Keine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung mangels Eignung für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit bei Ausübung
einer Vollzeitbeschäftigung
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Zulassung des Klägers zur vertragsärztlichen Tätigkeit mit hälftigem Versorgungsauftrag
als Pathologe in A-Stadt.
Der Kläger ist Ordinarius und Chefarzt am Universitätsklinikum A-Stadt. Mit Formantrag vom 31.10.2011 - eingegangen beim Zulassungsausschuss
für Ärzte - Mittelfranken - (ZA) - am 10.11.2011, beantragte er die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit mit hälftigem
Versorgungsauftrag als Pathologe für die A-Straße in A-Stadt. Die Arztgruppe der Pathologen unterlag zum Zeitpunkt der Antragstellung
nicht der Bedarfsplanung.
Das Universitätsklinikum A-Stadt genehmigte ihm als Dienstherr mit Schreiben vom 28.10.2011 eine Nebentätigkeit als Vertragsarzt
mit hälftigem Versorgungsauftrag für maximal 14 Wochenstunden.
Mit Bescheid vom 26.11.2012 (Beschluss: 19.09.2012) lehnte der ZA den Antrag des Klägers ab. Aufgrund der vorgelegten Dienstverträge
gehe man davon aus, dass der Kläger eine Vollzeittätigkeit an der F.A.-Universität und am Universitätsklinikum A-Stadt ausübe.
Dieser vollzeitige Lehrauftrag und die Chefarztfunktion stünden nach Auffassung des ZA der Eignung für die Ausübung der vertragsärztlichen
Tätigkeit - auch bei hälftigem Versorgungsauftrag - entgegen (§ 20 Abs. 1 Ärzte-ZV). Neben der Wahrnehmung eines hälftigen Versorgungsauftrages sei eine Beschäftigung "in Vollzeit" nach der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts (Urteil vom 13.10.2010 - B 6 KA 40/09 R) ausgeschlossen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Neufassung des § 20 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV durch das GKV-VStG. Auch wenn ein in einem Beamtenverhältnis stehender Hochschullehrer seine Arbeitszeit frei einteilen könne, habe er grundsätzlich
seine Arbeitskraft dem Dienstherren in vollem Umfange zur Verfügung zu stellen (§ 36 Satz 1 BRRG). Der Umstand, dass er in der sog. vorlesungsfreien Zeit möglicherweise in der Lage sei, ganztägig eine vertragsärztliche
Leistung zu erbringen, rechtfertige keine andere Beurteilung. Der Behandlungsbedarf der Versicherten erfordere das kontinuierliche
Zur-Verfügung-Stehen des Vertragsarztes. Die Nebentätigkeitsgenehmigung des Universitätsklinikums A-Stadt betrage darüber
hinaus lediglich 14 Wochenstunden. Der Gesetzgeber gehe bei einer Zulassung mit hälftigem Versorgungsauftrag aber grundsätzlich
von einer Arbeitszeit von 20 Wochenstunden aus. Der ZA sei deshalb der Meinung, dass der Kläger wegen der anderweitigen Tätigkeiten
den Versicherten nicht in einem dem Versorgungsauftrag entsprechenden Umfang persönlich zur Verfügung stehe. Der zeitliche
Umfang, für den der Zulassungsbewerber regelmäßig zur Verfügung stehe, dürfe nicht aus Gründen, die außerhalb des Systems
der vertrags- ärztlichen Versorgung lägen, von vorneherein eingeschränkt sein.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 20.12.2012 Widerspruch ein. Der ZA habe die besondere
Stellung der Pathologie als nicht patienten- orientiertes Fach, den gesetzgeberischen Willen zur Förderung ambulanter und
stationärer Kooperationen und die Präsenz von Vertragsärzten nach geltendem Recht und BSG-Rechtsprechung rechtlich falsch gewürdigt. Der Kläger beabsichtige, die schon bisher im Rahmen seiner Ermächtigung erbrachten
molekularpathologischen Leistungen zukünftig in eine Teilgemeinschaftspraxis mit niedergelassenen Pathologen einzubringen,
um so den steigenden Anforderungen der Versorgung Rechnung zu tragen. Eine solche Teilgemeinschaftspraxis sei nicht mit ermächtigten
Ärzten eingehbar, so dass der Kläger zur Realisierung des Konzeptes auf die Teilniederlassung angewiesen sei. Auch in der
sog. Pathologen-Entscheidung aus dem Jahre 1997 habe das BSG für das Fachgebiet der Pathologie grundlegend andere zeitliche Maßstäbe für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung
zugrunde gelegt. Die Neufassung des § 20 Abs. 1 und 2 Ärzte-ZV stünde dem ebenfalls nicht entgegen, da der Gesetzgeber erkennbar die Hindernisse einer Tätigkeit sowohl im ambulanten als
auch im stationären Bereich habe weiter abbauen wollen. Maßstab sei vielmehr allein, dass der Vertragsarzt den Patienten im
Umfang des Versorgungsauftrages zur Verfügung stehe. Auf starre Sprechstundenzeiten komme es nicht mehr an. Ferner sei zu
berücksichtigen, dass seit dem 01.01.2012 die starren Zeitgrenzen des BSG nicht mehr gelten würden.
Der Berufungsausschuss für Ärzte - Bayern - (BA) wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.2013 (Beschluss:
07.02.2013) als unbegründet zurück. Der vollzeitige Lehrauftrag und die Chefarzttätigkeit am Universitätsklinikum A-Stadt
stünden der Eignung des Klägers für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit mit hälftigem Versorgungsauftrag gemäß §
20 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV entgegen. Zu den Beschäftigungsverhältnissen im Sinne des § 20 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV gehörten auch Tätigkeiten in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis (BSG, Beschluss vom 11.12.2002, B 6 KA 61/02 B). Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 13.10.2010, B 6 KA 40/09 R, Rn. 19 und 24) sei neben der Zulassung als Vertragsarzt mit hälftigem Versorgungsauftrag eine Vollzeitbeschäftigung, wie
vorliegend, ausgeschlossen. Die Tatsache, dass der Kläger als Hochschullehrer seine Arbeitszeit möglicherweise freier einteilen
könne, führe zu keiner anderen Beurteilung. Bei einer Vollzeitbeschäftigung im Rahmen eines beamtenrechtlichen Dienstverhältnisses
werde unwiderleglich vermutet, dass der Arzt durch die ihm in seinem Dienstverhältnis obliegenden Pflichten so in Anspruch
genommen werde, dass daneben eine vertragsärztliche Tätigkeit nicht ausgeübt werden könne (BSG vom 11.12.2002, B 6 KA 61/02 B). Auch ein Beamter habe nach § 36 BRRG grundsätzlich seine volle Arbeitszeit dem Dienstherrn zur Verfügung zu stellen. Ein Zulassungsbewerber für eine vertragsärztliche
Tätigkeit müsse ebenfalls seine gesamte Arbeitskraft für die Tätigkeit in der vertragsärztlichen Versorgung einsetzen. § 17 Abs. 1 a BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7 a Satz 3 EKV-Ä legten fest, dass der sich aus der Zulassung ergebende Versorgungsauftrag dadurch zu erfüllen sei, dass der Vertragsarzt
an seinem Vertragsarztsitz persönlich im Umfang von wöchentlich 20 Stunden in Form von Sprechstunden zur Verfügung stehe und
für den halben Versorgungsauftrag im Umfang von 10 Stunden. Ferner habe das BSG in seinem Urteil vom 13.10.2010 (B 6 KA 40/09 R, Rn. 19 und 24) ausgeführt, dass der Zeitaufwand des Vertragsarztes neben den Sprechstunden auch die notwendige Zeit für
eine Bereitschaft außerhalb der Sprech- stunden und den Notdienst umfasse. Zwar habe der Gesetzgeber durch die Neufassung
aufgrund des GKV-VStG die durch die Rechtsprechung des BSG vorgegebenen starren Zeitgrenzen lockern wollen. Jedoch seien Tätigkeiten, die, wie vorliegend, den Vertragsarzt rechtlich
verpflichteten, deutlich unter dem Umfang persönlich zur Verfügung zu stehen, der seinem Versorgungsauftrag entspreche, auch
mit der aktuellen Rechtslage nicht zu vereinbaren.
Dagegen erhob der Kläger am 05.04.2013 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG).
Das BSG habe in seiner "Pathologenentscheidung" aus dem Jahre 1997 bereits festgestellt, dass für die Pathologie grundlegend andere
zeitliche Maßstäbe für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung gelten würden als für andere Fachgebiete. Aufgrund
der Neufassung des § 20 Abs. 1 und 2 Ärzte-ZV seien zwar die bisherigen Urteile des BSG nur eingeschränkt heranziehbar, da der Gesetzgeber erkennbar die Hindernisse einer Tätigkeit sowohl im ambulanten als auch
im stationären Bereich weiter abbauen wollte. Danach könnten die starren Zeitgrenzen des BSG nicht mehr gelten. Maßstab sei vielmehr allein, dass der Vertragsarzt dem Patienten im Umfang des Versorgungsauftrages zur
Verfügung stehe, wobei es auf starre Sprechstundenzeiten nicht mehr ankomme. Von der Regelung, die für Vertragsärzte mit Patientenkontakt
gelte, würde jedoch das Fachgebiet der Pathologie nicht erfasst. Der Kläger nehme als Pathologe weder während der Krankenhaustätigkeit
noch als Vertragsarzt an der unmittelbaren Behandlung der Versicherten teil. Er habe ohne jeden persönlichen Kontakt zu den
Patienten das ihm von den behandelnden Ärzten zur Verfügung gestellte morphologische Untersuchungsgut zu beurteilen. Vertragsärztlich
äußere sich dies darin, dass er gemäß § 13 Abs. 4 BMV-Ä ausschließlich auf Überweisung tätig werde. Entgegen der allgemeinen Verpflichtung aus § 17 BMV-Ä sei er gerade nicht zur Durchführung von Sprechstunden und Besuchen gehalten. Als Anlage legte der Kläger eine Nebentätigkeitsgenehmigung
zur Ausübung der molekularpathologischen Praxis am Universitätsklinikum A-Stadt vom 06.08.2013 vor, in der ihm entsprechend
den von der Beigeladenen zu 1. vorgegebenen Zeitvorgaben zur vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen einer 50%igen Zulassung
eine Nebentätigkeit genehmigt wurde. In dem erläuternden Schreiben vom 08.08.2013 war dazu ausgeführt, dass die Erweiterung
des Umfanges der Nebentätigkeitsgenehmigung für den Kläger in diesem speziellen Fall möglich sei, weil in der Pathologie als
nicht patientengebundenem Fachgebiet Proben aus dem ambulanten vertragsärztlichen, dem stationären und wissenschaftlichen
Bereich nach den organisatorischen Anforderungen auch zeitlich flexibel bearbeitet werden könnten.
Die Beigeladene zu 1. hat ausgeführt, dass durch die Neufassung des § 20 Ärzte-ZV infolge des GKV-VStG auch die Entscheidung des BSG vom 05.11.1997 obsolet geworden sei. Im Übrigen habe das BSG in diesem Urteil die Geeignetheit des Revisionsführers nur deshalb bejaht, weil die Arztgruppe der Pathologen nicht der Bedarfsplanung
unterliege und der damalige Revisionsführer durch seine Beschäftigung als Chefarzt nur unter 20 Wochenstunden gebunden war.
Der Kläger müsse hingegen seine Tätigkeit als Chefarzt und verbeamteter Hochschullehrer in vollem Umfang ausüben. Darüber
hinaus sei auch die Fachgruppe der Pathologen zwischenzeitlich in die Bedarfsplanung aufgenommen worden. Auch für einen hälftigen
Versorgungsauftrag müssten solche Bewerber ausgeschlossen werden, die erkennbar die Zulassung als bloße Option auf eine weitere
Erwerbstätigkeit anstrebten, aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen aber daran gehindert seien, in einem dem Versorgungsauftrag
entsprechenden Umfang persönlich zur Verfügung zu stehen. Selbst wenn dem Kläger mit der Nebentätigkeitsgenehmigung eine Tätigkeit
"zur vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen einer 50%igen Zulassung" ermöglicht worden sei, ändere dies nichts an der klaren
Aussage des BSG. Bei einer derart großzügigen Auslegung einer Nebentätigkeitsgenehmigung könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Universitätsklinik
A-Stadt eine rechtswidrige Nebentätigkeitsgenehmigung erteilen wollte. § 9 Abs. 1 Satz 1 der Bayerischen Hochschullehrer-Nebentätigkeitsverordnung (BayHSchLNV) bestimme, dass eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen durch eine Nebentätigkeit in der Regel dann zu besorgen sei,
wenn diese den zeitlichen Umfang der Dienstaufgaben an durchschnittlich einem individuellen Arbeitstag wöchentlich übersteige.
Es könne somit weder der Nebentätigkeitsgenehmigung entnommen werden, dass eine vertragsärztliche Tätigkeit von 20 Stunden
pro Woche damit genehmigt worden sei, noch sei ausgeschlossen, dass neben einer vollzeitigen Beschäftigung ein hälftiger Versorgungsauftrag
in der vertragsärztlichen Versorgung vom Kläger wahrgenommen werden könne.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 13.02.2014 erklärte der Kläger auf Befragen, dass er bereit sei, auch Notfalldienste und Vertretungen zu übernehmen.
Mit Urteil vom 13.2.2014 gab das Sozialgericht der Klage statt und ließ den Kläger mit einer hälftigen Zulassung als Vertragsarzt
für den Fachbereich Pathologie zur vertrags- ärztlichen Versorgung zu. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus, dass
§ 20 Abs. 1 und 2 Ärzte-ZV der Zulassung des Klägers nicht entgegenstünden. Nach § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV stehe die Tätigkeit in einem zugelassenen Krankenhaus nach §
108 SGB V der Tätigkeit als Vertragsarzt nicht entgegen. Außerdem sollten durch die Neufassung des § 20 Ärzte-ZV mit Wirkung vom 1.1.2012 eine weitere Flexibilisierung der vertragsärztlichen Berufsausübung erreicht und die zeitlichen
Grenzen für Nebenbeschäftigungen gelockert werden. Durch die Neufassung sei klargestellt worden, dass es für die Zulassung
neben weiteren Tätigkeiten maßgeblich darauf ankomme, dass der Vertragsarzt trotz der Arbeitszeiten in der Lage sei, den Patientinnen
und Patienten in einem dem Versorgungsauftrag entsprechenden Umfang zur Verfügung zu stehen und Sprechstunden zu den in der
vertragsärztlichen Versorgung üblichen Zeiten anzubieten. Die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 13.10.2010, nach der
neben der Zulassung als Vertragsarzt mit hälftigem Versorgungsauftrag eine Vollzeitbeschäftigung ausgeschlossen sei, beziehe
sich auf die Zulassung eines psychologischen Psychotherapeuten. Der Kläger sei jedoch Pathologe und nehme weder während seiner
Krankenhaustätigkeit noch als Vertragsarzt an der unmittelbaren Behandlung der Versicherten teil. Er werde ausschließlich
gemäß § 13 Abs. 4 BMV-Ä auf Überweisung tätig, so dass er nicht zur Durchführung von Sprechstunden und Besuchen verpflichtet sei. Insofern sei die
Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 5.11.1997 nicht obsolet.
Gegen dieses Urteil legten der Beklagte und die Beigeladene zu 1. Berufung ein.
Der Beklagte legte dar, dass der Kläger zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung deshalb nicht geeignet sei, da
er wegen eines anderweitigen Beschäftigungsverhältnisses für die Versorgung der Versicherten persönlich nicht im erforderlichen
Maß zur Verfügung stehe. Der Kläger übe neben seiner Chefarzttätigkeit eine Vollzeittätigkeit als verbeamteter Hochschullehrer
aus. Das Bundessozialgericht habe §
95 Abs.
3 SGB V und § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV dahingehend konkretisiert, dass auch neben der Wahrnehmung eines hälftigen Versorgungsauftrag eine vollzeitige Beschäftigung
ausgeschlossen sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem so genannten "Pathologenurteil" vom 5.11.1997. Der damalige
Beigeladene sei durch seine Beschäftigung als Chefarzt nur unter 20 Wochenstunden gebunden gewesen und habe damit in ausreichendem
Umfang für die vertragsärztliche Versorgung zur Verfügung gestanden. Bereits deshalb sei die damalige Entscheidung nicht auf
den vorliegenden Sachverhalt übertragbar.
Die Beigeladene zu 1. legte dar, dass die neue Regelung in § 20 Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV, nach der die Tätigkeit in oder die Zusammenarbeit mit einem zugelassenen Krankenhaus nach §
108 SGB V mit der Tätigkeit eines Vertragsarztes vereinbar sei, nichts über den möglichen zeitlichen Umfang dieser Tätigkeit aussage.
Insbesondere sei der Schluss unzulässig, dass neben einer Zulassung als Vertragsarzt eine vollzeitige Tätigkeit in einem Krankenhaus
möglich sei. Damit sei gemäß § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV zu prüfen, ob das Beschäftigungsverhältnis der Eignung für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit entgegenstehe. Die
gesetzlichen Vorschriften sähen keine absoluten oder relativen Zeitgrenzen für die neben einer vertragsärztlichen Tätigkeit
ausgeübten Beschäftigungen vor. Insoweit sei jedoch auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 13.10.2010 zu rekurrieren,
nach dem ein Vollzeitbeschäftigungsverhältnis eine vertragsärztliche Tätigkeit ausschließe.
Die Beigeladene zu 2. legte dar, dass allein die Tatsache, dass eine bestimmte Fachrichtung keinen Patientenkontakt beinhalte,
nicht bedeute, dass der Arzt nicht den Versicherten zur Verfügung stehen müsse.
In der mündlichen Verhandlung teilte der Kläger auf Fragen des Senats mit, dass er eine Lehrverpflichtung von vier Wochenstunden
habe und pro Vorlesung eine Vorbereitungs- zeit von einer halben bis einer Stunde notwendig sei. An Verwaltungstätigkeiten
fielen zwei bis drei Stunden pro Woche an. Für Tätigkeiten im Rahmen der Ermächtigung benötige er drei Stunden täglich, für
Privatpatienten zwei bis drei Stunden am Tag. Die Forschung erfolge nach der 40-Stunden-Woche.
Der Beklagte und die Beigeladene zu 1. beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts vom 13.2.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Die Beigeladene zu 2. schließt sich dem Antrag des Beklagten und der Beigeladenen zu 1. an.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die beigezogenen Akten des Beklagten und
des Zulassungsausschusses verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg war deshalb aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Zulassung mit hälftigem Versorgungsauftrag, da sein Beschäftigungsverhältnis als Chefarzt
und Ordinarius seiner Eignung für die Ausübung der vertragsärztlichen Versorgung entgegensteht.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger die Voraussetzungen von § 18 Ärzte-ZV erfüllt. Unstreitig ist ferner, dass aufgrund des Datums der Antragstellung für den Kläger keine Zulassungsbeschränkungen
gelten. Entgegen der Rechtsauffassung des SG steht jedoch § 20 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV der Zulassung des Klägers entgegen. Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV schließt nämlich ein Beschäftigungsverhältnis die Eignung für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit aus, wenn der
Arzt unter Berücksichtigung der Dauer und zeitlichen Lage der anderweitigen Tätigkeit den Versicherten nicht in dem seinem
Versorgungsauftrag entsprechenden Umfang persönlich zur Verfügung steht und insbesondere nicht in der Lage ist, Sprechstunden
zu den in der vertragsärztlichen Versorgung üblichen Zeiten anzubieten. Davon ist im vorliegenden Fall auszugehen, da der
Kläger unstreitig in einem öffentlich-rechtlichen Dienstrechtsverhältnis als Ordinarius der Universität A-Stadt nach dem Bayerischen
Hochschulgesetz und zugleich in einem Beschäftigungsverhältnis als Chefarzt mit den Universitätskliniken A-Stadt steht, wobei
weder das Dienstrechtsverhältnis noch das Beschäftigungsverhältnis im Hinblick auf die angestrebte Zulassung als Vertragsarzt
in ihrem Umfang reduziert wurden, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung bestätigte. Diese Vollzeittätigkeiten stehen
der hälftigen Zulassung des Klägers entgegen.
Das Tatbestandsmerkmal des "der Eignung für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit Entgegenstehens" ist ein unbestimmter
Rechtsbegriff, da normative Konkretisierungen sowohl nach der alten als auch nach der aktuellen Rechtslage weder in §
95 Abs.
3 SGB V noch in § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV enthalten sind. Im Rahmen der Überprüfung von Entscheidungen der Zulassungsgremien haben die Gerichte nur eine eingeschränkte
Prüfungskompetenz dahingehend, ob das entscheidende Gremium seinen Beurteilungsspielraum bei der prognostischen Entscheidung
überschritten hat. Davon ist nicht auszugehen.
Bei der Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs kann die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom
13.10.2010, B 6 KA 40/09 R) nicht mehr uneingeschränkt herangezogen werden. Die typisierende Auslegung des Bundessozialgerichts mit einer festen Zeitgrenze
von 13 Wochenstunden bei einem vollen Versorgungsauftrag bzw. von 26 Stunden bei einem halben Versorgungsauftrag ist mit der
vom Gesetzgeber mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG (vgl. BT-Drs. 17/6906, 104, zu Nummer 6 (§ 20)). intendierten Flexibilisierung nicht mehr vereinbar. Vielmehr ist nunmehr jeweils im konkreten Fall zu prüfen, ob ein Beschäftigungsverhältnis/Dienstverhältnis
der Eignung für die Ausübung der vertragsärztlichen Versorgung entgegensteht, weil der Arzt unter Berücksichtigung der Dauer
und der zeitlichen Lage der anderweitigen Tätigkeit den Versicherten nicht in dem seinem Versorgungsauftrag entsprechenden
Umfang persönlich zur Verfügung steht. Zentral ist dabei nach Auffassung des Senats, dass Beschränkungen aufgrund einer anderweitigen
Erwerbstätigkeit grundsätzlich geeignet sind, sich auf die gleichzeitige Tätigkeit als Vertragsarzt störend auszuwirken. Für
diese Feststellung, ob störende Auswirkungen vorliegen, sind wesentliche Kriterien der Umfang der zeitlichen Inanspruchnahme
durch die Erwerbstätigkeit und der Grad der Einbindung in eine externe Arbeitsorganisation. Dabei kann bei einem geringeren
Grad der Einbindung ein höherer zeitlicher Umfang der Erwerbstätigkeit (noch) unschädlich sein, während eine starke Einbindung
in eine fremde Arbeitsorganisation auch bei einer geringeren zeitlichen Inanspruchnahme zu einer Nichteignung für eine vertragsärztlichen
Tätigkeit führen kann. Eine Vollzeitbeschäftigung steht der Eignung für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit jedoch
unabhängig vom Grad der Einbindung in eine Arbeitsorganisation grundsätzlich entgegen. Die vertragsärztliche Tätigkeit kann
nämlich nach § 19a Abs. 2 Ärzte-ZV nicht beliebig, sondern nur auf die Hälfte eines vollen Versorgungsauftrags reduziert werden. Wenngleich die vertragsärztliche
Tätigkeit nach der Einführung des § 19a Abs. 2 Ärzte-ZV nicht mehr "prägend" sein muss, kann sie deshalb nicht wie eine Nebenbeschäftigung hinter ein anderes Beschäftigungsverhältnis/
Dienstverhältnis zurücktreten. Das Bundessozialgericht spricht insoweit von einer zur vertragsärztlichen Tätigkeit gleichgewichtigen
(Zweit-) Beschäftigung (Urteil vom 13.10.2010, B 6 KA 40/09 R).
Diese Auslegung des § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV trägt den rechtlichen Rahmenbedingungen einer vertragsärztlichen Tätigkeit Rechnung: Der mit der Ausübung der vertragsärztlichen
Tätigkeit verbundene Zeitaufwand kann nicht beliebig reduziert werden, da nach wie vor der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung
(§ 15 BMV-Ä, vgl. auch § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV) gilt und der Vertragsarzt sicherzustellen hat, dass die Arztpraxis (auch) bei der Beschäftigung angestellter Ärzte von ihm
persönlich geleitet wird (§ 14a BMV-Ä). Sie berücksichtigt ferner, dass die Bedarfsplanung darauf basiert, dass Vertragsärzte den ihnen übertragenen Versorgungsauftrag
auch erfüllen und nicht - wegen der starken Inanspruchnahme durch ein Beschäftigungsverhältnis / Dienstverhältnis - faktisch
dahinter zurückbleiben (zu diesem Gesichtspunkt BSG, Urteil vom 13.10.2010, B 6 KA 40/09 R, Rn. 28).
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze hat der Beklagte im Ergebnis den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten.
Die Vollzeittätigkeit des Klägers als Ordinarius und Chefarzt schließt nach § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV die Eignung des Klägers als Vertragsarzt mit hälftigem Versorgungsauftrag aus.
Der Kläger ist aber auch bei einer weitergehenden Auslegung des § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV, nach der auch eine Vollzeittätigkeit die Eignung als Vertragsarzt nicht generell aus- schließt, nicht geeignet. Die konkrete
Betrachtung des Zeitaufwands für die Tätigkeiten als Ordinarius und Chefarzt aufgrund der exemplarischen Angaben des Klägers
in der mündlichen Verhandlung zeigt bereits eine sehr hohe Belastung, wobei die Angaben des Klägers tendenziell untertrieben
erscheinen. So gab er die Vorlesungszeit mit vier Wochenstunden an, während das Lehrdeputat nach § 4 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 8 Buchst. b der Bayerischen Lehrverpflichtungsverordnung (LUFV) vom 14.2.2007, BayGVBl 2007, 201, zuletzt geändert am 22.7.2014, für angestellte Professoren 9 Wochenstunden beträgt und
in § 2 Abs. 2 S.1 seines Dienstvertrags auf diese Regelung verwiesen wird. Mit diesen zeitlich festgelegten Tätigkeiten ist
der Kläger nach eigenen Angaben bereits mindestens sechs Wochenstunden gebunden. Unter Berücksichtigung der Verwaltungstätigkeiten
mit zwei bis drei Wochenstunden und der Betreuung der Privatpatienten mit 10 bis 15 Wochenstunden (zwei bis drei Stunden am
Tag nach den Angaben des Klägers) ist er bereits rund 25 Wochenstunden beschäftigt. Dabei sind die konsiliarische Tätigkeit
und vor allem die medizinische Betreuung sämtlicher Patienten des Instituts, die Durchführung von Laboruntersuchungen (§ 4
Abs. 1 Nr. 1, 2 und 5 Chefarztvertrag) sowie die Gutachtenerstellung, die Dienstaufgaben in Personalangelegenheiten und weitere
Aufgaben als Chefarzt insbesondere im Management (§ 3 Chefarztvertrag) nicht berücksichtigt. Außerdem ist der Kläger als Universitätsprofessor
zur Forschung verpflichtet, wobei er diese Tätigkeit nach eigenen Angaben außerhalb der regulären 40-Stunden-Woche ausübt.
Die konkrete Betrachtung ergibt zur Überzeugung des Senats, dass der geschilderte zeitliche Umfang der Tätigkeit als Universitätsprofessor
und Chefarzt der Eignung des Klägers für einen halbes Versorgungsauftrag entgegensteht. Dies gilt auch dann, wenn man den
bisher für die Ermächtigung notwendigen Zeitaufwand von 15 Wochenstunden berücksichtigt.
Der Senat sieht keine Rechtsgrundlage für eine abweichende Beurteilung der Arztgruppen, die nur auf Überweisung ohne unmittelbaren
Patientenkontakt tätig werden (Pathologen, Laborärzte), da dieser Umstand weder Auswirkungen auf den Grundsatz der persönlichen
Leistungserbringung und das Prinzip der persönlichen Leitung der Arztpraxis noch auf die Bedarfsplanung hat. Dass der Kläger
als Pathologe keine Sprechstunden zu den üblichen Zeiten anzubieten hat, ist demgegenüber nachrangig. Dies zeigt auch der
Wortlaut des § 20 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV, nach dem ein Beschäftigungsverhältnis/Dienstverhältnis der Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit nur dann nicht entgegensteht,
wenn der Arzt in dem seinem Versorgungsauftrag entsprechenden Umfang persönlich zur Verfügung steht. Aus dem Urteil des Bundessozialgerichts
vom 5.11.1997 (6 RKa 52/97) ergibt sich keine andere Beurteilung. Es ist bereits deshalb nicht einschlägig, da der in diesem Verfahren betroffene Chefarzt
lediglich mit der Hälfte der tariflichen Arbeitszeit beschäftigt war, während der Kläger bisher noch keinen geänderten Chefarztvertrag
mit einer reduzierten Arbeitszeit vorlegte und in der mündlichen Verhandlung bestätigte, dass er nach wie vor als Lehrstuhlinhaber
und Chefarzt vollzeitig tätig ist.
Im Ergebnis war das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 13.2.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Revision war zuzulassen, da die Auslegung des § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV bisher höchstrichterlich nicht geklärt ist.