Tatbestand
Streitig ist die Höhe der zu gewährenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach
dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.06.2013 bis 30.11.2013 insbesondere in Bezug auf einen ernährungsbedingten Mehrbedarf.
Nach seinem Umzug aus dem X-Kreis bezog der Kläger ab 01.11.2005 Alg II vom Beklagten. Er leidet insbesondere unter einer
Laktose- und Fruktoseintoleranz und bezog ab 01.11.2010 eine arbeitsmarktbedingte Rente wegen Erwerbsminderung auf Zeit mit
einem monatlichen Zahlbetrag ab 01.07.2012 iHv 629,26 EUR. Ausweislich des Mietvertrages beträgt die Miete für die ab 01.12.2011
bezogene Wohnung 200 EUR zzgl. Nebenkosten iHv 18,50 EUR und Heizkosten (Holz und Öl) iHv 50 EUR. Für Wasser- und Kanal ist
ein monatlicher Abschlag von 48 EUR sowie zweimal jährlich für den Kaminkehrer je 24,52 EUR zu zahlen. Das Bad und das WC
haben keine Heizung.
Auf den Fortzahlungsantrag vom 13.05.2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 29.05.2013- versandt mit einfachen
Brief; Stempel 31.05.2013 - vorläufig nach §
43 Abs
1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I) Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 01.06.2013 bis 30.11.2013 iHv monatlich 231,13 EUR (Regelleistung 382
EUR, ernährungsbedingter Mehrbedarf 76,40 EUR, Warmwasser 8,79 EUR und anerkannten Kosten für Unterkunft und Heizung 341,59
EUR, abzüglich Rente 629,96 EUR bereinigt um 30 EUR Versicherungspauschale und 22,31 EUR Kfz-Haftpflichtversicherung). Die
Bedarfe für Unterkunft und Heizung setzten sich aus 200 EUR Grundmiete, 56 EUR Heizung, 70,59 EUR Nebenkosten und 15 EUR Stromheizung
Bad und WC zusammen. Der Kläger sei verpflichtet, die im Berechnungsbogen berücksichtigten Kosten der Unterkunft und Heizung
vollständig an seinen Vermieter weiterzuleiten. Nur bei vollständiger Begleichung der berücksichtigten Kosten stehe der Leistungsanspruch
in dieser Höhe zu. Sollte dies nicht erfolgen, müsse mit dem Widerruf des Bescheides gerechnet werden. Dagegen legte der Kläger
am 05.07.2013 (Freitag) Widerspruch ein und trug insbesondere vor, der ernährungsbedingte Mehrbedarf sei mit 77 EUR zu niedrig
bemessen. Es seien vielmehr 900 EUR monatlich zu zahlen oder Kosten für Essen auf Rädern zu übernehmen. Für Unterkunft und
Heizung würden Kosten iHv 368,59 EUR monatlich anfallen (200 EUR Grundmiete, 50 EUR Öl/Holz, 48 EUR Beheizen Bad und WC mit
Strom, 18,50 EUR Müll, 4,09 EUR Kaminkehrer und 48 EUR Kochstrom). Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid
vom 10.07.2013 als unzulässig zurück. Im Hinblick auf die nicht fristgerechte Widerspruchseinlegung sei der Widerspruch unzulässig,
im Übrigen aber auch mangels höherem Leistungsanspruch unbegründet. Wegen der Erhöhung der Rente zum 01.07.2013 auf einen
Zahlbetrag iHv 630,83 EUR änderte der Beklagte mit Bescheid vom 30.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2013
die Höhe des vorläufig bewilligten Alg II für die Zeit vom 01.07.2013 bis 30.11.2013 auf monatlich 230,26 EUR ab.
Nach Vorlage eines Kündigungsschreibens des Vermieters vom 21.10.2013 wegen Nichtzahlung der Miete für September und November
2012, Januar 2013 sowie März bis Oktober 2013 und entsprechender Anhörung widerrief der Beklagte mit Bescheid vom 19.11.2013
die Bescheide vom 08.05.2012, 19.11.2012, 24.11.2012, 12.12.2012, 29.05.2013 und 30.07.2013 für September und November 2012,
Januar 2013 sowie März bis Oktober 2013 im Umfang von 2.461,81 EUR. Die eingetretene Überzahlung werde mit den bewilligten
Leistungen ab 01.12.2013 iHv 30% der Regelsatzes (114,60 EUR) aufgerechnet. Anhand der Leistungsbescheide hätte der Kläger
erkennen müssen, dass ihm die Leistungen nur dann zustünden, wenn er seine Unterkunftskosten bezahle. Der Widerruf sei auch
verhältnismäßig. Ein Belassen der Leistung wäre im Hinblick auf die zumindest grob fahrlässig zweckwidrige Verwendung nicht
gerechtfertigt. Der Kläger verwies diesbezüglich darauf, dass er die Miete rechtmäßigerweise um 100% gemindert habe, da der
Vermieter nicht dafür Sorge getragen habe, dass die Wohnung ausreichend beheizt werden könne. Dagegen legte der Kläger Widerspruch
ein und trug insbesondere vor, die Mietrechtsangelegenheit sei noch nicht geklärt. Der Beklagte dürfe sich nicht einmischen.
Der Bedarf für Unterkunft und Heizung, den er geltend mache, betrage 308,50 EUR (200 Miete, 50 EUR Heizung, 18,50 EUR Nebenkosten
und 40 EUR Kaltwasser). Der Beklagte berücksichtige zwar 341,59 EUR, zahle aber nur 231,13 EUR. Mit Widerspruchsbescheid vom
20.01.2014 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Mit weiterem Bescheid vom 19.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 12.03.2014 widerrief der Beklagte auch die Leistungsbewilligung für den Monat November 2013 und forderte die Erstattung
von 230,26 EUR. Der Kläger habe die Unterkunftskosten trotz Hinweises im Bewilligungsbescheid nicht an seinen Vermieter weitergeleitet.
Gegen den Bescheid vom 29.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2013 (S 9 AS 466/13) und gegen den Bescheid vom 30.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2013 (S 9 AS 595/13) hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Er benötige 800 EUR monatlich zusätzlich um seinen ernährungsbedingten Mehrbedarf decken zu können. Auch die im
Bescheid vom 30.07.2013 vorgenommene Leistungskürzung sei nicht in Ordnung. Das SG hat die Verfahren S 9 AS 466/13 und S 9 AS 595/13 verbunden und die Klage gegen den Bescheid vom 29.05.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 10.07.2013 sowie gegen
den Änderungsbescheid vom 30.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2013 mit Urteil vom 18.06.2013 abgewiesen.
Zwar könne nicht davon ausgegangen werden, der Widerspruch gegen den Bescheid vom 29.05.2013 sei verfristet gewesen, der Kläger
habe aber keinen Anspruch auf höhere Leistungen. Ergänzend zur Widerspruchsbegründung sei insofern lediglich auszuführen,
dass der gewährte Mehrbedarf iHv 76,40 EUR ausreichend und angemessen sei. Auch die Berücksichtigung der Rentenerhöhung ab
01.07.2013 sei rechtmäßig.
Hiergegen hat der Kläger Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Der berücksichtigte ernährungsbedingte
Mehrbedarf sei zu niedrig und es würden insofern mindestens 800 EUR (Essensverpflegung und Strom) benötigt. Der Beklagte sei
aufgefordert worden, Essen auf Rädern zu leisten. Er zahle nach seinem Mietvertrag eine Bruttomiete von ca. 400 EUR und zudem
56 EUR für Strom.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 07.11.2013 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 29.05.2013
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.07.2013 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2013 sowie unter Aufhebung des Bescheides vom 19.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 20.01.2014 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.06.2013 bis 30.11.2013 um 800 EUR höhere Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes zu zahlen und darüber hinaus den Bescheid vom 19.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2014
aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 19.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
12.03.2014 abzuweisen.
In dem vom Senat gem. §
106 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) eingeholten Gutachten kommt der Sachverständige Dr. B. zu dem Ergebnis, das aufgrund der beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen
notwendige medizinische Ernährungsbedürfnis führe im Vergleich zur normalen Vollkost nicht zu wesentlichen Mehrkosten. Der
gewährte Mehrbedarf sei in jedem Fall ausreichend.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§
143,
144,
151 SGG), aber nur teilweise begründet. Zu Recht hat das SG die Klage gegen den Bescheid vom 29.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides
vom 30.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2013 abgewiesen. Dieser ist rechtmäßig und verletzt den
Kläger nicht in seinen Rechten. Ein höherer Leistungsanspruch für die Zeit vom 01.06.2013 bis 30.11.2013 steht dem Kläger
nicht zu. Der Bescheid vom 19.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2014 ist dagegen rechtswidrig und
verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er ist auf die Berufung des Klägers aufzuheben. Ebenso ist der Bescheid vom 19.02.2014
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2014 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er ist auf
Klage des Klägers aufzuheben.
Streitgegenstand ist vorliegend die Höhe des dem Kläger zustehenden Alg II für die Zeit vom 01.06.2013 bis 30.11.2013, worüber
der Beklagte mit Bescheid vom 29.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides
vom 30.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2013 und mit Bescheid vom 19.11.2013 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 20.01.2014 sowie mit Bescheid vom 19.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2014
(vorläufig) entschieden hat. Der Bescheid vom 19.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2014 ist zwar
erst nach Erlass des Urteils des SG vom 07.11.2013, aber vor der Einlegung der Berufung am 07.12.2013 ergangen. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides war
der Devolutiveffekt noch nicht eingetreten. Im Hinblick auf den Grundsatz der Prozessökonomie gilt §
96 Abs
1 SGG auch für solche Fälle (siehe bereits BSG, Urteil vom 06.10.1977 - 7 RAr 82/76 - BSGE 45, 49; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl, §
96 Rn 7a). Im Hinblick auf den Bescheid vom 19.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2014 gilt §
96 Abs
1 SGG ebenfalls, wobei hierüber aber auf Klage des Klägers zu entscheiden war, da die Berufung bereits eingelegt gewesen ist (vgl
Leitherer aaO Rn 7).
Zutreffend hat das SG darauf verwiesen, dass die Klage nicht bereits deshalb teilweise unzulässig ist, weil der Widerspruch gegen den Bescheid
vom 29.05.2013 verfristet wäre. Zwar gilt nach § 37 Abs 2 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ein Verwaltungsakt am dritten Tage nach dessen Absendung als bekanntgegeben. Der Tag der Absendung ist der Akte jedoch nicht
zu entnehmen. Allein der auf dem Bescheid angebrachte Datumsstempel zeigt nur, wann er vom Sachbearbeiter in seinen Postauslauf
gegeben worden ist. Eine Aufgabe zur Post ist damit nicht nachgewiesen. Der fehlende Nachweis geht deshalb nach § 37 Abs 2 Satz 3 2.HS SGB X zulasten des Beklagten.
Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.06.2013 bis 30.11.2013 keinen Anspruch auf höhere Leistungen, als
sie der Beklagte mit Bescheid vom 29.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides
vom 30.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2013 vorläufig bewilligt hat.
Nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II idF der Bekanntmachung der Neufassung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch Vom 13.05.2011 (BGBl I 850) erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sowie hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik
Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Nach § 9 Abs 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer
Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch
Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigen Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe
nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Diese Leistungsvoraussetzungen
werden vom Kläger erfüllt, weshalb der Beklagte auch (zunächst) Alg II bewilligt hat.
Die Höhe des mit Bescheid vom 29.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides
vom 30.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2013 für die Zeit vom 01.06.2013 bis 30.06.2013 iHv 231,13
EUR und vom 01.07.2013 bis 30.11.2013 iHv monatlich 230,26 EUR vorläufig bewilligten Alg II ist nicht zu beanstanden.
Für die Zeit vom 01.06.2013 bis 30.11.2013 hat der Beklagte als Bedarf die Regelleistung iHv 382 EUR, einen ernährungsbedingten
Mehrbedarf iHv 76,40 EUR, Warmwasserkosten iHv 8,79 EUR und Bedarfe für Unterkunft und Heizung iHv 341,59 EUR, mithin insgesamt
808,78 EUR monatlich berücksichtigt.
Die Höhe der Regelleistung im streitgegenständlichen Zeitraum betrug monatlich 382 EUR
(§ 20 Abs 2 und Abs 5 Satz 1 SGB II iVm der Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Abs 5 SGB II für die Zeit ab 01.01.2013 vom 18.10.2012 -BGBl I 2175).
Weiter hat der Beklagte für den ernährungsbedingten Mehrbedarf zusätzlich 76,40 EUR monatlich berücksichtigt. Nach § 21 Abs 5 SGB II wird bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf
in angemessener Höhe anerkannt. Ein höherer Bedarf als vom Beklagten bereits zugrunde gelegt besteht beim Kläger nicht. Dies
steht nach dem von Amts wegen eingeholten Gutachten des Dr. B. zur Überzeugung des Senates fest. Unbestritten leidet der Kläger
insbesondere unter einer Laktose- und Fruktoseintoleranz. Diese Nahrungsmittelunverträglichkeiten können auch grundsätzlich
ein medizinisches Ernährungsbedürfnis begründen. Es aber liegt keine einen Mehrbedarf begründende konsumierende Erkrankung
mit erheblichen körperlichen Auswirkungen vor, vielmehr geht der Kläger davon aus, eine Gewichtsreduktion sei bei ihm erforderlich.
Auch an mehrbedarfsbegründenden Erkrankungen wie Zöliakie und Sprue leidet der Kläger nicht. In jedem Fall kann er einen etwaigen
Mehrbedarf mit den diesbezüglich berücksichtigten 76,40 EUR monatlich bestreiten. Zweifel an der Richtigkeit des eingeholten
Gutachtens ergeben sich für den Senat nicht. Soweit der Kläger nach in den Akten des Beklagten sich befindenden Aufstellungen
selbst Berechnungen zur Höhe seines Mehrbedarfs anstellt, sind diese völlig abwegig. So legt er darin einen Bedarf von täglich
drei Litern Heilwasser mit einem Literpreis von über einem Euro zugrunde. Eine Notwendigkeit, den Bedarf an Trinken allein
mit Heilwasser decken zu können, ergibt sich jedoch in keinster Weise. Zudem wurden in die Berechnung Stromkosten, zB 5,58
EUR allein für die Zubereitung des kalten Abendessens mit einem Kännchen Tee, eingestellt. Insofern ist zu berücksichtigen,
dass die Kochenergie als Teil der Haushaltsenergie mit der Regelleistung bereits abgegolten ist und Energiekosten von 5,58
EUR für ein Kännchen Tee fern jeder Realität sind. Bei der Berechnung der Kosten für zwei Scheiben Brot geht der Kläger davon
aus, ein Brot mit 500 Gramm enthalte acht Scheiben Brot. Auch diese Berechnung ist lebensfremd. So wird ersichtlich, dass
zugrunde gelegte Kosten für ein Abendessen iHv durchschnittlich 10,72 EUR, für ein Frühstück iHv 11,03 EUR und für ein Mittagessen
iHv 12,78 EUR, in keinem Fall die Kosten sein können, die aus dem vorliegenden Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung folgen.
So wird aus dem Speiseplan des Klägers auch deutlich, dass die von ihm vorgebrachte Ernährungsform weitestgehend der gesunden
Vollkost unter Berücksichtigung von laktosefreien Produkten entspricht. Dies spricht ebenfalls für die Schlüssigkeit des vom
Senat eingeholten Gutachtens. Auch ein Anspruch auf "Essen auf Rädern" besteht nicht. Unabhängig davon, dass das SGB II einen solchen Anspruch nicht vorsieht, ist der Kläger in der Lage, sich selbst zu versorgen und selbst zu kochen. Hieran
bestehen für den Senat auch aufgrund des Eindrucks in der mündlichen Verhandlung keine Zweifel. Der berücksichtigte Mehrbedarf
von 76,40 EUR monatlich ist damit nicht zu beanstanden.
Für die dezentrale Zubereitung des Warmwassers war ein Betrag von monatlich 8,79 EUR (2,3% von 382 EUR) zu berücksichtigen
(§ 21 Abs 7 Satz 1 und Satz 2 Nr 1). Dass beim Kläger abweichend von dieser Pauschale ein höherer Bedarf besteht, ist weder
erkennbar noch konkret nachvollziehbar vorgetragen.
Auch im Hinblick auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung, für die der Beklagte 200 EUR Grundmiete, 56 EUR Heizung, 70,59
EUR Nebenkosten und 15 EUR Stromheizung Bad und WC, mithin insgesamt 341,59 EUR berücksichtigt hat, kann ein höherer Bedarf
beim Kläger nicht festgestellt werden. Aus den Akten ergibt sich nach dem Mietvertrag und den weiter vorgelegten Unterlagen
ein Mietzins iHv 200 EUR zzgl. Nebenkosten iHv 70,59 EUR (allgemeine Nebenkosten iHv 18,50 EUR, Wasser- und Kanal iHv 48 EUR
sowie zweimal jährlich für den Kaminkehrer je 24,52 EUR). Daneben fallen für Heizkosten (Holz und Öl) 50 EUR an. Diese Kosten
hat der Beklagte damit in tatsächlicher Höhe bei der Leistungsberechnung zugrunde gelegt und im Hinblick auf die Heizkosten
sogar 56 EUR statt 50 EUR berücksichtigt. Dies erfolgte offensichtlich versehentlich, da man insofern die Höhe des Stromabschlages
von monatlich 56 EUR angesetzt hat, obwohl eben nur 50 EUR für Holz und Öl angefallen sind. Dies gereicht dem Kläger jedoch
nicht zum Nachteil. Soweit der Kläger Bad und WC mit Strom beheizen muss, ist weder erkennbar noch konkret nachvollziehbar
vorgetragen, dass hierfür 15 EUR monatlich nicht ausreichend sein sollen. Soweit der Kläger den Bedarf für Unterkunft und
Heizung im Widerspruchsverfahren mit 368,59 EUR monatlich angegeben hat (Grundmiete 200 EUR, 50 EUR Öl/Holz, 48 EUR Beheizen
Bad und WC mit Strom, 18,50 EUR Müll, 4,09 EUR Kaminkehrer und 48 EUR Kochstrom), ist ein Betrag von 48 EUR für Kochstrom
nicht anzusetzen, da dieser Bedarf an Haushaltsenergie bereits von der Regelleistung abgedeckt wird (§ 20 Abs 1 Satz 1 SGB II). Damit macht er mit 320,59 EUR jedenfalls keine höheren als vom Beklagten berücksichtigten Bedarf geltend.
Diesem Bedarf stand im Juni 2013 ein anzurechnendes Einkommen iHv 577,65 EUR gegenüber. Als Einkommen zu berücksichtigen sind
Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen (§ 11 Abs 1 Satz 1 SGB II). Nach Abzug der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen betrug der Auszahlungsbetrag der Rente beim Kläger monatlich 629,96
EUR. Hiervon waren 30 EUR für die Versicherungspauschale und 22,31 EUR für die Kfz-Haftpflichtversicherung in Abzug zu bringen
(§ 11b Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II). Im Hinblick auf die Erhöhung der Rente auf einen Zahlbetrag von 630,83 EUR ab 01.07.2013 ergab sich für Juli bis November
2013 ein anzurechnendes Einkommen iHv monatlich 578,52 EUR.
Hieraus folgt damit die Leistungshöhe von 231,13 EUR (808,78 EUR - 577,65 EUR) für die Zeit vom 01.06.2013 bis 30.06.2013
und von monatlich 230,26 EUR (808,78 EUR - 578,52 EUR) für die Zeit vom 01.07.2013 bis 30.11.2013, die der Beklagte in den
Bewilligungsbescheiden vorläufig bewilligt hat.
Aufzuheben war aber der Bescheid vom 19.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2014, soweit der Beklagte
damit den Bescheid vom 29.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides
vom 30.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2013 für Juni bis Oktober 2013 widerrufen und für diese
Monate Alg II zurückgefordert sowie die Aufrechnung erklärt hat.
Nach § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 47 Abs 2 Satz 1 SGB X kann ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, der eine Geld- oder Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes
zuerkennt oder hierfür Voraussetzung ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung
für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn (1.) die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für
den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird, (2.) mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der
Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat. Die Voraussetzungen von § 47 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB X liegen bereits ganz offensichtlich nicht vor, da in den Bewilligungsbescheiden die Leistungsgewährung nicht mit den Mietzinszahlungen
als Auflage verknüpft worden sind. Im Übrigen wäre auch die Erteilung einer Auflage nach § 32 Abs 2 Nr 4 SGB X nur bei und durch Ermessensentscheidung möglich. Eine solche hat der Beklagte in den Bewilligungsbescheiden keinesfalls getroffen.
Daneben liegen aber auch die Voraussetzungen des § 47 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB X nicht vor. Die Zweckverfehlung gemäß § 47 Abs 2 Satz 1 Nr. 1 SGB X stellt auf einen im Verwaltungsakt bestimmten Zweck ab, eine Zweckgefährdung reicht nicht (vgl BayLSG, Beschluss vom 13.08.2009
- L 8 AL 189/07 - juris - mwN). Ein Widerruf rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakte kommt nur in Betracht, wenn der Empfänger der Leistung
den im Verwaltungsakt festgelegten "Leistungsverwendungszweck" nicht erfüllt. Maßgeblich ist nicht der abstrakt-generelle
Zweck des Gesetzes, sondern die verhaltenssteuernde Zweckbestimmung im Verwaltungsakt (BSG, Urteil vom 14.12.2000 - B 11 AL 63/00 R - BSGE 87, 219). Es wäre schon fraglich, ob der Hinweis im Bescheid vom 08.05.2012, wonach der Kläger verpflichtet sei, die im Berechnungsbogen
berücksichtigten Kosten der Unterkunft und Heizung vollständig an seinen Vermieter weiterzuleiten und nur bei vollständiger
Begleichung der berücksichtigten Kosten der Leistungsanspruch in dieser Höhe zustehe, überhaupt eine solche Zweckbestimmung
iSv § 47 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB X darstellt. Fraglich wäre auch, ob die dem Kläger gewährten Leistungen überhaupt zweckbestimmt gewesen sind (so wohl BSG, Beschluss vom 16.05.2007 - B 7b AS 40/06 R - juris; Eicher in: Eicher, SGB II, 3. Aufl, § 40 Rn 68). Eine Gewährung von "Leistungen für Unterkunft und Heizung" sieht § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II für die Zeit ab 01.01.2011 nicht mehr vor. Vielmehr werden "Bedarfe für Unterkunft und Heizung" im Rahmen des nach Auffassung
des Gesetzgebers (BT-Drs 17/3404 S 98) einheitlichen Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 19 Abs 1 SGB II nur als "Berechnungsposten" berücksichtigt (gegen einen solchen einheitlichen Anspruch: Luik in: Eicher SGB II 3. Aufl § 22 Rn 31).
In jedem Fall ist die ausgesprochene Verpflichtung im Bewilligungsbescheid aber aus anderen Gründen unwirksam. Nach der Aufforderung
des Beklagten wäre der Kläger verpflichtet gewesen, 335,59 EUR monatlich an seinen Vermieter zu bezahlen. Ein solcher Anspruch
des Vermieters hat aber nicht bestanden. Vielmehr wären schon 15 EUR bezüglich der Heizung von Bad und WC mit Haushaltsstrom
vom Kläger an den Energieversorger zu zahlen. Zudem könnte der Beklagte allenfalls verlangen, dass der Kläger die ausgezahlten
Leistungen an den Vermieter weiterreicht, nicht aber die gesamten, in der Leistungsberechnung berücksichtigten Unterkunftskosten.
Eine Zweckbestimmung würde sich andernfalls auch auf das Renteneinkommen des Klägers und nicht nur auf das gezahlte Alg II
beziehen, da der Leistungsanspruch geringer ist als die zugrunde gelegten Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Im Hinblick
auf die unwirksame Zweckbestimmung im Bewilligungsbescheid kann damit keine Zweckverfehlung angenommen werden.
Schließlich kann sich der Beklagte - unabhängig davon, ob insofern ein Austausch der Rechtsgrundlagen überhaupt möglich wäre
- auch nicht auf § 45 SGB X oder § 48 SGB X stützen, denn die Leistungsbewilligung war weder anfänglich rechtswidrig noch ist eine Änderung in den tatsächlichen oder
rechtlichen Verhältnissen eingetreten. Der Umstand, dass der Kläger zeitweise die Miete nicht an seinen Vermieter gezahlt
und die Leistungen des Beklagten anderweitig verwendet hat, ist leistungsrechtlich nicht erheblich.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind (§
22 Abs 1 Satz 1 SGB II idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 -BGBl I 453-). Bereits aus dem Gesetzeswortlaut folgt, dass danach nur solche Bedarfe zu berücksichtigen sind,
die dem Leistungsberechtigten tatsächlich entstanden sind und für deren Deckung ein Bedarf besteht. Der Kläger hat für die
Überlassung der von ihm bewohnten Wohnung im streitigen Zeitraum keine Mietzinszahlungen an die Vermieterin der Wohnung geleistet.
Allerdings führt dies nicht - wie der Beklagte meint - bereits dazu, dass keine Unterkunftskosten mehr zu berücksichtigen
wären. "Tatsächliche Aufwendungen" für eine Wohnung liegen nicht nur dann vor, wenn die Miete bereits gezahlt wurde und nunmehr
deren Erstattung verlangt wird, sondern es genügt, dass der Leistungsberechtigte im jeweiligen Leistungszeitraum einer wirksamen
und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist (vgl BSG, Urteil vom 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 1; Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217; Luik in: Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 22 Rn 46; Krauß in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand 10/2012, § 22 Rn 43). Dies ergibt sich schon daraus, dass bei einer Nichtzahlung der Miete regelmäßig die Kündigung und Räumung der Unterkunft
droht. Zweck der Regelung über die Erstattung der Kosten für die Unterkunft ist es aber gerade, existentielle Notlagen zu
beseitigen und den Eintritt von Wohnungslosigkeit zu verhindern. Für die Frage, ob tatsächlich Aufwendungen für Unterkunft
entstanden sind, kommt es nicht darauf an, ob der Leistungsberechtigte der Verpflichtung aus eigenen Mitteln wird nachkommen
können oder in der Vergangenheit nachkommen konnte, auch nicht, ob die Aufwendungen bisher durch andere Sozialleistungen gedeckt
wurden. Ausgangspunkt für die Frage, ob eine wirksame Mietzinsverpflichtung des Hilfebedürftigen vorliegt, ist in erster Linie
der Mietvertrag mit dem der geschuldete Mietzins vertraglich vereinbart worden ist (so insgesamt BSG, Urteil vom 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 1).
Der Kläger war für Juni bis Oktober 2013 unverändert einer entsprechenden Mietzinsforderung ausgesetzt. Dass der Vermieter
auch nicht auf entsprechende Leistungen verzichtet hat, ergibt sich aus seinem Kündigungsschreiben, welches er auf die Nichtzahlung
gestützt hat. Dem kann letztlich auch nicht die vom Kläger vorgebrachte Mietminderung gemäß §
536 Abs
1 Sätze 1 und 2
Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) von 100% wegen angeblicher Nichtbeheizbarkeit der Wohnung entgegen gehalten werden. Dass ein Recht auf eine solche Mietminderung
in vollem Umfang nicht besteht, liegt auf der Hand. Dies zeigt sich umso mehr darin, dass der Kläger die Mietminderung auch
im Sommer vorgenommen hat. Von einer Unbewohnbarkeit der Wohnung kann nicht ausgegangen werden. Der Beklagte hat selbst einen
Hausbesuch in der Wohnung durchgeführt. Vermerke zur fehlenden Bewohnbarkeit oder anderweitigen Mängel liegen nicht vor. Die
vorgebrachte Mietminderung hat daher nicht den Mietzinsanspruch des Vermieters hat entfallen lassen. Alleine, dass ein Rechtsanwalt
die Mietminderung geltend gemacht haben soll, ändert im Hinblick auf die eben gemachten Ausführungen nichts. In jedem Fall
hätte der Beklagte selbst prüfen müssen, ob die Voraussetzungen einer Mietminderung als rechtsvernichtende Einwendung gegen
den Mietzinsanspruch vorgelegen haben, bevor er hier von abweichenden Bedarfen für Unterkunft und Heizung ausgehen kann. Letztlich
folgt dies auch aus dem Grundsatz, dass der Leistungsträger Aufwendungen nur dann nicht anerkennen muss, wenn sie auf einer
zivilrechtlich offen auf der Hand liegenden Unwirksamkeit beruhen (vgl Luik in: Eicher, SGB II, 3. Aufl, § 22 Rn 47). Eine offensichtliche Unbewohnbarkeit der Wohnung ist jedenfalls nicht gegeben.
Mangels Aufhebung der Leistungsbewilligung konnte auch keine Erstattung von Leistungen nach § 50 SGB X vom Kläger verlangt und keine Aufrechnung vorgenommen werden.
Gleichermaßen war der Bescheid vom 19.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2014 rechtswidrig, mit dem
der Beklagte die Leistungsbewilligung für November 2013 widerrufen und die Erstattung der Leistungen gefordert hat. Hier gelten
die eben gemachten Ausführungen entsprechend.
Damit war auf die Berufung des Klägers das Urteil des SG abzuändern und der Bescheid vom 19.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2014 aufzuheben, soweit der
Beklagte damit die Leistungsbewilligung für die Monate Juni bis Oktober 2013 widerrufen und für diese Monate die erbrachten
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zurückgefordert sowie diesbezüglich eine Aufrechnung erklärt hat. Im Übrigen
war die Berufung mangels Begründetheit zurückzuweisen. Auf die Klage des Klägers war schließlich der Bescheid vom 19.02.2014
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2014 aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs
2 Nrn 1 und 2
SGG liegen nicht vor.