Auferlegung einer Missbrauchsgebühr
Schlüssige Darlegung und Bezeichnung eines Revisionszulassungsgrundes
Gründe
Die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG sind als unzulässig zu verwerfen
(§
160a Abs
4 Satz 1 iVm §
169 Satz 2
SGG).
Nach §
160 Abs
2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Keinen dieser Zulassungsgründe haben die Kläger in der Beschwerdebegründung der Beschwerde schlüssig dargelegt bzw bezeichnet
(§
160a Abs
2 Satz 3
SGG).
Als Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung formulieren die Kläger (1) ob die vom Vermieter ausgesprochene Aufrechnung
rechtmäßig war, (2) ob es im Falle einer rechtmäßigen Aufrechnung auf die Regelung des § 22 Abs 1 oder Abs 3 SGB II ankommt und (3) inwieweit es sich auswirkt, dass tatsächlich kein Zufluss stattfand, da ausweislich des Bescheides die volle
Mietzahlung seitens der Beschwerdegegnerin an den Vermieter veranlasst worden ist, sodass sich objektiv das Guthaben im Monat
Oktober nicht realisiert hat.
Hinsichtlich dieser Fragen erfüllt die Beschwerdebegründung Darlegungsanforderungen für eine grundsätzliche Bedeutung der
Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) nicht.
Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage,
der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl BSG vom 16.11.1987 - 5b BJ 118/87 - SozR 1500 § 160a Nr 60). Die abstrakte Rechtsfrage ist klar zu formulieren, um an ihr die weiteren Voraussetzungen für die Revisionszulassung prüfen
zu können (vgl Krasney in Krasney/Udsching, Hdb
SGG, 7. Aufl 2016, IX. Kap RdNr 181). Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (klärungsbedürftig) und die Klärung
durch das Revisionsgericht zu erwarten (klärungsfähig) ist (vgl BSG vom 16.12.1993 - 7 BAr 126/93 - SozR 3-1500 § 160a Nr 16). Soweit sich dies nicht bereits aus der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit ergibt, ist darzutun, dass die angestrebte Entscheidung
Bedeutung über den Einzelfall hinaus (sog Breitenwirkung) entfaltet (vgl BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34). Die Klärungsbedürftigkeit ist zu verneinen, wenn die Antwort unmittelbar aus dem Gesetz zu ersehen oder so gut wie unbestritten
ist, wenn sie praktisch außer Zweifel steht, wenn die Rechtsfrage bereits höchstrichterlich beantwortet ist oder wenn sich
für die Antwort in vorliegenden höchstrichterlichen Entscheidungen bereits ausreichende Anhaltspunkte ergeben (zusammenfassend BSG vom 2.10.2015 - B 10 LW 2/15 B - RdNr 6 mwN), weshalb sich die Beschwerdebegründung mit diesen Punkten substantiiert auseinandersetzen muss. Schließlich hat ein Beschwerdeführer
zur Darlegung der Entscheidungserheblichkeit den nach seiner Auffassung vom Revisionsgericht einzuschlagenden Weg der Nachprüfung
des angefochtenen Urteils und dabei insbesondere den Schritt darzustellen, der die Entscheidung der als grundsätzlich bezeichneten
Rechtsfrage notwendig macht (vgl BSG vom 25.10.1978 - 8/3 BK 28/77 - SozR 1500 § 160a Nr 31).
Wegen der ersten Frage fehlt es an Darlegungen zur Bedeutung der angestrebten Entscheidung über den Einzelfall hinaus. Die
Frage ist erkennbar mit den Rechten und Pflichten aus dem Rechtsverhältnis zwischen den Klägern und ihrem Vermieter verknüpft,
sodass näher darzulegen gewesen wäre, dass sich im Kern nicht nur Fragen zur Rechtsanwendung im konkreten Fall stellen. Soweit
die Kläger Bezug nehmen auf ein Urteil des BSG vom 16.5.2012 (B 4 AS 132/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 60), fehlt es an Ausführungen dazu, dass es hiernach - die Richtigkeit ihrer Interpretation dieser Entscheidung vorausgesetzt
- weiterer höchstrichterlicher Ausführungen zur Rechtslage bedürfen könnte. Das betrifft in ähnlicher Weise die zweite Frage,
mit der zwar eine Rechtsfrage formuliert worden ist, zu der sich in der Beschwerdebegründung aber keine Auseinandersetzung
mit bereits bestehender Rechtsprechung (vgl BSG vom 22.3.2012 - B 4 AS 139/11 R - BSGE 110, 294 = SozR 4-4200 § 22 Nr 55) findet. Für die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der dritten Frage fehlt es an der gebotenen Befassung mit der gesetzlichen
Regelung des § 22 Abs 3 SGB II. Dazu hätte Anlass bestanden, weil die Vorschrift gerade dazu führt, dass Rückzahlungen oder Guthaben erst im Folgemonat
aufwendungswirksam und damit leistungsrelevant werden, während im Monat zuvor die angemessenen Aufwendungen in voller Höhe
als Bedarfe zu berücksichtigen sind.
Die Beschwerdebegründung genügt auch den Anforderungen an die Bezeichnung einer Abweichung (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) nicht.
Für die Bezeichnung einer Abweichung (Divergenz) ist aufzuzeigen, mit welcher genau bezeichneten entscheidungserheblichen
rechtlichen Aussage die angefochtene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten entscheidungserheblichen
rechtlichen Aussage des BSG abweicht. Zur schlüssigen Darlegung der Entscheidungserheblichkeit einer abweichenden rechtlichen Aussage hätte dargetan
werden müssen, inwieweit es auf eine Divergenz im Ausgangsverfahren rechtlich angekommen ist und inwiefern sie demzufolge
Einfluss auf die Rechtsstellung der Kläger gehabt hat. Maßstab der Darlegung ist, ob das Urteil bei Zugrundelegen der Auffassung
der Entscheidung, von der abgewichen worden sein soll, anders hätte ausfallen müssen (BSG vom 17.2.2020 - B 14 AS 55/19 B - RdNr 9; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 395).
Diese Voraussetzungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht. Sie gibt schon keinen konkreten Rechtssatz wieder, den das LSG
in Abweichung von einem Rechtssatz des BSG hat aufstellen wollen. Darüber hinaus zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf, inwieweit das LSG in entscheidungserheblicher
Weise von einem Rechtssatz des BSG in dessen Urteil vom 16.5.2012 (B 4 AS 132/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 60) abgewichen sein kann, nachdem es dort um die Aufrechnung eines Betriebskostenguthabens gegen Mietrückstände ging. Nach dem
in der Beschwerdebegründung mitgeteilten Sachverhalt zum Fall der Kläger hat sich das Guthaben dagegen auf eine künftige Mietzinsforderung
ausgewirkt.
Auch ein Verfahrensmangel ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen, auf dem iS des §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 1
SGG die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann.
Die Kläger bringen sinngemäß als Verfahrensmangel vor, das LSG habe eine Überraschungsentscheidung getroffen, weil es seine
Rechtsauffassung plötzlich geändert habe. In diesem Zusammenhang haben die Kläger aber nicht aufgezeigt, dass der Rechtsstreit
eine unerwartete Wendung genommen hat, mit der auch ein gewissenhafter Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrensverlauf
selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte (vgl BSG vom 14.5.2018 - B 14 AS 355/17 B - RdNr 5). Sie haben vielmehr geschildert, dass schon der Beklagte und das SG wie später das LSG entschieden haben.
Das Vorbringen der Kläger zur Auferlegung einer Missbrauchsgebühr kann nicht zur Zulassung der Revisionen führen, nachdem
die Kläger keinen Revisionszulassungsgrund zur Hauptsache dargelegt oder bezeichnet haben. Die isolierte Überprüfung der vom
LSG getroffenen Entscheidung, einem Beteiligten Kosten wegen missbräuchlicher Rechtsverfolgung aufzuerlegen, ist im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
ausgeschlossen (vgl BSG vom 28.10.2010 - B 13 R 229/10 B - SozR 4-1500 § 192 Nr 1 RdNr 14-15 mwN; BSG vom 2.7.2018 - B 5 R 62/18 B - RdNr 7).
Die Verwerfung der Beschwerden erfolgt in entsprechender Anwendung des §
169 Satz 3
SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§
183,
193 SGG.