Bedarfe für Unterkunft und Heizung
Konzept zur Ermittlung angemessener Unterkunftskosten
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
Die gemäß §
113 Abs
1 SGG zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Nichtzulassungsbeschwerden sind unzulässig, weil der Kläger die von ihm geltend
gemachten Zulassungsgründe einer grundsätzlichen Bedeutung und einer Divergenz nicht in der gebotenen Weise dargelegt oder
bezeichnet hat (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG). Die Beschwerden sind daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2
SGG, §
169 SGG).
1. Grundsätzliche Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit
oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen
Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit,
ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende
Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
Die Beschwerdebegründungen des Klägers werden diesen Darlegungsanforderungen nicht gerecht. Er begehrt in der Sache höhere
Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für Bedarfe für Unterkunft und Heizung, weil er das vom Beklagten und vom LSG zugrunde gelegte Konzept zur Ermittlung angemessener
Unterkunftskosten für unrichtig hält. Die vier aufgeworfenen Rechtsfragen betreffen die für die Ermittlung der Angemessenheitswerte
herangezogenen Datenbanken und die Überprüfung dieser Daten. Es ist bereits zweifelhaft, ob es sich bei diesen Fragen überhaupt
um abstrakt-generelle, aus sich heraus verständliche Rechtsfragen zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit
einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts mit höherrangigem Recht handelt (vgl zu diesen Anforderungen Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 2017, §
160a RdNr 94 ff mwN). Alle Fragen beziehen sich eher auf tatsächliche Umstände des vorliegenden Einzelfalles, nämlich auf die Würdigung konkret
herangezogener Daten in einem erstellten Konzept zur Angemessenheit von Unterkunftskosten. Die Beschwerden nennen als einschlägige
Rechtsnorm zwar § 22 SGB II, machen aber nicht deutlich, warum sich die Fragen auf die Auslegung eines Tatbestandmerkmals dieser Norm und nicht auf die
Subsumtion beziehen.
Dies kann dahinstehen, denn jedenfalls fehlt es an ausreichenden Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit der Fragen. Es besteht
umfangreiche Rechtsprechung des BSG zur Angemessenheit der Kosten der Unterkunft, auch dazu, welche Daten Grundlage eines schlüssigen Konzepts sein müssen, welche
Anforderungen an diese Daten zu stellen sind und in welcher Weise ein Konzept möglicherweise nachgebessert werden kann (vgl - die bisherige Rechtsprechung zusammenfassend - BSG vom 30.1.2019 - B 14 AS 10/18 R, B 14 AS 41/18 R, B 14 AS 12/18 R, B 14 AS 24/18 R - BSGE 127, 214 = SozR 4-4200 § 22 Nr 101; zuletzt Senatsurteil vom 5.8.2021 - B 4 AS 82/20 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Die Beschwerden gehen auf diese Rechtsprechung nur am Rande ein und zeigen insbesondere nicht auf, warum sich die aufgeworfenen
Fragen anhand dieser Rechtsprechung nicht beantworten lassen. Das Vorbringen, dass das BSG "bisher keine entsprechende Entscheidung zu § 22 SGB II getroffen" habe, wird den Darlegungsanforderungen nicht gerecht.
2. Eine Abweichung (Divergenz) iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG ist nur dann hinreichend dargelegt, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen
Aussage die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht. Eine Abweichung liegt nicht
schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG aufgestellt haben, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung
einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über
den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung
im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen kann die Zulassung wegen Abweichung begründen (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.2.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 §
160a Nr 34; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 2017, §
160 RdNr 119).
Auch diesen Darlegungsanforderungen werden die Beschwerdebegründungen nicht gerecht. Bei den zitierten Aussagen des LSG, die
als divergierende Rechtssätze benannt werden, handelt es sich schon nicht um abstrakte Rechtssätze, sondern um die Würdigung
konkreter tatsächlicher Umstände im Einzelfall. Damit dass sich das LSG in seinen Obersätzen demgegenüber stets auf Entscheidungen
des BSG gestützt, also ausdrücklich gerade keine anderen rechtliche Maßstäbe entwickelt hat, setzen sich die Beschwerden nicht auseinander.
Soweit die Beschwerden meinen, dass das Urteil des LSG anders ausgefallen wäre, wenn es sich an die Rechtsprechung des BSG gehalten hätte, wird daraus deutlich, dass sie sich tatsächlich nicht auf fehlende Übereinstimmungen im Grundsätzlichen,
sondern auf eine behauptete Unrichtigkeit im vorliegenden Einzelfall eines konkreten Konzepts stützen und damit gegen die
Rechtsanwendung des LSG wenden. Indessen können mögliche Fehler der Rechtsanwendung im Einzelfall die Zulassung einer Revision
nicht rechtfertigen (vgl Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 2017, §
160a RdNr 73 ff; so - ebenfalls im Zusammenhang mit der Würdigung eines schlüssigen Konzepts - bereits Senatsbeschluss vom 11.5.2020
- B 4 AS 2/20 B - juris RdNr 11).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.