Rente wegen Erwerbsminderung
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Verletzung des Gebots des gesetzlichen Richters
Gründe
I
Der 1969 geborene Kläger begehrt die Leistung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte lehnte seinen Antrag nach medizinischen
Ermittlungen, ua der Einholung eines Gutachtens auf neurologisch/psychiatrischem Fachgebiet, ab (Bescheid vom 18.4.2017 und Widerspruchsbescheid vom 16.11.2017). Das SG hat ua nach Einholung eines weiteren Gutachtens eines Psychiaters und Psychotherapeuten die Klage mit Gerichtsbescheid vom
1.8.2018 abgewiesen. Während des Berufungsverfahrens lehnte die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 2.5.2019 einen erneuten
Antrag des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Das LSG Baden-Württemberg hat die Berufung gegen den
Gerichtsbescheid des SG Karlsruhe vom 1.8.2018 zurück- und die Klage gegen den Bescheid vom 2.5.2019 abgewiesen. Gegen die
Nichtzulassung der Revision hat der Kläger mit Schreiben vom 20.8.2021 Beschwerde beim BSG eingelegt, mit Schriftsatz vom 25.10.2021 begründet und ergänzende Ausführungen in zwei Schreiben vom 29.10.2021 und vom
3.11.2021 übermittelt. Er macht als Zulassungsgrund verschiedene Verfahrensfehler geltend (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Die Beschwerde ist daher
gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 iVm §
169 SGG zu verwerfen.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 1
SGG), so müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG) zunächst die Tatsachen substantiiert dargetan werden, aus denen sich der Verfahrensfehler ergeben soll. Darüber hinaus ist
die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem
Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 Satz 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
1. Der Kläger rügt, der Berichterstatter habe im Erörterungstermin am 5.4.2019 einen offensichtlich falschen richterlichen
Hinweis gegeben. An der Sach- und Rechtslage vorbei und mit der offensichtlichen Intention, auf eine Rücknahme der Berufung
hinzuwirken, habe dieser sinngemäß geäußert, dass die Einkünfte des Klägers für dessen Lebensunterhalt doch ausreichend seien.
Sofern der Kläger hierauf die Besorgnis der Befangenheit stützt und damit sinngemäß eine Verletzung des Gebots des gesetzlichen
Richters (Art
101 Abs
1 Satz 2
GG) geltend macht, hat er einen solchen Verfahrensfehler nicht hinreichend bezeichnet. Ist die Instanz beendet, kann ein Ablehnungsgesuch,
wie sich aus §
60 Abs
1 SGG iVm den §§
43,
44 und
45 ZPO ergibt, nicht mehr zulässig gestellt werden (vgl zB BSG Beschluss vom 26.4.2021 - B 1 KR 48/20 B - juris RdNr 9 mwN). Der Kläger gibt selbst an, einen Befangenheitsantrag im Berufungsverfahren gar nicht gestellt zu haben.
Soweit er weiter vorbringt, der Berichterstatter habe mit seinem offensichtlich falschen richterlichen Hinweis jedenfalls
die Pflicht zur ordnungsgemäßen Verhandlungsführung nach §
106 SGG verletzt, begründet er ebenfalls nicht hinreichend einen Verfahrensmangel. Der Kläger gibt den Gesetzeswortlaut von §
106 Abs
1 SGG wieder. Auch verweist er auf die Regelung, wonach zu diesem Zweck ein Erörterungstermin anberaumt werden kann (§
106 Abs
3 Nr
7 SGG). Weitere Ausführungen zur Begründung enthält die Beschwerdebegründung jedoch nicht.
2. Sein weiteres Vorbringen, das LSG habe über die im August 2018 eingelegte Berufung erst mit Urteil vom 13.7.2021 entschieden
und das Verfahren über seinen bereits im November 2016 bei der Beklagten gestellten Rentenantrag habe insgesamt zu lange gedauert,
ist ebenfalls nicht ausreichend, einen Verfahrensmangel zu begründen. Der Kläger zeigt nicht auf, inwiefern die von ihm angefochtene
Entscheidung des LSG iS des §
160 Abs
2 Nr
3 SGG darauf beruhen kann. Sofern damit eine Entschädigungsklage vorbereitet werden soll (vgl §
198 Abs
3 GVG), ist das für die Frage der Revisionszulassung ohne Bedeutung (vgl BSG Beschluss vom 11.8.2021 - B 5 R 162/21 B - juris RdNr 17).
3. Schließlich ergibt sich aus den Ausführungen des Klägers auch kein Verstoß gegen die Begründungspflicht nach §
128 Abs
1 Satz 2 und §
136 Abs
1 Nr
6 SGG. Nach diesen Vorschriften sind im Urteil die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
Das Gericht muss nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, abhandeln (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 1.12.2020 - B 12 KR 48/20 B - juris RdNr 9 mwN). Aus den Entscheidungsgründen muss aber ersichtlich sein, auf welchen Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht
die Entscheidung beruht. Der Kläger belässt es jedoch bei der Behauptung, das LSG postuliere "ohne jegliche nähere Begründung
nach Aktenlage", dass die vorliegenden Gutachten abweichende Leistungseinschätzungen in einem für die Bundesagentur für Arbeit
erstellten Gutachten und in einer Zeugenaussage widerlegen würden. Zu den im Urteilstext insgesamt mehr als vier Seiten umfassenden
Ausführungen zu den Ergebnissen der Beweisaufnahme, insbesondere zu dem vom SG in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie M vom 12.6.2018, äußert
sich der Kläger nicht. Mit seinem Vorbringen, es sei unter keinen Umständen nachvollziehbar, welche konkreten Aspekte im Einzelnen
das LSG zur "Annahme der Gutachtenswiderlegung" bewogen haben, wendet er sich letztlich gegen die Beweiswürdigung des LSG.
Auf eine Verletzung des §
128 Abs
1 Satz 1
SGG kann eine Nichtzulassungsbeschwerde aber von vornherein nicht gestützt werden (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.