Übernahme der Kosten für eine teilstationäre psychiatrische Therapie in einem familientherapeutischen Zentrum
Ersetzung der Zustimmung durch das Gericht im Rahmen einer einstweiligen Anordnung
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme der Kosten für eine teilstationäre psychiatrische
Therapie im Familientherapeutischen Zentrum N ...
Die am 24.05.1996 geborene Antragstellerin ist serbische Staatsangehörige und Mutter des am 02.05.2014 geborenen M. A. M ...
Sie ist bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversichert. Die Antragstellerin war zunächst Inhaberin der alleinigen elterlichen
Sorge ihres Sohnes. Nachdem M. am 31.03.2016 durch das Jugendamt H. in Obhut genommen worden war, regte dieses eine familiengerichtliche
Regelung im Wege der einstweiligen Anordnung an, da die Antragstellerin der Inobhutnahme und dem Aufenthalt des Kindes in
einer Pflegestelle nicht mehr zustimmte. Mit Beschluss vom 24.06.2016 (36 F 96/16) beschloss das Amtsgericht (AG) H. - Familiengericht die Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, des Rechts zur Beantragung
von Hilfe zur Erziehung und des Rechts der Gesundheitsfürsorge der Antragstellerin für M. und ordnete insoweit eine Ergänzungspflegschaft
an unter Übertragung der entzogenen Rechte auf das Jugendamt der Stadt H ...
Vom 15. bis 29.06.2016 wurde die Antragstellerin stationär behandelt wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer
mittelgradigen depressiven Episode und einer emotional instabilen Persönlichkeit. Vom Zentrum für Psychosoziale Medizin der
Universitätsklinik H. wurde eine gemeinsame Behandlung der Antragstellerin mit ihrem Sohn für dringend indiziert gehalten,
zB im Familientherapeutischen Zentrum N ... Dieses bestätigte nach einem Vorgespräch mit Schreiben vom 14.07.2016, dass die
Antragstellerin dort eine teilstationäre Therapie mit ihrem Sohn als Begleitperson zeitnah nach Erfolgen der Kostenzusage
beginnen könne.
Am 10.10.2016 beantragte die Antragstellerin anwaltlich vertreten unter Hinweis auf §
13 Abs
2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) die Kostenübernahme der geplanten Therapie im Familientherapeutischen Zentrum N., alternativ die Benennung einer kassenzugelassenen
Klinik. Bisherige Bemühungen seien insoweit erfolglos geblieben. Das Psychiatrische Zentrum N. habe Wartezeiten von neun Monaten,
die V.-Klinik H. behandele nur hessische Patienten und die Universitätsklinik H. nur Kinder bis zur Vollendung des zweiten
Lebensjahres. Es bestehe Eilbedürftigkeit wegen des anstehenden Gerichtsverfahrens zum endgültigen Verbleib des Sohnes in
einer Pflegefamilie.
Mit Bescheid vom 07.11.2016 lehnte die Antragsgegnerin die Kostenübernahme ab, da es sich beim Familientherapeutischen Zentrum
N. nicht um ein zugelassenes Krankenhaus handele. Als zugelassene Kliniken würden benannt die H.-Klinik in W. und das Universitätsklinikum
H ...
Mit ihrem Widerspruch vom 30.11.2016 verwies die Antragstellerin darauf, dass die benannten Alternativen aus bekannten Gründen
nicht in Betracht kämen. Die H.-Klinik nehme nur Familien auf, die in einem gemeinsamen Haushalt wohnten, was bei der Antragstellerin
nicht der Fall sei. Ergänzend legte die Antragstellerin die im Auftrag des AG H. erstellte psychologische Stellungnahme von
Dipl-Psych H. vom 10.01.2017 vor, in welcher ausgeführt wurde, vor Rückführung des Kindes in den Haushalt der Mutter sollten
die näher genannten Einschränkungen in der Erziehungseignung der Mutter therapeutisch bearbeitet werden. Die tagesklinische
Behandlung im Familientherapeutischen Zentrum N. wurde befürwortet.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens holte die Antragsgegnerin ein sozialmedizinisches Gutachten des Medizinischen Dienstes
der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein. In dem Gutachten vom 27.01.2017 wird ausgeführt, dass aus sozialmedizinischer
Sicht die Notwendigkeit einer Mutter-Kind-Behandlung im teilstationären ggf vollstationären Krankenhaussetting nachvollziehbar
sei.
Am 10.02.2017 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Mannheim (SG) einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt mit dem Hinweis, dass das AG H. am 16.02.2017 endgültig über das Aufenthaltsbestimmungsrecht
der Antragstellerin über ihren Sohn entscheiden werde. Die Antragstellerin beziehe Leistungen des Jobcenters und sei nicht
in der Lage, hinsichtlich der Kosten in Vorleistung zu treten.
Mit Beschluss vom 16.02.2017 hat das SG den Antrag abgelehnt. Ein Anordnungsanspruch iSv §
86b Abs
2 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) liege nicht vor. Nach §
13 Abs
2 Satz 5
SGB V dürften bei der Kostenerstattung nicht zugelassene Leistungserbringer nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in
Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung könne nach Satz 6 erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme
dieser Leistungserbringer rechtfertigten und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet sei. Bezweifelt werde schon,
ob die Antragstellerin tatsächlich die Kostenerstattung nach §
13 Abs
2 SGB V gewählt habe, insbesondere im Hinblick auf ihre finanzielle Situation. Es bestünden auch Zweifel an einem Primärleistungsanspruch
der Antragstellerin. Eine Rehabilitations- oder Krankenhausbehandlung komme zwar grundsätzlich in Betracht, allerdings sei
das Familientherapeutische Zentrum N. kein zugelassener Leistungserbringer. Die Antragsgegnerin habe die Zustimmung nach §
13 Abs
2 Satz 6
SGB V verweigert. Damit ein Anordnungsanspruch vorläge, müsste ein Fall der Ermessensreduktion auf Null vorliegen hinsichtlich
der Erteilung der Zustimmung nach §
13 Abs
2 Satz 6
SGB V. Zur Überzeugung des SG sei eine ausreichende Versorgung mit dem Psychiatrischen Zentrum N. möglich. Medizinische Gründe, die eine sofortige Aufnahme
erforderlich machten, lägen nicht vor. Die Antragstellerin stütze sich allein auf soziale Gründe im Hinblick auf die anstehende
Entscheidung des Familiengerichts über die endgültige Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für ihren Sohn. Insoweit
handele es sich aber um eine Entscheidung des Familiengerichts, die nicht durch das einstweilige Rechtsschutzverfahren des
SG präjudiziert werden dürfe. Nach Ansicht des SG sprächen auch unter Berücksichtigung von Art
6 Grundgesetz (
GG) keine überwiegenden Gründe für eine sofortige Zusammenführung der Antragstellerin mit ihrem Sohn durch Aufnahme in das Familientherapeutische
Zentrum N ... Der Sohn befinde sich wegen Kindeswohlgefährdung bereits seit Monaten in einer Pflegefamilie, wo es ihm gut
gehe; er könne zweimal wöchentlich seine Mutter sehen. Bei rechtzeitiger Antragstellung im Juni 2016 wäre mit einer Aufnahme
in das Psychiatrische Zentrum N. bereits im März 2017 zu rechnen. Diese Zeit dürfte durch die weitere Unterbringung des Sohnes
in einer Bereitschaftspflegefamilie zu überbrücken sein. Erst recht sehe das SG keinen Fall der Ermessensreduktion auf Null, dh keine andere Entscheidung dürfte ermessensgerecht sein, als die Antragstellerin
sofort in das Familientherapeutische Zentrum N. aufzunehmen. Im Rahmen einer Ermessensentscheidung wäre auch zu berücksichtigen,
dass im Rahmen der Kostenerstattung das Familientherapeutische Zentrum nach GOÄ abrechne und die Antragsgegnerin nur die Kosten erstatte, die eine zugelassene Einrichtung geltend machen könnte. Auf der
Differenz bliebe die Antragstellerin sitzen. Es bestünden darüber hinaus auch Zweifel am Vorliegen eines Anordnungsgrundes.
Das Familiengericht habe im Rahmen seiner Entscheidung auch zu berücksichtigen, sollte die Aufnahme in eine (teil-)stationäre
Einrichtung zugunsten der Antragstellerin und ihres Sohnes erst in einigen Monaten erfolgen können. Eine zusprechende Entscheidung
des SG scheide auch aus, weil damit die Hauptsache vorweggenommen würde.
Gegen den ihr am 20.02.2017 zugestellten Beschluss richtet sich die am 02.03.2017 eingelegte Beschwerde der Antragstellerin.
Die Kostenerstattung nach §
13 Abs
2 SGB V sei von der Antragstellerin gewählt worden; eine Bindung bestehe nach §
13 Abs
2 Satz 12
SGB V mindestens für ein Kalendervierteljahr, so dass keine Rede davon sein könne, dass für alle Zukunft eine Vorleistungspflicht
der Versicherten begründet werde. Die von der Antragsgegnerin verweigerte Zustimmung zur Inanspruchnahme eines nicht zugelassenen
Leistungserbringers nach §
13 Abs
2 Satz 6
SGB V sei nicht fristgerecht erfolgt. Die Frist von drei Wochen nach §
13 Abs
3a SGB V sei nicht eingehalten worden, so dass der Antrag als genehmigt gelte. Hierauf sei das SG nicht eingegangen. Aber auch davon abgesehen bestehe ein Anordnungsanspruch. Die Antragsgegnerin habe in ihrer Entscheidung
gar kein Ermessen ausgeübt. Der Anordnungsanspruch könne daher nicht mit der Begründung verneint werden, dass keine Ermessensreduktion
auf Null vorliege. Eine solche sei hier jedoch auch gegeben. Bereits die vorläufige Entziehung der elterlichen Sorge sei eine
sehr einschneidende Maßnahme. Dies würde erst recht gelten, wenn die Antragstellerin ihren Sohn dauerhaft an eine Pflegefamilie
verlieren würde. Aus der im Rahmen des Sorgerechtsverfahrens eingeholten psychologischen Stellungnahme vom 10.01.2017 gehe
eindeutig hervor, dass der Einzug in die Eltern-Kind-Wohngruppe einer therapeutischen Tagesklinik die realistische Chance
biete, dass eine gute und tragfähige Mutter-Kind-Beziehung aufgebaut und die Erziehungsfähigkeit der Mutter verbessert werde.
Hierin liege die "letzte Chance der Antragstellerin, ihren Sohn zurückzubekommen". Es stehe fest, dass das Familientherapeutische
Zentrum N. die einzige Einrichtung sei, welche die Antragstellerin und ihren Sohn umgehend aufnehmen könne. Bei jetziger Antragstellung
könnte die Behandlung im Psychiatrischen Zentrum N. frühestens im Dezember 2017 erfolgen, solange werde das Familiengericht
seine Entscheidung kaum zurückstellen. Im Übrigen habe sich das Familientherapeutische Zentrum N. im Fall der Antragstellerin
einverstanden erklärt, nur die Kosten abzurechnen, die eine zugelassene Einrichtung geltend machen würde, eine Kostendifferenz
bleibe daher nicht. Es bestehe auch ein Anordnungsgrund. Eine Wiederzusammenführung von Mutter und Kind komme ausweislich
des psychologischen Gutachtens nur unter der Voraussetzung in Betracht, dass die Therapiemaßnahme rasch durchgeführt werde.
Andernfalls bestehe für die Antragstellerin keine Perspektive mehr, das Aufenthaltsbestimmungsrecht über ihr Kind wieder zu
erlangen. Ergänzend hat die Antragstellerin das Protokoll der Sitzung des AG H. vom 16.02.2017 vorgelegt.
Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde entgegen getreten. Ein Anordnungsgrund komme nur in Betracht, wenn eine konkrete Existenzgefährdung
oder -vernichtung drohe. Gravierende Umstände dieses Ausmaßes lägen nicht vor. Eine Klage in der Hauptsache hätte voraussichtlich
keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Zustimmung und erst recht einer Ermessensreduzierung auf Null seien
nicht glaubhaft gemacht. Es spreche mehr dagegen als dafür, dass sowohl keine medizinischen als auch keine sozialen Gründe
für die Inanspruchnahme der Leistung bei dem nicht zugelassenen familientherapeutischen Zentrum vorlägen. Ebenso sei die Gleichwertigkeit
der dort zu erbringenden Leistungen doch eher unwahrscheinlich. Die Genehmigungsfiktion könne nicht greifen, da die gewünschte
Leistung eindeutig außerhalb des Leistungskatalogs liege bei einem nicht zugelassenen Leistungserbringer. Ergänzend hat die
Antragsgegnerin angeboten, dass die Antragstellerin beim Psychiatrischen Zentrum N. ein telefonisches Vorgespräch wahrnimmt
bei Dr. G., Oberarzt der Station ... (Mütter mit Kindern älter als zwei Jahre). Sofern aus Sicht der dortigen Ärzte aktuell
eine Mutter-Kind-Behandlung sinnvoll sei, könne voraussichtlich im April eine Aufnahme der Antragstellerin, zunächst jedoch
allein, angeboten werden.
Die Antragstellerin hat dazu mitgeteilt, sie habe mehrfach versucht, mit dem Psychiatrischen Zentrum N. Kontakt aufzunehmen,
um das Telefongespräch mit Dr. G. zu führen. Allerdings sei die zuständige Mitarbeiterin nicht erreichbar gewesen. Am 07.04.2017
sei ihr mitgeteilt worden, dass diese Mitarbeiterin sich nunmehr für drei Wochen in Urlaub befinde, sie solle sich im Mai
wieder melden.
Telefonate der Berichterstatterin mit Mitarbeitern des Psychologischen Zentrums N. haben die Bestätigung erbracht, dass die
von der Antragsgegnerin benannte Kontaktperson Frau W. bis 24.04.2017 Urlaub hat. Dr. G. hat telefonisch am 20.04.2017 mitgeteilt,
dass im Fall der Antragstellerin eine Mutter-Kind-Therapie im Psychiatrischen Zentrum N. eher nicht möglich sei, die Klinik
sei eher psychotherapeutisch ausgerichtet und es bestehe eine Zuständigkeit für andere Indikationen. Möglich sei, dass die
Antragstellerin zunächst für etwa sechs Wochen allein behandelt werde und dann geprüft werde, ob im Einzelfall eine Aufnahme
des Kindes möglich sei. Generell sei eine Zusammenführung von Mutter und Kind auf Station sehr schwierig (Aktenvermerk vom
20.04.2017).
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider
Rechtzüge und die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft und zulässig (§§
172 Abs
1,
173 Satz 1
SGG). Die Beschwerde ist auch begründet, denn das SG hat zu Unrecht den Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Nach §
86 Abs
2 Satz 1
SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die
Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt
oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen
Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile
nötig erscheinen (Regelungsanordnung).
Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen
Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§
86 b Abs
2 Satz 4
SGG i.V.m. §
920 Abs
2 der
Zivilprozessordnung). Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der
Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (vgl BVerfG [Kammer], 02.05.2005, 1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237, 242). Im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist ihnen allerdings in den Fällen, in denen es um existentiell
bedeutsame Leistungen der Krankenversicherung für den Antragsteller geht, eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und
Rechtslage verwehrt. Sie haben unter diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend zu prüfen (vgl BVerfG [Kammer],
29.07.2003, 2 BvR 311/03, BVerfGK 1, 292, 296; 22.11.2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003, S 1236 f). Ist dem Gericht in einem solchen Fall eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren
nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl BVerfG [Kammer], 02.05.2005, aaO, mwN); die grundrechtlichen
Belange des Antragstellers sind umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor
die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl BVerfG [Kammer], 22.11.2002, aaO, S 1237; 29.11.2007, 1 BvR 2496/07, NZS 2008, 365).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund hinreichend glaubhaft gemacht.
Die Antragstellerin begehrt die Übernahme der Kosten für die teilstationäre Behandlung in einer nicht zugelassenen Tagesklinik
nach §
13 Abs
2 SGB V im Rahmen der gewählten Kostenerstattung. An der Ausübung der Wahlentscheidung jedenfalls für den stationären Bereich (§
13 Abs
2 Satz 4
SGB V) hat der Senat keine Zweifel, die anwaltlich vertretene Antragstellerin hat dies hinreichend deutlich gemacht. Nicht zugelassene
Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden (§
13 Abs
2 Satz 5
SGB V). Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer
rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist (§
13 Abs
2 Satz 6
SGB V). Die vorherige Zustimmung der Antragsgegnerin liegt nicht vor, sie kann im Fall der hier nach vorläufiger Prüfung in Betracht
kommenden Ermessensreduzierung auf Null jedoch gerichtlich ersetzt werden (vgl LSG Niedersachsen-Bremen 14.07.2009, L 8 SO
209/08 ER, [...]).
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin gilt die Zustimmung nicht nach §
13 Abs
3a SGB V wegen Bescheidung des Antrags vom 10.10.2016 erst nach Ablauf von mehr als drei Wochen als erteilt. Die Vorschrift des §
13 Abs
3a SGB V findet von vornherein keine Anwendung auf Ansprüche gegen Krankenkassen, die unmittelbar auf Geldleistungen gerichtet sind
wie hier der Anspruch wegen sachleistungsersetzender Kostenerstattung nach §
13 Abs
2 SGB V (BSG 08.03.2016, B 1 KR 25/15 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 33). Der hier im Rahmen des Anspruchs auf Übernahme der Kosten nach §
13 Abs
2 SGB V inzident zu prüfende Anspruch auf Erteilung der Zustimmung zur Inanspruchnahme eines nicht zugelassenen Leistungserbringers
stellt ebenfalls keinen "Antrag auf Leistungen" iSv §
13 Abs
3a Satz 1
SGB V dar.
Die Voraussetzungen zur Erteilung einer Zustimmung nach §
13 Abs
2 Satz 6
SGB V liegen hier im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung jedoch vor. Medizinisch ist eine Mutter-Kind-Behandlung im Rahmen
einer teilstationären oder sogar vollstationären Behandlung erforderlich, wie auch der MDK in seinem Gutachten vom 27.01.2017
bestätigt. Eine derartige Behandlung der Antragstellerin ist bei einem zugelassenen Leistungserbringer nach Überzeugung des
Senats in absehbarer Zeit nicht möglich. Die zuletzt von der Antragsgegnerin vorgeschlagene Behandlung im Psychiatrischen
Zentrum N. erscheint nach der letzten Auskunft des Oberarztes Dr. G. zumindest im Wege der Mutter-Kind Behandlung eher nicht
durchführbar. Insoweit sprechen erhebliche soziale Gründe für die Zustimmung zur tagesklinischen Behandlung im Familientherapeutischen
Zentrum N., die vom Universitätsklinikum H., Zentrum für Psychosoziale Medizin anlässlich der stationären Behandlung der Antragstellerin
im Juni 2016 angeregt und befürwortet worden war. Auch die Sachverständige im Verfahren des Familiengerichts Dipl-Psych H.
hat die Einrichtung als geeignet angesehen. Die besonderen sozialen Gründe für die begehrte Behandlung liegen darin, dass
familiengerichtlich derzeit überprüft wird, ob die einstweilig angeordnete Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts der
Antragstellerin für ihren Sohn als endgültige Maßnahme bestätigt wird. Bereits seit 31.03.2016 ist M. bei einer Bereitschaftspflegefamilie,
es stellt sich insoweit die Frage des Wechsels in eine Dauerpflege. Der Zeitpunkt für eine Zurückführung des Kindes zur Mutter
ist daher derzeit besonders günstig, denn ein Wechsel der Bezugspersonen und des Betreuungsumfelds steht ohnehin bevor. Nach
Wechsel des Kindes in eine Dauerpflege wäre die Rückführungsperspektive massiv verschlechtert (vgl Saarländisches Oberlandesgericht
22.02.2016, 6 UF 8/16, [...]). Der Senat teilt insoweit nicht die Auffassung des SG, dass die sozialgerichtliche Entscheidung über die Möglichkeit der Antragstellerin, die begehrte teilstationäre Behandlung
zu erhalten, keine Auswirkungen auf den Ausgang des familiengerichtlichen Verfahrens haben wird.
Im Rahmen der Folgenabwägung im einstweiligen Rechtsschutz überwiegt daher auch vor dem Hintergrund des in Art
6 Abs
2 Satz 1
GG garantierten Rechts der Eltern auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder das Interesse der Antragstellerin an dem Erlass der
einstweiligen Anordnung das Interesse der Antragsgegnerin. Insoweit müssen auch von der Antragsgegnerin geltend gemachte Zweifel
an der Geeignetheit der Einrichtung zurückstehen, zumal diese nicht näher substantiiert sind.
Allerdings ist die Höhe der zu erstattenden Kosten nach §
13 Abs
2 Satz 8
SGB V beschränkt auf die Kosten, die bei Vergütung der Leistung als Sachleistung der Krankenkasse entstehen würden. Nach Angaben
der Bevollmächtigten der Antragstellerin wird das Familientherapeutische Zentrum N. ohnehin im konkreten Einzelfall keine
höheren Kosten in Rechnung stellen.
Da von der Antragsgegnerin lediglich die begehrte Kostenübernahme für die tagesklinische Behandlung (Montag bis Freitag) geschuldet
wird, nicht jedoch die Unterbringung der Antragstellerin und ihres Sohnes in einer betreuten Einrichtung, ist die entsprechende
Behandlung nur dann sinnvoll, wenn gewährleistet ist, dass der Träger der Jugendhilfe eine entsprechende Unterbringung finanziert.
Welches Mutter-Kind-Heim insoweit als geeignet angesehen wird - der Mitarbeiter V. des Jugendamtes der Stadt H. hatte im Termin
vor dem AG H. am 16.02.2017 erklärt, die Mutter-Kind-Einrichtung beim Familientherapeutischen Zentrum N. werde weder für geeignet
gehalten, noch finanziert - ist allein Sache des Jugendhilfeträgers. Der Senat macht es daher zur Bedingung für die Finanzierung
der Tagesklinik durch die Antragsgegnerin, dass eine geeignete Unterbringung der Antragstellerin und ihres Sohnes in einer
geeigneten Mutter-Kind-Einrichtung auch gewährleistet ist. Dies hat die Antragstellerin nachzuweisen durch eine Bestätigung
des Jugendhilfeträgers. Dass insoweit ein erhöhter Aufwand auch mit täglichen Fahrzeiten auf die Antragstellerin zukommen
kann, muss ihr klar sein; dies war auch bereits Thema vor dem AG H. laut Protokoll vom 16.02.2017.
Eine unzulässige (echte) Vorwegnahme der Hauptsache liegt nicht vor, denn bei der streitigen Geldleistung ist eine Rückforderung
im Falle des Unterliegens in der Hauptsache nicht ausgeschlossen (vgl auch BSG 13.12.2016, B 1 KR 1/16 R, [...] RdNr 8).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§
177 SGG).