Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten um die in Folge einer Betriebsprüfung
festgesetzte Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen und Säumniszuschlägen in Höhe von 559 231,26 Euro.
Die klagende, im Jahr 2009 aufgelöste Außengesellschaft bürgerlichen Rechts, deren einzige Gesellschafter die Beigeladenen
zu 1. und 2. waren, betrieb in der Zeit vom 1.1.2002 bis zum 30.6.2009 den Handel mit Haushaltswaren, ab 2003 auch den An-
und Verkauf von Telekommunikationsanträgen sowie ab 2008 auch die Verlagswerbung mittels Haustürwerbung. Dazu unterhielt sie
Verträge mit zahlreichen sog Werbern und Teileleuten, die sie als selbstständige Handelsvertreter führte und für die sie keine
Sozialversicherungsbeiträge entrichtete. Der Beigeladene zu 2. wurde insoweit nach Ermittlungen des Hauptzollamts wegen des
Vorenthaltens und der Veruntreuung von Arbeitsentgelt zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, das Verfahren gegen die Beigeladene
zu 1. wurde gegen eine Geldauflage nach §
153a StPO eingestellt. Die zunächst an die Beigeladenen zu 1. und 2. als Gesellschafter adressierten Betriebsprüfungsbescheide hob
die Beklagte auf Hinweis des Gerichts, dass richtiger Adressat der Bescheide die Klägerin und nicht deren Gesellschafter seien,
im jeweiligen Klageverfahren auf.
Die Beklagte forderte mit dem angefochtenen Betriebsprüfungsbescheid vom 19.3.2015 und Widerspruchsbescheid vom 18.8.2015
Sozialversicherungsbeiträge und Säumniszuschläge in Höhe von 1.571.883,94 Euro nach. Das SG hat die Bescheide insoweit aufgehoben, als nicht 12 im Urteil näher bezeichnete Personen betroffen waren, und die Klage im
Übrigen abgewiesen (Urteil des SG Landshut vom 22.3.2018). Die Berufung ist erfolglos geblieben. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, für den im Berufungsverfahren allein geltend
gemachten Einwand, der Betriebsprüfungsbescheid sei rechts- und verfassungswidrig, weil er seine Funktion als Grundlagenbescheid
im Verfahren nach §
76 SGB IV nicht erfüllen könne, fehle es an einer Rechtsgrundlage. Das Verfahren zur Erhebung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen
sei zweigeteilt. Die Rentenversicherungsträger erfüllten in Betriebsprüfungsverfahren die Kontrollfunktion in den Betrieben,
Gläubiger der Beitragsforderung seien aber die Krankenkassen als Einzugsstellen. Dass der angefochtene Bescheid "ein Verhalten
abverlange", das rechtmäßigerweise nicht mehr durchgesetzt werden könne, sei am Maßstab des Rechtsstaatsprinzips nicht zu
beanstanden. Leistungsverweigerungsrechte wie insbesondere die Verjährung müssten gegenüber dem Gläubiger, hier der Krankenkasse
geltend gemacht werden. Insofern könne dahinstehen, inwieweit Ansprüche nach § 128 HGB, §
823 Abs
2 BGB, §§ 266a, 15
StGB bei Bescheiderlass nach § 159 HGB und §
195 BGB verjährt gewesen seien. Verjährung nach §
25 SGB IV sei jedenfalls nicht eingetreten.
Gegen die Nichtzulassung der Revision wenden sich die Klägerin sowie die Beigeladenen zu 1. und 2. mit ihren Beschwerden.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen
(§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 2 und
3 SGG). Die Klägerin und die Beigeladenen zu 1. und 2. haben die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung
der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) und eines Verfahrensmangels (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) nicht hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG), müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung
erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen
kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Die Behauptung, die Entscheidung des Berufungsgerichts
sei inhaltlich unrichtig, kann nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Die Beschwerdeführer führen mit der Beschwerdebegründung aus, das LSG habe gegen die "Grundordnung des Verfahrens" verstoßen,
indem es die Kompetenzverteilung zwischen der Beklagten und den zu 3. bis 12. beigeladenen Krankenkassen nicht hinreichend
beachtet haben. Damit legen die Beschwerdeführer weder einen Verstoß gegen ein Verfahrensrecht im unmittelbar vorangehenden
Rechtszug dar noch wird hinreichend deutlich, welches Verfahrensrecht sie mit dem Begriff "Grundordnung des Verfahrens" überhaupt
als verletzt ansehen. Sie behaupten vielmehr die Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung, weil die angefochtenen Bescheide
formell rechtswidrig seien. Damit können sie eine Zulassung der Revision nicht erreichen.
Auch mit dem Vortrag, das LSG habe die Beteiligtenfähigkeit der Klägerin im Verwaltungsverfahren nicht hinreichend geprüft,
weil ihr gegenüber nicht mittels Bescheid eine Nachforderung habe festgesetzt werden dürfen, machen die Beschwerdeführer lediglich
die formelle Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide und keinen Verfahrensmangel im Verfahren vor dem LSG geltend. Gegen
welche Vorschrift des sozialgerichtlichen Verfahrens das LSG damit verstoßen haben soll, wird aus ihren Ausführungen nicht
hinreichend deutlich. Soweit die Beschwerdeführer ausführen, dass für die Durchsetzung der Ansprüche der Krankenkassen der
Zivilrechtsweg nicht eröffnet sei, wird nicht deutlich, was sie damit im Verfahren vor den Sozialgerichten beanstanden. Soweit
der Vortrag dazu dient, noch einmal auszuführen, die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig oder unwirksam, wird weiterhin
kein Verfahrensfehler deutlich.
Auch die Rüge des Fehlens der Urteilsgründe ist nicht hinreichend dargetan. Nach §
128 Abs
1 Satz 2
SGG sind in dem Urteil die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Aus den Entscheidungsgründen
muss ersichtlich sein, auf welchen Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die Entscheidung beruht. Dass dies
nicht der Fall wäre oder das angefochtene Urteil überhaupt keine Begründung enthalte, ist der Beschwerdebegründung nicht zu
entnehmen. Soweit die Beschwerdeführer eine Auseinandersetzung mit einzelnen Argumenten vermissen, übersehen sie, dass ein
Gericht nicht jeden Gesichtspunkt abhandeln muss (BSG Beschluss vom 27.6.2018 - B 13 R 273/16 B - juris RdNr 39; BSG Beschluss vom 26.5.2011 - B 11 AL 145/10 B - juris RdNr 3; BSG Beschluss vom 24.2.2010 - B 13 R 547/09 B - juris RdNr 10 mwN).
Schließlich ist auch die geltend gemachte Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art
103 Abs
1 GG, §
62 SGG) in einer mündlichen Verhandlung (§
124 Abs
1 SGG) nicht hinreichend dargetan. Soweit die Beschwerdeführer den Satz "Der Zeitpunkt der Auflösung der GbR ist nicht streitgegenständlich."
in der angefochtenen Entscheidung als überraschend empfinden, reicht dies zur Darlegung einer Überraschungsentscheidung nicht.
Von einer Überraschungsentscheidung kann nur ausgegangen werden, wenn sich das Gericht ohne vorherigen richterlichen Hinweis
auf einen Gesichtspunkt stützt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrensverlauf
selbst unter Berücksichtigung mehrerer vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte (stRspr; vgl zB BVerfG <Kammer> Beschluss vom 5.4.2012 - 2 BvR 2126/11 - NJW 2012, 2262 RdNr 18 mwN). Die Beschwerdeführer weisen aber selbst darauf hin, dass im Erörterungstermin der Zeitpunkt der Auflösung der Klägerin geklärt
worden sei. Aus ihren Ausführungen wird weder deutlich, welches Überraschungsmoment dem beanstandeten Satz dennoch anhaftet
noch welche Entscheidungsrelevanz er nach der materiellen Rechtsauffassung des LSG hat oder was sie in Kenntnis des Satzes
in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG noch hätten vortragen wollen.
Welchen Verfahrensmangel die Beschwerdeführer mit ihren Ausführungen zum Willkürverbot geltend zu machen meinen und inwiefern
"lediglich ergänzend"e Ausführungen des LSG geeignet sind, einen erheblichen Verfahrensmangel zu begründen, wird ebenfalls
nicht hinreichend deutlich.
2. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen,
welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit
oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten
(Klärungsfähigkeit) ist (stRspr; vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17; BSG Beschluss vom 28.1.2019 - B 12 KR 94/18 B - juris RdNr 6 mwN). Daran fehlt es. Die Beschwerdeführer tragen nicht vor, warum es im angestrebten Revisionsverfahren einer Gesellschaft gegen
die den Betrieb prüfende Deutsche Rentenversicherung um öffentlichrechtliche Beitragspflichten auf die aufgeworfene Rechtsfrage
ankommen soll, ob die Einzugsstellen zivilrechtliche Ansprüche gegen Gesellschafter oder Geschäftsführer auf dem Zivilrechtsweg
geltend machen können.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm §
154 Abs
2 und
3 sowie §
162 Abs
3 VwGO.
5. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 1
SGG iVm § 52 Abs 1 und Abs 3 Satz 1, § 47 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 sowie § 63 Abs 2 Satz 1 GKG.