Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Feststellung der beklagten Krankenkasse, dass ihre Einkünfte aus einer geringfügigen Beschäftigung
der Beitragspflicht zur sozialen Pflegeversicherung unterliegen, und gegen die Erhebung dieser Beiträge.
Die im Jahre 1942 geborene Klägerin bezog seit März 2002 Altersrente für Frauen und übte zeitgleich eine geringfügige Beschäftigung
aus, wobei sie monatlich 325,00 Euro verdiente. Sie ist freiwilliges Mitglied der Beklagten und Pflichtmitglied der beigeladenen
Pflegekasse.
Mit Bescheid vom 9. November 2006 forderte die Beklagte mit Wirkung vom 1. Januar 2006 auf der Grundlage des Einkommens der
Klägerin aus ihrer geringfügigen Beschäftigung Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 5,53 Euro monatlich nach, nahm jedoch
später mit Bescheid vom 20. November 2006 den Bescheid vom 9. November 2006 mit Wirkung für die Vergangenheit zurück, weil
die Klägerin Vertrauensschutz genieße.
Mit weiterem Bescheid vom 20. November 2006 stellte die Beklagte mit Wirkung vom 1. Dezember 2006 fest, dass aus dem Einkommen
der Klägerin aus ihrer geringfügigen Beschäftigung Pflegeversicherungsbeiträge zu berechnen seien. Diese seien monatlich mit
5,53 Euro anzusetzen. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2007 mit der
Begründung zurück, auf Grund der Satzung der Beklagten und der Vorschrift des §
240 Abs.
1 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (
SGB V) und des §
57 Abs.
4 Satz 1 und
2 Sozialgesetzbuch/Elftes Buch (
SGB XI) seien Beiträge auch aus der geringfügigen Beschäftigung zu zahlen.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Cottbus hat die Klägerin die Aufhebung der Bescheide vom 20. November
2006 und vom 10. Januar 2007 und hilfsweise die Feststellung begehrt, wonach ihre Beiträge zur Pflegeversicherung nicht nach
dem Arbeitsentgelt aus der geringfügigen Beschäftigung zu bemessen seien. Mit Gerichtsbescheid vom 13. März 2008 hat das Sozialgericht
die Klage abgewiesen: Die Beklagte sei berechtigt gewesen, die Beitragsfestsetzung neu vorzunehmen. Die Vorschrift des §
240 SGB V finde im Hinblick auf die Pflegeversicherung auch dann Anwendung, wenn aus der gleichzeitig bestehenden freiwilligen Krankenversicherung
keine Beiträge aus der geringfügigen Beschäftigung zu zahlen seien.
Gegen diesen ihr am 9. April 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 5. Mai 2008 Berufung zum Landessozialgericht
eingelegt. Sie meint, sie habe darauf vertrauen dürfen, dass auch weiterhin keine Beiträge aus der geringfügigen Beschäftigung
für die soziale Pflegeversicherung erhoben würden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 13. März 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. November 2006 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2007 aufzuheben,
hilfsweise festzustellen, dass ihr Einkommen aus der geringfügigen Beschäftigung nicht zur Beitragsbemessung für die soziale
Pflegeversicherung heranzuziehen sei.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten
Schriftsätze sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten, welche im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und
Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung zulässig, insbesondere nach §
144 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthaft, weil die Einschränkungen nach §
144 Abs.
1 SGG für den vorliegenden Fall streitwertunabhängig nicht gelten. Die Berufung ist im Sinne des Hauptantrages auch begründet.
Der angefochtene Gerichtsbescheid und die angefochtenen Bescheide der Beklagten waren aufzuheben, weil der unzuständige Sozialversicherungsträger
gehandelt hat.
Rechtsgrundlage für die Erhebung der Beiträge zur beigeladenen Pflegekasse ist §
60 Abs.
3 Sozialgesetzbuch/Elftes Buch (
SGB XI), der zum Zeitpunkt des Erlasses der hier streitbefangenen Bescheide folgenden Wortlaut hatte:
Die Beiträge sind an die Krankenkasse, bei der die zuständige Pflegekasse errichtet ist, zugunsten der Pflegeversicherung
zu zahlen.
Die Auslegung dieser Vorschrift führt dazu, dass die Pflegekasse und nicht die Krankenkasse für eine Entscheidung über die
Beitragspflicht in der sozialen Pflegeversicherung und die folgende Erhebung der Beiträge selbst zuständig war (so auch LSG
Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Juli 2005, L 5 KR 34/05). Die Pflegekassen sind rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts (§
46 Abs.
2 Satz 1
SGB XI). Nach §
48 Abs.
1 Satz 1
SGB XI ist für die Durchführung der Pflegeversicherung die Pflegekasse zuständig. Hierzu gehören auch Entscheidungen über die abzuführenden
Beiträge (LSG Rheinland-Pfalz aaO.).
Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass nach §
60 Abs.
3 Satz 1
SGB XI in der bei Bescheiderteilung geltenden Fassung die Beiträge zur Pflegeversicherung an die Krankenkasse zu Gunsten der Pflegeversicherung
zu zahlen waren. Denn hierbei handelte es sich nur um eine Zahlungsregelung, welche die Zuständigkeit der Pflegekassen im
Übrigen nicht berührte (LSG Rheinland-Pfalz aaO.). Eine von diesem Grundsatz abweichende Regelung wie etwa die Regelungen
über die Zuständigkeit der Krankenkasse als Einzugsstelle zur Erhebung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (§ 28d Satz 2
in Verbindung mit Satz 1, § 28h Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch/Viertes Buch) ist vom Gesetzgeber für Fälle wie den Vorliegenden
nicht getroffen worden.
Der Senat lässt offen, ob unter Geltung heutigen Rechts eine andere Beurteilung zu erfolgen hätte. Die Vorschrift des § 60
Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 hat mit Wirkung vom Jahresbeginn 2009 folgenden Wortlaut erhalten:
Die Beiträge sind an die Krankenkassen zu zahlen.
Es war vorliegend nicht darüber zu entscheiden, ob sich aus diesem Wortlaut, der eine Zahlung zugunsten der Pflegekassen nicht
mehr ausdrücklich erwähnt, nunmehr auch eine Befugnis der Krankenkassen zur Feststellung der Beitragspflicht und zur Beitragserhebung
für die soziale Pflegeversicherung ergibt. Denn diese Vorschrift ist auf die vorliegend angefochtenen Bescheide der Beklagten,
die während der Geltung des vorigen Rechtszustands erteilt wurden, nicht anzuwenden.
Über den Hilfsantrag der Klägerin war nicht zu entscheiden, weil die Klägerin bereits mit ihrem Hauptantrag erfolgreich gewesen
ist. Eine Entscheidung darüber, ob und in welcher Weise die Beklagte oder die Beigeladene durch zukünftige Bescheide eine
Entscheidung über die Beitragspflicht zur sozialen Pflegeversicherung und über die Beitragserhebung treffen können, hatte
im vorliegenden Fall nicht zu ergehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Der Senat hat im Wege der Ausübung pflichtgemäßen richterlichen Ermessens davon abgesehen, die Beklagte oder die Beigeladene
zur Kostenerstattung gegenüber der Klägerin zu verpflichten, weil auch das prozessuale Verhalten der Klägerin den Rechtsstreit
nicht entscheidend gefördert hat.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen. Der Rechtsstreit betrifft die Anwendung abgelaufenen Rechts. Darüber hinaus ist die Rechtsprechung des Landessozialgerichts
Rheinland-Pfalz, der der Senat gefolgt ist, durch den folgenden Beschluss des Bundessozialgerichts vom 4. Juli 2006 (B 12 KR 67/05 B) nicht beanstandet worden.