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LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13.07.2015 - 1 KR 221/15
Anspruch auf Versorgung mit Medizinal-Cannabisblüten Schwere und unzumutbare Nachteile für einen Versicherten
1. Bleibt offen, ob ein geltend gemachter Leistungsanspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung tatsächlich besteht, dürfen sich die Sozialgerichte auch in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht auf die summarische Prüfung der Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfes im Hauptsacheverfahren beschränken.
2. Drohen dem Versicherten ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre, verlangt Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG von den Sozialgerichten grundsätzlich eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage, die sich von der im Hauptsacheverfahren nicht unterscheidet.
3. Besteht die Gefahr, dass der Versicherte ohne die Gewährung der umstrittenen Leistung vor Beendigung des Hauptsacheverfahrens stirbt oder er schwere oder irreversible gesundheitliche Beeinträchtigungen erleidet, ist ihm die begehrte Leistung regelmäßig zu gewähren, wenn das Gericht nicht auf Grund eindeutiger Erkenntnisse davon überzeugt ist, dass die begehrte Leistung unwirksam oder medizinisch nicht indiziert ist oder ihr Einsatz mit dem Risiko behaftetet ist, die abzuwendende Gefahr durch die Nebenwirkungen der Behandlung auf andere Weise zu verwirklichen.
Normenkette:
BtMG § 3 Abs. 2
,
SGB V § 2 Abs. 1a
,
GG Art. 19 Abs. 4 S. 1
Vorinstanzen: SG Neuruppin 04.05.2015 S 32 KR 68/15 ER
Der Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 4. Mai 2015 wird aufgehoben. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, vom 13. Juli 2015 bis zum 12. Juli 2016, längstens aber bis zum Ergehen einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, die Kosten für eine Versorgung der Antragstellerin mit Medizinal-Cannabisblüten mit einer Menge von 84g im Monat zu übernehmen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Entscheidungstext anzeigen: