Tatbestand:
Die Klägerin begehrt höhere Leistungen ohne Berücksichtigung von zwei Sanktionsbescheiden.
Die 1955 geborene erwerbsfähige Klägerin bezieht seit Juli 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Beklagten.
Am 24. April 2012 teilte die Klägerin mit, dass sie die Pflege ihrer Mutter übernommen habe und seit März das Pflegegeld der
Pflegestufe I ihrer Mutter erhalten würde. Es liegt ein Schreiben der Pflegekasse vom 10. April 2012 vor, nach dem die Mutter
der Klägerin seit dem 28. März 2012 Leistungen der Pflegestufe I erhalte.
Mit Schreiben vom 17. April 2013 wurde die Klägerin von der für sie zuständigen Arbeitsvermittlerin in die Räumlichkeiten
des Beklagten zu einem Gespräch am 14. Mai 2013 eingeladen. Als Zweck des Gesprächs war die Besprechung der aktuellen beruflichen
Situation der Klägerin genannt. Die Klägerin erschien zu dem angegebenen Meldetermin nicht und meldete sich auch sonst nicht
beim Beklagten.
Es erfolgten weitere Einladungen zu Terminen am 28. Mai 2013, 20. Juni 2013, 9. Juli 2013, 27. August 2013, 19. September
2013, 22. Oktober 2013 und 11. November 2013. Die Termine verstrichen, ohne dass die Klägerin diese wahrnahm oder sich zu
den Hinderungsgründen äußerte.
Der Beklagte erließ aufgrund der Meldeversäumnisse verschiedene Sanktionsbescheide (vom 21. Juni 2013, 19. Juli 2013, 16.
September 2013, 24. September 2013, 24. Oktober 2013, 13. November 2013 und 3. Dezember 2013), mit welchen er für die Dauer
von jeweils drei Monaten eine Minderung des Leistungsanspruchs der Klägerin in Höhe von 10% feststellte. Entsprechend wurden
die Auszahlungen gekürzt. Der Bescheid vom 19. Juli 2013 wurde bestandskräftig, gegen die weiteren Bescheide legte die Klägerin
jeweils Widersprüche ein. Sie habe bereits mit Schreiben vom 22. April 2012 ihre persönliche Situation mitgeteilt, ohne dass
der Beklagte hierzu Rückfragen gehabt hätte. Die Widersprüche wurden zurückgewiesen und die hiergegen erhobenen Klagen (nur
der Widerspruchsbescheid vom 11.2.2014 hinsichtlich des Sanktionsbescheides vom 3.12.2014 wurde nicht angegriffen) blieben
zum Teil erfolglos (zuletzt LSG Hamburg, Beschluss v. 25.1.2016 - L 4 AS 99/15 NZB, L 4 AS 100/15 NZB, L 4 AS 101/15 NZB, L 4 AS 102/15 NZB); hinsichtlich des Bescheides vom 24. Oktober 2013 wird Bezug genommen auf das Senatsurteil vom heutigen Tage im Berufungsverfahren
L 4 AS 278/16.
Es folgte eine weitere Sanktion wegen Meldeversäumnisses am 27. Dezember 2013 (Sanktionsbescheid vom 3. Februar 2014). Die
Klägerin wurde sodann mit Schreiben vom 27. Dezember 2013 aufgefordert, sich am 31. Januar 2014 um 9.00 Uhr in den Räumlichkeiten
der Arbeitsvermittlung einzufinden, um über die aktuelle berufliche Situation zu sprechen. Das Schreiben enthielt eine Rechtsfolgenbelehrung.
Da die Klägerin den Termin am 31. Januar 2013 nicht wahrnahm, lud der Beklagte sie mit Schreiben vom gleichen Tag zu einem
neuen Gesprächstermin ein, hörte sie zugleich zu einer beabsichtigten Minderung wegen ihres unentschuldigten Fernbleibens
an und erließ sodann am 3. März 2014 einen Sanktionsbescheid, mit welchem er die Minderung des Auszahlungsanspruchs der Klägerin
für den Zeitraum vom 1. April 2014 bis 30. Juni 2014 in Höhe von monatlich 39,10 Euro feststellte. Die Leistungen behielt
der Beklagte ein. Der Widerspruch der Klägerin vom 31. März 2014 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 2014 zurückgewiesen.
Im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren ist am heutigen Tage das Berufungsurteil ergangen (LSG Hamburg, L 4 AS 279/16); darauf wird verwiesen.
Unterdessen bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 24. Januar 2014 (Streitgegenstand des Berufungsverfahrens
L 4 AS 285/16) Leistungen vom 1. Februar 2014 bis 31. Juli 2014 unter Berücksichtigung der Sanktionen vom 13. November 2013 und 3. Dezember
2013 in den Monaten Februar und März 2014.
Mit Änderungsbescheid vom 24. März 2014 setzte der Beklagte die Sanktionsbescheide vom 3. Februar und 3. März 2014 durch Abänderung
der Leistungsbewilligung für die Monate April bis Juni 2014 um. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein, den der Beklagte
mit Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 2015 zurückwies.
Mit ihrer am 27. Mai 2015 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Ziel weiter verfolgt. Das Sozialgericht hat die Klägerin aufgefordert,
die Pflegesituation der Mutter im Hinblick auf die Frage, ob ein wichtiger Grund für das Fernbleiben der Klägerin zu den Meldeterminen
vorgelegen habe, näher darzustellen. Eine Antwort hierauf ist ausgeblieben.
Mit Urteil vom 27. Juni 2016 hat das Sozialgericht den Beklagten unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verpflichtet,
der Klägerin Leistungen ohne Berücksichtigung der Minderung aufgrund des Sanktionsbescheides vom 3. März 2014 zu gewähren,
und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der angefochtene Änderungsbescheid vom 24. März 2014 sei nicht Gegenstand des Widerspruchs-
und Klageverfahrens gegen den ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 24. Januar 2014 geworden. Die Klägerin habe bereits
ihren Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid in zulässiger Weise auf die Monate Februar und März 2014 beschränkt, in denen
Leistungen tatsächlich nicht in voller Höhe bewilligt und ausgezahlt worden seien. Der hier streitige Änderungsbescheid treffe
Regelungen erst ab April 2014. Er ändere damit nicht den angefochtenen Teil des ursprünglichen Bewilligungsbescheides ab.
Der Änderungsbescheid vom 24. März 2014 sei indes nur teilweise rechtwidrig. Die Klägerin habe lediglich einen Anspruch gegen
den Beklagten auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ohne Berücksichtigung der durch Sanktionsbescheid vom 3.
März 2014 festgestellten Minderung. Der Sanktionsbescheid vom 3. Februar 2014 wegen des Meldeversäumnisses am 27. Dezember
2013, der eine Minderung des Auszahlungsanspruchs in Höhe von 39,10 Euro monatlich für den Zeitraum vom 1. März bis 31. Mai
2014 feststelle, sei bestandskräftig. Zwar habe die Klägerin die Untätigkeit des Beklagten gerügt und geltend gemacht, mit
Schreiben vom 15. Februar 2014 Widerspruch eingelegt zu haben. Der Beklagte habe jedoch dessen Zugang bestritten und auch
in den Verwaltungsakten befinde sich kein entsprechendes Schriftstück. Die Klägerin habe keinerlei Nachweise über den Widerspruch
und dessen Einlegung erbracht. Weitere Ermittlungsmöglichkeiten seitens des Gerichts bestünden nicht. Hinsichtlich der Erhebung
des Widerspruchs trage aber die Klägerin die objektive Beweislast. Hingegen habe der Gesamtbedarf nicht um die durch Sanktionsbescheid
vom 3. März 2014 festgestellte Minderung in Höhe von 39,10 Euro für die Monate April bis Juni 2014 zu reduzieren. Der Sanktionsbescheid
sei wegen Ermessensfehlers rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Denn der Beklagte hätte vorliegend erläutern
müssen, weshalb er trotz der offenkundigen Erfolglosigkeit seiner Eingliederungsstrategie weiterhin wie bisher verfahre, damit
sich nicht der Eindruck aufdränge, er habe sich bei der Meldeaufforderung von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Insoweit
hat das Sozialgericht auf seine Entscheidung im Verfahren S 35 AS 1906/14 (anhängig als Berufungsverfahren des LSG Hamburg, L 4 AS 279/16; siehe Senatsurteil vom heutigern Tage) verwiesen.
Das Sozialgericht hat die Berufung zugelassen. Der Beklagte hat am 2. August 2016 und die Klägerin hat am 4. August 2016 Berufung
gegen das am 9. bzw. 11. Juli 2016 zugestellte Urteil eingelegt. Der Beklagte macht geltend, dass erst ab einer Minderung
um mehr als 30 % eine Überprüfung der Ermessensausübung veranlasst sei. Der Beklagte stoße hier an die Grenzen seiner Möglichkeiten.
Die Klägerin macht geltend, sie bleibe aus wichtigem, dem Beklagten bekanntem Grund den Meldeterminen fern. Sie erwähnt ferner
einen "unsachgemäßen" Entlassungsvorgang aus dem Jahr 1998 und ihr daraus gegenüber dem Beklagten zustehende Schadenersatzforderungen.
Die Klägerin beantragt nach Aktenlage,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 27. Juni 2016 abzuändern und den Beklagten auch zu verpflichten, der Klägerin unter
Abänderung des Bescheids vom 24. März 2014 und des Widerspruchsbescheids vom 13. Mai 2014 Leistungen ohne Berücksichtigung
der Sanktionen vom 3. Februar 2014 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 27. Juni 2016 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Senat hat am 28. Juni 2018 über die Berufung mündlich verhandelt. Es wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Prozessakte und die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, die Gegenstand
der Verhandlung und Beratung waren.
I.
II.
Den Streitgegenstand des Verfahrens bildet allein der Änderungsbescheid vom 24. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 13. Mai 2014 und dies nur - so der Klageantrag - hinsichtlich der Umsetzung der Sanktionsbescheide vom 3. Februar 2014
und 3. März 2014, also hinsichtlich der Monate April bis Juni 2014. Die Sanktionsbescheide selbst sind nicht streitgegenständlich.
Zulässiger Weise hat die Klägerin hinsichtlich des Sanktionsbescheides vom 3. März 2014 den Weg der isolierten Anfechtungsklage
gewählt (vgl. Urteil des Senats vom heutigen Tage im Berufungsverfahren L 4 AS 279/16). Ob der Sanktionsbescheid vom 3. Februar 2014 überhaupt angefochten wurde, kann hier dahinstehen, jedenfalls würde es sich
ebenfalls um eine isolierte Anfechtung handeln.
III.
Zu Recht hat das Sozialgericht den Beklagten unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, der Klägerin Leistungen
ohne Berücksichtigung der Minderung aufgrund des Sanktionsbescheides vom 3. März 2014 zu gewähren. Denn der Sanktionsbescheid
ist aufgrund der zugrundeliegenden, ermessensfehlerhaften Meldeaufforderung rechtswidrig. Insoweit wird auf das Senatsurteil
vom heutigen Tage im Berufungsverfahren L 4 AS 279/16 verwiesen.
Ebenfalls zu Recht hat das Sozialgericht die Klage im Übrigen abgewiesen. Denn einer Berücksichtigung des Sanktionsbescheides
vom 3. Februar 2014 stand von Rechts wegen nichts entgegen - der Bescheid ist nämlich bestandskräftig. Dass die Klägerin hiergegen
Widerspruch erhoben habe, ist nicht feststellbar und die Klägerin trägt die Beweislast. Insoweit wird auf das Urteil des Senats
vom heutigen Tage im Berufungsverfahren L 4 AS 68/16 verwiesen.
IV.