Versicherungspflicht in der GKV
Grundsatzrüge
Klärungsfähigkeit einer Rechtsfrage
Mehrfach begründetes Berufungsurteil
Tatsachengrundlage der Vorinstanz
Gründe:
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob der Kläger in seiner
Tätigkeit als (Mit-)Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. - einer GmbH, deren Alleingesellschafterin die Mutter des Klägers
ist - seit 1.9.2010 aufgrund (abhängiger) Beschäftigung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und
nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 11.6.2014 ist in
entsprechender Anwendung von §
169 S 2 und 3
SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen §
160a Abs
2 S 3
SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das BSG darf gemäß §
160 Abs
2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl
BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
1. Der Kläger beruft sich in der Beschwerdebegründung vom 25.9.2014 ausschließlich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen
Bedeutung des Rechtsstreits (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG). Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache lässt sich nur darlegen, indem die Beschwerdebegründung ausführt, welche
Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit
oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht
zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN; vgl auch BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7 und BVerfG SozR 4-1500 § 160a Nr 12, 24). Die Beschwerdebegründung hat
deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten
ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im Allgemeininteresse vornehmen soll
(BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Der Kläger formuliert auf Seite 5 der Beschwerdebegründung folgende "Rechtsfrage":
"Ist eine Vereinbarung der Zusammenarbeit zwischen der Alleingesellschafterin einer GmbH, die weder in der GmbH tätig ist,
noch über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, Entscheidungen für oder im Unternehmen zu treffen, und dem Geschäftsführer
der Gesellschaft und Sohn der Gesellschafterin getroffene Regelung, nach der sich die Gesellschafterin verpflichtet die ihr
zustehenden Stimmrechte als Gesellschafterin der GmbH nur abgestimmt, d.h. nur einstimmig mit dem Geschäftsführer ausübe,
sich also insoweit an die Person des Geschäftsführers bindet, geeignet, die Rechtsmacht innerhalb der GmbH zu Gunsten eines
Geschäftsführers so zu verschieben, dass eine abhängige Beschäftigung nicht in Frage kommt?"
Hierzu führt er unter Hinweis auf einschlägige Literatur und Rechtsprechung weiter aus, solche Vereinbarungen seien grundsätzlich
zulässig; die Pflicht zur Stimmabgabe entsprechend des Stimmbindungsvertrages sei einklagbar. Damit komme dem Geschäftsführer
ein Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft zu. Er könne jegliche Beschlussfassung gegen seinen Willen insoweit verhindern.
Fraglich sei, ob dies ein solch maßgeblicher Einfluss sei, dass eine Abhängigkeit einer Beschäftigung iS von §
7 SGB IV zu verneinen sei. Die Rechtsprechung des BSG zu geschäftsführenden Gesellschaftern einer GmbH wie auch zur Nichtausübung von Weisungsrechten sei - wie näher ausgeführt
wird - nicht geeignet, diese Frage zu beantworten.
Es kann unerörtert bleiben, ob der Kläger mit der sprachlich verunglückten Frage und den nachfolgenden Ausführungen eine hinreichend
konkrete Rechtsfrage zum Anwendungsbereich einer revisiblen Norm aufgeworfen und den vom Revisionsgericht erwarteten klärenden
Schritt ausreichend konkret dargelegt hat. Auch kann dahinstehen, ob er die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage - deren Qualität
als Rechtsfrage unterstellt - ausreichend dargelegt hat. Jedenfalls fehlt es in der Begründung an ausreichenden Darlegungen
zur Klärungsfähigkeit dieser Frage. Hierzu wäre insbesondere darzustellen gewesen, dass das BSG im angestrebten Revisionsverfahren überhaupt über die aufgeworfene Frage entscheiden müsste, die Frage also entscheidungserheblich
ist. Dies ist nicht der Fall, wenn eine klärungsbedürftige Rechtsfrage im konkreten Rechtsstreit nicht notwendigerweise beantwortet
werden muss, weil die Entscheidung der Vorinstanz mit anderer rechtlicher Begründung bestätigt werden kann (vgl nur Leitherer
in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
160 RdNr 9g mwN). Dies ist - wie das Vorliegen grundsätzlicher Bedeutung insgesamt (vgl hierzu Leitherer, aaO, RdNr 9f mwN) -
auf der Tatsachengrundlage der Vorinstanz zu beurteilen, weshalb sich auch die Darlegungen zu dieser Zulässigkeitsvoraussetzung
auf die im angegriffenen Urteil mit Bindungswirkung für das BSG (§
163 SGG) festgestellten Tatsachen beziehen müssen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Zwar erkennt der Kläger im Ansatz, dass die Zuordnung einer Tätigkeit zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw selbstständigen
Tätigkeit nach deren Gesamtbild vorzunehmen ist und voraussetzt, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht
kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht
eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden
(stRspr, vgl nur BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 25 mwN). Jedoch zieht er hierfür nicht die für die Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der von ihm formulierten
Frage notwendigen Konsequenzen: Weil das LSG - wie in der Beschwerdebegründung im Wesentlichen zutreffend beschrieben - sein
Ergebnis auf eine Gesamtabwägung verschiedener Indizien gründet, hätte der Kläger alle vom LSG in die Abwägung eingestellten
Gesichtspunkte sowie deren jeweilige vom LSG vorgenommene Gewichtung benennen und darlegen müssen, dass sich durch die von
ihm favorisierte Beantwortung der formulierten Fragen das Gewicht der vom LSG in die vorgenommene Gesamtabwägung eingestellten
Indizien so zu seinen (des Klägers) Gunsten verschieben würde, dass entgegen dem Abwägungsergebnis des LSG eine Beschäftigung
nicht mehr angenommen werden könnte. Zur Erfüllung entsprechender Darlegungen genügt es nicht, dass der Kläger seine Frage
nach der Bedeutung eines nach Art und Umfang nicht näher bezeichneten, dem Fremdgeschäftsführer vertraglich eingeräumten Stimmrechts
derart zuspitzt, dass sie nur in Form eines "entweder/oder" beantwortet werden kann ("so zu verschieben, dass eine abhängige
Beschäftigung nicht in Frage kommt"). Vielmehr hätte der Kläger die vom LSG zur Ausgestaltung des Stimmrechts konkret festgestellten
Tatsachen insgesamt darstellen, im Hinblick auf ihre Bedeutung für seine Unterworfenheit unter Weisungen der Gesellschafter
bewerten und ihrem hieraus folgenden Gewicht entsprechend zusammen mit allen anderen vom LSG festgestellten Indizien in die
Abwägung einstellen müssen. Denn nur anhand des vom LSG konkret mit Bindungswirkung für das BSG festgestellten Inhalts einer Stimmrechtsvereinbarung kann - deren grundsätzliche Eignung zur Ablösung eines Weisungsrechts
(dem Kläger folgend) unterstellt - beurteilt werden, ob diese im Einzelfall entscheidungserheblich sein kann.
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.