu Unrecht entrichtet und würden gemäß §
26 Abs
2 SGB IV erstattet; die Erstattung der vom 1.7.1998 bis 31.12.1999 zu Unrecht entrichteten Beiträge sei nach §
27 Abs
2 SGB IV wegen Verjährung ausgeschlossen (Bescheid vom 29.4.2004). Den Widerspruch, mit dem der Kläger die Erstattung der für die
Zeit vom 1.7.1998 bis 31.12.1999 entrichteten Beiträge begehrte, wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 8.9.2004).
Das vom Kläger angerufene Sozialgericht München (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 6.7.2005). Auf die Berufung des Klägers hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG)
die Beklagte unter Abänderung der entgegenstehenden Entscheidungen verurteilt, dem Kläger die für den Zeitraum vom 1.7.1998
bis 31.12.1999 entrichteten Beiträge entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu erstatten (Urteil vom 27.1.2009). Zur Begründung
hat es ua ausgeführt: Entgegen der Ansicht der Beklagten sei der Anspruch des Klägers auf Erstattung der streitigen Beiträge
noch nicht verjährt. Zwar verjähre der Erstattungsanspruch gemäß §
27 Abs
2 Satz 1
SGB IV grundsätzlich in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden seien. Beanstande der Versicherungsträger
jedoch die Rechtswirksamkeit von Beiträgen, beginne die Verjährung nach §
27 Abs
2 Satz 2
SGB IV ausnahmsweise erst mit Ablauf des Kalenderjahrs der Beanstandung. Diese Sonderregelung sei auch im Bereich der Alterssicherung
der Landwirte (AdL) anwendbar. In dem Bescheid vom 29.4.2004 sei sinngemäß eine Beanstandung iS des §
27 Abs
2 Satz 2
SGB IV zu sehen. Die Verjährungsfrist beginne damit erst mit Ablauf des Kalenderjahrs 2004. Da durch Erhebung von Widerspruch und
Klage der Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist gehemmt werde, sei sie noch nicht abgelaufen.
Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung des §
27 Abs
2 Satz 2
SGB IV. Diese Vorschrift sei in der AdL weder unmittelbar noch mittelbar anwendbar. Bereits ihrem Wortlaut nach sei die Regelung
auf die gesetzliche Rentenversicherung zugeschnitten. Die AdL kenne das Rechtsinstitut der Beanstandung nicht. §
202 SGB VI finde im Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) keine Entsprechung. Auch §
26 Abs
1 SGB IV rechtfertige die Annahme, dass sich die Beanstandung auf Pflichtbeiträge aus einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis beziehe.
Zudem fehle in der AdL eine Ermächtigung, die Beanstandung zu erklären. Außerdem beinhalte ihr hier angefochtener Bescheid
keine Beanstandung. Die Nichtanwendbarkeit des §
27 Abs
2 Satz 2
SGB IV führe auch nicht zu einem unbilligen Ergebnis. Die Frist des §
27 Abs
2 Satz 1
SGB IV sei keine Ausschlussfrist. Ihr Ablauf berechtige den Versicherungsträger lediglich, die Erstattung zu verweigern. Die Ausübung
dieses Rechts stehe im Ermessen des Versicherungsträgers. Im Rahmen der Ermessensausübung sei auch zu berücksichtigen, dass
der Berechtigte vom Vorliegen der Anspruchsvoraussetzung keine Kenntnis gehabt habe. Im Übrigen sei die Ausübung der Verjährungseinrede
unzulässig, wenn sie gegen Treu und Glauben verstoße.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 27. Januar 2009 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil
des Sozialgerichts München vom 6. Juli 2005 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des LSG für zutreffend. Wie in der Rentenversicherung erwerbe der Landwirt in der AdL Anwartschaften. Ein
rechtfertigender Grund für eine Ungleichbehandlung von nur scheinbar pflichtversicherten abhängig Beschäftigten und nur scheinbar
versicherten selbständigen Landwirten sei nicht ersichtlich. Aufgrund der identischen Verhältnisse im Bereich der AdL und
der Rentenversicherung sei §
27 Abs
2 Satz 2
SGB IV analog in der AdL anzuwenden. Das LSG habe auch überzeugend dargelegt, dass im Unterschied zu dem vom Bundessozialgericht
(BSG) mit Urteil vom 26.3.1987 - 11a RLw 3/86 - entschiedenen Fall die Beklagte im Bescheid vom 29.4.2004 die Beitragsentrichtung
zumindest sinngemäß beanstandet habe. Zudem würde es gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn sich die Beklagte auf die Verjährung
der Erstattungsansprüche der für die Jahre 1998/1999 entrichteten Beiträge berufen könnte, obwohl sie selbst durch nicht rechtzeitige
und umfassende Aufklärung für die Falschversicherung verantwortlich sei.
II
Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass die Beklagte eine
Erstattung der streitigen Beiträge zu Unrecht verweigert hat.
1. Die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge richtet sich nach den §§
26 ff
SGB IV. Diese Vorschriften gelten gemäß §
1 Abs
1 Satz 1
SGB IV auch für die AdL. Nach §
1 Abs
3 SGB IV bleiben allerdings Regelungen in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuchs, die in den Absätzen 1 und 2 genannt sind
(also auch in der AdL), unberührt, soweit sie von den Vorschriften dieses Buches abweichen. Insoweit ist hier § 77 ALG einschlägig, der vorsieht, dass bei der Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge nach §
26 SGB IV § 76 Abs 1 Satz 2 und Abs 4 Satz 3 ALG entsprechend gelten. Ebenso gilt danach § 76 Abs 3 ALG entsprechend, soweit zu Lasten der Anrechte aus den zu Unrecht entrichteten Beiträgen ein Versorgungsausgleich durchgeführt
worden ist. Diese Sonderregelungen treffen die Höhe des Erstattungsanspruchs, nicht jedoch dessen hier streitige Verjährung.
2. Gemäß §
26 Abs
2 SGB IV sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs
aufgrund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht
oder zu erbringen hat; Beiträge, die für Zeiten entrichtet worden sind, die während des Bezugs von Leistungen beitragsfrei
sind, sind jedoch zu erstatten. Danach steht dem Kläger - was auch die Beklagte nicht bestreitet - ein Anspruch auf Erstattung
auch der für die Zeit vom 1.7.1998 bis 31.12.1999 entrichteten Beiträge dem Grunde nach zu. Zwar war die Entrichtung dieser
Beiträge solange als rechtmäßig anzusehen, als der Veranlagungsbescheid der Beklagten vom 16.7.1998 Bestand hatte (vgl dazu
BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 2 RdNr 13). Diesen Verwaltungsakt hat die Beklagte jedoch durch ihren insoweit nicht angefochtenen
Bescheid vom 29.4.2004 bestandskräftig zurückgenommen. Seitdem ist davon auszugehen, dass die Beiträge zu Unrecht entrichtet
worden sind. Schließlich stehen dem Erstattungsanspruch nach §
26 Abs
2 SGB IV auch die dort geregelten Ausschlussgründe ("Verfallsklausel") nicht entgegen. Insbesondere ist eine anspruchsschädliche Leistungserbringung
nicht ersichtlich.
3. Wie das LSG zu Recht erkannt hat, kann sich die Beklagte gegen den Erstattungsanspruch des Klägers auch insoweit nicht
auf Verjährung berufen, als es die für die Zeit vom 1.7.1998 bis 31.12.1999 gezahlten Beiträge betrifft. Dies ergibt sich
aus §
27 Abs
2 SGB IV, der bestimmt: Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet
worden sind. Beanstandet der Versicherungsträger die Rechtswirksamkeit von Beiträgen, beginnt die Verjährung mit dem Ablauf
des Kalenderjahrs der Beanstandung.
a) Bei Anwendung des Wortlauts des §
27 Abs
2 Satz 1
SGB IV war der Erstattungsanspruch des Klägers betreffend die in den Jahren 1998 und 1999 entrichteten Beiträge im Jahre 2004 bereits
verjährt. Denn nach Ablauf des Kalenderjahrs der Entrichtung waren jeweils schon vier Jahre vergangen. Der erkennende Senat
lässt offen, ob §
27 Abs
2 Satz 1
SGB IV - wovon der 12. Senat des BSG ausgeht (vgl BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 2) - einschränkend dahin auszulegen ist, dass der Anspruch
auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Sozialversicherungsbeiträge nicht verjährt, solange dem Berechtigten gegenüber durch
Verwaltungsakt verbindlich das Bestehen von Versicherungspflicht festgestellt ist.
Diese Auffassung dürfte nicht nur einer Entscheidung des 2. Senats des BSG widersprechen (vgl BSG SozR 1300 § 44 Nr 31 S 85
ff). Sie erscheint auch nicht als zwingend. Zwar leuchtet es ein, dass Gegenstand der Verjährung nur ein entstandener Anspruch
sein kann (vgl BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 2 RdNr 13). Daraus folgt jedoch nicht, dass die Verjährungsfrist denknotwendig nicht
vor dem Entstehen des Anspruchs beginnen kann. Vielmehr kann der Gesetzgeber, wie zB §§
199,
200 BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung zeigen, insoweit auch auf einen früheren Zeitpunkt abstellen. Es spricht daher
viel dafür, dass §
27 Abs
2 Satz 1
SGB IV den Beginn der vierjährigen Verjährungsfrist verbindlich auf den Ablauf des Kalenderjahrs der Beitragsentrichtung gelegt
hat. Das kann dann gegebenenfalls dazu führen, dass einem Beitragserstattungsanspruch, der erst durch die Aufhebung eines
die Beitrags- bzw Versicherungspflicht feststellenden Verwaltungsakts entsteht, von vornherein die Einrede der Verjährung
entgegengehalten werden kann, wenn die Beitragsentrichtung entsprechend lange zurückliegt.
b) In Übereinstimmung mit dem LSG hält der erkennende Senat hier §
27 Abs
2 Satz 2
SGB IV für anwendbar. Hervorzuheben ist zunächst, dass sich auch die Geltung dieser Vorschrift für die AdL aus §
1 Abs
1 SGB IV ergibt, da das ALG insoweit keine Sonderregelung iS des § 1 Abs 3 ALG enthält. Eine ausdrückliche Bestimmung in diesem Sinne vermag auch die Beklagte nicht anzuführen. Soweit sie der Ansicht
ist, die in §
27 Abs
2 Satz 2
SGB IV vorausgesetzte Beanstandung von Beiträgen sei der AdL fremd, folgt ihr der erkennende Senat nicht.
Schon die Rechtsentwicklung in der früheren Altershilfe für Landwirte zeigt, dass der Gesetzgeber seit jeher von der Möglichkeit
einer Beitragsbeanstandung durch die Landwirtschaftlichen Alterskassen (LAK) ausgegangen ist. So wird bereits in § 7 Abs 3
Satz 3 Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) vom 27.7.1957 (BGBl I 1063) auf § 1424
RVO verwiesen, der nach seinem Abs 2 die damals zweijährige Frist für die Geltendmachung von Beitragsrückforderungen mit dem Schluss des Kalenderjahrs einer Beitragsbeanstandung
beginnen lässt (vgl dazu auch Noell/Rüller, Die Altershilfe für Landwirte, 1957, S 33 f). Eine entsprechende Bezugnahme enthält
§ 12 Abs 5 Satz 4 GAL idF vom 14.9.1965 (BGBl I 1449; vgl Noell/Rüller, Die Altershilfe für Landwirte, 1966, S 131; s allgemein
auch BSG SozR Nr 70 zu §
77 SGG). Nachdem § 1424
RVO - im Zusammenhang mit der Einführung der §§
26 ff
SGB IV - bereits durch Art II §
1 Nr 1 Buchst b Sozialgesetzbuch (SGB) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - vom 23.12.1976 (BGBl I 3845)
gestrichen worden war, erfolgte eine entsprechende Streichung in § 12 Abs 5 Satz 3 GAL durch Art II § 10 Nr 4 Sozialgesetzbuch
(SGB) - Verwaltungsverfahren - vom 18.8.1980 (BGBl I 1469). Dementsprechend wird in der Literatur davon ausgegangen, dass
sich die Verjährung des Beitragserstattungsanspruchs in der Altershilfe für Landwirte ab 1.7.1977 nach §
27 Abs
2 Satz 2
SGB IV richtet, wenn die LAK die Rechtswirksamkeit der Beiträge beanstandet hat (vgl Noell, Die Altershilfe für Landwirte, 1983,
S 412).
Nach Auffassung des erkennenden Senats gibt es keine durchgreifenden systematischen Gründe gegen eine Geltung des §
27 Abs
2 Satz 2
SGB IV für die AdL. Zwar mag es sich bei der Beitragsbeanstandung ursprünglich um ein Rechtsinstitut der allgemeinen gesetzlichen
Rentenversicherung (vgl jetzt das
SGB VI) handeln. Jedoch enthält das ab 1995 geltende ALG als Teil der besonderen Rentenversicherung im Grundsatz weitgehend übereinstimmende Regelungen betreffend Beitragsentrichtung
(vgl § 71 ALG) und Berücksichtigung von Beitragszeiten (vgl § 17 ALG). Die sicher auch bestehenden Unterschiede zwischen beiden Bereichen (s dazu allgemein BSG, Urteil vom 25.2.2010 - B 10 LW 3/09 R - RdNr 70, zur Veröffentlichung in BSG/SozR vorgesehen) haben dem Gesetzgeber jedenfalls keine Veranlassung gegeben, entsprechend
§
1 Abs
3 SGB IV im ALG eine Sonderregelung zu §
27 Abs
2 Satz 2
SGB IV vorzusehen.
Die §§
26,
27 SGB IV setzen ein Beanstandungsrecht des Versicherungsträgers voraus, ohne dass sich im
SGB VI oder im ALG eine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage zur Beanstandung von Beiträgen findet. §
202 SGB VI enthält auch nur Regelungen für den Fall einer Beanstandung von Beiträgen. Insbesondere wird darin angeordnet, dass Beiträge,
die in der irrtümlichen Annahme der Versicherungspflicht gezahlt und deshalb beanstandet worden sind, grundsätzlich als freiwillige
Beiträge gelten. Diese Vorschrift findet im ALG sicher vor allem deshalb keine Entsprechung, weil es dort nur in engen Grenzen die Möglichkeit einer freiwilligen Beitragsentrichtung
gibt (vgl §§ 4, 5 ALG). Zwar enthält §
26 Abs
1 Satz 1
SGB IV eine spezielle Regelung betreffend die Beanstandung von Pflichtbeiträgen abhängig Beschäftigter. Daraus ist jedoch nicht
zu schließen, dass die Beiträge von Selbstständigen nicht beanstandet werden können (vgl dazu BSGE 24, 13 = SozR Nr 2 zu § 1421
RVO; BSGE 49, 85 = SozR 2200 § 1422 Nr 1).
Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Rechtsinstitut der Beanstandung allein auf die Fälle einer Entrichtung von Pflichtbeiträgen
ohne vorherige bescheidmäßige Feststellung der Versicherungspflicht anwendbar ist. Vielmehr hat das BSG bereits entschieden,
dass der Träger der Handwerkerversicherung Beiträge ab einem bestimmten Zeitpunkt als unwirksam beanstanden kann, wenn er
zunächst die Versicherungs- und Beitragspflicht eines selbstständigen Handwerkers festgestellt hat, die Voraussetzungen dafür
aber später entfallen sind (vgl BSGE 49, 85 = SozR 2200 § 1422 Nr 1).
Schließlich sprechen auch Sinn und Zweck der Beanstandung für eine Anwendung des Rechtsinstituts im Bereich der AdL. Die Beanstandung
dient der verbindlichen Feststellung der Unwirksamkeit von Beiträgen, auf deren Berücksichtigung beim Erwerb von Rentenanwartschaften
der Versicherte sonst vertrauen würde (vgl dazu allgemein BSGE 58, 154, 156 = SozR 2100 § 27 Nr 4 S 12). Diesem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes dient gerade auch §
27 Abs
2 Satz 2
SGB IV. Wird nämlich der auf der erfolgten Beitragsentrichtung beruhende Vorsorgeplan des Versicherten durch die Beanstandung enttäuscht,
so soll die Erstattung dieser Beiträge nicht daran scheitern, dass die nach der Beitragsentrichtung beginnende Verjährungsfrist
(§
27 Abs
2 Satz 1
SGB IV) im Zeitpunkt der Beanstandung schon abgelaufen ist (vgl BSGE 68, 269, 271 = SozR 3-2400 § 27 Nr 1 S 4). Es ist nicht ersichtlich, warum dieser Sinn und Zweck der Beanstandung und der darauf
bezogenen Verjährungsregelung des §
27 Abs
2 Satz 2
SGB IV nicht auch im Bereich der AdL zum Tragen kommen soll.
c) Die Verjährung des Erstattungsanspruchs des Klägers begann hier erst mit Ablauf des Jahres 2004, weil die Beklagte die
Rechtswirksamkeit der für die Zeit vom 1.7.1998 bis 31.12.1999 gezahlten Beiträge mit Bescheid vom 29.4.2004 beanstandet hat.
Bei der Beanstandung handelt es sich zwar um einen Verwaltungsakt (vgl dazu BSG SozR 1300 § 31 Nr 3; BSG, Urteil vom 22.3.1984
- 11 RA 66/83 - juris RdNr 11); dieser muss aber nicht selbstständig oder gesondert ergehen. Vielmehr kommt eine Beanstandung regelmäßig
auch in einem Bescheid zum Ausdruck, der einen die Versicherungs- oder Beitragspflicht feststellenden Verwaltungsakt rückwirkend
aufhebt und über die Erstattung der danach zu Unrecht entrichteten Beiträge entscheidet (vgl dazu BSGE 49, 85, 89 = SozR 2200 § 1422 Nr 1 S 2; BSG, Beschluss vom 27.9.1990 - 4 BA 208/89 - juris RdNr 7). Soweit sich aus den Entscheidungen des 11a. Senats vom 26.3. und 16.12.1987 (BSGE 61, 226, 228 = SozR 1200 § 39 Nr 5 S 4; BSG, Urteil vom 26.3.1987 - 11a RLw 2/86 - juris RdNr 13; BSG, Urteil vom 16.12.1987 - 11a
RLw 2/87 - juris RdNr 12) zur Altershilfe für Landwirte etwas anderes ergibt, hält der erkennende Senat an dieser Rechtsprechung
für die AdL nicht fest.
Da es das Rechtsinstitut der Beanstandung in der AdL gibt, ist die zuständige LAK auch verpflichtet, es anzuwenden, um im
Interesse des Versicherten Klarheit zu schaffen und die gesetzlich vorgesehenen Wirkungen der Beanstandung zum Tragen kommen
zu lassen (vgl dazu BSGE 58, 154, 156 = SozR 2100 § 27 Nr 4 S 12). Daraus ergibt sich für das Gericht die Befugnis, einen Verwaltungsakt, der - wie der Bescheid
vom 29.4.2004 - im Verhältnis zu dem Versicherten inhaltlich die Feststellung der Unwirksamkeit von Beiträgen verbindlich
regelt, dahin auszulegen, dass er eine Beanstandung iS des §
27 Abs
2 Satz 2
SGB IV enthält.
d) Die am 1.1.2004 begonnene Verjährung ist noch nicht abgelaufen, weil sie durch die vom Kläger gegen den Bescheid vom 29.4.2004
eingelegten Rechtsbehelfe gehemmt worden ist (vgl §
27 Abs
3 SGB IV iVm §
204 BGB).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.