Sozialversicherungsbeitragspflicht eines Auslieferungsfahrers
Tatbestand:
Im Streit steht der sozialversicherungsrechtliche Status des Beigeladenen zu 1) während seiner Tätigkeit für die Klägerin
in der Zeit vom 24. Mai 2011 bis Juni 2013.
Der 1988 geborene Beigeladene zu 1) ist rumänischer Staatsangehöriger. Am 24. Mai 2011 schloss er mit der Klägerin eine Vereinbarung,
nach der er mit der Entgegennahme von Sendungen sowie deren Transport und Zustellung in dem nach Anlage 1 zu vereinbarenden
Zustellungsgebiet beauftragt wurde. Für die Abwicklung sollte der Inhalt der jeweils aktuellen Ausgabe des Heftes "Abläufe
und Sendungsdokumentation" gelten. Im Vertrag war vereinbart, dass der Auftragnehmer seine Tätigkeit selbstständig ausüben
werde, er bestätigte, alle zur Erfüllung des Vertrags erforderlichen Genehmigungen zu besitzen. Vereinbart wurde weiter, dass
ausschließlich Arbeitsbekleidung mit der Aufschrift Hermes Logistikgruppe zu tragen sei, um ein ordnungsgemäßes Erscheinungsbild
zu gewährleisten. Ladeschale, Schilder, Quittungen und Aufkleber seien sofort nach Beendigung der Tätigkeit abzugeben, andernfalls
würden sie in Rechnung gestellt. Das Zustellungsgebiet sollte nach Anlage 1 Einzelvertrag nach Absprache festgelegt werden,
für die Durchführung der Zustellungen wurden in Anl. 2 zum Vertrag bestimmte Entgelte pro Sendung vereinbart.
Aufgrund dieses Vertrages führte der Beigeladene zu 1), der ein Gewerbe als Reinigungskraft, für Catering, Webdesigner und
Gebäudereinigung angemeldet hatte, in der Zeit bis 30. Juni 2013 für die Klägerin Zustellungen durch. Sein Honorar stellte
er der Klägerin monatlich unter Ausweisung von Umsatzsteuer in Rechnung. Für die Fahrten verwendete er seinen eigenen PKW
und einen Tourscanner, den er von der Klägerin erhalten hatte. Eigene Arbeitnehmer beschäftigte er bei den Fahrten nicht.
Am 5. Februar 2013 beantragte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten eine Entscheidung zu seinem sozialversicherungsrechtlichen
Status mit dem Ziel, eine Beschäftigung festzustellen. Die Beklagte hörte den Kläger zu der Absicht an, eine versicherungspflichtige
Beschäftigung festzustellen.
Die Klägerin entgegnete, es spreche nicht für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, dass der Vertrag auf unbestimmte Zeit
abgeschlossen worden. Ein Frachtführer im Sinne des HGB übe ein selbstständiges Gewerbe aus. Das gelte auch, wenn er als Einzelperson ohne weitere Mitarbeiter für einen Spediteur
tätig sei. Auch habe der Beigeladene zu 1) über längere Zeiträume keine Transporte für sie - die Klägerin - durchgeführt.
Es habe ihm auch freigestanden, dritte Personen zur Auftragsausführung einzusetzen. Das Abwicklungshandbuch sei eine Voraussetzung
dafür, dass eine technisierte Zustellung nach einheitlichen Maßstäben funktionieren könne. Die Zustellung von Paketen sei
eine typische Tätigkeit von Frachtführern, die der Gesetzgeber als Gewerbetreibenden und damit als Selbständige eingeordnet
habe, obwohl der Frachtführer schon von Gesetzes wegen weitreichenden Weisungsrechten sowohl des Spediteurs als auch des Absenders
und des Empfängers des Frachtguts ausgesetzt sei. Zeitlich gebundene Aufträge würden von ihr - der Klägerin - nicht vergeben,
in wenigen Fällen müssten lediglich grobe Zeitfenster eingehalten werden. Es erschließe sich nicht, wie ein Transportauftrag
ohne örtliche Vorgaben erfüllt werden solle. Sie - die Klägerin - gebe auch keine festen Fahrtouren vor. Jedenfalls könne
von einer Toureneinteilung nicht auf eine Arbeitnehmereigenschaft geschlossen werden. Die Verpflichtung zum Tragen einer einheitlichen
Oberbekleidung begründe keine Arbeitnehmereigenschaft. Es komme für die Einstufung als Frachtführer nicht dadurch an, ob jemand
von den Kunden als selbständiger Unternehmer wahrgenommen werden. Auch umgekehrt werde ein Arbeitnehmer nicht dadurch zu einem
Selbstständigen, dass Kunden ihn für selbständig halten. In Bezug auf die Fahrzeuggestaltung gebe es überhaupt keine Vorgaben.
Die ordnungsgemäße Erfüllung der übernommenen Aufträge würde nicht durch sie - die Klägerin - sondern durch den Hermesversand
überprüft. Den Nachweis einer ordnungsgemäßen Zustellung müsse erbracht werden, damit die Leistungserbringung nachgewiesen
und abgerechnet werden könne. Das Scanner System stelle nichts anderes als einen elektronischen Ladeschein dar. Es könne auch
nicht drauf ankommen, dass der Beigeladene zu 1) nur über ein einziges Fahrzeug verfügt habe, weil das für selbständige Frachtführer
nicht untypisch sei. Es gebe keine Grundlage, den Beigeladenen zu 1) als Arbeitnehmer einzustufen. Andernfalls müssten sämtliche
Subunternehmer von Zustellunternehmen als abhängig beschäftigt angesehen werden.
Die Beklagte stellte gleichwohl durch Bescheid vom 18. Juni 2013 fest, dass der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit für die
Klägerin seit dem 24. Mai 2011 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Es bestehe Versicherungspflicht
in der Kranken -, Pflege - und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung, die mit der Aufnahme der Beschäftigung
am 24. Mai 2011 beginne. Bei der zu beurteilenden Tätigkeit im Bereich Entgegennahme, Transport und Zustellung von Sendungen
liege ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor. Für abhängige Beschäftigung spreche insbesondere, dass der Vertrag auf
unbestimmte Zeit abgeschlossen worden sei, die Tätigkeit durch den Beigeladenen zu 1) selbst ausgeführt werde, die Serviceanforderung
des Auftraggebers sicherzustellen und detaillierte Vorgaben aus dem Abwicklungshandbuch zu beachten sein, feste örtliche und
zeitliche Vorgaben zur Abholung der Sendungen aufgestellt worden sein, feste Fahrtouren vorgegeben worden seien, eine Verpflichtung
zum Tragen einer einheitlichen vollständigen Oberbekleidung als H-Partner bestehen würde, die ordnungsgemäße Erfüllung der
übernommenen Aufträge durch den Auftraggeber über die Scanner-Erfassung kontrolliert werde und dass eigenes Kapital zu im
geringen Umfang eingesetzt werde. Dagegen spreche für eine selbständige Tätigkeit, dass die vollständige Oberbekleidung als
H-Partner käuflich erworben werden müsse und vergebliche Kundenanfahrten nicht vergütet würden.
Die Klägerin erhob Widerspruch, mit dem sie rügte, dass keine ordnungsgemäße Anhörung stattgefunden habe. Der Beigeladene
zu 1) sei nicht in ihren Betrieb eingegliedert gewesen. Er habe lediglich Frachtführertätigkeitgen für sie übernommen. Während
der Ausführung der Transporte habe sich der Beigeladene zu 1) nicht bei ihr - der Klägerin - melden müssen. Er sei weisungsfrei
gewesen und habe auch für andere Unternehmen Transporte ausgeführt. Im Übrigen nahm die Klägerin auf ihr Anhörungsvorbringen
Bezug.
Der Beigeladene zu 1) erklärte während des Widerspruchsverfahrens, dass er tatsächlich keine Aufträge für andere Unternehmen
ausgeführt habe, aber von der Personalchefin der Klägerin zur Unterzeichnung einer anderslautenden Erklärung bestimmt worden
sei. Seine Tätigkeit für die Klägerin sei nur kurz zur Urlaubszwecken unterbrochen gewesen. Er sei verpflichtet gewesen, jeden
Werktag ab 7:00 Uhr auf dem Gelände der Klägerin zu sein und dort bis 9:00 Uhr die Pakete zu sortieren. Danach habe er wie
alle anderen Fahrer auch eine Orientierungsliste mit Namen und Adressen erhalten. Termingebundene Zustellungen seien besonders
herausgehoben gewesen. Im Wesentlichen habe er den Zustellbezirk 36 übernommen. Die Erledigung der Aufträge sei durch Ausdrucke
aus dem Scanner-System kontrolliert worden. Unerledigt gebliebene Aufträge habe er am nächsten Tag wiederholen müssen.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2013 zurück. Der Beigeladene zu 1) habe sich
während der vereinbarten Dauer zur Arbeitsleistung und für weitere Absprachen uneingeschränkt zur Verfügung stellen müssen.
Die Arbeiten seien so zu beginnen und durchzuführen gewesen, dass er den vorgegebenen zeitlichen Rahmen einhalten konnte.
Sein Tagesablauf habe sich nach den Vorgaben der Klägerin und den übertragenen Aufgaben gerichtet. Er habe um 7:00 Uhr anwesend
sein müssen und die Arbeitszeit habe je nach Anzahl der abzuliefernden Pakete zwischen 15:00 Uhr und 18:00 Uhr geendet. Das
Zustellgebiet sei von der Klägerin vorgegeben worden. Die Einzelheiten der Arbeit würden sich nach den durch Dritte vorgegebenen
Terminen und Orten richten. Eine freie Gestaltung seiner Tätigkeit sei dem Beigeladenen zu 1) somit nicht möglich. Seine Freiheiten
seien nicht größer als bei den abhängig beschäftigten Mitarbeitern in der Transportbranche. Eigenverantwortung werde von den
Arbeitgebern bei jedem Beschäftigten erwartet oder vorausgesetzt. Über das "wie" der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) würden
die Vorgaben der Klägerin bestimmen. So sei der Beigeladene zu 1) verpflichtet, Hbekleidung zu tragen. Nach außen werde er
als Mitarbeiter der Firma H wahrgenommen. Über seine Vergütung entscheide die einseitig vorgegebene Preisliste. Ein Kapitaleinsatz,
bei dem durch die Erzielung geringer Umsätze die Gefahr des Verlusts bestehe oder der der Tätigkeit das Gepräge gebe, liege
nicht vor. Es fehle auch ein typisches unternehmerisches Risiko. Die Möglichkeit, länger und mehr zu arbeiten und so ein höheres
Entgelt zu erzielen, sei keine spezielle unternehmerische Chance, sie habe jeder Beschäftigte. Soweit der Beigeladene zu 1)
sein eigenes Fahrzeug einsetze, belege das keine selbständige Tätigkeit, weil der wirtschaftliche Aufwand für den Erwerb eines
solchen Fahrzeugs nicht zu hoch und des sich um ein auch privat genutztes Fahrzeug handele. Während der Ausführung der einzelnen
Aufträge sei der Beigeladene zu 1) im Wesentlichen an die ihm gemachten Vorgaben zu Einsatzorten und Zeiten gebunden gewesen.
Danach liege eine Einbindung in die Arbeitsorganisation eines fremden Unternehmens vor.
Dagegen richtet sich die am 15. November 2013 bei dem Sozialgericht Potsdam eingegangene Klage, die das Sozialgericht durch
Urteil vom 17. September 2015 abgewiesen hat. Der Beigeladene zu 1) sei im streitigen Zeitraum bei der Klägerin sozialversicherungspflichtig
beschäftigt gewesen. Er sei nicht als Subunternehmer oder selbständiger Frachtführer tätig gewesen. Seine Tätigkeit sei nicht
weisungsfrei erfolgt, auch ein Unternehmerrisiko habe nicht vorgelegen. Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sei nach dem
H-Qualitäts-Handbuch vom April 2010 gestaltet gewesen. Dieses habe dem Beigeladenen zu 1) einen eng und konkret beschriebenen
Rahmen für die Ausübung seiner Tätigkeit gesetzt. Ein freier Gestaltungsspielraum sei nicht vorhanden gewesen. In dem H-Qualitäts-Handbuch
seien sämtliche Handhabungen für die Zustellung von Sendungen, für nicht zustellbare Sendungen, für die Abwicklung von Retouren
und für weitere Serviceleistungen sowie zum Tourenende ausführlich beschrieben und vorgegeben. Die Tätigkeit des Beigeladenen
zu 1) habe gerade durch diese strenge Reglementierung ihr Gepräge erhalten. Vor dem Hintergrund der von der Hermesgruppe vorgegebenen
Richtlinien sei der Beigeladene zu 1) weitaus stärker in die betrieblichen Abläufe der Klägerin eingebunden gewesen als ein
Frachtführer im Sinne des HGB. Über die Regelungen des Hermes-Qualitätshandbuchs hinaus sei der Beigeladene zu 1) auch auf ein Rauchverbot im eigenen Fahrzeug
verpflichtet und an besondere Regelungen für die kundenorientierte Zustellung Abholung gebunden gewesen. Diese Regelungen
seien nicht nur vertraglich vereinbart gewesen, sondern auch tatsächlich gelebt worden. Auch das Erscheinungsbild des Beigeladenen
zu 1) habe sich an den Vorgaben der Klägerin entsprechend der Vereinbarung vom 24. Mai 2011 orientiert. Für den Beigeladenen
zu 1) habe kein unternehmerisches Risiko oder eine unternehmerische Chance bestanden. Er habe nur die Freiheit gehabt zu entscheiden,
ob er für die Klägerin tätig werde. Er habe zwar sein eigenes Fahrzeug eingesetzt, dieses sei jedoch sein ebenso privat benutzter
PKW gewesen, so dass darin kein besonderer Einsatz von Kapital erkannt werden könne. Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses
stehe auch nicht zwingend entgegen, dass der Beigeladene zu 1) die Möglichkeit gehabt hätte, seine Arbeit auch doch andere
ausführen zu lassen. Unerheblich sei, dass die Beteiligten keine Vergütung im Urlaubs- und Krankheitsfall vereinbart hätten.
Eine selbständige Tätigkeit könne nicht durch einen Verzicht auf Leistungen begründet werden. Die Gewerbeanmeldung habe ebenso
keine sozialversicherungsrechtliche Bedeutung, da die dafür zuständige Behörde nicht zur Prüfung des Status berufen sei und
die Gewerbeanmeldung allein nach dem Willen des Antragstellers vollziehe.
Gegen das ihr am 15. Oktober 2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 16. November 2015 (Montag) bei dem Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung der Klägerin. Der Beigeladene zu 1) sei nicht persönlich abhängig gewesen. Er habe
seine Arbeit selbst organisiert und Vertreter gestellt. Weitreichende Kontrollen und Mitspracherechte des Auftraggebers hätten
nicht bestanden. Umfangreiche Berichtspflichten habe es nicht gegeben, sie - die Klägerin - habe sowohl Arbeitnehmer als auch
Auftragnehmer beschäftigt. Der Beigeladene zu 1) habe auch eigene Produktionsmittel benutzt, da er sein eigenes Fahrzeug fuhr.
Er habe die Möglichkeit gehabt, auch für andere Auftraggeber tätig zu werden. Unbeachtlich sei das Verbot, gegenüber Kunden
mit eigenem Logo aufzutreten. Der Beigeladene zu 1) habe die gleiche Tätigkeit nicht vorher als Arbeitnehmer beim Auftraggeber
ausgeübt, auch habe er nicht anstelle einer Umsatzbeteiligung ein festes Gehalt erhalten. Tarifliche Urlaubs- und Entgeltfortzahlungsansprüche
hätten nicht bestanden, ein Unternehmerrisiko sei vorhanden gewesen. Dagegen fehle ein direkter Vorgesetzter, der den Arbeitsablauf
geregelt habe. Der Beigeladene zu 1) habe eine eigene Betriebsstätte gehabt, der Auftraggeber habe keine jederzeitigen Zugriffs-
und Einwirkungsmöglichkeiten gehabt. Auch habe der Beigeladene zu 1) ein Gewerbe angemeldet und Rechnungen unter Ausweisung
von Umsatzsteuer gestellt. Dem Beigeladenen zu 1) seien keine Aufgaben übertragen worden, sondern er habe die Aufträge erfüllt,
die er angenommen habe. Seine Arbeitszeit habe nicht um 7:00 Uhr begonnen, vielmehr hätten die Pakete ab 7:00 Uhr zur Abholung
bereit gelegen, ohne dass für die Auftragsausführung ein Beginn vorgeschrieben gewesen sei. Technische Geräte und Materialien
seinen aus einem Mietverhältnis heraus bereitgestellt worden. Daraus sei kein Anstellungsverhältnis zu begründen. Der an sie
- die Klägerin - erteilte Auftrag habe es notwendig gemacht, bestimmtes technisches Equipment zu verwenden, weswegen auch
die für sie selbständig tätigen Unternehmer über dieses verfügen mussten. Entgegen seiner Darstellung habe der Beigeladene
zu 1) über ein Entgelt verhandeln können. Es sei zudem von ihr - der Klägerin - kein Entgelt gezahlt worden, vielmehr habe
der Beigeladene zu 1) eine vertragliche Vereinbarung getroffen. Das Tragen der Hbekleidung während der Tätigkeit sei erforderlich
gewesen, damit der Endkunde den Lieferanten als Hermeszusteller erkennen könne. Dem Beigeladenen zu 1) sei aber jederzeit
gestattet gewesen, an seinem Fahrzeug Werbung anzubringen und bei der Ausführung anderer Aufträge seine Bekleidung zu ändern.
Eine ausführliche Dokumentationspflicht habe es nicht gegeben, auch nicht im Zusammenhang mit den so genannten Auslesen des
Scanners. Dieser Vorgang sei notwendig, um die Zustellung der Pakete nachweisen zu können. Das Arbeitsergebnis sei dabei nicht
geprüft worden. Die Verpflichtung, gegebenenfalls einen erneuten Zustellversuch zu unternehmen, sei bereits mit Übernahme
des Auftrags vereinbart gewesen und könne deswegen kein Anstellungsverhältnis begründen. Dem Beigeladenen zu 1) seien Arbeitsmittel
nicht zur Verfügung gestellt worden, vielmehr habe er sie angemietet. Ihre - der Klägerin - Räumlichkeiten habe der Beigeladene
zu 1) nicht genutzt. Die Möglichkeit, die Pakete auf dem Firmengelände einladen zu können, reiche dafür nicht aus. Der Beigeladene
zu 1) sei ohnehin nicht für sie - die Klägerin - tätig gewesen, sondern habe übernommene Aufträge ausgeführt. Was der Beigeladene
zu 1) in den anderen Zeiten getan habe, entzieht sich ihrer Kenntnis. Sie - die Klägerin - habe keine Veranlassung gehabt,
die Zeiten zu kontrollieren. Der Beigeladene zu 1) habe die Möglichkeit gehabt, sich andere Auftraggeber zu suchen, auch wenn
er Aufträge der Klägerin übernommen gehabt habe und damit die Verpflichtung eingegangen sei, diese vertragsgemäß zu erfüllen.
Er habe auch das Risiko bei Nichterfüllung eines Auftrages allein getragen. Ihr - der Klägerin - sei nicht bekannt gewesen,
dass der Beigeladene zu 1) über keine eigenen Räumlichkeiten verfügt habe, weil er bei Vertragsschluss eine Gewerbeanmeldung
mit Nennung einer Betriebsstätte vorgelegt habe. Da der Beigeladene zu 1) monatlich eine Rechnung gestellt habe, auf der er
Mehrwertsteuer ausgewiesen und seine Steuernummer angegeben habe, sei nicht nachvollziehbar, dass er in Unkenntnis darüber
gewesen sein könnte, selbständig zu sein. Zudem habe er als bulgarischer Staatsangehöriger bis zum 1. Januar 2014 nach dem
EU-Recht nicht als abhängig Beschäftigter arbeiten dürfen. sondern nur als Selbständiger. Das Urteil des Sozialgerichts sei
auch nicht wirksam unterzeichnet. Das Vertragsverhältnis zwischen ihr - der Klägerin - und dem Beigeladenen zu 1) sei eine
Geschäftsbesorgung gewesen, nicht ein Dienstvertrages. Der Beigeladene zu 1) sei selbständiger Frachtführer gewesen. Die Bindung
an die Serviceanforderung aus dem H-Qualitätshandbuch führe nicht zu einer abhängigen Tätigkeit. Vielmehr lasse die vertragliche
Gestaltung und die Durchführung des Frachtführerverhältnisses unter Berücksichtigung der Gewerbeanmeldung des Beigeladenen
zu 1) nach dem Gesamtbild der Tätigkeit nur den Schluss zu, dass der Beigeladene zu 1) selbständig gewesen sei. Das Sozialrecht
könne sich von den Normen des Gewerberechts, des Umsatzsteuer- und Einkommensteuerrechts nicht vollständig lösen. Auch die
Arbeitsgerichte würden bei Frachtführern in der Regel nicht von ihrer nicht Zuständigkeit ausgehen. Der zwischen den Beteiligten
geschlossene Vertrag spreche eindeutig für eine selbständige Tätigkeit. Der Vertrag habe kein Weisungsrecht begründet und
auch ausdrücklich das Recht des Auftragnehmers vorgesehen, für die vereinbarten Dienste einen Vertreter zu entsenden. Diese
Ersetzungsbefugnis spreche gegen ein Arbeitsverhältnis. Sie - die Klägerin - behandle die selbständigen Frachtführer anders
als ihre abhängig beschäftigten Mitarbeiter. Die Arbeitsverträge seien anders gestaltet. Entsprechend der vertraglichen Regelung
sie der Vertrag mit dem Beigeladenen zu 1) im Rahmen einer für einen Frachtführer typischen Weisungsgebundenheit durchgeführt
worden, aber eben nicht in der Form der Weisungsgebundenheit eines Arbeitnehmers. Es habe keine stärkere Einbindung in die
Organisation und Arbeitsabläufe ihres - der Klägerin - Betrieb gegeben, als dies nach den gesetzlichen Vorschriften für ein
Frachtführer üblich sei. Der Beigeladene zu 1) habe die Möglichkeit behalten, seine Arbeit selbstständig und bei freier eigener
Zeiteinteilung auszuführen. Die Vereinbarungen zur Übernahme und Ablieferung der zuzustellenden Güter und die Zeitfenster
für die Abholung der Waren hätten im Rahmen der für Frachtführer üblichen Vereinbarungen gelegen. Durch vertragliche Vereinbarung
sei lediglich der Zustellbezirk festgelegt worden, nicht aber Ort, Zeit sowie Art und Weise der Tätigkeit. Eine Meldepflicht
bei Abwesenheit stehe der Annahme von Selbständigkeit nicht entgegen. Der Beigeladene zu 1) habe die Übernahme der Frachtbeförderung
in einem bestimmten Gebiet übernommen, weswegen er zwingend mitteilen musste, wann er Aufträge übernehmen konnte und wann
nicht. Der maßgebliche Grad der persönlichen Abhängigkeit hänge immer auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Abstrakte
für alle Arbeitsmöglichkeiten geltende Merkmale gäbe es nicht. Alle Aspekte sprächen hier für eine selbständige Frachtführertätigkeit.
Abzustellen sei auf die gesetzliche Wertung, wonach Frachtführer selbständige Gewerbetreibende seien. Ein selbstständiger
Frachtführer sei im Vergleich zu anderen Unternehmern nach seinem Berufsbild im hohen Maße weisungsabhängig. Er sei eine allenfalls
frei darin, einen angebotenen Beförderungsauftrag anzunehmen oder abzulehnen. Der Beigeladene zu 1) sei im Kernbereich der
von ihm übernommenen Frachtführertätigkeit weisungsfrei gewesen. Er habe keine Vorgaben befolgen müssen, die über die Frachtführertätigkeit
hinausgehen würden. Für die Annahme von Weisungsbefugnis gebe es keine gesonderte rechtliche Grundlage. Soweit bereits Urteile
ergangen seien, in denen für H-Fahrer eine abhängige Beschäftigung festgestellt worden sein, habe sich um andere Sachverhalte
gehandelt, insbesondere nicht um Kurierfahrer mit Migrationshintergrund. Im Übrigen habe das LSG Nordrhein-Westfalen am 19.
März.2007 zum Az L 5 R 50/06 anders entschieden. Der Gesetzgeber habe nicht gewollt, dass durch die Rechtsfortbildung der Sozialgerichte das Rechtsinstitut
des selbständigen Frachtführers vollständig abgeschafft werde. Sie - die Klägerin - habe mit einem jährlichen Umsatz von mehr
als zwei Millionen Euro kein Interesse daran gehabt, einzelne Personen zur Selbstähnlichkeit zu überreden oder zu verleiten.
Der Beigeladene zu 1) habe sie offensichtlich bewusst belogen und falsche Auskünfte erteilt. Sie - die Klägerin - dürfe nicht
für falsche Angaben Ihrer Kurierfahrer bestraft werden. Es sei nicht richtig, sie - die Klägerin - durch nachträgliche Beitragspflichten
zu bestrafen, obwohl sie alles unternommen habe, um bei Aufnahme der Selbstständigen Tätigkeit eine Statusprüfung vorzunehmen.
Der Beigeladene habe über Monate Rechnungen geschrieben und Umsatzsteuer abgeführt. Er habe sein Fahrzeug nicht beschriften
müssen und keine weiteren Auflagen gehabt. Sie - die Klägerin- habe im betroffenen Zeitraum durchschnittlich 42 Mitarbeiter
beschäftigt. Sie habe kein Interesse daran gehabt, ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis zu vermeiden. Hinzuweisen
sei auch auf die Entscheidung des Sozialgerichts Düsseldorf v. 5. März 2015 - S 45 R 1190/14.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 17. September 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Juni 2013 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2013 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Urteil des Sozialgerichts sei nicht zu beanstanden. Neue entscheidungserhebliche Tatsachen seien nicht vorgetragen worden.
Der Beigeladene zu 1) sei mit denselben Aufgaben betraut gewesen, die üblicherweise von abhängig beschäftigten Kurierfahrern
der Klägerin wahrgenommen würden. Er sei im gleichen oder im ähnlichen Maßen in die üblichen organisatorischen Abläufe und
Strukturen der Klägerin integriert und involviert gewesen.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte verwiesen, die
vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten
vom 18. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2013 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin
nicht in ihren Rechten. Der Beigeladene zu 1) stand ab dem 24. Mai 2011 bis zum 30. Juni 2013 in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis
bei der Klägerin, aus dem sich Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der
Arbeitsförderung ergab.
Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin ist das Urteil des Sozialgerichts nicht deswegen unwirksam, weil es keine lesbare
Unterschrift der Vorsitzenden trägt. Ausreichend ist, dass ein individueller, nicht nur als Handzeichen oder Paraphe anzusehenden,
sondern den Anforderungen an eine Unterschrift genügender handschriftlichen Schriftzug verwendet wird. Unschädlich ist, dass
die einzelnen Buchstaben des Namens ineinander verschlungen sind. Denn auch ein nicht lesbarer Namenszug ist als Unterschrift
anzuerkennen, wenn der Unterzeichner auch sonst in gleicher oder ähnlicher Weise unterschreibt (BGH, Urt. v. 17. April 2018
- XI ZB 4/17 juris Rn 11). Letzteres ist aber der Fall, wie sich den in der Gerichtsakte des Sozialgerichts zu findenden Unterschriften
der Richterin unter die Klageeingangsverfügung oder das Sitzungsprotokoll entnehmen lässt.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist §
7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV). Danach hat die Beklagte im Anfrageverfahren über das Vorliegen einer Versicherungspflicht auslösenden Beschäftigung zu
entscheiden. Mit Recht ist die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung,
der sozialen Pflegeversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung ausgegangen.
Rechtsgrundlage ist §
5 Abs.
1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V), §
20 Abs.
1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB XI), §
1 Nr.
1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) und §
25 Abs.
1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III). Nach diesen Vorschriften unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht.
Die danach für den Eintritt von Versicherungspflicht erforderliche Beschäftigung wird in §
7 Abs.
1 SGB IV definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine
Beschäftigung sind nach §
7 Abs.
1 Satz 2
SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abzugrenzen ist die eine
Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung
in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit,
Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere
bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige
Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über
die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige
Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des
Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (Urteile des BSG vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R - und Urteil vom 12. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -).
Der Beigeladene zu 1) ist, wie sich aus seinen Angaben und den von ihm vorgelegten Dienstverträgen und Rechnungen ergibt,
vom 24. Mai 2011 bis zum 30. Juni 2013 für die Klägerin tätig gewesen. Für die Einordnung dieser Tätigkeit als selbständige
Tätigkeit oder abhängige Beschäftigung ist zunächst von den zwischen den Beteiligten getroffenen vertraglichen Abreden auszugehen.
Diese deuten darauf hin, dass eine selbständige Tätigkeit gewollt war. Dafür sprechen die Bezeichnungen in der Vereinbarung
vom 24. Mai 2011 als Auftraggeber und Auftragnehmer und die ausdrückliche Abrede, dass die Tätigkeit als Selbständiger ausgeübt
werde.
Die vertraglich vorgegebene Einordnung als selbständige Tätigkeit muss aber auch vor den tatsächlichen Verhältnissen bestehen
können. Denn das Entstehen von Versicherungspflicht ergibt sich aus dem Gesetz und ist nicht Gegenstand einzelvertraglicher
Vereinbarungen. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deswegen (auch) die tatsächliche Ausgestaltung
der Verhältnisse, welchen gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (Urteil
des BSG vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R - juris Rn 17; Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - juris Rn 17). Nach diesen ist hier von einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) auszugehen. Die tatsächlichen
Verhältnisse der Arbeitsleistung habe auch mehr Bedeutung als die Anmeldung eines Gewerbes oder das Ausstellung von Rechnungen
mit Umsatzsteuer. Insoweit liegen zwar gewisse Indizien für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit vor, die aber alleine
nicht ausschlaggebend sind (vgl. Seegebrecht in jurisPK
SGB IV, 3. Aufl. §
7 Rn 94).
Der Beigeladene zu 1) ist in die Arbeitsorganisation der Klägerin zu 1) eingeordnet und auf deren Material und Personal angewiesen
gewesen. Ohne die Lagerung und Sortierung der Post und Pakete in den Betriebsräumen der Klägerin, der Zuteilung der Post und
Pakete und des Zustellgebietes sowie die zur Verfügung gestellten Sachmittel wie Tourscanner konnte der Beigeladene zu 1)
seine Arbeit nicht verrichten. Er ist gegenüber den Endkunden der Klägerin auch nicht wie ein selbstständiger Unternehmer
aufgetreten, sondern war aufgrund Nr. 6.1. der Vereinbarung verpflichtet, sich während der Zustell- und Abholtätigkeit anhand
seiner vollständigen Oberkörperbekleidung als Angehöriger der H-Logistik-Gruppe zu erkennen zu geben. Das macht seine Eingliederung
in eine übergeordnete Organisation deutlich. Er war auch den Weisungen der Klägerin unterworfen. Es bestand eine Bindung an
den Ort der Arbeitsleistung. Der Zustellbezirk war nicht zwischen den Beteiligten vertraglich vereinbart worden, sondern wurde
dem Beigeladenen zu 1) jeweils "nach Absprache" zugewiesen. Selbst hinsichtlich der Arbeitszeit war der Beigeladene zu 1)
nicht frei. Da alle übernommenen Pakete nach den Angaben des Geschäftsführers der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor
dem Sozialgericht grundsätzlich am selben Tag zugestellt werden sollten, blieb für die ordnungsgemäße Zustellung nur ein enger
zeitlicher Korridor. Auch in Bezug auf die Art und Weise der Arbeitsausführung war der Beigeladene zu 1) an die bis ins Einzelne
gehenden Vorgaben der Klägerin gebunden. Nach 1.2 der Vereinbarung zwischen den Beteiligten galt für die Abwicklung des Auftrags
der Inhalt der jeweils aktuellen Ausgabe des Heftes "Abläufe und Sendungsdokumentation". Die maßgeblichen Vorgaben lassen
sich dem von der Klägerin vorgelegten "H-Qualitäts-Handbuch" entnehmen, u.a. "die zehn Grundregeln für die kundenorientierte
Zustellung und Abholung", Rauchverbot im eigenen Fahrzeug sowie detaillierte Vorgaben zum Umgang mit den Sendungen und den
Kunden. Es ist unerheblich, dass die Klägerin damit in der Sache nur Vorgaben erfüllen wollte, die ihr selbst vom H-Versand
gemacht worden waren. Denn der Beigeladene zu 1) ist von ihr auf die Einhaltung dieser Vorgaben verpflichtet worden. Weitere
Einzelanweisungen waren überflüssig, weil sich die notwendigen Verrichtungen bei dem Zustellen der Post und Pakete aus der
Natur der Sache ergaben. Weil die inhaltlichen Vorgaben über die Art und Weise der Ausübung der Tätigkeit damit weit über
das hinausgingen, was nach den §§ 407ff HGB für die Tätigkeit der Frachtführer gilt, kann aus der gesetzlichen Wertung, dass Frachtführer im Sinne der §§ 407ff HGB als Selbständige anzusehen sind, vorliegend nichts gegen eine Beschäftigung abgeleitet werden (Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz
vom 15. Juli 2015 - L 6 R 23/14 - juris Rn 107). Es kommt auch nicht darauf an, ob dem Kläger europarechtlich eine Tätigkeit als abhängig Beschäftigter erlaubt
gewesen wäre. Die Aufnahme einer abhängigen Tätigkeit ohne die erforderliche Arbeitserlaubnis mag gegen ein gesetzliches Verbot
verstoßen, ohne aber etwas am Tatbestand des Vorliegens einer Beschäftigung ändern zu können (vgl. zuletzt LSG Baden-Württemberg
v. 13. März 2018 - L 11 R 609/17 - juris Rn 36).
Dass der Beigeladene zu 1) sein eigenes Auto für die Tätigkeit benutzte, stellte kein echtes Unternehmerrisiko dar, da er
nur das von ihm angeschaffte Privat - KFZ einsetzte. Eine ausschließlich geschäftlichen Zwecken dienende Investition, wie
sie etwa bei der Anschaffung eines Transporters nahe liegen würde, wurde nicht getätigt. Es kommt auch nicht darauf an, ob
der Beigeladene zu 1) weiteren Tätigkeiten nachging und in diesen selbständig war. Entscheidungserheblich ist vorliegend allein
die für die Klägerin ausgeübte Tätigkeit. In dieser verfügte er nicht über einen nennenswerten Spielraum für eigene unternehmerische
Initiativen und konnte den Ertrag seiner Tätigkeit nicht steigern durch verstärkten eigenen Arbeitseinsatz bzw. den Einsatz
eigener Arbeitnehmer oder sachlicher Mittel. Im Übrigen handelt es sich bei einer Zustellertätigkeit um eine durch fremde
Vorgaben geprägte Tätigkeit ohne nennenswerte eigene Entscheidungsbefugnisse, die vom Typus her grundsätzlich dem Bereich
einer abhängigen Beschäftigung zuzuordnen ist. Auf die Entscheidung des erkennenden Senats vom 17. Januar 2014 - L 1 KR 358/12 und das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. Juli 2015 - L 6 R 23/14 wird erwiesen.
Auch der Umstand, dass der Beigeladene zu 1) seine Arbeit hätte delegieren können, belegt nicht die Selbstständigkeit. Die
Befugnis, die Arbeit durch andere erledigen zu lassen, steht der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses nicht zwingend
entgegen (so bereits Urteil des Senats vom 30. Oktober 2009 - L 1 KR 315/08 - juris Rdnr. 51 unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 19. August 2003 - B 2 U 38/02 R - SozR 4-2700 § 2 Nr. 1). Es gibt Beschäftigungsverhältnisse, bei denen es auf die persönliche Arbeitsleistung nicht unbedingt
ankommt, sondern eine Vertretung etwa durch Familienangehörige oder Dritte möglich und üblich ist (so zutreffend LSG Baden-Württemberg,
Urteil vom 12. Dezember 2008 -L 4 R 3542/05-), beispielsweise beim Zeitungsaustragen. So lag es auch hier, weil für die Klägerin die Einhaltung der Anforderungen des
Hversands im Vordergrund stand, nicht die Person des Kurierfahrers.
Die Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) war nicht wegen Geringfügigkeit nach §§
27 Abs.
2 SGB III, 7
SGB V, 5 Abs. 2
SGB VI versicherungsfrei. Der Beigeladene zu 1) ging einer regelmäßigen Dauerbeschäftigung für die Klägerin nach. Es ist auch nicht
ersichtlich, dass der Beigeladene zu 1) in der Krankenversicherung nach §
5 Abs.
5 SGB V wegen Ausübens einer hauptberuflich selbständigen Erwerbstätigkeit versicherungsfrei sein könnte. Nach seinen Angaben ging
er in dem streitigen Zeitraum keiner anderen Erwerbstätigkeit nach. Anhaltspunkte für das Gegenteil gibt es nicht. Sie sind
auch von der Klägerin nicht benannt worden. Es besteht daher keine Grundlage für die Annahme, dass die Tätigkeit für die Klägerin
nicht die hauptsächliche Quelle der Einnahmen des Beigeladenen zu 1) war, solange er sie noch ausübte.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
197a SGG iVm §
154 VwGO und entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG liegen nicht vor.