Zurechnung fiktiven Arbeitseinkommens nach Aufgabe des Arbeitsplatzes
Tatbestand:
Die Kläger machen gegen den Beklagten Ehegatten- bzw. Kindesunterhalt geltend.
Die Klägerin zu 1. und der Beklagte haben im Juli 1982 die Ehe miteinander geschlossen. Seit September/Oktober 1995 leben
sie getrennt; sie sind seit 9. November 1999 geschieden.
Aus der Ehe ist der Kläger zu 2., geboren am 17. Dezember 1982, hervorgegangen. Dessen Unterhaltsansprüche hat die Klägerin
zu 1. bis zur Volljährigkeit des Klägers zu 2. in Prozeßstandschaft im eigenen Namen geltend gemacht.
Die Klägerin zu 1. war während der Ehe mit dem Beklagten nicht erwerbstätig. Sie bezieht seit 1. Mai 1998 eine Erwerbsunfähigkeitsrente
in Höhe von 1.106,87 DM monatlich. Daneben hat sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 500 DM, von denen
250 DM dem Beklagten zustehen; sie wohnt mietfrei in einer eigenen Eigentumswohnung.
Der Kläger zu 2., der ohne Einkommen ist, wohnt bei seiner Mutter.
Der Beklagte war bis Juni 1997 bei der B. GmbH als technischer Angestellter im Bereich der Computerwartung mit einem durchschnittlichen
monatlichen Nettoeinkommen von ca. 4.000 DM tätig. Nachdem er seinen Arbeitsvertrag zum 30. Juni 1997 gekündigt hatte, bezog
er ab 1. Juli 1997 bis einschließlich Oktober 1997 Arbeitslosengeld von 447 DM wöchentlich. Von November 1997 bis März 1999
übte der Beklagte eine seinem früheren Arbeitsverhältnis entsprechende Tätigkeit selbständig aus. Seit 1. April 1999 ist er
bei der Firma C. W., Netzwerktechnik, deren Inhaberin seine Lebensgefährtin ist, als Techniker angestellt. Er verdient dort
monatlich netto 2.019,80 DM (= 1.032,71 EURO).
Das Familiengericht hat den Beklagten, der den Kindesunterhalt in Höhe von 392 DM monatlich für die Zeit ab Juni 1997 anerkannt
hat, verurteilt, für den Kläger zu 2. im Zeitraum vom 1. Dezember 1995 bis 31. Mai 1997 Unterhaltsrückstände zwischen 120
DM und 303 DM monatlich, ab 1. Juni 1997 einen laufenden monatlichen Unterhalt von 695 DM und ab 1. Juli 1998 einen solchen
von 603 DM monatlich zu bezahlen. Die Klage der Klägerin zu 1. auf Trennungsunterhalt hat es abgewiesen.
Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung des Beklagten das amtsgerichtliche Urteil abgeändert und den vom Beklagten zu zahlenden
Kindesunterhalt für die Zeit ab Juli 1997 bis 30. Juni 1998 auf monatlich 392 DM und für die Zeit danach auf monatliche Beträge
zwischen 518 DM und 533 DM herabgesetzt. Auf die Anschlußberufung der Klägerin zu 1. hat es den Beklagten verurteilt, an die
Klägerin zu 1. für den Zeitraum vom 1. Dezember 1995 bis 30. April 1998 einen monatlichen Trennungsunterhalt zu zahlen.
Mit der zu seinen Gunsten zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein zweitinstanzliches Begehren weiter, seine Verurteilung
auf Zahlung von Kindesunterhalt auf monatlich 142 DM ab 1. Juli 1997 zu begrenzen; außerdem sucht er die vollständige Abweisung
der Klage der Klägerin zu 1. auf Trennungsunterhalt zu erreichen.
Entscheidungsgründe:
A. Die Revision ist nicht zulässig, soweit der Beklagte seine Verurteilung zur Zahlung von Trennungsunterhalt durch das Oberlandesgericht
angreift; denn hierzu fehlt es an einer Zulassung des Rechtsmittels durch das Berufungsgericht.
Der Entscheidungssatz des Berufungsurteils enthält zwar keinen Zusatz, der die dort zugunsten des Beklagten zugelassene Revision
weiter einschränkt. Die Eingrenzung des Rechtsmittels kann sich jedoch auch aus den Entscheidungsgründen ergeben (vgl. nur
BGHZ 48, 134, 136; Senatsurteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 92/01 - FamRZ 2003, 590). Dies ist hier der Fall:
Das Oberlandesgericht hat in den Gründen die Revision unter Bezugnahme auf § 621 Abs. 1 Nr. 4
ZPO, der u.a. den Kindesunterhalt betrifft, zugelassen. Hingegen ist die Vorschrift des § 621 Abs. 1 Nr. 5
ZPO, die sich auf die durch die Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht bezieht, nicht erwähnt. Hinzu kommt, daß das Berufungsgericht
als Grund der Zulassung der Revision allein die rechtsgrundsätzliche Frage der unterhaltsrechtlichen Bedeutung und der Bestimmung
des Mindestbedarfs minderjähriger Kinder angeführt hat. Auch daraus ist ersichtlich, daß das Berufungsgericht die Zulassung
der Revision auf den geltend gemachten prozessualen Anspruch auf Kindesunterhalt beschränkt hat.
B. Hingegen ist die Revision in bezug auf die Unterhaltsansprüche des Klägers zu 2. zulässig. Sie ist für die Zeit bis 30.
Juni 1998 allerdings nicht begründet. Für die Zeit ab 1. Juli 1998 führt sie zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung
der Sache an das Oberlandesgericht, soweit der Beklagte zu einer höheren Unterhaltszahlung als monatlich 392 DM verurteilt
worden ist.
I. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, daß sich das Maß des zu gewährenden Unterhalts gemäß §
1610 BGB nach der Lebensstellung des Bedürftigen bestimme. Diese Lebensstellung leite sich bei einem minderjährigen Kind aus der wirtschaftlichen
Situation des barunterhaltspflichtigen Elternteils ab. Solange der Mindestunterhalt gemäß §
1610 Abs.
2 BGB gewährleistet sei, habe das minderjährige Kind deshalb keinen Anspruch auf Ausweitung der Erwerbstätigkeit des barunterhaltspflichtigen
Elternteils. Der Mindestbedarf bemesse sich bis zum Inkrafttreten des Kindesunterhaltsgesetzes zum 1. Juli 1998 wegen der
Verweisung in §
1610 Abs.
3 BGB a.F. nach dem Regelbedarf, dem die erste Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle entspreche. Der Beklagte schulde daher
ab dem Beginn seiner Arbeitslosigkeit im Juli 1997 bis zum 30. Juni 1998 monatlich 502 DM abzüglich 110 DM hälftiges Kindergeld,
somit 392 DM Unterhalt. Mit dem Inkrafttreten des Kindesunterhaltsgesetzes habe sich die Rechtslage grundlegend geändert.
Auf die RegelbedarfVO sei, weil §
1610 Abs.
3 BGB a.F. weggefallen sei, nicht abzustellen. Vielmehr entspreche der Mindestunterhalt ab 1. Juli 1998 dem nach dem Sozialhilfebedarf
ermittelten Existenzminimum von Kindern. Dieses belaufe sich in der dritten Altersstufe in etwa - wie das Oberlandesgericht
unter Verweis auf sein in FamRZ 2000, 765 abgedrucktes Urteil ausführt - auf die in der 5. Einkommensgruppe der jeweils geltenden Düsseldorfer Tabelle angeführten
Beträge. Unter Anrechnung des hälftigen Kindergeldes schulde der Beklagte daher monatlich 533 DM vom 1. Juli bis 31. Dezember
1998, 518 DM vom 1. Januar bis 30. Juni 1999, 528 DM vom 1. Juli 1999 bis 31. Dezember 1999 sowie 518 DM ab 1. Januar 2000.
Diese Beträge habe der Beklagte zu bezahlen, ohne sich, wie das Oberlandesgericht sinngemäß ausführt, auf seine Leistungsunfähigkeit
berufen zu können. Vielmehr sei ihm mit Wirkung ab 1. Juli 1998 ein für die Deckung des Mindestbedarfs des Kindes maßgebliches
Einkommen von monatlich netto 3.500 bis 3.900 DM entsprechend der 5. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle fiktiv zuzurechnen.
Denn er habe keine Gründe nachvollziehbar dargetan, die sein Ausscheiden bei seiner früheren Arbeitgeberin unterhaltsrechtlich
billigenswert erscheinen lassen könnten. Zwar habe bei ihm am 21. November 1996 eine Blasentumorresektion vorgenommen werden
müssen. Nach dem Arztbericht vom 29. November 1996 sei jedoch der postoperative Verlauf komplikationslos gewesen. Danach bleibe
unerklärt, warum der Beklagte ein halbes Jahr später seine Arbeitsstelle krankheitsbedingt habe kündigen müssen. Dies sei
um so weniger verständlich, als er sich im November 1997 selbständig gemacht habe. Die behauptete Blasenschwäche allein vermöge
sein Verhalten nicht zu erklären. Der Beklagte trage auch nicht vor, daß ihn seine Arbeitgeberin zur Kündigung gedrängt habe.
Naheliegend sei, daß der Beklagte einmal im Hinblick auf seine Unterhaltsverpflichtungen und zum anderen wegen seiner persönlichen
Beziehungen zu seiner jetzigen Lebenspartnerin und Arbeitgeberin seine frühere nichtselbständige Tätigkeit "aus eigenen Stücken"
aufgegeben habe, um sich selbständig zu machen bzw. in den Betrieb seiner Lebensgefährtin einzutreten.
II. Dies hält den Angriffen der Revision nicht stand.
1. Zu Unrecht rügt allerdings die Revision, das Berufungsgericht habe gegen §
308 ZPO verstoßen, weil es nicht berücksichtigt habe, daß die Klägerseite in ihrem Berufungsantrag Zahlungen des Beklagten in der
Vergangenheit vom verlangten Unterhalt abgezogen habe. Letzteres ist jedoch für die Zeit ab 1. Juli 1997, auf die sich die
Neufassung des Berufungsurteils bezieht, nicht der Fall.
2. Weiterhin hat das Oberlandesgericht zu Recht die Herabsetzung des Unterhalts auf monatlich 142 DM ab 1. Juli 1997 schon
daran scheitern lassen, daß der Beklagte vor dem Amtsgericht bereits einen Unterhalt von monatlich 392 DM anerkannt hatte.
Abgesehen davon, kann der Beklagte mit seinem Anspruch auf Erstattung eines monatlichen Mietzinses von 250 DM gegen die Klägerin
zu 1 schon deswegen nicht gegen den Anspruch auf Kindesunterhalt aufrechnen, weil es an der in §
387 BGB vorausgesetzten Gegenseitigkeit der beiden Forderungen fehlt.
3. Was die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Mindestunterhalt minderjähriger Kinder betrifft, ist zwar der Ausgangspunkt
des Oberlandesgerichts zutreffend, daß es seit dem am 1. Juli 1998 in Kraft getretenen Kindesunterhaltsgesetzes vom 6. April
1998 (BGBl. I 666) keine gesetzliche Bestimmung des Mindestbedarfs minderjähriger Kinder im Unterhaltsrecht mehr gibt. Doch
ist deswegen - im Gegensatz zur Meinung des Berufungsgerichts - nicht hinsichtlich der Höhe des Mindestbedarfs eines minderjährigen
Kindes auf das steuerfrei zu stellende sächliche Existenzminimum minderjähriger Kinder abzustellen, das auf der Grundlage
des Sozialhilfebedarfs ermittelt wird und sich je nach Altersstufe im Bereich der Einkommensgruppe 4 bis 6 der Düsseldorfer
Tabelle bewegt (vgl. Rühl/Greßmann Kindesunterhaltsgesetz Rdn. 58 ff.). Denn wie der Senat in seinem Urteil vom 6. Februar 2002 - XII ZR 20/00 - FamRZ 2002, 536, 539 im einzelnen dargelegt hat, würde eine Gleichsetzung des für steuerliche Zwecke auf der Grundlage des Sozialhilfebedarfs
ermittelten Existenzminimums von minderjährigen Kindern mit deren Mindestbedarf der unterschiedlichen Struktur und Funktion
des zivilrechtlichen Unterhaltsbedarfs auf der einen Seite sowie des Einkommensteuer- und Sozialhilferechts auf der anderen
Seite nicht gerecht. Der Gleichsetzung steht insbesondere entgegen, daß das Unterhaltsrecht - im Gegensatz zum Einkommensteuer-
und Sozialhilferecht - von einem individuell zu bemessenden Unterhaltsanspruch ausgeht. Wird das Kind wie im vorliegenden
Fall von einem Elternteil versorgt und betreut und leistet der andere Teil Barunterhalt, so bestimmt sich die Lebensstellung
des Kindes grundsätzlich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des barunterhaltspflichtigen Elternteils. Danach
aber war es rechtsfehlerhaft, daß das Berufungsgericht ohne Rücksicht auf das tatsächliche Einkommen des Beklagten von 1.100
DM bzw. 2.019,80 DM monatlich ab 1. Juli 1998 von vornherein von einem Unterhaltsbedarf des Klägers zu 2. entsprechend der
5. Einkommensgruppe der jeweils anwendbaren Düsseldorfer Tabelle in der dritten Altersstufe ausgegangen ist.
Deshalb kann das Urteil mit der gegebenen Begründung nicht aufrechterhalten werden. Es erweist sich auch nicht aus anderen
Gründen als richtig (§
563 ZPO a.F.). Vielmehr führt die Revision zur Aufhebung des Urteils, soweit der Beklagte für die Zeit ab 1. Juli 1998 zur Zahlung
eines höheren Kindesunterhalts als monatlich 392 DM verurteilt ist, und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht,
damit dieses den Bedarf des Klägers zu 2. feststellen kann.
Für das weitere Verfahren ist auf folgendes hinzuweisen:
Das Berufungsgericht wird zu beachten haben, daß der Unterhaltsbedarf des Klägers zu 2. nicht ohne weiteres entsprechend dem
behaupteten Einkommen des Beklagten von monatlich 1.100 DM bzw. 2019,80 DM zuzüglich 250 DM monatliche Mieteinnahmen nach
der ersten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle anzusetzen ist. Vielmehr konnte - entgegen den Ausführungen des Oberlandesgerichts
- schon unter der Geltung des §
1610 Abs.
3 BGB a.F. ein über den Mindestbedarf hinausgehender Unterhalt auch aus einem fiktiv zugerechneten Einkommen hergeleitet werden,
wenn, wie hier, die verminderten Einkünfte auf die Aufgabe des Arbeitsplatzes zurückzuführen sind. Denn einerseits kann dem
Unterhaltsverpflichteten die Berufung auf seine eingeschränkte Leistungsfähigkeit nach Treu und Glauben verwehrt sein (vgl.
Senatsurteil vom 21. Januar 1987 - IVb ZR 94/85 - FamRZ 1987, 372, 374). Zum anderen wird die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichtigen nicht nur durch die tatsächlich vorhandenen, sondern
auch durch solche Mittel bestimmt, die er bei gutem Willen durch eine zumutbare Erwerbstätigkeit, unter Umständen auch im
Wege eines Orts- oder Berufswechsels, erreichen könnte. Dabei obliegt ihm aufgrund seiner erweiterten Unterhaltspflicht gegenüber
minderjährigen Kindern nach §
1603 Abs.
2 BGB eine gesteigerte Ausnutzung seiner Arbeitskraft, die es ihm ermöglicht, nicht nur den Mindestbedarf, sondern auch den angemessenen
Unterhalt der Kinder sicherzustellen (vgl. Senatsurteil vom 31. Mai 2000 - XII ZR 119/98 - FamRZ 2000, 1358, 1359 m.N.). Diese Grundsätze gelten über das Inkrafttreten des Kindesunterhaltsgesetzes hinaus.
Danach wird es zunächst darauf ankommen, ob dem Beklagten ein fiktives Einkommen in Höhe seiner bisherigen Bezüge deshalb
zuzurechnen ist, weil er bei der B. GmbH selbst gekündigt hat.
Dabei wird das Oberlandesgericht zu beachten haben, daß nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 21. Januar 1987 aaO.)
auch eine selbst herbeigeführte Leistungsunfähigkeit des Unterhaltsschuldners, bedingt durch die Aufnahme einer selbständigen
Erwerbstätigkeit mit erheblicher Einkommenseinbuße, grundsätzlich beachtlich ist, wenn nicht im Einzelfall schwerwiegende
Gründe vorliegen, die dem Verpflichteten nach Treu und Glauben die Berufung auf seine eingeschränkte Leistungsfähigkeit verwehren.
Ein solcher Verstoß gegen Treu und Glauben kommt im allgemeinen nur in Betracht, wenn dem Pflichtigen ein verantwortungsloses,
zumindest leichtfertiges Verhalten zur Last zu legen ist.
Der Beklagte hat hierzu im wesentlichen vorgetragen, daß er seine Tätigkeit bei der B. GmbH wegen seines Gesundheitszustands
aufgegeben habe. Nach der Entfernung eines bösartigen Blasentumors im November 1996 habe er an einer gravierenden Blasenschwäche
gelitten. Diese habe es ihm unmöglich gemacht, seine Arbeit, bei der er täglich vier Stunden habe im Auto sitzen müssen, weiter
auszuführen. Bei seiner selbständigen Tätigkeit arbeite er hingegen den ganzen Tag am selben Ort, was mit seiner Blasenschwäche
zu vereinbaren sei. Seinen Gesundheitszustand hat der Beklagte unter Sachverständigenbeweis gestellt.
Das Berufungsgericht hat sich, wie die Revision zu Recht rügt, mit dem genannten Vortrag nicht auseinandergesetzt. Dies ist
nachzuholen. Insbesondere dürfte auch das beantragte Gutachten einzuholen sein. Denn sollte der Vortrag des Beklagten richtig
sein, hätte er in bezug auf seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kläger zu 2. weder verantwortungslos noch leichtfertig gehandelt.
Vielmehr ist einem Arbeitnehmer, der aus gesundheitlichen Gründen seine Arbeit nicht mehr verrichten kann, auch unterhaltsrechtlich
nicht zuzumuten, die Kündigung seines Arbeitgebers abzuwarten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der betreffende Arbeitnehmer
im Anschluß an die Kündigung, wie hier, den Regelbedarf seines minderjährigen Kindes sicherstellt.
Weiter wird zu prüfen sein, ob der Beklagte während der anschließenden Zeit, in der er zunächst selbständig und danach in
abhängiger Stellung in der Firma seiner Lebensgefährtin tätig war, stattdessen in der Lage war, den angemessenen Unterhalt
seines Kindes durch die Aufnahme einer anderen Tätigkeit, bei der er gegebenenfalls ein höheres Einkommen hätte erzielen können,
sicherzustellen (vgl. dazu Urteil vom 31. Mai 2000 aaO. 1359). Dabei wird insbesondere eine Rolle spielen, ob der Beklagte
angesichts der Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt und seiner persönlichen Eigenschaften (Alter, Gesundheitszustand und ähnliches)
überhaupt eine reale anderweitige Beschäftigungschance hatte und ob ihm gegebenenfalls die Aufgabe seiner bisherigen Tätigkeit
angesichts seines Gesundheitszustandes zumutbar war (vgl. - für den Fall des Unterhaltsbedürftigen - BGH, Urteile vom 1. April
1987 - IVb ZR 33/86 - FamRZ 1987, 691, 693; vom 8. April 1987 - IVb ZR 39/86 - FamRZ 1987, 912, 913 jeweils m.w.N.; - für den Fall des Unterhaltspflichtigen - Senatsurteil vom 15. November 1995 - XII ZR 231/94 - FamRZ 1996, 345, 346; OLG Hamm, FamRZ 1998, 623; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 8. Aufl. Rdn. 622; Heiß/Heiß, Unterhaltsrecht I
3. Kap. Rdn. 170; Wendl/Scholz, Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 5. Aufl. § 2, Rdn. 145). Die Zurückverweisung
gibt den Parteien Gelegenheit, hierzu weiter vorzutragen.
Schließlich wird das Oberlandesgericht auch zu berücksichtigen haben, daß ab dem Eintritt der Volljährigkeit des Klägers zu
2. im Dezember 2000 seine Mutter ihm gegenüber, auch wenn er im Sinne von §
1603 Abs.
2 Satz 2
BGB privilegiert sein sollte, grundsätzlich ebenfalls barunterhaltspflichtig ist (vgl. Senatsurteil vom 9. Januar 2002 - XII ZR 34/00 - FamRZ 2002, 815, 817). Dabei wird auch zu prüfen sein, wie sich der Umstand, daß der Kläger zu 2. mietfrei wohnt, auf seinen Bedarf auswirkt.